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Erotische Fotos auf Treppen - Teil II214
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Vergessen

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****ia Frau
22.263 Beiträge
Themenersteller 
Vergessen
Es war das Puppenspiel, das mich erinnerte!
Weißt du noch, Liebelein, wir waren auf einem Marktplatz in einem kleinen italienischen Städtchen, dessen Name mir nicht mehr einfallen will. So, wie mir ganz vieles nicht mehr einfällt.
Das Puppenspiel war der Auslöser dafür, dass ein Stück meiner Erinnerung zurückkam.
Ich weiß, mein Gedächtnis hat inzwischen viele Lücken, die noch größer werden. Verzeih mir, Liebelein. Ich würde mich so gern an vieles mehr erinnern. Ich weiß, es wird schlimmer werden, in den nächsten Jahren. Und ich weiß, dass du das auch weißt und Angst davor hast. Aber manchmal kommt ein Stück zurück.
Auf jeden Fall erinnerte ich mich plötzlich daran, wie farbenfroh diese Handpuppen waren und wie fröhlich wir Hand in Hand über diesen Markt schlenderten. Du warst so ganz du und ich so ganz ich und wir begehrten einander und alles war so wundervoll, bevor meine Hirnwindungen Eskapaden drehten und mit einem leisen Winken einfach abstürzten.
Oh, und dein Schnürsenkel, Liebelein! Dein Schnürsenkel war gerissen und du warst wütend, weil er zu kurz war um sich noch einmal zusammenknoten zu lassen und du konntest nicht richtig laufen mit dem offenen Schuh und der Weg war noch so weit. Und doch haben wir es bis zurück zum Hotel geschafft.
Siehst du, Liebelein, es gibt ein paar Dinge, die ich noch immer erinnere. Siehst du? Ich wehre mich. Ich erinnere mich. Ich kämpfe doch mit aller Kraft!
Nein, du kannst es nicht sehen…
Immer wieder sehe ich mir Bilder an. Verblassende Fotos von Menschen und Städten, die mir fremd sind. Ja, ich weiß, mir müssten diese Bilder etwas sagen. Aber sie sprechen nicht zu mir. Immer wieder sehe ich sie mir an. Ich will mich erinnern, Liebelein!
Ja! Da war der Abend, als wir nachts am See waren. Weit sind wir hinausgeschwommen und wollten vor lauter Glück gar nicht mehr ans Ufer zurück. Weißt du noch? Siehst du, ich erinnere mich!
Ob du mir helfen könntest?
Ich sitze hier in der Abgeschiedenheit meines Krankenzimmers. Du kannst nicht sehen, was ich sehe, was ich erinnere. Aber ich erinnere mich. Wirklich, ich erinnere mich an dich!
Immerhin, die Ärzte und Schwestern – ich weiß ihre Namen nicht mehr – sind immer freundlich und haben auch einen Namen für mich. Huntington glaube ich. Oder ist das der Name meiner Krankheit?
Warum, Liebelein, musste es zum Eklat kommen? Warum kommst du nicht mehr? Ich erinnere mich nicht.
Ich liebe dich noch immer.
Du schriebst mir, was die Zukunft bringen würde, sei unentschieden. Immer wieder lese ich deinen Brief, Liebelein, damit ich nicht vergesse.
Aber ich fürchte, du hast längst entschieden und mich vergessen.
Und noch mehr Angst habe ich davor, auch dich irgendwann zu vergessen.

© Rhabia 11.10.10
nochmal Kaminlesung
****ra Frau
12.347 Beiträge
*top* eine sehr einfühlsam geschriebene Geschichte.
Out of RhabiAlzheim! *bravo*
Da stimme ich Herta voll zu!
Irgendwie liegt dieses Thema gerade in der Luft.
Ob das was mit unserem Alter, unserer Lebensphase zu tun hat?
Früher musste ich von diese Themen nicht wegschieben, weil sie sowieso noch soooo weit entfernt waren. Heute kann ich es nicht mehr. Obwohl ich es manchmal noch wollte.

nachdenklich *top* laf
*****har Paar
41.020 Beiträge
Gruppen-Mod 
Bedrückend und berührend ...

(Der Antaghar)
nochmal Kaminlesung
****ra Frau
12.347 Beiträge
Lieber Olaf,

das brutale Vergessen, ob selbst verschuldet (durch Alko. oder andere Abhängigkeiten) oder einfach durch eine Krankheit hervorgerufen, die kleinen bis schweren Behinderungen (jetzt sagt man ja Handicaps dazu, als ob das was ändern würde) des Körpers und auch des Geistes, damit verdiene ich meinen Lebensunterhalt -

... also bei mir liegts daran *g*


An der Häufung des Themas trägt womöglich der Herbst schuld.


*gruebel*

Herta
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****ia Frau
22.263 Beiträge
Themenersteller 
kleine Aussetzer
immer wieder mal
nach schwerer Krankheit

sie machen Angst

vor sowas
Jo!
Ich glaube ja immer noch, dass das nicht krankheitsbedingt im Sinne von bösen Keimen oder Genen ist.
Eher die Folge von unserer artungerechten (dekadenten) Haltung (Lebensweise) samt der damit zusammenhängenden Glaubenssätze.
(Alt sein = Siechtum)
Außerdem fördert die Lebenssituation der meisten alten Menschen weder ihre intelektuellen noch ihre körperlichen Fähigkeiten.
In einer Gesellschaft in der alles höher, schneller, größer sein muss, bleibt Armen und Alten nicht viel Selbstwert.
Der stifftet den Sinn und dieser wiederum die Motivation.

Seien die Spiele in den Tagespflegestellen und den Altersheimen noch so ausgeklügelt, sie sind reine Beschäftigungstherapie und im Lebensverständnis gerade der (Nach)Kriegsgenerationen nur bedingt wirksam.
Ich bemerke schon lange, dass Menschen, wenn sie sich im Leben beherrscht haben, weshalb auch immer, Teile ihrer Persönlichkeit nicht leben konnten, genau diese im Alter zeigen (müssen!). Irgendwann reicht die Kraft nicht mehr, die immensen Dämme zu halten.
Eine Möglichkeit sich nicht mehr mit dem frustrierenden Hier und Jetzt konfrontieren zu müssen, ist das Abtauchen in emotional starke Eindrücke aus der logischerweise dann frühen Kindheit und Jugend.
Wir merken es ja selbst. Je mehr wir erlebt, durchgemacht haben, desto mehr Strategien und Antworten haben wir. dadurch gibt es immer weniger, was uns emotional angreifen kann. Nahezu jeder sinnliche Reiz hat in uns seine inneren Adressen, bei denen unser System am besten damit umgehen kann. Dadurch flachen die Reize soweit ab, dass wir vdie Unvoreingenommenheit und das Staunen des Kindbewusstseins verlieren. Die Reize machen nur noch relativ flache Eindrücke in unserem Nervensystem.
Wenn dann noch Wertlosigkeit als gesellschaftliche Realität dazukommt, ist es in meinen Augen kein Wunder, wenn sich Menschen in ihre mit noch starken positiven Reizen angefüllte Vergangenheit zurückziehen.
Eigentlich aus Notwehr! Denn wenn ich mitbekomme, für wie blöd oft alte Menschen gehalten werden, wundert mich das nicht.
Wenn ich mitbekomme, dass die liebe Verwandschaft mit ihnen in Kleinkindsprache redet, bekomme ich das große Kotzen!
Und ehrlich gesagt, ich würde mich in der Situation auch in innere angenehmere Assoziationen zurückziehen. Kommt ja dann nicht mehr darauf an, wenn ich sowieso nicht ernst genommen werde.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Menschen ganz schnell wieder in die momentane Realität zurückkehren, wenn man mit Ihnen ins direkte sinnliche Erleben geht. Je näher dies an ihren Stärken und Fähigkeiten liegt, desto leichter und nachhaltiger.
Daß wir die Lebensentscheidungen der Menschen nicht mehr rückgängig machen können und es sicher auch Aspekte gibt, die im Sinne einer Krankheit auf die Fähigkeit der Erinnerung einwirken, weiß ich.
Doch ich bin überzeugt, dass eine respektvolle Einbeziehung der Senioren in die Gestaltung und Arbeitsteilung unserer Welt weitaus bessere und kostengünstigere Lösungen für alle Beteiligten böte, wie es die ausgefeilteste und effizienteste Verwahrungspraxis je könnte.

Ist doch wahr, ey!!! *uah* *fluch* *headcrash*
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****ia Frau
22.263 Beiträge
Themenersteller 
Olaf, mit Deinen Aussagen hast Du recht.

Aber es geht nicht nur alten Menschen so.
Huntington setzt meistens so um die 40 ein...
Eher die Folge von unserer artungerechten (dekadenten) Haltung (Lebensweise) samt der damit zusammenhängenden Glaubenssätze.
(Alt sein = Siechtum)

eine respektvolle Einbeziehung der Senioren in die Gestaltung und Arbeitsteilung unserer Welt

Mit diesen beiden Kernsätzen möchte ich dir, olove, voll zustimmen - der "Rauswurf" der "Alten" aus Arbeit und Familie führt zu einem krassen Abstellgleis. Demenz als Folge wundert da gar nicht.
Was das Zusammen (im weitesten Sinne)-leben und -arbeiten angeht, muss unsere Gesellschaft wieder lernen - "abgeschaltete" Alte kann sie sich nicht leisten, weder im Unterhalt noch bei der vielen Arbeit, die es eigentlich zu tun gibt.
eine Geschichte, wie eine einsame, virtuos gespielte Geige.
Anrührend schön. Und so kummervoll.

Danke für diesen Moment.

Claudia
@ Olove

Eher die Folge von unserer artungerechten (dekadenten) Haltung (Lebensweise) samt der damit zusammenhängenden Glaubenssätze.
(Alt sein = Siechtum)

Seien die Spiele in den Tagespflegestellen und den Altersheimen noch so ausgeklügelt, sie sind reine Beschäftigungstherapie und im Lebensverständnis gerade der (Nach)Kriegsgenerationen nur bedingt wirksam.

Doch ich bin überzeugt, dass eine respektvolle Einbeziehung der Senioren in die Gestaltung und Arbeitsteilung unserer Welt weitaus bessere und kostengünstigere Lösungen für alle Beteiligten böte, wie es die ausgefeilteste und effizienteste Verwahrungspraxis je könnte.

Stimmt, das glaube ich auch

Denn wenn ich mitbekomme, für wie blöd oft alte Menschen gehalten werden, wundert mich das nicht.

Leider ist es so


@ Rhabia

Huntington setzt meistens so um die 40 ein...

Das ist aber eine vererbbare Erkrankung des Gehirns.

Das hat nichts mit Alzheimer oder Altersdemenz zu tun.
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****ia Frau
22.263 Beiträge
Themenersteller 
meine Geschichte hat ja auch nichts mit Alzheimer zu tun, sondern mit Huntington
woher soll ich DAS wissen?
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****ia Frau
22.263 Beiträge
Themenersteller 
eigentlich ist es auch nicht wirklich wichtig, ev
vor allem geht es ja darum, dass die frau sich gegen das vergessen wehrt
aber es steht in der geschichte
Ja Anke, das habe ich gelesen - -
aber es kann doch auch ein Mann sein, diese Krankheit ist doch geschlechtsspezifisch - - - oder ist es eine reale Geschichte?
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****ia Frau
22.263 Beiträge
Themenersteller 
es kann auch ein mann sein
männer und frauen sind in gleicher häufigkeit davon betroffen
nein, die geschichte ist frei erfunden
*****har Paar
41.020 Beiträge
Gruppen-Mod 
Veitstanz
So nannte man diese Erkrankung früher.

Heute heißt das "Huntingtons disease" bzw. HD. Und das war noch nie geschlechtsspezifisch.

Für die Geschichte ist es nebensächlich, und man hätte die Krankheit gar nicht unbedingt erwähnen müssen - denn im Zentrum steht ohnehin das Leid des Vergessens.

(Der Antaghar)
stimmt - - -
ich sehe gerade- ich habe das kleine Wort
" nicht "
nicht geschrieben - - -

entweder mal wieder zu schnell geschrieben und nicht korrigiert, oder überlesen - -
passiert bei mir öfter - - auch das zwei Buchstaben gleichzeitige schreiben - -
aber ich denke, das hat auch nichts mit Demenz oder so zu tun - - -
*****_nw Mann
505 Beiträge
Obwohl ich nicht im mindesten glaube, eine solche Krankheit zu haben, kenne ich das Erschrecken, das Rhabia sehr gut beschreibt. Gerade weil ich glaube, dass wir alles Erlebte abspeichern.

Mir sind schon einige Male Briefe, Software und Ähnliches in die Hände gefallen, von denen ich fest behauptet hätte, sie seien nicht von mir. Wäre da nicht meine Handschrift, mein Namenskürzel usw.

Man hat mir Begebenheiten erzählt, markante, einschneidende, an die ich keinerlei Erinnerung hatte, bis... ein kleines Detail erwähnt wurde, das die ganze Geschichte vor das geistige Auge zurückbrachte.

Ist es nicht bei der Demenz so, dass nicht die Erinnerungen verschwinden, sondern das Abspeichern versagt (über Huntington weiß ich nichts)?

Was das Altern angeht denke ich, dass wir statt wie in jungen Jahren über Überschriften ("Silvester 1995") mehr und mehr über Assoziationen ("der blaue Mantel") an unsere Erinnerungen gelangen.

Also vielleicht hilft es, den Alten und Kranken die Qual zu ersparen Ihnen Fotos vor die Nase zu halten: "erinner Dich!", und lieber einfach über dies und das zu plaudern und sich zu freuen, was an Geschichten hochkommt.

So habe ich es mit meinem Vater versucht zu halten.
Erinnerungen kommen meist durch eine bestimmte Musik - oder einen Geruch - -

wobei der Geruch im Alter leider nachlässt, da die Knospen auch schrumpfen und vertrocknen - - -

aber wenn ich heute eine bestimmte Melodie höre, dann sehe ich gleich alles vor mir, was bei dieser Musik geschah - - -

bzw.

bei einem bestimmten Geruch - -
positiv wie auch negative Gefühle werden bei mir dadurch ausgelöst.
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****ia Frau
22.263 Beiträge
Themenersteller 
Erinnerungen sind wichtig. Für mich auf jeden Fall.
Aus den Guten schöpfe ich viel Kraft.
Die Vorstellung, die Erinnerung und somit die Identität zu verlieren ist schrecklich.
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