Okay, okay ...
... so ganz so wollte ich jetzt die Diskussion nicht abwürgen. *schäm
Daher hier mal ein Versuch (ganz auf die Schnelle) für den Anfang eines Exposés, basierend auf einer komplett fiktiven Geschichte eines/des Kennedy-Attentäters mit dem (blöden) Titel "Das Attentat":
Am 22. November 1963 wird der Präsident der Vereinigten Staaten von einem Heckenschützen erschossen, "Das Attentat" erzählt die Geschichte seines Mörders.
1961: Auf dem mondänen Campus der Universität Stanford wird der Jura-Student Li Harvei Oswold Zeuge einer Vergewaltigung. Es gelingt ihm, die Täter in die Flucht zu schlagen, das Mädchen ist ihm unendlich dankbar. Während der nächsten Monate treffen sie sich regelmäßig und der konservative Li verliebt sich in die schüchterne Anna, eine glühende Kommunistin. Während eines feuchtfröhlichen Abends unter Gesinnungsgenossen lernt Harvei Piotr kennen, einen zigarre-rauchenden jovialen Fünfzigjährigen aus dem Mutterland. Sie verstehen sich auf Anhieb. Piotr sagt Harvei eine große Zukunft voraus, er könne die Welt verändern, Harvei lacht zu Rotwein und Schnaps. An diesem Abend schläft Anna viermal mit ihm.
Kann man das besser schreiben? Klar, muss man sogar. Es ist jetzt noch sehr linear (aber, verzeihung, ich konnte jetzt keinen komplexen Romanplot aus dem Hut zaubern). Trotzdem meine Begründung, warum ich es einen (einigermaßen) geeigneten Start finde:
1. Der erste Satz (der Geschmackssache ist) erzählt die Geschichte in einem Satz ohne Spannung wegzunehmen.
2. "mondäner Campus" erzeugt ein Bild im Kopf von grünen Rasenflächen, lachenden Studenten und herrschaftlichen Gebäuden.
3. Es werden mehrere Fragen aufgeworfen: Was hat die Vergewaltigung mit dem Mord zu tun? Wie kann er mehrere Täter in die Flucht schlagen? Der Leser beginnt zu ahnen, dass es ein abgekartetes Spiel ist (letzter Satz).
4. Man kann (wenn man will) beginnen die Psychologie nachzuvollziehen: "lacht zu Rotwein und Schnaps" = Arglosigkeit/Scherz, "schläft sie viermal mit ihm" = Liebe
Aus meiner Sicht erzeugt er (und das ist die Haupt-Schwierigkeit beim Exposé) mit wenigen Worten eine recht komplexe Welt. Er wird ja von Profis gelesen (Lektoren), und die sehen so etwas (Szenen, Konflikte, Motivationen) mit sehr geübtem Blick.
Was meint ihr?
einen schönen abend zusammen,
c.