Das wilde Tier
„Duhu…“ Zärtlich strahle ich ihn an.„Ja, mein Lieb, was ist denn?“ Fragt er.
„Duhu… Sag mal, du bist doch ein richtiger Mann, nicht wahr?“
Er schaut ein wenig verblüfft, antwortet aber recht sicher: „Ja, selbstverständlich bin ich das, mein Lieb.“
„Ja und richtige Männer, die beschützen ihre Frauen doch, nicht wahr?“
„Ja sicher beschütze ich dich, mein Lieb. Warum fragst du?“
„Beschützt du mich auch vor wilden Tieren? Ich meine, du bist ja ein richtiger Mann, da wäre das dann ja deine Aufgabe, nicht wahr?“
„Ja, mein Lieb, ich beschütze dich auch vor wilden Tieren. Sollte also jemals ein Löwe vorbeikommen, dann werde ich mich todesmutig vor dich stellen“ antwortet er ein wenig amüsiert.
„Du, dann kannst du mich jetzt gleich und auf der Stelle beschützen. Hier ist eine Fliege, die mich fürchterlich ärgert.“
„Eine Fliege? Ach nee! Das ist doch kein wildes Tier.“
„Wohl ist eine Fliege ein wildes Tier. Und du willst mich nicht beschützen?“
„Nein, die ist nicht wild. Das ist eine Stubenfliege. Der Name sagt ja schon, dass sie nicht wild ist.“
„Doch ist die wild. Oder hast du je eine zahme Stubenfliege gesehen? Und sie nervt mich!“ Ich fange an ein wenig zu schmollen.
„Nun ja, mein Lieb, das ist Definitionssache. Aber vor einer Stubenfliege hast du ja nichts zu befürchten, also muss ich dich auch nicht vor ihr beschützen. Eher sie vor dir.“
„Ah ja, da drückst du dich also davor, mich vor einer harmlosen Stubenfliege zu beschützen. So ist das also. Was würde da wohl passieren, wenn plötzlich wirklich ein wilder Löwe vor mir stünde? Na? Was denn? Wenn du schon bei einer Stubenfliege kneifst?“
„Ich kneife nicht!“
„Wohl kneifst du! Du beschützt mich nicht!“
„Eine Fliege ist kein Löwe, mein Lieb. Und jetzt ist es gut.“ Sagt er ein wenig angesäuert.
„Na Gott sei dank ist eine Fliege kein Löwe, denn dann wäre ich jetzt schon lange tot, du Feigling!“ Sage ich, greife nach der Fliegenklatsche und mache dem wilden Tier den Garaus.
(c) Rhabia und Berglöwe 07-2010