(Un)tangocleo 2010
(Un)PaarhuferDie Welt teilt sich in Gruppen und wir definieren uns durch Zugehörigkeiten. Schon bei der Geburt fallen wir diversen Gruppen zu und werden von ihnen geprägt. Im Laufe des Lebens können wir diese Zugehörigkeiten wechseln, zwischen ihnen hin und her pendeln, in sie hinein oder aus ihnen herauswachsen.
Unser Lebensalter zum Beispiel steckt uns in Bezeichnungsschubladen wie Teenie, Yuppies oder Best Ager, bis wir nur noch Rentner sind. Erst sind wir Kinder, dann Schüler und Studenten, Arbeitnehmer oder Hausfrauen/männer und vielleicht Mütter und Väter.
Eine immer häufiger werdende Gruppenzugehörigkeit wird durch den Status single oder Paar
charakterisiert.
Da fällt es mit doch immer schwer, mein Kreuzchen zu machen.
Was bin ICH denn – doch logischerweise immer single, denn ich bin ja ein Individuum. Dabei kann ich mich einzigartig fühlen oder als Teil der Masse.
„Ich bin single“ heißt auch, dass ich in keiner Beziehung lebe. In keiner Paarbeziehung. Auch wenn ich Mutter zahlreicher Kinder bin und mit einer großen Familie lebe oder in einer WG, bin ich single. Dabei kann man durchaus so gut wie nie allein sein.
Single heißt also irgendwie allein, auch wenn man nicht allein ist.
Heißt single also, dass man sich allein fühlt?
Dass man sich nach Paarung sehnt? Oder nicht, wenn man gerne single ist.
Ein Single ist also einer, der von der gedachten Normalität der Paarbeziehung abweicht.
Ein Einzelner, wo zwei sein sollten.
Dann fühlt man sich also in einer Beziehung, als Hälfte eines Paares, nicht allein?
Und was heißt überhaupt Hälfte? Dann müste ich mich ja halb fühlen, sobald ich in einer Beziehung bin. Dabei träumen wird doch von Vervollkommnung, von Ganzheit, gerade wenn wir uns mit einem anderen zusammentun.
Wir teilen viel, wenn wir uns paaren. Wir teilen unsere Liebe, unsere Zeit, unser Geld, wir teilen Tisch und Bett, den Familiennamen, manchmal sogar die Mahlzeiten und den Lieblingspullover. Wenn es gut geht, teilen wir sogar die Interessen. Und verdoppeln in der Teilung die Freude – aneinander und am Leben.
Wenn es schlecht läuft, teilen wir uns irgendwann einander nicht mehr mit. Weil wir uns sosehr geteilt haben, dass wir unsere Individualität verloren haben. Wir sind dann immer nur ein Teil von etwas, aber nie mehr ganz. Nie mehr ganz Ich. Und fühlen uns halb und unvollkommen.
Wenn mich eine Beziehung zu einem halben Menschen macht, möchte ich doch lieber single bleiben, und damit ein ganzes Individuum.
Ich fühle mich weiter als single – auch wenn ich es sehr genießen kann, meine Liebe und meine Gedanken mit jemandem zu teilen.
Denn ein Paar besteht aus zweimal Eins – und ich denke, es würde vielen Paarungen gut tun, das nicht zu vergessen.
©tangocleo 2010