Von Prinzen und Fröschen
Liebe und Schmerz oder Von Prinzen und FröschenDer erste Eindruck: Groß, gut aussehend, nett, sympathisch. Ein gemeinsamer Abend in geselliger Runde. Der erste Kuss. Ein leichtes Flattern im Herzen. Die Einladung für eine Party am nächsten Abend.
Der zweite Eindruck: Er kann mich erobern. Keine Eifersucht, kein Klammern. Akzeptiert er mich, wie ich bin?
Ist er mein Prinz? Ja, er könnte mein Prinz werden. Er wurde mein Prinz…
Aber leider werden aus Prinzen irgendwann Frösche! Bin ich jetzt auch ein Frosch? Nein, dann würden wir ja noch zusammen gehören. Was ist passiert? Wann blieben wir auf der Strecke? Warum habe ich so lange still gehalten?
Wieder mein altes Thema: Meine Mutter. Wieso kann ich nicht aus meiner Haut? Alte Muster durchbrechen? Ich weiß doch, worum es geht, und was dabei abläuft.
Wieso habe ich gerade in einer Zeit, in der meine psychische Gesundheit immer schlechter wurde, meinen Prinzen mit ebensolchen Problemen kennen gelernt?
Ich fühlte mich bei ihm sehr wohl und geborgen. Das Leben – außerhalb des Jobs – war einfach schön. Ich habe im Nachhinein keine Ahnung, womit wir unsere Abende verbracht haben. Nur wenige Abende habe ich noch in Erinnerung. Auf jeden Fall war es nicht das weit verbreitete Sofa-Fernsehen-Muster. Ich habe ihn so geliebt, und mich völlig fallen gelassen.
Von Hilden nach Düsseldorf
Seine Wohnung? Schön. Aber ich habe mich dort nicht richtig wohl gefühlt. So richtig angenommen habe ich nur das Bett und den Lesesessel. Und beides vermisse ich sehr. Der Garten hinter dem Haus – schön. Den vermisse ich auch. Ich freute mich schon auf die kommenden Abende am Feuer mit meinem Prinzen an der Seite.
Es hat mich umgehauen, wie viel Platz er im Schrank für meine Klamotten frei geräumt hat. Sogar einen eigenen Schuhschrank hatte ich. Wow! Das waren für mich Zeichen, dass er mich sehr liebt und bei sich haben wollte.
Der erste Bruch.
Kurz nach meinem Geburtstag hat er das erste Mal unsere Beziehung beendet. Es war zu dieser Zeit auch wirklich nicht mehr schön zwischen uns. Wir haben kaum geredet. Ich hätte gerne geredet, aber mein Prinz schloss seine Augen und schaffte damit eine unüberwindbare Distanz zwischen uns. Als das Ende der Beziehung ausgesprochen war, dachte ich, dass kann nicht sein. Er ist doch mein Prinz! Ich kämpfte und wollte dieses Ende nicht zulassen. Mein Prinz ließ sich erweichen, und wir versuchten einen Neustart.
Glücklicherweise war ich zu dieser Zeit in einer Therapie und konnte vieles mit dem Therapeuten besprechen. Ein großes Thema war der Sex zwischen uns. Wir hatten da völlig verschiedene Vorstellungen. Ich weiß inzwischen, wer liebt ist zu vielem fähig. In der nächsten Zeit ging ich völlig auf meinen Prinzen ein. Und zwar über meine Grenzen, denn es ging mir nicht gut damit. Das ganze hatte einen bitteren Nachgeschmack.
Und plötzlich…
… ging alles wie von alleine. Mein Körper reagierte auf ihn, wie nie zuvor. Ich liebte alles, was zwischen uns im Bett – oder auch woanders – geschah. Auch Dinge, die für mich ganz klar nie zuvor möglich gewesen wären. Und es auch in der Zukunft nicht mehr sein werden. Es war einzigartig.
Ich war glücklich, schwebte auf Wolken. Mein Prinz nahm mich wieder in den Arm, drückte mich, suchte ständig meinen Kontakt. Ja, zwar nie so, wie ich seinen Kontakt suchte, aber ich hatte das Gefühl, es fällt ihm nicht so leicht, seine Gefühle zu zeigen. Wir hatten eine superschöne Zeit.
Familie
Drei Schwestern und noch ein Bruder. Der Kontakt zwischen ihm und zwei seiner Schwestern ist sehr eng. Ich mochte die beiden und fand den engen Kontakt auch ok. Warum war ich so oft unsicher, wenn ich mit den beiden zusammen war? Ich habe mir so viele Gedanken darum gemacht. Nahmen sie mich vielleicht nicht, wie ich bin oder mochten sie mich einfach nicht? Hatten sie Angst, dass ich ihnen ihren Bruder, meinen Prinzen wegnahm? Dabei fühle ich mich doch in einer Familie so wohl. Eine eigene habe ich nicht mehr. Was war da nur so schwierig?
Die Klinik
Nachdem ich auf der Arbeit aufgrund verschiedener Vorfälle nicht mehr klar kam, ging ich zum Arzt, wurde krankgeschrieben und bekam dann einen Platz in einer Klinik. Dort ging es jedoch erstmal richtig Bergab. Die Tabletten gegen Depressionen packten mich in Watte und ich bekam so gar nichts mehr auf die Reihe. Die verschiedenen Therapien taten mir jedoch sehr gut. Leider kamen auch „alte“ Themen wieder in mir hoch. Eines dieser Themen ist leider immer nicht abgeschlossen.
Da es mit den Tabletten nicht besser wurde, habe ich nach knapp 2 Monaten darauf gedrängt, dass diese abgesetzt werden. Obwohl der Arzt dagegen war, wurden sie dann auch abgesetzt.
Kurze Zeit später wurde ich zumindest wieder aktiver. Ich konnte meine Freundschaften wieder pflegen und hatte wieder Interesse an allem Möglichen.
Wie lief zu dieser Zeit unsere Beziehung? Ich würde sagen, sehr gut.
Ok, jetzt kommt einiges, dass ich immer erfolgreich verdrängt hatte:
- dass musst Du auch noch begreifen
- bekommst Du das nicht in den Kopf rein
• Du bist zu dick und musst abnehmen
- keine Zärtlichkeit, weder streicheln noch in Worten
Tja, diese Liste sollte noch viel länger sein, aber ich habe alles perfekt verdrängt. Dass musste auch so sein, denn sonst hätte ich ja gemerkt, dass Partner, die sich lieben, so nicht miteinander umgehen (sollten).
Zärtlichkeit wollte mein Prinz gar nicht mehr. Streicheln störte ihn. Warum war das so? Ach ja, ich hatte die perfekte Entschuldigung: Seine Krankheit! Wie praktisch, wenn man (ich) alles darauf schieben konnte. Die positiven Dinge geschahen, weil er mich liebte, die negativen waren eben seine Krankheit.
Gemeinsam in meiner Wohnung
Ich packte noch einige Dinge ein, und mein Prinz lag auf dem Sofa. Plötzlich fragte er, welche Möbel mir wichtig wären. Nein, wir hatten vorher noch nicht richtig übers zusammenziehen gesprochen. Aber an diesem Abend sprach er das an. Und ja, ich wollte so gerne mit ihm zusammen ziehen. Meine Wohnung aufgeben. Ich hatte gleichzeitig totale Angst davor. So richtig habe ich ja seine Wohnung nie angenommen. Zwar hatte ich versucht, es gemütlicher zu machen, aber sie war eben nicht meine Wohnung. Aber mit einem Teil meiner Möbel, die wir mitnehmen wollten, hätten wir bestimmt ein gemeinsames Refugium für uns geschaffen. Ich glaubte fest daran. Oder wollte ich einfach nur daran glauben?
Auf jeden Fall schwebte ich wie auf Wolken.
Einen genauen Termin hatten wir noch gar nicht abgesprochen. Da gerade Monatsende war, sprach mich darauf an, dass ich die Kündigung ja dann bis zum 31. abgegeben haben müsste. So schnell also? Ich wunderte mich und freute mich einfach unglaublich. Also schrieb ich die Kündigung und sie lag zunächst mal auf dem Tisch. Als ich dann ein oder zwei Tage später mit meinem Prinzen nach Hilden fahren wollte, um die Kündigung abzugeben, gestand er mir, dass er doch (noch?) nicht mit mir zusammenziehen wollte.
???
Oh Gott! Mein Boden brach weg. Was war innerhalb zweier Tage passiert? Er guckte mich doch im Alcatraz noch so verliebt an und fütterte mich mit Champignons. Kurz wallte in mir das Gefühl hoch, pack Deine Sachen und fahre nach Hilden. Zurück in Deine Wohnung. Dieser Prinz steht (doch) nicht zu Dir. Aber meine Gefühle waren einfach zu groß. Also verdrängte ich den Abend wieder und versuchte, mir keine großen Gedanken zu machen.
Zwei Tage später
Mein Prinz ging abends noch mal raus. Ohne mir irgendwas zu sagen, wohin er wollte oder was den los wäre. So gingen wir normalerweise nicht miteinander um. Als ich Stunden später ins Bett ging war er immer noch nicht zurück. Ich machte mir Sorgen und Gedanken. Mein Kopf war ein Chaos. Zwar versuchte ich, ruhig zu bleiben, das klappte jedoch nicht. Also rief ich ihn an. Er war beim Italiener auf ein paar Gläser Wein. Und kurz darauf rief er an, er wäre jetzt auf dem Rückweg. Ich freute mich und dachte, er legt sich gleich zu mir. Aber als er kam und mich im Bett liegen sah, sagte er nur, dann wäre er eben wieder weg. Ich stand auf und er war tatsächlich weg! Obwohl ich nicht eifersüchtig bin, rumorte da was in meinem Kopf. Ich lag die ganze Zeit wach und konnte vor grübeln nicht schlafen. Irgendwann hörte ich dann, dass er wieder da war. Ich wartete, ob er zu mir kommen würde. Da er nicht kam, stand ich auf und ging zu ihm. Er saß lächelnd am PC und schrieb eine Mail. Aha! PC bedeutet für ihn Arbeit und nachts klappt er ihn sonst nie auf.
Ich versuchte, mich wieder runter zu bekommen, dass er mich doch liebe und mit mir zusammenziehen wolle. Als ich ihm sagte, dass ich nicht schlafen kann, kam er dann mit ins Bett. Am nächsten Morgen lag er wach mit dem Rücken zu mir. Oh Mann, was ging es mir schlecht. Ich hatte Angst und drehte völlig am Rad. Was war bloß los. Sex wollte er auch nicht, schon seit Anfang der Woche nicht mehr. Beim Frühstück konnte ich nicht mehr und sprach ihn darauf an. Er war ganz kool und meinte nur, klar habe er mit jemandem gemailt. Kein Wort davon, dass ich mir keine Sorgen machen sollte. Meine Angst wurde immer größer, je kälter er war und je weniger er überhaupt auch nur versuchte, meine Sorgen zu verscheuchen. Irgendwann weinte ich und sagte ihm auch, dass ich solche Angst hätte. Er stand dann auf und ging, ließ mich mit meinem Gefühlschaos alleine.
Von Freitag bis Sonntag fuhr mein Prinz dann mit seinem Sohn auf Motorradtour. Er meldete sich Freitagabend nichts, dass er gut angekommen wäre. Auch am Samstag wartete ich vergeblich auf einen Anruf von ihm. Bis dahin ging es mir jedoch noch ganz gut. Aber am Sonntag drehte ich total am Rad. Es ging mir richtig schlecht. Ich spürte, irgendwas stimmt da absolut nicht. So oft dachte ich am Wochenende daran, ihn anzurufen. Aber ich dachte, vielleicht braucht er einfach mal ein bisschen Distanz.
Sonntagabend
Mein Prinz ist wieder zuhause! Ich freute mich!
Kurze Zeit später sitzt er bei mir auf dem Sofa und ist total distanziert. Keine Freude, mich wieder zu sehen. Ich spreche ihn darauf an, dass er (gefühlt) so weit von mir weg ist.
Und: Er beendete einfach so mal eben unsere Beziehung.
Ich fühlte nichts. Konnte nichts verstehen oder begreifen. Dass musste doch ein Traum sein. Die Realität sah doch ganz anders aus. Er war doch mein Prinz, und ich seine Prinzessin.
Realität
Leider war es doch die Realität. Ich bin wieder in Hilden in meiner Wohnung. Mein Frosch ist an drei Tagen mit mir hin und her gefahren, bis ich alle Sachen wieder in meiner Wohnung hatte. Und er hat mir meinen Sam nach hause gebracht. Ich bin so froh, dass er hier bei mir ist.
Jetzt ist es an der Zeit, meine Wohnung wieder anzunehmen und mein Leben wieder hinzubekommen. Es ist schwer. Der Schmerz sitzt tief. Ich bekomme das aber (meistens oder zumindest oft) hin.
Ich bin sehr froh, dass ich ein gutes soziales Netz habe, das meinen Fall abgefedert hat. Es ist schön, dass so viele Leute für mich da sind. Sich mein Gejammer anhören. Mich aufbauen. Mich in den Arm nehmen und trösten. Ja, das Leben wird irgendwann wieder lebenswert und schön. Ich weiß. Aber eben nicht im Moment. Manches dauert eben…
Fazit
Noch nie habe ich einen Mann so geliebt! Mit ein wenig Abstand sehe ich aber auch, dass diese Liebe mir nicht gut tat. Ich habe nicht auf mich geachtet, sondern nur darauf, dass er möglichst glücklich und zufrieden ist. Alles war nur auf meinen Prinzen ausgerichtet.
Zum Ausgleich ging ich wieder extrem shoppen. Ja, auch das kenne ich von mir. Wenn mir niemand sagt, wie liebenswert ich bin und mich in den Arm nimmt und drückt, brauche ich einen äußeren Schutzpanzer – meine Kleidung. Jedes neu gekaufte Kleidungsstück streichelte meine Seele. Ein äußerst dürftiger Ersatz… Soviel zum Thema Selbstsicherheit und Selbstbewusstsein. Danke Mama!
Wann ging seine Liebe zu mir kaputt?
Manchmal rede ich mir ein, er hat nur kalte Füße bekommen und liebt mich doch. Aber ganz tief in mir drin weiß ich, dass es nicht der Fall ist.
Ja, wir waren sehr unterschiedlich. Aber in manchen Dingen auch so ähnlich. Ich fühlte mich so wohl bei ihm. Ich war „nach hause“ gekommen.
Warum hat er mich nie so richtig in seinen Kopf gelassen? Was verbirgt er? Oder ist es Angst. Ja, er war sehr oft unsicher. Warum hat er sich nicht einfach fallengelassen?
Uns ging es beiden psychisch nicht gut. Ich bin jedoch trotzdem sehr stark. Und ich wollte ihn gerne auffangen, wenn es ihm schlecht ging. Er jedoch hatte Angst davor, mich aufzufangen. Das (vielleicht) nicht zu können.
Als ich ihm von der Vergewaltigung erzählte, war er für mich da und hielt mich fest. Aber irgendwie war das ganze nicht liebevoll. Eher mechanisch. Warum war das so?
Kann er überhaupt richtig tiefe Gefühle für jemanden empfinden? Falls nicht, was hindert ihn darauf? Seine Krankheit oder Ängste? Wurde er so tief verletzt?
Warum liebte ich ihn überhaupt so sehr, wenn er doch oft gar nicht gut mit mir umgegangen ist? Nicht liebevoll war? Da muss ich mich auf jeden Fall noch länger mit beschäftigen, daraus lernen.
Kommt er vielleicht doch noch zu mir zurück? Will ich das? Was will ich überhaupt?
Mein Leben wieder richtig in den Griff kriegen. Gesund werden. Glücklich werden und bleiben.
Mich irgendwann wieder neu verlieben? Ja! Aber zwischen meinem Schmerz und einer neuen Liebe wird noch viel Zeit vergehen. Ich bin weit davon entfernt, auf der Suche zu sein. Im Gegenteil. Ich möchte mir einmal in meinem Leben einfach selbst genug sein. Es mir wert sein. Mich mal nur um mich kümmern. Meine Wohnung schön und gemütlich gestalten. Heute ist die neue Matratze gekommen. So werde ich zumindest wieder gut schlafen – hoffe ich. Und ich werde in der Mitte schlafen, damit ich nicht ein leeres Bett neben mir habe. Verrückt? Vielleicht. Aber wichtig ist jetzt nur, dass ich mir gut tue.
Gestern
Ein kurzes Telefonat mit meinem Frosch. Es ist Werbung von Burger King für mich gekommen.
Meine Gedanken: Warum ruft er deshalb an und wirft das nicht einfach weg. Liegt ihm doch noch was an mir? Liebt er mich doch? Kommt er zurück zu mir?
Und wieder Chaos in meinem Kopf. Ich versuche, mich da wieder von runter zu bekommen. Da er sehr distanziert am Telefon war, fällt mir das auch nicht wirklich schwer.
So viele Erinnerungen…
Ich möchte ihn so gerne in den Arm nehmen und ganz fest halten.
Warum sah er an dem Morgen, als er mir Sam brachte, so schlecht aus? Ok, wieder die gleichen Gedanken. Liebt er mich doch noch? Warum hat er überhaupt Schluss gemacht? Vermisst er mich? Warum ist alles so unplausibel?
HILFE!!! Kann mal bitte einer meine Gedanken ausschalten? Ich vermisse ihn so unglaublich!!! Ich weiß, ich muss da durch und umdenken. Mich ablenken. Mit der Zeit wird alles besser werden…
Oder???
22.09.
Es geht mir viel besser. Zwar schmerzt es immer noch sehr. aber ich nehme mein Leben wieder in den Griff. Es ist schön mit meinen Freunden und vor allem ohne einen Mann, der ständig nur kritisiert. Ich lasse locker und lebe mein Leben. Mal schauen, was noch alles auf mich wartet?...