Kopfkino
Warum ich hier in meinem Blut liege und die Landschaft verschandel?Pff – frag doch den Typen, der das hier schreibt.
Ja, verdammt ich weiß, dass ich eine Figur in einer Scheiß-Kurzgeschichte bin! Schon mal drüber nachgedacht, was du eigentlich bist?
Also.
Hm?
Ist ne etwas längere Geschichte …
Wie – willst du nicht wissen? Scheiß drauf, ich erzähls dir trotzdem.
Ich arbeite bei so einer privaten Firma für Krisenmanagement, sowas wie Blackwater oder Executive Outcome, aber nicht so asi. Wir können nämlich auch Detektiv. Also wir ballern nicht nur, wir beschaffen auch Informationen und holen verlorene oder geraubte Sachen zurück. Sherlock Holmes mit Sturmgewehr sag' ich mal. Bei uns arbeiten nur Spezialisten, richtig harte Jungs. Und ein paar Mädels.
Ich?
Na ja, bei mir wars das übliche. Polizei, Grenzschutz, KSK, Somalia, Afghanistan, dann war mir langweilig und ich habe bei dem Laden angefangen.
So, und dann, vor ein paar Tagen steht da so ein Typ bei uns im Büro. Ganz kurze Haare, Brille, grad mal so breit wie mein Oberarm, son richtiges Hemdchen und fragt, ob wir auch Ideen zurückholen können. Der Chef grinst und sagt klar, wenn die Bezahlung stimmt.
Der Typ erzählt also, er hätte mal eine Geschichte geschrieben und dann später eine Idee gehabt, wie er daraus eine Sex-Story machen kann. Die hat er aber vergessen und wir sollten jetzt in seinem Unterbewusstsein die Idee suchen. Wir uns natürlich schlappgelacht, aber der Typ ist voll ernst geblieben. Dann hat ers uns gezeigt. Ich dachte mein Schwein pfeift, aber das geht!
Dann hat er eine Karte rausgeholt, von seinen Geschichten und Ideen, den Ereignissen, die seine Ideen beeinflusst haben und so weiter. Er hat uns auf der Karte gezeigt, wo die Geschichte ist, da sollten wir zuerst hin und dann alle Gedankengänge checken, die von der Geschichte ausgehen. Wenn wir die Idee finden, einpacken und raus. Also eigentlich ganz einfach. Wir hatten noch nie so viele Freiwillige für einen Auftrag. Ich mein, der Typ schreibt Sex-Geschichten! Das ist wie Urlaub in Thailand und dafür Geld bekommen statt welches auszugeben!
Dachten wir.
Deshalb haben wir auch mehr Gummis als Munition eingepackt. Warn Fehler. Sieht man ja. Aber hinterher ist man immer schlauer.
Normal schicken wir für sowas ein Vier-Mann-Team los, aber der Typ meinte besser acht, er bezahlt das. Hat uns noch geraten nix anzufassen, und wenn wir an eine dunkle Halle mit niedriger Decke kommen nicht durchgehen, wegen der A.D.A.C., R2D2, oder so, die wären noch nicht fertig programmiert, hätten nicht mal Asimovs Gesetze der Robotik gespeichert, er wüßte nicht wie die reagieren würden und so, Vorsicht bei Allem, was südamerikanisch aussieht, und blablabla. Wir nur gegrinst. Nächster Fehler.
Dann gings los. Da waren also ich, Jean-Claude, der war Leutnant bei der Fremdenlegion gewesen, Hitomi und Yoshiro, zwei waschechte Koga-Ninjas. Ein Pärchen. Normalerweise steh ich ja nicht so auf Asiatinnen, zu wenig Möpse, aber die hatte ein Figürchen, die Hitomi – Wow! Ein Hintern, mit dem man Bierflaschen aufmachen konnte. Trotzdem würde ich nichts mit der anfangen, die hat uns mal gezeigt, was sie mit dem kurzen Ninjaschwert anstellen kann …
Dann war da noch Willi, den hab ich in Afghanistan beim KSK kennengelernt, ein echt zäher Hund, Dimitri, ehemaliger russischer SpezNaZ, dann beim KGB, noch von der alten Schule. Was der nicht in die Luft jagen konnte, hat er mit den Handkanten plattgemacht. John, Ex-Marine, sah aus wie aus einem amerikanischen Action-Film, hinter dem hättest du einen Kleiderschrank verstecken können. Franziska war früher beim Stasi, Eins-A bei Verhören und Beschatten. Mit der wär vielleicht noch was gegangen, nach dem Job. Aber kann ich ja jetzt auch vergessen.
Wir also rein. Lief auch alles ganz gut soweit, bischen düster da drin, aber OK. Hatten ja Lampen dabei. Und dann gings los.
Wir stehen vor einem Wald, total dicht und zugewuchert. Eigentlich hätten wir den umgehen sollen, aber ich mein – was soll der Scheiß? Wir spazieren hier durchs Unterbewusstsein von so nem Schreib-Heini und wir werden nicht nach Stunden bezahlt. John packt also seine Machete aus und fängt an, einen Pfad freizuschlagen, Yoshiro zieht sein Schwert und will ihm helfen, da stellt sich so ein grüner Typ John in den Weg und guckt böse. Komische Gestalt, nackt und total grün. Sah aber richtig gut aus – für einen Kerl. Nicht dass ich auf Kerle stehe, aber wenn, dann wärs der echt gewesen. Ne Mischung aus Hulk und Unterwäschemodel. John sagt ihm, dass wir da durch müssen auf die andere Seite vom Wald, der schüttelt nur den Kopf. John versucht, an ihm vorbeizugehen, er blockiert ihm den Weg. Das Spielchen machen sie ein paar Mal und John wird sauer, versucht, den Kerl mit der Machete zu erwischen, aber der weicht aus, hab ich noch nicht gesehen sowas schnelles und macht ihm Zeichen, dass er gehen soll, aber John hört nicht auf. Auf einmal boxt der grüne Typ ihm vor die Brust und ich schwöre ich hab es knacken hören – John fällt um wie ein Sack Kartoffeln. Ich entsichere das G3, Dimitri legt mit seiner Makarow an, aber Unterwäsche-Hulk macht was mit der Hand und auf einmal ist alles voller Bienen, Hornissen und Wespen, Wildschweine und Bären kommen angelaufen, wir ballern ein paar Mal ins Grüne, aber dann müssen wir rennen.
Nach ner Weile verfolgen uns die Viecher nicht mehr und irgendwie ist die Gegend sehr seltsam. So ne Art Moorlandschaft, neblig, feucht und so. Aber eigentlich sollten wir ja sowieso um den Wald rumgehen. Und ab jetzt halten wir uns strikt an den Plan. Laut Karte müssten wir jetzt einem Bogen um den Wald folgen. Aber da steht nix von Moorlandschaft. Und diese komischen Pflanzen …
Franziska sieht sich das genauer an. Wie Farne, aber gut vier Meter hoch und da hängen glitzernde Fäden von den Blättern. Sie nimmt ein paar Fäden und schaut sie sich an. Dann fällt sie um. Jean-Claude rennt hin, sieht nach was los ist, wischt die Fäden beiseite, die überall an ihr kleben, die kleben plötzlich auch an ihm, er verheddert sich immer mehr, bis er sich immer langsamer bewegt und auch hinfällt. Willi schreit noch Stop! kommt nicht an die Fäden! und zeigt unter eins der Farndinger. Da liegt ein Tier, völlig eingesponnen in diese Fäden und nur noch Haut und Knochen, wie verdaut. Wir können nicht an die beiden ran, alles ist voller Fäden, Dimitri versucht die Fäden durchzuschneiden aber die wickeln sich nur um das Messer und die abgeschnittenen Reste, die durch die Luft fliegen, lassen seine Finger taub werden.
Da warn wir nur noch fünf.
Wir gehen also vorsichtig durch diesen komischen Wald, bis wir zu einer Höhle kommen. Nach der Karte sollte in der Höhle auch diese Halle sein, wo wir nicht rein sollten, aber wenn wir einfach gerade Richtung Ausgang marschierten, kämen wir da nicht mal in die Nähe. Und wir müssten uns nicht mehr durch diese Lametta-Farne schlängeln. Wir also rein in die Höhle. Ziemlich finster und kühl. Ne Höhle halt. Nach ner Weile war der Boden wie ne Straße, total eben. Wir leuchten, und das war ein Steinboden mit so komischen Bildern aus kleinen, bunten Steinen …
Hm?
Klar weiß ich, dass das Röljeff heißt, Klugscheißer. Oder Klugscheißerin? Ich erkenn das grad nicht so gut, komm doch mal näher an den Bildschirm …
Dann lass es halt bleiben.
Da waren also bunte Bildchen auf dem Boden von Typen mit großen Nasen in weißen Kleidchen, sowas südamerikanisches halt.
Ja, ist uns dann auch wieder eingefallen, das mit dem Vorsicht vor Allem was südamerikanisch aussieht …
Hitomi ruft noch Schnauze, da ist was! und bleibt stehen. Sie scheucht uns mit einer Hand zurück, mit der anderen zieht sie die Uzi und entsichert sie hinterm Rücken. Sie macht ihre Lampe an und da kommt jemand aus dem Dunkeln auf sie zu, sah aus wie ne Indio-Frau, wie diese südamerikanischen Inka-Typen, dunkle Haut, schwarze Haare, fette goldene Ohrringe, im weißen Kleidchen, und sie läuft irgendwie taumelig, als würde sie schlafwandeln. Sah aus, als wär sie breit. Hitomi spricht die Frau an, aber die antwortet nicht und irgendwie bewegt sie sich auf einmal auch so schläfrig und läßt die Uzi fallen. Yoshi rennt zu ihr, da fallen sich die beiden in die Arme und als er bei den Mädels ist wird er auch ganz labbrig irgendwie. Ich dachte ich werd nicht mehr, die drei fangen an zu fummeln und sich abzuknutschen! Ja, alle drei! Ich also mein Handy rausgeholt, Kamera an und wollte hin, da hält Dimitri mich zurück – warte Tovarischtsch, da stimmt was nicht, meint er. Er holt den Scheinwerfer raus und leuchtet. Die drei liegen auf dem Boden, reißen sich die Kleider vom Leib und auf den ersten Blick hätte man wirklich meinen können die poppen, aber bei dem Blut, was der Indiofrau da aus dem Mund läuft … sie reißt den Kopf zurück und hat Hitomis Zunge zwischen den Zähnen, Hitomi sieht aus als würde sie davon nix merken, streicht ihr über den Rücken und reißt dabei einen Fetzen Fleisch aus der Indiofrau. Yoshi schleckt seine Hitomi von oben bis unten ab und beißt ihr in den Bauch – Ich hätte fast gekotzt! Und auf einmal sind da hinter den dreien noch mehr von diesen Inka-Typen, Männer und Frauen, alle mit diesem schlafwandeligen Schritt, manche mit blutigen Klamotten. Da war wieder Rennen angesagt.
Wir hatten sie anscheinend abgehängt, aber die Karte konnten wir jetzt völlig vergessen, wir wussten nicht mehr, wo wir waren. Irgendwann sagte Dimitri Aua! Er hatte sich den Kopf gestoßen, weil, die Decke war ziemlich niedrig.
Ja, ich weiß …
Er also die Lampe angemacht – aber Schwein gehabt, die Halle war leer. Nix AC/DC, nur so komische Schatten, wie Kegel mit zwei Dreiecken oben drauf – dabei war da gar nichts! Willi meinte Leute, ich glaub ich bin auf was draufgetreten und auf einmal fing so ein Sirren an, wie wenn der Blitz von ner alten Kamera sich auflädt, von überall her, echt unheimlich. Wir gehen weiter und da dachte ich, ich wär auch auf was getreten und auf einmal gehen überall so rote Lichter an – aus dem Nichts! Immer zwei nebeneinander! Wie wenn auf der Autobahn einer anfängt zu bremsen, immer mehr rote Lichter um uns rum, sahen aus wie Katzenaugen. Und die Schatten auf dem Boden fingen an rumzuwuseln, erst um Willi rum, dann kommen sie auf Dimitri und mich zu, Willi schreit, die Roten Lichter springen an ihm rauf, Blut spritzt, Dimitri ballert mit seiner Kalaschnikoff in die Gegend und da wo er hinschießt, liegen auf einmal Katzen auf dem Boden! Aber irgendwie keine richtigen Katzen, die scheinen aus Metall zu sein! Ich halte das G3 Richtung Boden und knalle noch im Laufen das Magazin leer, hinter uns die roten Augen – mehr ist nicht zu sehen, nur die Augen. In einem Gang wirft Dimitri ein Päckchen C4 samt Zünder hinter sich, es rummst und der Gang bricht zusammen, wir sind erst mal in Sicherheit.
Wir lassen uns auf den Boden fallen, Luft holen. Nach ner Weile frage ich, wo wir sind und schalte die Lampe ein. Ein Schlafzimmer. Ein Typ liegt im Bett und pennt – unser Auftraggeber! Und plötzlich ne Stimme von überallher – Ihr Vollidioten! Jetzt seid ihr zwar endlich in der richtigen Geschichte, aber ihr habts total vermasselt!
Dimitri meint, du, da hat mich was berührt, was eiskaltes! Ich springe schon auf, Dimitri dreht sich noch auf den Knien blitzschnell um, reißt die Kalaschnikoff hoch, da kommen aus der Zimmerecke, da wo die Wände sich treffen, lange Arme, Hände mit Fingernägeln wie Klauen, packen ihn, dabei schreit er, ballert, was das Zeug hält, und auf einmal ist er weg – einfach so, völlig lautlos, nicht mal ein Plopp und er verschwindet im Winkel. Stille.
Tja, und da war ich allein. Leise aufgestanden, die Tür gefunden und rückwärts raus, wer weiß was passiert, wenn er aufwacht und ich bin noch in seinem Kopf …
Ich mache ganzganz leise die Tür zu, drehe mich um und denk ich spinne! Ich bin mitten in der Wüste! Dreh' mich nochmal um – und die Tür ist weg! Da rennen auf der einen Seite Araber mit Krummsäbeln auf mich zu, auf der anderen Kreuzritter! Das G3 sagt klickklickklickklickklickklick … und da hat mich einer von den Brüdern erwischt. Tolle Sache so ne Kevlarweste, leicht, flexibel, Kugelsicher und so, aber keine Chance gegen nen mittelalterlichen Krummsäbel …
Na ja und jetzt lieg ich hier rum, blute wie ein Schwein und warte ab, was dem Schreib-Heini noch alles einfällt. Von mir aus könnt' jetzt Schluss sein, tut ganz schön weh.
Okay, Blödmann, ihr habts eh versaut.