Klick. Klick. Klick. Die Zweite
© Nisham 2010Klick. Klick. Klick, Diana kann’s nicht lassen. Sie ist so stolz auf ihre 11 Zentimeter hohen high heels. Und sie muss sich damit zeigen. Ein wenig exhibitionistisch war sie schon immer. Doch mit ihren 159 Zentimeter hat sie sich nie so recht getraut. Heute ist das Wetter schön, sonnig, warm Klick. Klick. Klick. Diana stolziert gemessenen Schrittes. Hat sie vor dem Spiegel geübt?
Die roten high heels geben ihr Größe. körperliche (endlich!), aber auch so. Na ja, ihre heutige Aufmachung ist auch nicht zu übersehen: giftgrüne Jeans, ein rotes Top, das farblich genau zu den Schuhen passt. Klick. Klick. Klick.
Und eine riesige Sonnenbrille, hinter der sie sich gut verstecken kann. Klar wird sie angeschaut. Angestarrt. Klick. Klick. Klick. Manche lächeln, andere schütteln den Kopf. Einige bleiben stehen. Andere wiederum drehen sich sogar noch nach ihr um. Klick. Klick. Klick.
Diana fühlt sich großartig. Hier wird sie endlich mal wahr genommen. In ihrer Cocktailbar hat sie kaum Aufsehen erregt, als sie das erste Mal auf ihren hohen Absätzen hereinstolzierte. Klick. Klick. Klick. Zu dunkel, zu voll und auch zu laut.
Klick. Klick. Klick. Auf der sonnigen Promenade fühlt sich Diana wie ein Star. Etwas hochnäsig hält sie ihren Kopf, als wäre es doch das Natürlichste, sich am helllichten Tag so auffällig fortzubewegen. Klick. Klick. Knirsch.
Was ist das? Huch! Ich kann mein Bein nicht mehr bewegen! Ich sitze fest. Diana ist benahe hingefallen. Ihr rechter Fuß ist wie gefangen. Von unsichtbarer Hand festgehalten.
Diana senkt den Blick, versucht ihren rechten Fuß zu bewegen. Nichts geht. Sie steht mitten auf einer kleinen gusseisernen Platte, mit einem Loch in der Mitte. Und genau in diesem Loch steckt der Absatz ihres rechten Schuhs. Und steckt fest.
Diana versucht das Bein zu heben, mit dem Fuß den Absatz herauszuziehen. Mehrfach. Vergebliche Muhe. Einige Menschen gehen kopfschüttelnd vorbei. Da erklingt ein hämisches weibliches Lachen, kaum unterdrückt. Diana schaut nicht auf. Versteckt sich hinter ihrer riesigen Sonnebrille.
Was nun? Diana schaut sich hilflos um. Kein Mensch scheint ihr helfen zu wollen. Die Spaziergänger gehen an ihr vorbei, als wäre nichts.
Diana weiß nicht mehr weiter. Verzweiflung kriecht in ihr Gesicht. Sie will mit dem freien Fuß aufstampfen, doch da verliert sie beinahe ihr Gleichgewicht.
„Schau schau“, erklingt plötzlich eine Stimme hinter ihr. Hastig dreht sich Diana halb um. Nein, das kann nicht wahr sein! Nicht schon wieder der! „Sie verfolgen mich!“ schnaubt sie.
„Nein, reiner Zufall. Wo ist das Problem?“
„Sehen sie doch!“ raunzt Diana ziemlich gereizt, „ich sitze fest.“
„Ich würde meine, sie sitzen nicht, sondern sie stecken.“
„Auch egal. Wollen sie mir helfen, haben sie eine Idee?“ Wütend versucht Diana ihren festgesteckten Schuh zu bewegen. „Sehen sie! Stehen sie doch nicht so da!“
„Ein bisschen netter ginge doch auch?“
„Bitte“, jetzt hat Diana ihre Kinderstimme herausgeholt.
„OK. Wie wär’s, wenn sie mit dem Fuß aus dem Schuh steigen würden?“
„Wie bitte?“
„Ja, den Schuh ausziehen, dann kann ich ihn vielleicht da rausholen.“
Gesagt getan. Der Mann kniet sich nieder, fasst sorgfältig den Schuh in beide Hände, zieht leicht daran, etwas fester und - der Schuh ist frei!
Diana hält dem Mann den Fuß hin, so dass der nicht anders kann, als ihr den Schuh anzuziehen.
„Danke.“
„Gern geschehen. Aber seien sie vorsichtig, aller guten Dinge sind drei.“