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Frage nach dem K

nochmal Kaminlesung
****ra Frau
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Themenersteller 
Frage nach dem K
Frage nach dem K.


Stellen Sie sich vor, ich war eben auf dem Passamt. Nein, ich brauche keinen neuen Reisepass, ich bin doch nicht wahnsinnig und gebe einfach so meine Fingerabdrücke her. Oder sehe ich wie ein Verbrecher aus? Nun, um ganz ehrlich zu sein, auf diesen EU-Passfotos sieht man schon irgendwie nicht ganz, wie soll ich sagen, natürlich aus – eben wie frisch aus der Verbrecherkartei. Aber das tut hier nichts zur Sache. Also, ich sitze dort, einige Leute vor mir auch. Zwei Frauen unterhalten sich lautstark miteinander, über die neue Mode (die ist an mir vorbeigezogen), über das Wetter (das habe ich heute auch schon bemerkt) und dann welche Kleidung sie bevorzugen. Also, da dachte ich dann, ich mache vor lachen mein Höschen nass. Ehrlich! Das glauben Sie nicht, sagt doch die eine zur anderen: „Weißt du Irmi, ich perforiere ja im Sommer Kleider.“ Und Irmi antwortet: „Wirklich? Mir sind Hosen lieber.“ Das ging dann so dahin, die beiden tauschen Fremdwörter aus und ich amüsiere mich köstlich. Dabei betrachtete ich heimlich das Kleid von Irmis Freundin. Ich wollte die erwähnten Löcher suchen, fand aber keine. So weit so gut. Um mich von den beiden etwas abzulenken, schaue ich die vielen Faltblättchen durch, die dort so zahlreich aufliegen. Das Erste, das mir in die Hände fällt, bringt mich schon wieder zum Schmunzeln. „Werden Sie Eheprofi – so gelingt Ihre Ehe“ Aha, denke ich. So, so. Eheprofi. Ein Gewinn für den Veranstalter. Irgendwo in der Broschüre steht sogar etwas von Gewinn, im Sinne von: Ihre Ehe wird an Tiefe gewinnen. Besuchen Sie noch heute unsere Homepage und melden Sie sich zum nächsten Eheseminar an.“ Nun denn – die meisten Paare, die ich kenne, waren einmal Paare und zwar bevor sie so ein Seminar besucht haben. Es lebe der Krieg – der Ehekrieg. So ein gepflegter Streit kann sehr heilsam sein. Also, ich spreche jetzt nur von mir. Ich streite gerne und ich versöhne mich gerne. Aber das mag eben nicht jeder. Wozu also so ein Seminar?

Egal. Ich lege den Folder zurück und greife nach dem nächsten. Ah ja, der passt zum Passamt wie die Faust aufs Auge. „Gesundheitspass für Senioren“, den gibt’s übrigens für alle Altersgruppen. Toll, denke ich. Ich werde gleich in den nächsten Tagen beginnen, mich untersuchen zu lassen. Als ob mein Arzt zu wenig Arbeit hätte. Das Wartezimmer ist doch immer übervoll und trotz Termin muss man warten. Nein, das lasse ich lieber, am Ende erzählen die mir noch, woran ich alles erkranken könnte, wenn ich meinen Lebensstil nicht ändere. Papperlapapp.

Also, Heftchen zugeklappt und das nächste. Da fällt mein Blick auf ein großes Plakat. Warum ist mir das vorhin entgangen? „Stellungskundmachung des NÖ Militärkommandos“ steht dort in großen Lettern geschrieben. Es herrscht Krieg, kommen Sie! Nehmen Sie teil! Lassen Sie sich töten für Volk und Vaterland! Lernen Sie wie man auf Menschen schießt! – Nein, das steht nicht dort. Die würden doch niemals die Wahrheit an die Wand kleistern. Oder doch? Sind wir schon so verblendet von den zahlreichen Werbeplakaten, dass wir die Wahrheit übersehen? Ich gehe in mich und lese noch einmal. Nein, dort steht nur, was die jungen Männer mitbringen müssen, außer sich selbst und etwas Zeit – um genau zu sein, viel Zeit.

Mein Blick schwenkt weiter und ich muss wieder grinsen. Da ist aber jemandem ein dummer Fehler unterlaufen. „Sie brauchen Betreuung? Bringen Sie Ihr Kind zu uns! Ihre Tagesmuttern.“ Darunter steht die Telefonnummer. Nun, ich brauche keine Betreuung und was ich mit Muttern ohne Schrauben anfangen soll und das nur einen Tag, weiß ich auch nicht.

Der Krieg in der Warteschlange geht weiter. Eben wird eine alte Dame angeschnauzt, die sich einen Sitzplatz ergattern will. Mein Blick fällt wieder auf das Plakat des Militärkommandos. Inzwischen hat sich die alte Dame durchgesetzt, wie ich feststellen kann. Ich nicke ihr freundlich zu und sie lächelt zufrieden. Ein Kaffee wäre jetzt nicht schlecht. Aber sich aus dem Wartezimmer zu entfernen, heißt, sich wieder hinten anzustellen und das mag ich auch nicht. Das ist schon ein Saftladen hier, weder Kaffee noch Wasser sind zu haben und das bei der Hitze! Ich wäre ja schon mit so einem Automaten zufrieden, wo man oben 50 Cent einwirft und unten kommt dann so eine dunkelbraune Brühe heraus, die in einem Plastikbecher landet und sich Kaffee schimpft. Nein. In mir brodelt der Krieg.

Was soll das, liebe Gedanken? Ich will keinen Krieg. Aber es herrscht Krieg. Überall auf der Welt wird gekämpft. Die einen sagen, sie kämpfen für ihren Glauben, andere wiederum sagen, sie wollen ein besseres Land erschaffen. Wieder andere meinen für den Frieden zu kämpfen. Also, das letztere finde ich immer zum Weglachen. Es ist doch absurd. Okay, ich bin für den Frieden, also greife ich zum MG und beginne in der Welt für Frieden zu sorgen. Ganz einfach. Ich ballere alle ab, die mir nicht ganz koscher vorkommen. Toll! Echt toll! Geil! Wumm! Wumm! Und zum Schluss muss ich mich noch selbst abknallen, weil ich nicht wirklich für Frieden gesorgt habe, sondern nur dafür, dass die Welt leer wird. Zugegeben, das ist etwas übertrieben. Aber sagen Sie mal meinen Gedanken, sie sollen in geordneten Reihen bleiben und nicht dauernd drängeln und sich gegenseitig anrempeln.

Ah! Ich bin an der Reihe. Endlich. So, es geht rasch, Formular ausgefüllt, Verbrecherfoto übergeben, etwas Smalltalk, ein kleiner Flirt, der Beamte sieht ja recht lecker aus – wenigstens etwas an diesem heißen Morgen – Zahlschein geschnappt und mit einem hoffentlich gelungenen Hüftschwung entschwinde ich diesem heißen Amt. Der Typ hat meine Laune jetzt gerettet.

Aber es herrscht noch immer Krieg. In mir nicht mehr, denn jetzt gehe ich zuerst ins Kaffeehaus nebenan, setze mich in den Schatten und genieße meinen Großen Braunen, eigentlich sollte ich Großen Schwarzen sagen, weil ich den Kaffee pur trinke. Dabei sehe ich mir weder die vorbeieilenden Menschen noch sonst etwas an. Ich lasse den Blick nach innen schweifen und schließe die inneren Augen. Was öffnet sich – sofort ein neuer Fragenkatalog. Mensch! Ich sage Ihnen, sollten Sie so etwas in sich tragen, werfen Sie es weg. Zu viel zu fragen lohnt nicht immer. Aber die heutige ist interessant. Sie ist es wert, näher beleuchtet zu werden.

Krieg? Ja, noch immer. Mein Fragemeister passt sich an.

Warum entstehen Kriege? Es ist ja nicht so, dass man Meinungsverschiedenheiten nicht auch anders austragen kann. Muss immerzu Gewalt im Spiel sein? Wenn ich so darüber nachdenke, ich bin ja auch kein sanftmütiger Mensch – eher brutal, wenn es um die Sache geht, aber vorsätzlich eine Waffe in die Hand zu nehmen und auf jemand anderen zu schießen, nur weil er seinen Gott anders nennt, oder denkt, er hat die bessere Lebensweise – also, ich weiß nicht, wie ich das finde.

Während ich auf die zweite Tasse Kaffee warte, überlege ich, dass die Gründe für nahezu alle Kriege lediglich vorgeschoben sind. Das Volk braucht nicht alles zu wissen. Krieg ist gut! Jawohl! Das sagen die Kriegstreiber. Natürlich ist Krieg gut

vor allem für die Wirtschaft, die Banken und die Machthaber. Die Bevölkerungsanzahl wird reduziert, die Infrastruktur zerstört, nur um danach wieder aufgebaut werden zu können. Und alle Welt jubelt – der Aufschwung kommt! Na so was! Der Aufschwung. Ja, nach dem Krieg, wenn alle Toten verscharrt sind und man sich wieder einigermaßen verträgt, dann wird der Schutt weggeräumt, alle Ressentiments darunter vergraben, bis zum nächsten Krieg, der ja bestimmt kommt, und die Wirtschaft wächst – aber nur scheinbar. Denn sie kann sich nur bis zu einem bestimmten Maß ausdehnen und dann macht es Plopp und die Blase platzt. He – Grund für einen neuen Krieg.

Lasst uns munter zu den Waffen greifen
Den Frieden an die Seite streifen
Lasst uns mit der Blindheit schlagen
Wir werden unsern Tod mit Würde tragen

Ist mir dazu eben eingefallen.
Tod und Würde – das sagen die Generäle und die Regierungsoberhäupter (natürlich sitzen die in einem gut geschützten Bunker) dann immer. Tod, Würde, Tapferkeit, Heldenmut, Ehre! Ich frage Sie, was hat man von einer Ehrung, wenn man tot ist?

Ich zahle jetzt meinen Kaffee, gebe ein wenig Trinkgeld und marschiere zum Auto.

Ja, ich marschiere
für mich ganz alleine
noch auf der Geraden

doch wann geht es abwärts?

Es geht doch schon abwärts … nur sieht man es aus dieser Perspektive so schlecht.

Hallo, ihr lieben Machthaber, sprecht die Wahrheit, ihr werdet ohnehin nicht verstanden, und sagt uns endlich, wann der nächste Krieg beginnt.



Fiat iustitia et pereat mundus (Es geschehe Recht, auch wenn die Welt darüber zugrunde geht.)
In necessariis unitas, in dubiis libertas, in omnibus caritas (Im Notwendigen Einheit, im Zweifel Freiheit, in allem Liebe.)

(c) Herta 6/2010
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