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GegendenUhrzeigerSinn

GegendenUhrzeigerSinn
Das hatte sie beschlossen: beim nächsten Mann wird es anders. Und das würde sie nicht dem Zufall oder Schicksal überlassen; nein, das würde sie selbst in die Hand nehmen. Im Grunde war es ja auch ganz einfach. Schließlich kannte sie all die Phasen, die eine Beziehung prägten. War ja mehr oder weniger immer dasselbe gewesen.
Also diesmal anders herum: sie wollte mit dem fiesen Ende beginnen. Dann konnte es ja schon mal nicht mehr schlimmer werden. Sie mussten sich auf den Geist gehen, sich miteinander langweilen, anschweigen. Am besten ging das in einer gemeinsamen Wohnung, wo man sich kaum entrinnen konnte. Und natürlich Null Sex – allerhöchstens eine schnelle Nummer aufgrund erhöhten Alkoholspiegels. Womöglich gab es auch einen Seitensprung – oder besser noch, notorisches Fremdgehen.

Das Tolle an dieser Voraussetzung war, dass so ziemlich jeder Typ in Frage kam. Sie wurde richtig euphorisch bei dem Gedanken. Keine komplizierte Partnersuche mehr, kein Zurechtbasteln der idealen Eigenschaften von Mr. Right, kein Verbiegen der Realitäten – nein, lustvolles Stöbern in Störfaktoren und illusionslose Wahrnehmung.
Also gab sie eine Anzeige auf (denn der Herr musste ja bereit sein, sofort bei ihr einzuziehen):
Suche desinteressierten, unattraktiven, eigenbrötlerischen und unordentlichen Mitbewohner. Am besten Zigarrenraucher mit Übergewicht. Home Office Job besonders erwünscht. Bedingung: Eingehen einer offiziellen Beziehung ohne emotionale Bindung!
Eine Flut von Zuschriften trudelte ihr ins Haus. Sie sortierte asoziale Fälle aus (weg von der Brücke), auch solche mit zu großem Kulturunterschied (das würde ein Fehlschlagen des Experiments zu einfach machen), dann all die hübschen Typen, die mit 3 Tage Bart und Schlabbershirt immer noch gut aussahen, danach auch die, die ihr immer noch zu lieb den Grantler mimen wollten.
Nachdem sie 5 Anwärter besichtigt hatte – zwei davon fand sie nach zwei Bier womöglich ganz nett (no go), zwei fingen im Gespräch an, ihr Komplimente zu machen (no no go) - entschied sie sich für Fred.
Fred roch ziemlich verbraucht, hatte Eigelb auf seiner linken Streifenhemd-über-Bauchkugelhäfte, gestand, dass er Internetjunkie war (Schweiger), seit zwei Jahren an seinem ersten Roman arbeitete (looser), noch von den monatlichen Zuwendungen seiner Mutter lebte (super looser), fragte als erstes, ob sie sein Bier zahlen würde (hab meinen Geldbeutel vergessen), und wurde nach einer Viertelstunde und dem dritten Bier maulfaul - bis auf ein paar Rülpser (keine Kinderstube). Sie nahm ihn sofort mit und legte ihn glücklich auf ihre Couch.
Ein paar Wochen ging alles wie geplant: er hing auf der Couch rum, klebte vor dem Bildschirm, fraß den Kühlschrank leer, grüßte nur nickend, wenn sie ins Zimmer kam, und versiffte ihr Bad, ohne dass es seinem schmuddeligen Äußeren geholfen hätte.
Manchmal betrachtete sie ihn heimlich aus den Augenwinkeln; sein schlaffes Kinn, das wirre Haar, der dumpfe Blick seiner Augen – dann sah sie schnell weg, schüttelte sich und ging in ihr Schlafzimmer. Er nervte sie nur selten, meistens war es ihr egal. Wie gut es war, keine Gefühle zu haben!
Einmal am Wochenende gingen sie zusammen essen - um dem offiziellen Beziehungsstatus genüge zu tun - und kratzten schweigend ihre Teller leer. Drei Mal blieb er nachts weg, ohne eine Erklärung zu abzugeben (so, so, der Herr). Sie dachte kurz daran, eine Szene zu machen, ließ es aber.
Sie war zufrieden – so musste es sein, kurz vor dem Ende.
So etwa nach zwei Monaten kam sie eines Tages nach Hause und fand einen gedeckten Tisch mit zwei Tellern vor. In der Küche brodelten Nudeln und eine rote Soße.
„Ich hatte Hunger und dachte mir, du magst vielleicht auch was...“murmelte Fred beim Umrühren und kratzte sich am haarigen Bauch.
Sie aßen zusammen (Soße ein wenig zu salzig, Nudeln ein wenig zu weich) und Fred fragte sie tatsächlich, was sie so arbeitete. Danach ging er wieder an den Rechner, und sie räumte sie Küche auf.
In den darauffolgenden Wochen gab es immer wieder solche Abendessen, der Kühlschrank war immer öfter gefüllt (auch mit Sachen, die sie besonders gerne aß). Sie erzählten sich aus ihren Leben und manchmal – und sie war sich nicht sicher, ob das jetzt schon angebracht war – lachten sie sogar miteinander. Wenn Fred lachte, wirkte er ganz sympathisch.
Sie fing an sich zu fragen, was er wohl dachte. Wie er das Experiment empfand. Denn manchmal spürte sie seinen Blick, der ihr durch die Wohnung folgte. War es schon Zeit für die fatale Frage: Was denkst du?
(deswegen schreibe ich ja - da muss ich nicht denken)
An einem Samstag – sie saßen gerade zusammen bein Frühstück – fragte Fred, ob sie nicht Lust hätte, mit zu seiner Mutter zu kommen, die er dringend einmal wieder besuchen müsse. Sie überlegte kurz und entschied, dass das gut ins Programm passte (Eltern kennen lernen)- schließlich hatten sie ja eine Beziehung, also war das normal.
Auf der Fahrt in der S-Bahn erzählte Fred von seiner Kindheit, die sehr harmonisch gewesen sein musste, und sie hatte Zeit ihn eingehend zu betrachten. Er hatte sich hübsch gemacht für den Besuch, ein sauberes, gebügeltes Hemd (wann hatte er gebügelt?), die Haare mal gekämmt (war er sogar beim Frisör gewesen?) und duftete da nicht sogar ein Hauch von Eau de toilette? Wieder musste sie über manche Formulierungen lachen – Fred konnte also doch geistreich sein, wenn er wollte.
Sie war ziemlich erstaunt, als sie vor dem großen Elternhaus ankamen. Fred kam offensichtlich aus gutem Hause. Und er ging entzückend mit seiner Mutter um (Arm nehmen, Wein nachgießen). Die alte Dame taxierte sie unverhohlen beim Essen und wollte ihr dann den Garten zeigen – allein (Fred, kannst du mir bitte eine Glühbirne am Nachtisch auswechseln).
„Sie sind also seine neue Freundin – und, wie läuft es so?“
Was sollte sie sagen? (gut, ganz gut, wir kommen gut miteinander aus)
„Und Sex – haben Sie guten Sex?“
Sie wurde rot (wie dämlich ist das!?) und die alte Dame lachte.
„Na, wenn Sie so erröten, dann muss es wohl gut sein. Da bin ich aber beruhigt. Denn so langsam wird es ja Zeit, dass Fred eine Familie gründet. Aber natürlich geht mich das nichts an. Entschuldigen Sie also bitte meine Direktheit.“
Sie war sprachlos. Fred sollte eine Familie gründen? Von was und wie? Die alte Dame hatte wohl wenig Ahnung vom Leben ihres Sohnes!
Bevor sie sich verabschiedeten, ging die Mutter mit Fred im Arbeitszimmer noch ein paar Papiere durch und sie hatte Zeit, sich ein paar Gedanken zu dem Unbekannten zu machen, mit dem sie seit Monaten zusammenlebte (Achtung, er wird interessant!).
In der S- Bahn fielen ihr zum ersten Mal seine Hände auf (wohlgeformt, sensibel) und seine Lippen, wie sie sich beim Sprechen bewegten. Er bemerkte, dass sie seiner Mutter gut gefallen habe (haha, in unserer Situation schon feine Ironie) – kein Wunder, sie habe auch genau das Richtige gesagt und getan.
In dieser Nacht lag sie zum ersten Mal wach in ihrem Schlafzimmer und dachte an den Mann auf ihrer Couch.
Die nächsten Wochen vergingen vorsichtig (komm mir nicht zu nah), fahrig und ungeschickt (Geschirr fällt, Schlüssel verlegt) und eine nervöse Spannung lag in ihrem Umgang. Sie fühlte seinen Blick, Satzanfänge hingen unbeendet zwischen ihnen und wo sollte sie hinschauen? ( nicht zu ihm, bloß nicht zu ihm)
Dann bekam sie eines Nachmittags die erste sms (sie hatten handynummern ausgetauscht, für den Notfall):
Habe was zu feiern – sollte man ja wohl mit der Freundin tun – also komm in die UnFassBar, wenn du magst, 19h – F
Sie verließ eilig das Büro (sei bitte nicht zuhause!), machte sich hübsch (was tu ich da und warum?) und fuhr mit dem Taxi (Fahrer grinst in Rückspiegel) zum Treffpunkt.
Da lehnte Fred am Tresen, lässig lächelnd, dunkelblauer Anzug, weißes offenes Hemd (wer ist dieser Mann?).
Zwei Drinks später strahlten sie beide über dem Buch, das zwischen ihnen lag (sein erster Roman, einer „noch Unbekannten“gewidmet) und betrachteten staunend die zwei Hände, die sich nicht mehr losließen.
Im Taxi hatte der Fahrer wieder etwas zu grinsen (küssen, küssen, küssen), die Treppe zu ihrer Wohnung schien endlos (küssen, streicheln, Kleidung wegzerren) und die Nacht war Ewigkeit (vögeln, stöhnen, schlafen, vögeln...).
Sie war am Anfang angekommen. Genau nach Plan. Und es war gut so.

Und weiter? Sie hatte keine Ahnung – das hatte sie ja noch nie erlebt!

©tangocleo 2010
Du Sonntagsschmunzel-Ermöglicherin!
*bravo* *bravo* *bravo*

Ist DAS gut gedacht und gut gemacht und gut gesagt!
Es war mir ein echter Genuss!

Herrlich, die comicartigen Episoden, die Denkblasen, diese Meta-Betrachtung.
Und dann fließend und heiter daherkommend... in genau dem richtigen Rhythmus!
Am Schluss beeilst du dich etwas... aber nichts anderes bleibt Dir übrig, weil das nun auszuwalzen unnötig wäre.

Und es ist eine tolle Idee!

Ja, manchmal entpuppt sich der Traumprinz aus dem Frosch heraus...
Ist es nicht eine Konsequenz einer vorhandenen Prinzessin?

Aber, mal so unter uns, glauben tu ich das nicht.
Gelesen hab ich´s aber als das witzigste Märchen dieses Sommers!
Danke!
@tangocleo
wie geil ist das denn...*zugabe*...da komm ich doch ins grübeln...vielleicht garkeine schlechte Idee...

Ich danke Dir*blume*
Sonntagsgruß von Nio**
oh, fast zu viel des Lobes (aber nur fast!)... sehrfreulach
Oh wie schön!
Meine liebe Cleo,
auch wenn es unglaublich kitschig und natürlich völlig unrealistisch ist (hat Hollywood schon angerufen, von wegen Verfilmung und so?) es ist eine ganz toll geschriebene Geschichte.
Was mir besonders gefällt ist, dass es dir gelungen ist, diese eigenen Kommentare (no no go) so gut zu plazieren, dass sie nicht den Verlauf beeinträchtigen, sondern die Gedanken der Protagonistin sehr schön verdeutlichen.
Genau das richtige für einen trüben Sonntag Vormittag.

lg, Claudia
danke cazyz *g*
... USA schläft ja noch, also wird´s noch ein paar Stunden dauern...
*g*
träumweiter Sonntag wünsch ich dir
Suuuper !
Wow, Tangocleo, wie geil ist DIE Idee denn ?!?!!!!!
Und die Umsetzung noch mal mehr... *anbet*.
Bin gerade völlig begeistert und danke dir sehr für dieses Sonntag-Morgen-Vergnügen !

...sie wollte mit dem fiesen Ende beginnen. Dann konnte es ja schon mal nicht mehr schlimmer werden...
-->Ich staune und bewundere immer wieder, wie man(n)/Frau auf SOLCHE GENIALEN Ideen kommen kann.
Spannend wie ein Krimi, mit einem vorfreudigen Schmunzeln auf das Ende (also den Anfang *zwinker*) hab ich gelesen und mich köstlichst amüsiert.
Und naja... son bissl ernsthafter Hintergrund ist ja durchaus drin, wenn auch völlig *verdreht*. Echt cool!!!

Deine Anmerkungen jeweils in den Klammern (no no go... super looser... keine Kinderstube...) sind noch mal extra das Salz in der Suppe. Einfach klasse!

Danke - und ich freu mich schon auf viele weitere fantasie-volle literarische Ideen von dir!

Eine begeisterte Freesie *blume*
(...die mal kurz darüber nachgedacht hat, ob das ein reales Experiment wert wäre *haumichwech*.... )
danke, Freesie ... wir könnten ja mal einen Vergleichsversuch starten... ein paar Frauen, die sich dabei gegenseitig auf dem Laufenden halten... Spaß brächte das auf jeden Fall...
*g*
nochmal Kaminlesung
****ra Frau
12.347 Beiträge
Feine Geschichte *top*
Meine Laune hat sich beim Lesen deutlich gehoben *ggg*

Danke für den sonntäglichen Lesegenuss.


Liebe Grüße *blume*
Herta
*****har Paar
41.020 Beiträge
Gruppen-Mod 
Und hier das erste Echo aus Männersicht:

Einfach nur genial!!!

(Der Antaghar)
Danke dir, antaghar!


nach einer mail eines aufmerksamen Mitlesers muss ich mein Englisch verbessern: es muss loser mit einem o heißen! blush
*****har Paar
41.020 Beiträge
Gruppen-Mod 
Das hab ich nur für einen Tippfehler gehalten ... *zwinker*
Jawoll...
... DAS würde wohl auch ne Menge Spaß bringen -->
"...wir könnten ja mal einen Vergleichsversuch starten... ein paar Frauen, die sich dabei gegenseitig auf dem Laufenden halten...
Eine gewisse Portion Masochismus gehört dann - jedenfalls für den Anfang - wohl dazu... *gruebel*.
Aber wie sagt ein guter Freund von mir immer:
Nur wer den Mut hat, außergewöhnliche Wege zu gehen, darf erwarten außergewöhnliche Ziele erreichen.
eine gewisse Leidensfähigkeit gehört bei dem Thema "Paarung" doch immer dazu, oder?... harhar!
Oh...
...wie wahr, wie wahr ... *fiesgrins*
Oh Cleo,
jetzt weiß ich, weshalb ich auf mein Schattenprofil und die Bildertäuschmotze die mit Abstand meisten Komplimente bekomme *haumichwech*

Zum Glück nehm ich mich in Acht, sonst wäre ich wohl schon längst umerzogen.

Nee, im Ernst: Die Idee ist super - wenn man sie durchdenkt, gar nicht so weit hergeholt. So wäre es mir am allerliebsten. Im Alltag langsam und frei die schönen Seiten am Anderen entdecken, zusammenwachsen und dann nachhaltig verlieben.

Deine Schreibweise begeistert mich sowieso!

*top2* laf
*******an_m Mann
3.831 Beiträge
Eine schöne Idee und schön geschrieben sowieso *g*

Bin gespannt, wann wir dich in einem Paarprofil mit diesem geläuterten Abbild von Lysiras Kalle wiedersehen.
@*********love
Im Alltag langsam und frei die schönen Seiten am Anderen entdecken, zusammenwachsen und dann nachhaltig verlieben.
klingt einfach zuuuu einfach, um wahr zu werden! *g*

@ christian
ich im Paarprofil!???
ne, dazu habe ich mich ja in der "(Un)Paarhufer"-Story schon geäußert - selbst als die BESSERE Hälfte von was käme ich mir zu halb vor...
Ganz tolle
Idee....
ganz toll umgesetzt!

Danke dir.
Dio
Profilbild
****ia Frau
22.263 Beiträge
Was für eine Geschichte, Cleo!
Klasse!
Was hab ich gelacht
und gestaunt
und gefühlt!

Mehr davon!

LG
Rhabia
herzlichen Dank, meine Damen! :-))
Ha, erwischt!
Fred, das mislungene Experiment.

Da hat doch dieser Fred die Ärmste komplett getäuscht. Wir Männer sind doch gut; insbesondere wenn eine Frau über dieses gescheiterte Experiment so wunderbar schreibt.

Eine schöne Sonntagabendgelesenundgeschmunzeltgeschichte.

!Bernd
@ ravenfox
natürlich seid ihr Männer gut... für (fast)jede Art von Experiment...lach

danke! *g*
Der allgemeinen Komplimenteflut schließ mich gerne an.
Ich hab mich beim Lesen köstlich amüsiert. *gg*

LG Berglöwe
*g* danke dir!
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