Einst bauten wir ein Haus
Einst bauten wir ein Haus. Wir bauten schnell. Nahmen uns keine Zeit. Es war kein großes Haus. Es musste nicht groß sein, sollte nur uns genügen, sollte ein Heim für unsere Liebe sein, auf dass sie unsterblich würde.Raum für Raum bauten wir das Haus. Wir sahen es wachsen und erfreuten uns daran. All unsere Zeit, all unsere Kraft und Liebe steckten wir hinein. Die Waldgeister wachten über mich und die Sterne sangen mir ihr Lied.
Fenster und Türen sollte das Haus haben. Und Läden, um uns zu schützen.
Als das Haus fertig war, zogen wir ein.
Es waren genügend Räume für uns beide da. Und Türen dazwischen, um sie zu verschließen, aber auch, um sie zu öffnen. Doch wann immer ich eine Tür verschloss, öffnetest du sie wieder. Du mochtest geschlossene Türen nicht. Und ich wollte für mich sein dürfen. Ich wollte die Läden öffnen, doch sie waren verriegelt. Ich konnte die Waldgeister nicht mehr sehen, konnte nicht mehr hinaus, verlor meine Verbindung zu mir selbst und schließlich auch zu dir, denn je mehr ich mich in diesem Haus gefangen fühlte, desto mehr drängte es mich weg von hier.
Ich hörte das Rufen den Waldgeister. Wollte zu ihnen gelangen. Und erst, als ich in meiner Verzweiflung zum Schwert griff, gabst du mir den Weg frei. So stand ich da, mit dem Schwert in der Hand, das ich niemals mehr hatte ergreifen wollen. Endlich erkannte ich, dass dieses Haus niemals hätte gebaut werden dürfen. Es war kein Heim. Es war mir Gefängnis.
Es ist vollbracht. Ich habe das Schwert zerbrochen, habe das Haus in Brand gesteckt.
Freude darüber will sich nicht so recht einstellen, als ich im letzten Feuerschein unserer Liebe talwärts gehe. Ich weiß, dass ich das Richtige getan habe. Aber das Richtige ist manchmal auch das Schwere. Langsam und bedächtig nehme ich Schritt für Schritt, Atemzug um Atemzug Abschied von dir und deiner Männlichkeit. Ich bin nicht auf der Flucht. Ich laufe nicht davon. Ich gehe voran, begleitet von Waldgeistern, die mich halten und stützen.
Am Flussufer wasche ich mich rein, sehe das Spiegelbild der Sterne im Wasser und erkenne, dass nur sie ein unsterbliches Lied singen.
© Rhabia 09-2010