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Der Hauslehrer

nochmal Kaminlesung
****ra Frau
12.347 Beiträge
Themenersteller 
Der Hauslehrer
Als ich auf der Suche nach einer passenden 8-Worte-Geschichte meine Festplatte durchforstete fand ich diese hier - in abgewandelter und sehr stark verkürzter Form, ist sie auch dort zu finden. Doch ich dachte, ich lass euch auch die lange Geschichte lesen ...

Dieses hier ist das erste Kapitel, das ich heute überarbeitet habe. Leider wird sie wieder etwas lang *lol*

Also ... es geht wieder in die Antike:

Der Hauslehrer



Seit fünf Jahren leben wir nun bereits in Carnuntum und seit zehn Jahren bin ich als Sklave bei der Familie Claudius. Marcus Auridius Claudius ist ein reicher Händler, der seine Geschäfte nach Pannonien verlegt hat, ebenso seinen Hauptwohnsitz.
Derzeit ist unser Kaiser Titus Flavius Domitianus. Er hat damit begonnen das Legionärslager auszubauen, deshalb sind wir auch hierher gezogen. Mein Herr hat eine Nase für Geschäfte und Carnuntum blüht auf. Es wird hier eine regelrechte Metropole. Aber ich werde nicht viel davon zu sehen bekommen, denn ich muss meine Strafe abbüßen. Eine Strafe, deren Sinn ich nicht erkennen kann, die mein Leben verändert hat und mich zu dem gemacht hat, der ich bin.
Es ist mir, als wäre es gestern erst geschehen.

Virunum, im zweiten Jahr unter Caesar Titus Flavius Domitianus

Sabrina

Die Familie Claudius lebte in einem wohlhabenden Viertel. Sie waren reiche Tuchhändler, die auch gute Beziehungen in den Norden pflegten und ihre Geschäfte nun bis Carnuntum ausdehnen wollten. So hatte sich Marcus Auridius Claudius bereiterklärt, an die Grenze zu ziehen.

„Quintus, warum muss ich immer Strafarbeiten machen“, quengelte Sabrina und zog einen Schmollmund. Die Aussicht, von Virunum wegzuziehen, gefiel ihr ganz und gar nicht. So war sie noch beleidigender als sonst. Gekonnt warf sie ihren Schleier zur Seite und eine hellbraune Locke fiel ihr ins Gesicht.
„Lerne etwas Disziplin, Herrin, dann brauchst du auch keine Strafarbeiten zu machen“, antwortete er gelassen und wartete mit ausgestreckter Hand auf die Tafel. Sabrina hasste es, wenn er das tat. Sie war sich ihrer Stellung sehr bewusst, denn sie war nach dem Tod der Mutter die Domina des Hauses Claudius. Aber Quintus Viridius störte sich nicht daran. Sie war seine Schülerin und es war seine Aufgabe, ihr Disziplin, sowie schreiben und lesen beizubringen. Vor allen Dingen fehlte es der jungen Herrin an Ordnung und die guten Manieren ließen auch zu wünschen übrig. Doch Sabrina war, was das anging, die verwöhnte Tochter, des sehr, sehr reichen Marcus Auridius. Schon oft hatte er mit dem Herrn über diese Mängel seiner Tochter gesprochen. Aber der tat das jedes Mal ab. Quintus stöhnte innerlich über soviel Unvernunft.
„Herrin Sabrina, ich wünschte, du würdest deine Aufgaben nur einmal pünktlich und sorgfältig erledigen“, sagte er. Dann beendete er den Unterricht und entließ sie in ihre Freizeit.
Mittlerweile war es Zeit für die Cena und Quintus wollte etwas Ruhe haben. Sabrina entwickelte sich immer mehr zu einer herrschsüchtigen jungen Frau. Doch jeder ließ ihr ständig alles durchgehen. So war es bei ihrem Vater und dem Onkel, der noch im Haus lebte. Marcus Auridius hatte sich nach dem Tod seiner Gattin, keine Frau mehr genommen und die Sklavinnen in diesem Haushalt waren alle zu gutmütig und Sabrina blind ergeben. So war es an Quintus Viridius der jungen Frau etwas an Bildung und Benehmen angedeihen zu lassen.

Entnervt ging er in die Küche und holte sich ein leichtes Mahl. Während er müde am Tisch saß und den Gesprächen der anderen Sklaven lauschte, dachte er an ihre letzte Bemerkung. Sie war gemein und unnötig gewesen und hatte ihn tief getroffen. Sabrina wusste, wie sie jemanden Schmerz zufügen konnte. „Du solltest froh sein, mein Lehrer zu sein – eigentlich könntest du mir noch andere Dinge beibringen.“ Dabei hatte sie ihn angelächelt und das Kleid am Saum hochgehoben, sodass er ihre Knie bewundern konnte. In Erinnerung daran, verschluckte er sich beinahe am Wasser. ‚Was denkt die nur, wer ich bin?’ Kaum war er mit essen fertig, als es schon durchs Haus schallte: „Quintus!“ Der Herr war ärgerlich. Sabrina musste sich über die Mehraufgaben beschwert haben. Unter allgemeinem Gelächter der anderen Sklaven stand er auf und ging, sich die Strafpredigt anzuhören. Marcus Auridius war an sich ein umgänglicher Mensch, nur wenn es um seine Tochter ging, verlor er jedes gute Augenmaß. So auch jetzt.

Quintus klopfte leise an die Tür des Büros und trat dann sofort ein. Er neigte den Kopf und fragte: „Herr, du wünschtest mich zu sehen.“
Marcus Auridius stand auf, trat vor den Schreibtisch, wobei er mit einem Stock rhythmisch auf seine Handfläche klopfte. Quintus beobachtete das und schluckte. Sabrina musste ihrem Vater eine faustdicke Lüge erzählt haben. „Wenn ich noch einmal erfahren sollte, dass du Hand an mein Kind legst, dann …“ Quintus neigte den Kopf und wagte einen Widerspruch: „Herr, ich habe deine Tochter nicht berührt, sie nicht einmal angesehen.“
„Du wagst sie jetzt noch der Lüge zu bezichtigen?“ Marcus Auridius holte mit dem Stock aus und traf Quintus im Gesicht. „Wenn meiner Tochter ein Leid geschehen sollte, dann werde ich dich wie einen Kriegsgefangenen behandeln! Hast du mich verstanden! Dein Status wird sich dann rapid verändern!“ Quintus schluckte. Er hatte nichts getan. Doch er neigte lediglich den Kopf.
„Und jetzt geh mir aus den Augen. Damit dir nicht langweilig wird und du auf dumme Gedanken kommst, darfst du Pullo helfen, die Latrinen zu reinigen. Er wartet auf dich.“ Es war eine Herabwürdigung seiner Arbeit als Lehrer, wenn er jetzt mit Pullo arbeiten musste. Aber er tat es widerspruchslos.

Die letzten vier Jahre war es immer wieder zu solchen Demütigungen gekommen. Immer dann, wenn Sabrina wegen einer Aufgabe beleidigt war, hatte sie etwas erfunden, damit er bestraft wurde. Er hasst die junge Herrin. Ihr aufreizendes Benehmen ihm gegenüber machte ihn schier wahnsinnig. Sie wusste bereits ganz genau, was sie wollte und wie sie es bekommen konnte. Nur hatte Quintus nicht vor, sich von ihr benutzen zu lassen. Es reichte ihm, dass er hier als Lehrer arbeitete. Am Sklavenmarkt war er beglückwünscht worden, als ihn Marcus Auridius gekauft hatte, denn er war ein reicher Mann und als gütiger Herr bekannt. Niemand hatte je erwähnt, wie ungut Sabrina war.

Seinen Zorn nur mühsam verbergend, half er dem gutgelaunten Pullo, der mit einer harten Bürste über den Boden fuhr, dass das Wasser nur so spritzte. „Na, was hast du diesmal angestellt? Bist du ihr an die Kleider gegangen?“ Pullo lachte anzüglich, doch Quintus drehte sich nur zur Seite und schwieg. „He, ich bin dir wohl nicht gut genug, Mann.“
„Ich habe nichts getan. Wenn du es genau wissen willst, ich habe ihr eine Strafarbeit wegen Disziplinlosigkeit gegeben!“, brüllte Quintus. Pullo blickte ihn ungläubig an. Davon hatte er noch nie gehört, dass jemand der netten kleinen Herrin eine Strafe aufbrummte. „Du bist ganz schön dumm für einen Lehrer“, murmelte er nur und machte weiter. Auch Quintus kroch wie eine Krabbe am Boden dahin und schwang den Schrubber. Er fand es nicht einmal so schlecht, so konnte er sich wenigstens abreagieren. Im Haus des Primus Virgilius Claudius befanden sich sowohl fließendes Wasser, wie auch eine kleine Therme und natürlich gab es eine Kanalisation. Es war eine sehr noble Gegend, in der die Familie Claudius lebte.

„Wie kann er es nur wagen, Fabia! Ich biete ihm die einmalige Gelegenheit und er schlägt sie aus!“, Sabrina schmiss zornig ein Kissen gegen die Wand, während Fabia lachte. „Ich wünschte, ich hätte auch so einen jungen Hauslehrer. Meiner ist leider schon alt und mehr als unansehnlich. Du kennst ihn, es ist Flavius.“ Sie machte ein abfälliges Geräusch, dann klatschte sie in die Hände und fuhr fort: „Ich möchte ihn sehen. Lass ihn rufen, bitte. Er muss ja ein Bild von einem Mann sein, wenn er dich so betört. Oder ist es nur, weil er auf deine Avancen nicht eingeht?“
„Werde nicht frech, Fabia. Aber du hast recht, er ist schön und leider auch sehr klug. Ich wünschte, er wäre nicht mein Lehrer.“
„Ach komm schon. Erzähl, wie sieht er aus. Lass uns ins Peristyl gehen während du berichtest.“ Die beiden jungen Frauen verließen das große Zimmer und schritten durch das Atrium nach hinten, durch einen hübsch verzierten Torbogen hinaus in den kunstvoll angelegten Garten. „Also, Sabrina, erzähl schon. Du wirst nicht mehr lange hier sein und über deinen Lehrer hast du schon sooft geschimpft, dass ich ihn endlich einmal sehen möchte. Beschreibe ihn wenigstens, wenn du ihn mir schon nicht zeigst.“ Fabia bettelte weiter und so ließ sich Sabrina endlich erweichen. „Setz dich, Fabia.“ Dann winkte sie einem vorbeieilenden Sklaven zu und rief: „Hol Quintus her.“ Der Mann neigte leicht den Kopf und eilte weiter. Nach einer Weile, die sie in stummer Betrachtung verharrten, erschien Quintus. Er war verschwitzt und ein roter Striemen durchzog seine rechte Wange. Die blauen Augen blitzten ärgerlich, wurden aber sofort durch ein Senken der Lider daran gehindert, die Herrin anzufunkeln.
„Was wünschst du noch von mir, Herrin“, fragte er.
„Wie siehst denn du aus, Quintus? Bist du in den Eimer für den Müll gefallen?“ Sabrina lachte und Fabia stimmte zögernd mit ein.
„Nein, Herrin, ich habe gearbeitet.“
„Was? Mit deinen Händen?“
„Tia, Domina. So ist es.“
Fabia starrte ihn an und ihr Herz schlug schneller. Noch nie hatte sie so einen Mann gesehen. Ihr Vater hielt sie ziemlich kurz und die eigenen Sklaven fand sie herzlich unansehnlich und sie kannte sie bereits seit ihrer Kindheit. Aber Quintus war interessant, auch weil er einen Doppelnamen hatte, was unter Sklaven nie vorkam. Das schwarze, militärisch kurz geschnittene Haar umrahmte ein dunkles Gesicht, das von einer scharf geschnittenen Nase dominiert wurde. Fabia musterte ihn weiter und ihr Blick blieb an seinen langgliedrigen, feinen Fingern hängen.
„Herrin, was willst du von mir. Ich habe noch …“
„Sei still, Quintus Veridius. Wir wollen dich nur ansehen.“ Der Lehrer begann sich nun doch merklich unwohl zu fühlen. Fabia bemerkte es und flüsterte: „Lass ihn gehen. Ich danke dir.“ Sabrina zuckte mit den Schultern, dann entließ sie Quintus mit einer Handbewegung. Er neigte den Kopf und ging rasch davon.
‚Welch ein schöner, stolzer Mann. Schade, dass ihn Sabrina wie Dreck behandelt’, dachte sie. ‚Ich möchte ihn wiedersehen.’ Der letzte Gedanken ließ ihr Herz rasen.
„Na, jetzt hast du ihn gesehen. Was sagst du dazu?“
Statt einer Antwort nickte Fabia lediglich, dann stand sie auf und verabschiedete sich.

Als die Familie beim Abendmahl zu Tische lag und sich alle lang und breit über ihren Tag ausgelassen, sowie den neuesten Tratsch ausgebreitet hatten, gähnte Sabrina breit. „Tata, kannst du etwas gegen den Lehrer unternehmen. Er ist so aufdringlich und weiß sich einfach nicht zu benehmen.“
„Darüber habe ich bereits nachgedacht, mein Kind. Ich habe ihm die schwerste Strafe für einen Mann angedroht, sollte er noch einmal Hand an dich legen.“
Darüber dachte sie eine Weile nach, dann meinte sie: „Warum brauche ich eigentlich noch Unterricht? Ich bin doch bereits die Domina in deinem Haushalt.“ Marcus Auridius lachte darüber, dann meinte er ernst: „Von meiner Tochter soll es nicht heißen, dass sie weder Benehmen noch Bildung hat – und wie ich leider gestehen muss, mangelt es an letzterem doch noch etwas.“
„O Tata. Ich kann lesen, ich kann schreiben und ich kann sogar etwas rechnen. Was willst du mehr?“ Sie ließ sich den Kelch neuerlich mit Wein füllen. „Ich möchte endlich einmal richtige Aufgaben übernehmen und irgendeine Arbeit lässt sich für diesen lästigen Sklaven schon finden. Es ist ja nicht so, als hättest du sonst nichts zu tun – im Haus oder auf den Latifundien.“
„Sabrina, das geht jetzt doch etwas zu weit. Quintus ist ein gebildeter Mann, den ich wohl kaum ausschließlich für so niedere Tätigkeiten einsetzen würde. Leider sind alle anderen Positionen gut besetzt. Also werde ich ihn wohl verkaufen müssen, wenn du ihn nicht mehr willst. Oder schwebt dir etwas anderes vor?“ Sabrina konnte ein Lächeln nur schwer unterdrücken. Ihr schwebte allerdings etwas anderes vor. Letzte Woche, als sie in der Frauentherme war, hatte eine der Damen berichtet, wie wohltuend es sei, mit einem Mann das Bett zu teilen. Sie erinnerte sich noch daran, wie ihr vor Verlegenheit die Röte in die Wangen geschossen war. Aber die Dame schilderte so detailreich, dass es ihr so war, als wäre sie zugegeben gewesen. Die hatte es mit einem Sklaven sehr wild getrieben und ihre helle Freude daran gehabt. Da musste sie an Quintus denken und wie ablehnend er sich verhielt. Das weckte ihren Zorn auf den Mann. Wenn er sie nicht wollte, dann sollte ihn keine andere haben. Das hatte sie sich an diesem Abend fest vorgenommen, als sie ihren Vater den Vorschlag gemacht hatte, Quintus für andere Arbeiten einzusetzen.

Sabrina war bereits in ihrem siebzehnten Lebensjahr und sie hoffte, nun endlich einmal mit zu den berühmten Gladiatorenspielen genommen zu werden, oder wenigstens zu einem Wagenrennen oder zu einer Orgie. Aber ihr Vater hatte ihr das alles strengstens untersagt. So musste sie ihr Vergnügen eben anderweitig suchen und das bestand derzeit darin, Quintus niederzumachen. Der war in ihren Augen viel zu stolz für einen Sklaven und für die Position eines Hauslehrers denkbar ungeeignet. Ein Hauslehrer sollte demütig sein und ihr keine Strafen aufbürden. Zornig schnaubte sie, als sie auf ihr Zimmer ging. Müde war sie nicht und sie drehte sich lange auf dem Laken herum. Dann stand sie auf und schlich zu den Sklavenunterkünften. Sie verstand sich selbst nicht, warum sie das tat, aber sie wollte ihn sehen und ein neuer Plan begann in ihrem Hirn zu reifen. Sie sah ihn, wie er von den Waschräumen zurückkam. Das Haar war nass und er hatte nur ein Tuch um die Hüften geschlungen. Sein Anblick verschlug ihr die Sprache und schnell verbarg sie sich hinter einem Mauervorsprung. Vorsichtig lugte sie hervor, und betrachtete ihn weiter. Gerade unterhielt er sich mit einem anderen Sklaven. Beide lachten über irgendetwas. „Nein, nein Flavius, mir geht es gut“, sagte er eben, drehte sich um und sie konnte seinen nackten Oberkörper sehen. Er war nicht sehr muskulös, aber kräftig und er war dünner als sie gedacht hatte. Die Tunika verbarg diesen Umstand. „Bona Nox, Flavius“, damit verschwand er hinter einer Tür und Sabrina hatte zu tun, unbemerkt wieder in ihr Zimmer zu gelangen.
*****har Paar
41.020 Beiträge
Gruppen-Mod 
Liebe Herta,

entweder hast Du mindestens sieben Ghostwriter unter Deiner Fuchtel - oder Du bist eine Geschichten-Maschine mit eingebautem Fließband ...

*zwinker*

Sehr interessant, mal die gesamte Story zu lesen.

(Der Antaghar)
nochmal Kaminlesung
****ra Frau
12.347 Beiträge
Themenersteller 
*lach* das wäre schön, denn das hieße, ich hätte genügend Geld, um die auch zu bezahlen - aber nein. Ich leide nur an zuviel Zeit, zu wenig guten Büchern und leide noch immer an meinem kranken Knie, was meinen Bewegungsradius stark einschränkt - also schicke ich eben meine Fantasie auf reisen. *ggg*

Ja, diese Story ...

ich mache aus einem kümmerlichen Erstversuch (die Geschichte habe ich in meiner ersten Zeit hier geschrieben und sie selbst als schlecht empfunden), jetzt eine lesbare Geschichte - hoffentlich gelingt es mir.

*sonne* Herta
*****har Paar
41.020 Beiträge
Gruppen-Mod 
Oh, gute Bücher kann ich Dir massenhaft empfehlen (und damit meine ich nicht nur meine) ...

Was so ein kaputtes Knie alles bewirken kann. Toll!

*g*

Trotzdem, liebe Herta: Gute Besserung!

(Der Antaghar)
nochmal Kaminlesung
****ra Frau
12.347 Beiträge
Themenersteller 
Danke für die Genesungswünsche. Über Buchempfehlungen freue ich mich immer ... ich komme ja nirgends hin *heul*

und im Internet zu stöbern ist einfach nicht dasselbe wie im Buchladen.
nochmal Kaminlesung
****ra Frau
12.347 Beiträge
Themenersteller 
Quinuts Viridius ..... (und der Schluss)
Quintus Viridius

Die ständigen Annäherungsversuche der Schülerin schlugen sich auf sein Gemüt. Eigentlich war er ein fröhlicher junger Mann, der sich durch nichts so leicht aus der Ruhe bringen ließ. Bei seinem letzten Herrn hatte er vier Knaben unterrichtet und als sie älter wurden und auch Lehrer für Griechisch, Astronomie und Geometrie brauchten, war er weiterverkauft worden. Am Anfang fand er es nicht schwierig, nur eine Person zu unterrichten. Sabrina war gelehrig gewesen, solange sie noch jünger war. Doch nun erwies sie sich als Problem. Die einfachsten Aufgaben, weigerte sie sich zu erledigen. Was ihn am meisten ärgerte war die Tatsache, dass sie ihn bei seinem Herrn schlecht machte und Lügen über ihn verbreitete. Wenn der Dominus unzufrieden mit ihm war, dann sollte er ihn einfach verkaufen. Es wäre nichts einfacher als das. Aber Quintus wusste, der Herr würde das nie machen. Er gab nie einen Fehler zu, schon gar nicht, wenn es seine Tochter betraf. Sie war sein Augenstern, keine Bitte durfte ihr ausgeschlagen werden. Doch Quintus hatte sie durchschaut. Sabrina war lediglich auf ihren Spaß aus und weil sie nicht zu den Aktivitäten durfte, zu denen sich normalerweise die jungen Leute trafen, dachte sie sich andere Dinge aus, wie zum Beispiel ihn zu ärgern.

Die Wange brannte noch von dem Schlag, aber er ließ sich nichts anmerken, schon gar nicht Pullo gegenüber, mit dem er seit neuestem mehrmals wöchentlich die Latrinen reinigen musste. ‚Marcus Auridius denkt wohl, ich habe zu wenig arbeit’, dachte er, als er wieder einmal todmüde ins Bett fiel und dennoch nicht schlafen konnte.

Nach dem Frühstück begann der Unterricht. An diesem Tag sollte der Letzte hier im Haus stattfinden, dann würden sie abreisen. Ihr neues Haus in Carnuntum war bezugsfertig. „Quintus, ich muss noch packen“, jammerte Sabrina. „Dazu ist noch genügend Zeit, Herrin. Außerdem packt dir Ovilia alles zusammen.“
„Sei nicht immer so gescheit. Erzähl mir lieber etwas über Pannonia oder von mir aus auch über Carnuntum. Ich weiß nur, dass dort ein Kastell ist und ein großer Fluss ist auch in der Nähe.“ Sie rückte sich auf der Liege zurecht und wartete auf seinen Bericht. „Setz dich zu mir“, forderte sie ihn auf, als er keine Anstalten machte, zu reden. Er seufzte und blieb auf dem Hocker sitzen. „Der Fluss, den du erwähntest, wird Danubia genannt. Er bildet die Grenze zum Land der Markomannen und noch einiger Germanenstämme. Die Legion unterhält dort eine große Garnison und Caesar hat eine Erweiterung geplant, weshalb dein Vater auch wünscht, dorthin zu ziehen. Das Klima ist angeblich etwas rauer als hier und es gibt keine so hohen Berge.“
„Ach, irgendwie klingt das alles langweilig. Und die Reise dorthin wird auch sehr unbequem sein.“ Quintus lachte. „Tia, das wird sie. Sic! Dann beenden wir für heute den Unterricht. Du bist zu unaufmerksam, Herrin. Auf der Reise können wir weiterlesen. Ich habe einige Schriften besorgt, die wir durcharbeiten können.“
„Ach, das freut mich doch auch nicht, Quintus.“ Sie stand jetzt auf und näherte sich ihm. Dem Lehrer wurde unbehaglich zumute als sie knapp vor ihm zum Stehen kam und ihm etwas ins Ohr flüsterte. „Herrin, das …“
„Sei still, Sklave. Du wirst doch wohl meinen Wunsch nicht ausschlagen wollen?“ Unschuldig konnte man den Blick nicht nennen, den sie ihm zuwarf. „Herrin, das geht nicht. Ich habe dem Herrn geschworen, niemals Hand an dich zu legen.“
„Du sollst auch nicht deine Hand …“
„Nein! Ich bin hier, um dich lesen zu lehren und sonst nichts.“ Er sprang auf und starrte sie entsetzt an. Dann entfernte er sich hastig. Wieder hatte sie es versucht, diesmal war sie sehr eindeutig geworden. Sabrina lief ihm nach und rief dabei: „Dann begleite mich wenigstens zu Fabia. Sie will sich auch von dir verabschieden, wissen die Götter warum.“ Quintus hielt an und sagte zu, sie nach dem Mittag zu begleiten. Wenn er als Begleitschutz fungierte, brauchte er sich auch keine Gedanken über irgendwelche Annäherungsversuche ihrerseits zu machen.

Sie erwartete ihn bereits im Atrium. Die Pallo züchtig um den Kopf geschlungen, wirkte sie wie eine erwachsene Frau. „Na endlich“, murrte sie, dann lief sie voraus. Quintus hatte Mühe, ihr zu folgen.
Fabia wohnte nur wenige Häuser entfernt, sodass sie rasch dort waren. Quintus musste vor der Tür warten, denn sie wollten noch ein Stück gehen, am Bach entlang, es war ein warmer Tag.
Fabia konnte ihre Freude, ihn zu sehen kaum verbergen, aber sie zog die Pallo tief ins Gesicht. Die beiden jungen Frauen gingen vorneweg und Quintus schritt in einem respektvollen Abstand, aber so, dass er bei Problemen sofort eingreifen konnte, hinterher.
Sabrina war ungewöhnlich schweigsam. Quintus vermutete, es lag an der bevorstehenden Reise und sie würde ihre Freundinnen hier vermissen. Auch ihm fiel der Abschied von der bergigen Landschaft schwer, aber er war das Reisen weit mehr gewöhnt und für einen Sklaven war es weit weniger langweilig, wenn auch beschwerlicher, eine lange Fahrt auf sich zu nehmen. Sie bestiegen einen kleinen Hügel, auf dem ein kleiner Bach entsprang, dort ließen sie sich nieder und Quintus musste ihnen vorlesen. Zur Einstimmung an die bevorstehenden Reise, hatte er sich gedacht, die Odyssee zu lesen. Sabrina mochte Homer, weil sie die handelnden Personen so spannend fand.
Die beiden Frauen lagen im Schatten eines Baumes, aßen Obst und genossen die Sommersonne. Leise plätscherte der Bach dahin und zahlreiche Bienen summten. Als die Geschichte zu Ende war, legte sich Quintus gedankenlos zurück. Er las gerne und er hatte eine schöne volle, geübte Stimme, aber jetzt fühlte er sich müde und entspannt. Die Sonne schien ihm ins Gesicht, so schloss er einen Moment lang die Augen und stellte sich vor, kein Sklave zu sein, nicht von der Gnade eines Herrn abhängig zu sein, der nur durch seine Geburt das Recht hatte, ihn zu disziplinieren, wenn ihm danach war.
„Quintus?“ Die Erwähnung seines Namens, noch dazu in diesem Tonfall, irritierte ihn, so fuhr er erschrocken in die Höhe. „Herrin?“, fragte er und stellte sich gerade hin. Er wusste, es war ungehörig, einfach so in der Sonne zu dösen, wenn die Herrschaften zugegen waren. „Zieh dich aus!“, befahl Sabrina.
„Wie meinst du?“ Quintus dachte, er hätte sich verhört.
„Werde nicht frech. Es ist die letzte Gelegenheit, bevor wir auf diese lange Fahrt gehen und Fabia würde dich so gerne in voller Pracht sehen.“ Er blickte die etwas ältere Frau an, die verlegen lächelte. „Herrin! Ich bitte dich, das kannst du nicht von mir verlangen.“
„Warum denn nicht? Du bist mein Diener, also mache was ich befehle.“
„Du irrst dich, Herrin. Ich gehöre deinem Vater Marcus Auridius Claudius und nicht dir. Ich werde mich nicht vor euch entblößen.“ Stur verschränkte er die Arme vor der Brust. Doch Sabrina gab sich nicht geschlagen. Sie trat nun erneut ganz dicht an ihn heran und sagte drohend: „Wenn du es nicht machst, werde ich Vater sagen, dass du mich dort angefasst hast, wo es sich nicht gehört. Ich werde ihm sagen, dass du mich vergewaltigt hast. Du weißt, was dann geschieht.“ Quintus wich alle Farbe aus dem Gesicht. Er sah ihr an, sie würde genau das sagen und der Herr würde ihr glauben. „Lass ihn“, versuchte Fabia zu vermitteln. „Es ist genug, Sabrina. Oder würdest du dich vor zwei Männern ausziehen wollen?“ Sabrina drehte sich unwirsch um und meinte hochmütig: „Ich bin doch keine Sklavin, meine Liebe. Also“, wieder an Quintus gewandt: „Ziehst du dich jetzt aus?“
Quintus kämpfte gegen den Impuls die junge Frau zu schlagen. ‚Dich müsste mal einer übers Knie legen und wund schlagen’, dachte er bitter. Etwas von seinem Zorn musste sich in seinem Gesicht spiegeln, denn Sabrina lachte. „Ja, du würdest wohl gerne etwas gegen mich unternehmen, Servus. Nur bist du dazu gar nicht in der Lage. Wenn du dich nicht freiwillig ausziehst, werde ich es machen. Also … los jetzt, wir haben nicht den ganzen Tag Zeit.“ Nur widerwillig streifte Quintus die Tunika ab. „Der Lendenschurz muss auch weg“, befahl sie. „Herrin, bitte.“
„Lass es gut sein, Sabrina“, versuchte Fabia erneut ihre Freundin zu mäßigen. Ihr wurde die ganze Geschichte, die ein Spaß sein sollte, mittlerweile mehr als peinlich. Als er keine Anstalten machte, ihrer Aufforderung nachzukommen, kam sie zu ihm und löste den schmalen Gürtel, der das Stück Stoff an seinem Platz hielt. „Und lass ja die Hände an der Seite.“ Quintus biss die Zähne aufeinander. So gedemütigt war er in seinem ganzen Leben noch nie worden. Er starrte auf einen Baumstamm und versuchte die beiden zu ignorieren, was ihm nur unzureichend gelang, weil Sabrina immer wieder Bemerkungen über sein Aussehen machte. „Ist er nicht beinahe ein Adonis? Ist er nicht, Fabia? Du sagst ja nichts mehr, meine Liebe.“ Fabia hielt die Augen geschlossen, sie wollte sich und ihm die Peinlichkeit ersparen, ihre Freundin aber auch nicht vor dem Sklaven blamieren, in dem sie weiter gegen sie redete.
Quintus merkte, wie ihm die Röte ins Gesicht fuhr. Nur schwer gelang es ihm, sich zu beherrschen und die Hände an den Seiten zu lassen. Nun kam Sabrina auch noch auf ihn zu. Langsam ging er einen Schritt zurück, doch Sabrina war schneller. Sie fasste nach seinen Händen und legte sie auf ihre Brüste. „Nein, Herrin, das darfst du nicht“, flüsterte er, jetzt wirklich den Tränen nahe. Wenn sein Herr davon erfuhr, war er der Schuldige. Über ihm schwebte die Strafe, die ihm der Herr angedroht hatte. Doch Sabrina kümmerte das alles nichts. Andere Menschen waren ihr gleichgültig. Sie hatte nie gelernt auf die Bedürfnisse der Mitmenschen Rücksicht zu nehmen, im Gegensatz zu Fabia, der die Situation immer unangenehmer wurde. Schließlich sprang sie auf und meinte: „Sabrina, sieh nur, kommen dort nicht Leute?“ Sofort zog sie sich von ihm zurück und befahl ihm, sich anzukleiden. Erleichtert sank Quintus zu Boden. Jetzt fühlte er sich wohler und er sagte schließlich: „Herrin, lass uns zurück in die Stadt gehen. Es wird spät und du wirst ärger mit dem Dominus bekommen. Die Zeit für die Cena naht, dein Vater wünscht dort heute deine Anwesenheit.“
„Du hast Recht Quintus. Rasch jetzt und schweig ja still.“ Quintus neigte den Kopf. Etwas anderes blieb ihm nicht übrig. Es würde ihm ohnehin keiner glauben.

Langsam verstrich der restliche Tag. Sabrina wünschte seine Anwesenheit bei der Cena die sich als Abschiedsfest entpuppte und sich bis tief in den Abend hineinzog und gleichzeitig das Abendmahl beinhaltete. Er musste hinter ihr stehen und wenn sie ihm befahl ein Gedicht zum Besten zu geben, so sagte er eines auf. Aber seine Gedanken waren weit weg, er verschloss sich. Was an diesem Nachmittag passiert war, durfte sich nie mehr wiederholen. Er würde den Herrn bitten, ihn von seiner Aufgabe abzuziehen. Irgendetwas würde sich schon finden. Ihm war es gleich und wenn er sich auf den Latifundien zu Tode schuften musste, war es ihm lieber, als die Sticheleien der jungen Herrin zu ertragen.

Der Herr hatte einige Frauen engagiert, die zwischen den Liegen ihre ansprechenden Tänze vorführten, dazu spielten einige junge Männer Musik. Es war ein wildes Gelage und als sich die älteren Herrschaften verabschiedeten, fasste Sabrina nach hinten und zog den überraschten Quintus zu sich auf die Liege. „Die letzte Nacht in Virunum werde ich nicht allein verbringen“, hauchte sie ihm ins Ohr. Es war keine Bitte, auch keine Aufforderung, es war ein Befehl. Dann gab sie ihm Wein zu trinken, sie machte ihn richtig betrunken. Die anderen Gäste machten sich bereits lustig über ihn, weil er nichts vertrug, doch Sklaven bekamen sonst nie Wein zu trinken. Irgendwann ging er auf ihre Annäherungsversuche ein und küsste sie zurück.

Als sich die Gäste nur mehr um sich selbst kümmerten und selbst schon mehr als betrunken waren, zog Sabrina Quintus in ihr Zimmer. Dort wies sie ihn dann in das Mysterium der körperlichen Lust ein. Er war ebenso unerfahren wie sie, denn es hatte sich für ihn noch nie die Gelegenheit ergeben. „Du wirst mich heute die letzten schönen Künste lehren“, forderte sie während sie sich des Kleides entledigte und dann an seinem Gürtel zu zerren begann, bis er abermals nackt vor ihr stand. Dann zog sie ihn zu sich. Sie wurden immer wilder und Quintus, der durch seinen Rauschzustand jedes Gefühl für seine Stellung im Haushalt verloren hatte, gab ihrem Drängen nach und so fielen sie übereinander her wie hungrige Tiere. Sie schrie auf, als er endlich in sie drang, krallte sich fest an ihm und forderte mehr und immer mehr. Doch er konnte nicht mehr geben als er hatte und das war in seinem Zustand wenig genug. Sie fühlte sich einer Lust betrogen und Zorn wallte in ihr hoch, so rief sie schließlich um Hilfe. Quintus völlig überrascht von der Wendung der Dinge, rappelte sich hoch und suchte nach seiner Kleidung, doch es war bereits zu spät. Rufus, der Nachtwächter, hatte sie gehört und stürmte in ihr Zimmer. Sofort packte er Quintus und führte ihn ins Büro des Herrn, der nur wenige Minuten später eintraf, sich den Schlaf aus den Augen rieb und den Lehrer ungläubig anstarrte. Quintus wand sich, versuchte aber nicht, sich zu verteidigen. Sabrina stand ebenfalls im Büro, jetzt züchtig gekleidet, daneben noch einige Sklaven und Gäste, die bei der Orgie zugegen gewesen waren und im Haus übernachteten. Alle waren eilig herbeigerufen worden. Der Herr befragte Quintus nicht einmal. Seine Schuld stand fest. Er hatte Hand an den Augenstern des Herrn gelegt.
„Noch bevor wir abreisen, wirst du deine Strafe erhalten“, brummte der Herr. Dann schickte er die Gäste und die anderen Sklaven zu Bett und ließ den Mann holen, der normalerweise die Stiere und Esel beschnitt. Quintus wurde unterdessen in seine Kammer gesperrt. Dort musste er warten. „Ihr Götter, warum habt ihr mich nicht zurückgehalten“, flucht er heiser. „Niemals hätte ich mich darauf einlassen sollen! Niemals! Non nisi Servus. Concubinatus bringt mir den Tod.“

Doch der Tod wartete nicht auf ihn. Es war viel schlimmer und diese Demütigung würde er sein Leben lang nicht mehr vergessen, sie nie mehr vergessen können, wenn er sie überlebte.
Im Morgengrauen wurde er geholt. Der Beschneider stand bereits gerüstet im Stall und erwartete ihn. Quintus versuchte sich zu wehren, sich zu rechtfertigen, doch der Herr hatte ihn für schuldig befunden, nun erwartete ihn die Strafe.
„Dominus, rogo te! Innocens ego! Herr, höre mich an, ich bin unschuldig.“
„Ich brauche für meine Tochter einen Eunuchen. Mache deine Arbeit gut, Meister Antonius, schließlich soll er überleben.“
„Herr!“, laut rief er, aber er wurde nicht mehr gehört. Meister Antonius machte seine Sache gut. Er stopfte Quintus einen Knebel in den Mund, dann schlug er ihn bewusstlos, bevor er ihm die Genitalien abschnitt. Alles ging sehr schnell und die Sonne stand noch nicht am Himmel als er mit seinem Handwerk fertig war.

Quintus wusste nicht woher er die Kraft aufbrachte, den weiten Weg zu gehen. Es half ihm ohnehin nichts, denn er wurde beaufsichtigt. Unter strenger Bewachung stolperte er den Wagen hinterher und hoffte auf dem Weg in den Norden zu verbluten.

Carnuntum, im siebenten Jahr unter Caesar Titus Flavius Domitianus

Ich bin ihr Eunuch geworden. Ihr ergebener Diener und ich hasse sie wie keinen Menschen auf der gesamten bekannten Welt. Niemals wird dieser Hass enden, denn sie hat mir mein Leben geraubt. Ich dachte damals auf dem Weg über die Ostalpen, ich müsste sterben. Aber dem war nicht so. Die Schmach, die sie mir antat, werde ich ein ganzes Leben lang fühlen und irgendwann werde ich ihr die Rechnung präsentieren.

Auch wenn ich nur ein Sklave bin und ihr Lehrer war, habe ich dennoch das Recht angehört, als Mensch behandelt zu werden.
Nun bin ich derjenige, der ihr die Speisen bringt, ihr aufwartet und Tag und Nacht für sie da ist. Ich muss neben ihrem Bett schlafen und sie lacht mich aus, wenn sie mich sieht. Wenn sie nackt vor mir steht und mich verhöhnt, würde ich sie am liebsten erwürgen. Aber das macht sie nur, wenn ihr Gatte zugegen ist. Camillus Manius Claudius ist ein netter Mann, der eine Frau wie Sabrina nicht verdient hat. Vielleicht bietet sich hier eine Gelegenheit zur Rache, denn ich habe Camillus Ohr. Doch das wird erst die Zeit weisen. Ich habe gelernt, geduldig zu sein und meine Strafe, mit einem Quäntchen Würde zu tragen, denn in meinem Herzen bin ich ein Mann geblieben.

Quintus Viridius, Lehrer und Eunuch, gestorben in den Iden des Juno im Jahre sieben der Herrschaft Caesars Titus Flavius Domitianus, an einer vergifteten Speise, die er für seine Herrin probiert hat.
Carnuntum.


(c) Herta 7/2010
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