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Im Dialog mit der Sehnsucht

*******n_65 Mann
19 Beiträge
Themenersteller 
Im Dialog mit der Sehnsucht
Die Sehnsucht

Es ist Freitagabend. Der Mond wird bald die Sonne von der Tagesschicht ablösen. Die Sonne verabschiedet sich mit einem farbenprächtigen Schauspiel. Die wenigen Wolken am Abendhimmel haben sich mit roter Farbe vollgesogen. Wie Wattebäusche, durchtränkt mit roten Farbtönen leuchten sie am Abendhimmel. Es ist nicht viel Phantasie notwendig, um Fabelwesen und -gestalten darin zu erkennen.

Der kleine Fischerhafen ist vollständig eingetaucht in dieses Spiel der Elemente und Farben. Einige kleine Fischkutter kehren zurück in ihren Hafen. Das Tuckern der Dieselmotoren wird von den gierig kreischenden Möwen begleitet.

Aus einer Kneipe tönt Live-Musik herüber. Einige Touristen sitzen in den Restaurants und lassen es sich bei einem leckeren Abendessen gut gehen. Andere sind auf die Mole hinausgegangen, um von der Abendsonne Abschied zu nehmen. Kein Maler könnte diese Stimmung einfangen.

Ich suche mir ein bequemes Plätzchen unten am Kai. Dort unten möchte ich es mir meinerseits mit einer Flasche rotem Landwein und einem Stück Baguette gemütlich machen. Wie köstlich etwas Brot und einfacher Wein in dieser Stimmung schmecken kann. Es gibt jetzt nichts zu tun, nichts zu denken oder zu überlegen. Ich lasse mich einfach fallen, so richtig fallen. Ich schaue auf das Meer und begreife: dieser Anblick ist ein Geschenk. Wie oft werde ich mir noch die Zeit nehmen, um einfach nur zu sein. Aufkommende Gedanken lasse ich wie kleine Wolken an mir vorüberziehen, ohne sie einzufangen. Es dauerte nicht lange, bis sich ein starkes Gefühl von Freiheit und Ruhe in mir ausdehnt.

Mein Blick fängt eine kleine Wolke ein, die fast unbeweglich am Horizont entlang schwebt. Langsam beginnt alles miteinander zu verfließen. Die Trennung von Wolken, Sonne und Meer scheint sich aufzulösen. Alles wird zu einem großen ganzen, in das auch ich untrennbar einfließe. Ich bin kein separater Beobachter meiner Umgebung mehr, sondern ich bin alles um mich herum.

Immer tiefer versinke ich in eine Art Meditation. Ich bin alles und alles ist ich. Mein Bewusstsein ist hellwach, aber mein Intellekt scheint nicht zu arbeiten. Meine Augen sind geöffnet aber ich sehe jetzt anders. Die Farben scheinen heller, leuchtender zu sein und sind nicht durch klare Konturen begrenzt. Ich höre, aber ich höre nicht die gewohnten Geräusche. Das Kreischen der Möwen und das monotone Tuckern der Fischkutter klingen wie eine Symphonie, die aus der Ferne durch den Wind zu mir getragen wird. Töne vermischen sich mit Bildern und Gerüchen. Die Zeit scheint nicht mehr zu existieren, zumindest hat sie keine Bedeutung. Sekunden werden zu Minuten, Minuten zu Stunden. So scheint es mir.

Schon spüre ich meinen Körper nicht mehr, wie auch? Ich bin jetzt kein Körper. Was ist nur los? Es fühlt sich an, als könnte mich nichts, absolut gar nichts davon abhalten, zu der Möwe hinaufzusteigen und in den Sonnenuntergang zu fliegen. Ich will aber an diesem Zustand der Harmonie nichts verändern. Ist das die Sprache meiner Seele?

Plötzlich fühle ich aber ein Gefühl von Traurigkeit in mir aufsteigen. Wobei Traurigkeit nicht das richtige Wort ist. Es ist mehr eine Sehnsucht, die sich in mir ausbreitet. Es ist, als hörte ich meine Seele zu mir sagen: „Jetzt bist du bei mir! Das ist dein Zuhause! So wird es immer sein, wenn du dich entschieden hast, heimzukehren. Aber du weißt, dass du noch nicht reif genug bist, darum wirst du bald wieder gehen müssen. Du kannst noch nicht solange bleiben, weil dein Ego dich bald wieder zurückrufen wird“. Langsam, wie aus einer dicken Nebelwand, tauchen Gedanken auf, Gedanken, die bewerten und ordnen wollen. Mein Ego versuchte mich damit aus der sehr behaglichen Stimmung zu reißen, doch die Stimme meiner Seele ist stärker und belässt mich in diesem Zustand von Ruhe, Liebe und Frieden.

Langsam wird die Umgebung klarer, die Farben, das Meer, die Luft. Alles war immer noch wunderschön aber es hatte wieder seine alte Bedeutung. Die Geräusche und Töne waren wieder deutlich zu hören, als das, was sie waren: Töne, die man mit Worten beschreiben kann. Möwen kreischten, Kutter tuckern, Menschengemurmel und Wellenrauschen. Aber die Symphonie von vorhin hat sich in mein Herz geschrieben. Jetzt weiß ich, was ich suche. Ich weiß jetzt, wo und wie ich das wirkliche Glück finden kann und dass nur mein Ego mir den Zugang verwehren kann.

Schon der Blick durch das Schlüsselloch zum Glück übertrifft alles. Wie wird es erst sein, wenn sich eines Tages die ganze Tür öffnet. Wie werde ich mich erst fühlen, wenn ich ganz in diesen Raum des unendlichen Friedens hineintrete? Wie wird es sich anfühlen, den Raum nicht mehr verlassen zu müssen? Werde ich es je herausfinden?

Erst jetzt sehe ich mich um, sehe die vielen Pärchen Hand in Hand am Kai spazieren gehen, höre aus Bars von weitem die neuesten Urlaubshits herübertönen. Immer schwerer wird es für mich, meinem Ego zu widerstehen. Was soll ich machen? Ich kann jetzt noch nicht schlafen und ich möchte nicht allein sein. Mit dem Bewusstsein, dass ich wieder von alten Vorstellungen und Mustern überrumpelt werde, sehe ich mich schon dort, wo auch all die anderen jungen Menschen sich treffen, um sich abzulenken. Aber warum zeigt mir meine Seele nicht den richtigen Weg? Warum hilft sie mir nicht, mein Ego zu überwinden? Warum bietet sie mir keine bessere Alternative? Oder bietet sie mir vielleicht eine Alternative und ich erkenne die Zeichen noch nicht?

Dann tauchen diese alten Bilder und Vorstellungen auf, Vorstellungen von romantischen und erotischen Erlebnissen aus der Vergangenheit, kombiniert mit neuen Eindrücken aus der Gegenwart. Wo ist meine Gelassenheit? Was kann ich tun, um meine Ruhe und Gelassenheit wiederzufinden? Wenn ich meinem Ego nachgebe werde ich sicherlich eine kurzweilige Ablenkung finden. Und was dann? Was kommt nach dieser Ablenkung? Ich möchte meinen Seelenfrieden und keine billige Ablenkung durch kurzfristigen Spaß! Ich möchte mein Bewusstsein erweitern, doch wo nehme ich die Kraft her?

Wieder höre ich die Stimme meines Egos: „Diesmal wird alles anders. Diesmal findest du genau, was du brauchst. Ein guter Drink, ein wenig Spaß, was soll das schon schaden!“. Etwas traurig denke ich: Wenn ich schon nicht den Zustand des inneren Friedens halten kann, wenn ich nicht so nah bei meiner Seele sein kann, dann Ego, zeige mir diesen Menschen, in den ich die Illusion von Liebe, Spaß und Ablenkung projizieren kann. „Ist doch kein Problem! Du fährst jetzt erst einmal in dein Hotel, machst dich frisch und dann gehst du auf die Rolle. Dorthin, wo sie alle sind, die hübschen kleinen Seelen.“

Ich finde mich wieder in einer Diskothek. Zuckende Lichter und dröhnende Musik empfangen mich. Es fällt mir schwer, mich mit etwas Alkohol der Umgebung anzupassen. Laute Musik, die fast mein Trommelfell zerreißt, sich im Rhythmus bewegende Körper, alle fein herausgeputzt, um die innere Leere zu kaschieren mit Masken, die sie ihren Seelen übergestülpt haben. Auch ich trage heute eine Maske. Da bin ich nicht besser als all die anderen Schauspieler. Mein Körper bewegt sich zu der dröhnenden Musik. Ja, heute baue ich auf mein Ego, will Spaß, will mich amüsieren.

Oft schon habe ich mich in dieser Lektion befunden, habe viele oberflächliche Gespräche mit oberflächlichen Menschen geführt. So manches Mädel mit nach Hause genommen. Aber den Seelenpartner, der mit mir den Weg in die Grenzenlosigkeit geht, konnte mein Ego mir nicht zeigen.

Aber für heute habe ich es geschafft. Die Sehnsucht, die mich rührte, ist zum Schweigen gekommen. Sie konnte sich nicht gegen die vielen Eindrücke und Ablenkungen durchsetzen. ich habe ich mich von der Sehnsucht befreit - bis morgen Abend!?
eine wunderschöne Beschreibung des Wettstreites zwischen "Egoperson" und "Seelenperson" und die wunderbare Aussicht darauf, das mit solch einer "Wolkenreise" sich unsere Seelenmomente erschließen.

Und ist es im Ende nicht auch das harmonische Miteinander von Seele und Ego, was uns ausmacht?

Für mich eine sehr tiefgehende und "lese ich sicher mehrmals" Geschichte.
Großartig! Hier spricht mir etwas aus der Seele.

Danke für diese berührende Geschichte. Ich nehme sie mit in meinen Tag.
Sehr schöne Beschreibung des unendlichen Krampfes!
Mir gefallen hier die eher knappen kurzen Sätze, denn der Schreibstil lässt miener Phantassie den Raum, die Stimmung mit eigenem Empfinden zu füllen.

Nur bei der Behauptung, dass kein Maler ...... hat sich bei mir Widerstand geregt.

Immer wenn ich dachte, da fehlt was, kam in der nächsten Zeile das, was ich vermisste.
Oder meine Seele? Oder das bööööse Ego?

auchnochnixlösung*bravo* laf
*******n_65 Mann
19 Beiträge
Themenersteller 
hallo, danke für dein kommentar, zu dieser geschichte gibt es ein gedicht von mir "Sehnsucht" vielleicht gefällt es dir ja *liebguck*

lg
*******n_65 Mann
19 Beiträge
Themenersteller 
mehr?
hallo, danke für dein kommentar, zu dieser geschichte gibt es ein gedicht von mir "Sehnsucht" vielleicht gefällt es dir ja *liebguck*

lg
Na dann
schieb es mal rüber!
Wir haben zwar auch eine Lyrik- und Gedichtegruppe, doch wenns zu deinem Text hier passt...

gespannt *les* laf
**********Engel Frau
25.832 Beiträge
Gruppen-Mod 
Wunderschön! Und so wohlbekannt...
Deine Geschichte hat mich daran erinnert, dass ich schon sehr sehr lange nicht mehr an meinem Ruheplatz hier in der Nähe war, an dem ich auch immer meine Seele so getroffen habe, wie Du es beschreibst.

Ein riesen Kompliment für die so schön beschriebenen Gefühle, ich war kurz dabei auf Deiner Reise.

LG Gabi
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