Grasmeerland
Kennt ihr das Grasmeerland? Nein? Dann will ich euch davon erzählen.Das Grasmeerland liegt ein Stückchen südlicher, als das Nordland, und ein wenig westlicher, als das Ostland. Niemand weiß genau, wo es beginnt und wo es endet, denn es erstreckt sich über viele sanfte Hügel, so weit das Auge reicht und vermutlich noch ein wenig weiter. Endlos scheinen die Wogen des sanftgrünen Grases.
Ewiger Begleiter des Grasmeeres ist der Wind, der es in Bewegung hält. Manchmal sanft und flüsternd, wie eine Amme, die es wiegt, manchmal tosend, brüllend und zornig, wie ein rächender Gott.
Die Menschen des Grasmeerlandes kennen kein Wort für Windstille, denn es entzieht sich ihrer Vorstellung. Klein und drahtig sind die Grasmeerleute, die im Grasmeerland leben. Es scheint, als würden sie sich mit dem Wind biegen, sich von ihm treiben lassen. Sie reden nicht viel. Was nicht bedeutet, dass sie nichts zu sagen hätten, aber Geschwätz ist ihnen fremd. Der Wind trägt ihre Gedanken von einem zum anderen, flüstert ihnen ihre Träume ins Ohr, zaust neckend ihr Haar und hüllt sie liebevoll ein. So sind sie eins mit sich und dem Wind und sind erfüllt von einer stillen, sanften Freude.
Eines Tages, tief und schwer hing der stahlblaue Himmel über dem Grasmeerland, kam ein Fremder zu den Grasmeerleuten. Groß war der Fremde, mit heller Haut, die sich von der olivfarbenen der Grasmeerleute sehr unterschied und mit Haar, so hell wie ein Weizenfeld.
Der Fremde wurde von den Grasmeerleuten freundlich aufgenommen, denn Gastfreundschaft ist für sie nicht ungeschriebenes Gesetz, sondern Teil ihres Lebens.
Der Fremde, der sich Jakob nannte, blieb bei den Grasmeerleuten. Er aß mit ihnen, trank mit ihnen, lachte mit ihnen und beobachtete sie interessiert. Es dauerte nicht lange, bis Jakob die Sprache der Grasmeerleute lernte, denn es war eine einfache Sprache mit einfachen Worten für einfache Menschen.
Jakob sprach eines abends, als sich die Grasmeerleute versammelt hatten, zu ihnen:
„Ihr lebt hier in den Tag hinein, wie wilde Tiere. Völlig schutzlos seid ihr dem Wind und dem Wetter ausgeliefert. So könnt ihr nicht weiterhin leben. Ihr müsst euch Häuser bauen.“
Die Grasmeerleute hörten erstaunt, was Jakob ihnen zu sagen hatte und fragten sich, was wohl ein Haus sein möge. Aber sie lächelten freundlich und kamen überein, dass der Fremde zu ihnen gekommen war, um ihnen Gutes zu bringen. Und so lehrte Jakob die Grasmeerleute, wie man Ziegel aus Lehm formt, Häuser daraus baut und diese mit Schilfgras deckt. Es befremdete die Grasmeerleute, von nun ab in einem Haus zu wohnen und zu schlafen, aber sie wollten dem Fremden, der doch nur Gutes für sie im Sinn hatte, nicht undankbar erscheinen. Also taten sie ihm den Gefallen und bezogen ihre Häuser.
to be continued...