Konfusion
Die Ereignisse überschlagen sich und hinterlassen in mir große Verwirrung und Angst. Habe ich das wirklich getan? Habe ich mich befreit, von Menschen, die mich benutzten und verletzten? Habe ich jetzt endlich erkannt, dass ich selbst es war, die das alles erlaubt hat? Habe ich wirklich meinen sicheren Job gekündigt, mein Haus verkauft, ohne wirklich zu wissen, wohin meine Reise geht? Ein warmer Schauer durchflutet mich, wenn ich spüre, wie all meine vermeintlichen Sicherheiten aus mir herausbluten, der Boden unter den Füssen sich mehr und mehr wie Treibsand anfühlt. Eine diffuse Angst verbindet sich mit einem unbeschreiblichen Freiheitsgefühl und immer wieder höre ich diese Stimme in meinem Ohr, die mich beglückwünscht, am gedeckten Tisch des Lebens sitzen zu dürfen.
Ich habe ein großes Stück Beherrschung und Kontrolle abgegeben, als ich über meinen eigenen Tellerrand in den Fluss zurückfiel, der Leben bedeutet. Momentan fühlt es sich an wie ein Wildwasser, Abenteuer, Ungewissheit, doch tief in mir spüre ich das Wesen einer freundlichen Fahrt, die mich aufnimmt.
Unerfülltheit und Langeweile lasse ich hinter mir, auch wenn ich Schiss habe bis runter in die Socken. Ich höre auf, wie wild mit den Armen zu rudern und lasse mich treiben auf der Gischt. Meine brennenden Augen erspähen einen großen Ast, der vom Ufer in den Fluss ragt. Ist das eine Botschaft? Soll ich mich daran festhalten? Oder ist das nur meine Angst, die mir suggeriert, dass Berechenbarkeit mir persönliche Sicherheit zurückgibt? Was ist das, Sicherheit? Dient sie dem Leben? Der Erfülltheit? Zu spät, ich bin vorbeigerauscht, ein Wasserstrudel drückt mich nach unten und ich ringe nach Luft. Immer weiter reißt mich die Kraft des Flusses durch das enge Tal, vorbei an schroffen Felswänden. Langsam gewinnt die Fahrt immer mehr an Lust und Freude, denn ich spüre ganz deutlich, wie das Wasser mit mir spielt, mich trägt, mich runterzieht, um mich im nächsten Moment wieder auszuspucken und auf den Wellen tanzen zu lassen, wenn ich es zulasse und mich nicht dagegen wehre.
Ich finde Gefallen an meinem Höllenritt als plötzlich in der Ferne ein Mann auftaucht, der auf einem großen Stein steht und mir seine Hand entgegenstreckt. Ich reibe mir das Wasser aus den Augen um ihn klarer sehen zu können, versuche für einen Moment gegen den Strom zu schwimmen. Soll ich die Hand ergreifen? Mich retten lassen aus dem Fluss des Lebens? Mit einem lauten Lachen sause ich winkend an ihm vorbei. Begeisterung erfüllt mich in dem Maße, wie mich meine Ängste verlassen. Ich bleibe dran, bleibe drin, im Fluss, werde nicht abbiegen und nicht aussteigen und lade alle, die mir auf dieser Flussfahrt begegnen, ein, den Sprung zu wagen. Konfusion ist die Tür zu meinem Weg, meinem Fluss, meiner Reise.
© nio**