Ausflug
Da ich ein recht wissensdurstiger Mensch bin – böse Zungen würden vielleicht behaupten, ich sei neugierig – hatte ich mich auf die Idee eingelassen, mit meinem Freund einen BDSM-Stammtisch aufzusuchen. Völlig ahnungslos, was denn da auf mich zukommen würde, betraten wir also das helle, freundliche Obergeschoss einer Kneipe, die ein wenig ökig anmutete. Das Ambiente gefiel mir.
Um den großen Tisch mit dem wilden Stühlesammelsurium saßen schon ein paar junge Leute. Alle waren schwarz gekleidet. Die Männer alle in schwarze lange Ledermäntel, die Frauen – oder besser gesagt Mädchen – in hautengen, schwarzen Lack oder Latexröckchen und sehr hohen Stiefeln. Ich kam mir ein wenig vor, als sei ich in einen Blade-Fanclub geraten.
Der „Anführer“ der Gruppe begrüßte uns herzlich und schien ein lockerer, umgänglicher Typ zu sein, so dass ich mich in meinen Jeans und dem Ringelpulli nicht mehr ganz so unwohl fühlte.
Ich überließ das Feld der Kommunikation erst mal meinem Freund, der den Kontakt ja geknüpft hatte, und beschränkte mich darauf, gelegentlich zu nicken, oder zu lächeln, wenn mich jemand ansprach. Mir fiel auf, dass sich an der Unterhaltung nur die Männer beteiligten. Die Mädels blieben stumm und wurden auch nicht mit einbezogen. Was vielleicht auch besser war, denn beim Sprechen hätten sie ihr Gesicht bewegen müssen und ich befürchtete, dass dann möglicherweise die dicke Schminke abgeblättert wäre.
Das Gesprächsthema wendete sich der Mittelaltermusik zu. Mein Thema! Da konnte ich mitreden. Und das tat ich dann auch lebhaft. Oh, was schauten mich die Mädels strafend an! Wenn Blicke töten könnten, würde ich diese Zeilen jetzt nicht schreiben.
Mir wurde schlagartig klar, dass es hier gar nicht erwünscht war, dass eine Frau das Wort erhebt. So ist das also, mit den Subs und den Doms, dachte ich mir. Nein, das gefiel mir nicht. So würde ich nicht sein wollen. Für einen Sekundenbruchteil zog ich in Erwägung, Migräne vorzuschieben, was ich aber schnell verwarf. Laut und vernehmlich erklärte ich also meinem Freund, dass ich wieder gehen wolle, froh hier als Frau nicht ver(s)dummt zu sein.