Der Schwertmeister von Danaw (Teil 1)
Der Schwertmeister von Danaw (Teil 1)Seit unzähligen Monaten brannte der Sonnengott unbarmherzig auf das Land hernieder und machte aus den fruchtbaren Wiesen eine braune Wüste. Bald war aus dem blauen Band des Leben spendenden Flusses Cleet ein dünnes Rinnsal geworden, dann eine streckenweise matschige Rinne und schließlich war nur noch ein rissiges braunes Etwas in der Landschaft auszumachen, das etwas dunkler als der Rest des Landes eine Art Weg wies. Es war ein Weg ins Nichts, ins Nirgendwo, ins Ungewisse und Furchtbare. Cleet war gestorben.
Diesen Weg, diese Straße der Dürre, den Wegweiser Sulurns ging Lykin Adak, der letzte Krieger der Adamen. Er war vom Magier Omar Yanigi ausgesandt worden, den Regen zu suchen. Lykin zur Seite standen lediglich sein Können als Schwertmeister, sein Schwert Manakis und das magische Buch von Thib, dessen Stimme ihm den Weg zeigen sollte.
„Thib, wann werde ich den Tempel erreichen?“, fragte er zum wiederholten Male und das Buch antwortete: „Bald, verehrter Schwertmeister. Es sind nur noch wenige Meilen zu gehen.“ Lykin wurde langsam zornig. Diese Antwort bekam er seit nunmehr drei Tagesmärschen und die Meilen wurden nicht weniger. „Weißt du denn überhaupt, wo dieser dreimal verfluchte Tempel zu finden ist?“, fragte er ungehalten obwohl er genau wusste, das Buch würde sich nicht mehr melden, wenn er im Zorn sprach. Genauso war es. Thib verschloss sich und nichts war mehr zu hören. Ein leises Summen an seiner Seite zeigte ihm an, dass das Schwert etwas entdeckt hatte. „Was ist Manakis? Was hast du gefunden? Wenigstens du lässt mich nicht im Stich.“ Er zog das Kurzschwert aus der Lederscheide und sofort wies es mit der Spitze ins Landesinnere. Beinahe fühlte sich Lykin dorthin gezogen. Wenn er Manakis jetzt losgelassen hätte, wäre sie vor ihm hergeflogen wie ein Vogel, aber das durfte er nicht zulassen. So festigte er den Griff um den Knauf und rannte los. „Manakis, nicht so schnell“, versuchte er das Schwert zu bremsen, aber sie schien es eilig zu haben.
Das Vibrieren in ihrem Inneren setzte sich in seinen Fingern, der Hand und dem rechten Arm fort. Er fühlte, wie es sein Blut in eine Art Rausch versetzte und seine Gedanken zu umnebeln drohte. „Manakis!“, flehte er. „Hör auf! Du tötest mich.“ Doch das Schwert hastete weiter, wurde sogar noch schneller. „Lass mich los“, hörte er die Vibration und er erschrak darüber. „Nein!“
„Lass mich fallen, Lykin, dann werde ich dich verlassen und zu dir zurückkehren.“
„Es gibt keinen Schwertmeister ohne Schwert, Manakis. Ich kann dich nicht loslassen.“
„Tu es, Meister!“
Manakis wurde schneller, schon schimmerte ihr Metall in der gleißenden Sonne und blendete ihn. Da ließ er endlich los und fiel in den Staub der Wüste. Schwer atmend blieb er liegen. Sulurn brannte auf ihn und schien ihn mit seinem Glanz zu verhöhnen.
Manakis war weg, Thib war stumm und beleidigt im Beutel an seiner Seite und er brachte nicht mehr die Energie auf, auch nur den kleinen Finger zu bewegen. Lykin blieb wo er war. ‚Ich habe versagt, Omar, bin das Metall nicht wert, das ihr in mich investiert habt. Ihr werdet alle verdorren, denn ich konnte den Tempel nicht finden. Sulurn wird euch einen nach dem anderen holen und sich an eurem Blut gütlich tun’, dachte er in seinem Elend.
Der Sonnengott brannte Löcher in die Gedankenwelt des Schwertmeisters, suchte Zugang zu ihm zu finden, um endlich die lebenden Lande beherrschen zu können. Denn es war geweissagt worden, der letzte Schwertmeister aus dem Geschlecht der Adamen würde die Herrschaft der Götter über die Menschen brechen. Nun wartete Sulurn gehässig grinsend auf seiner Bahn und schickte seinen kleinen Bruder Toem auf Reise, damit er das Land noch mehr ausdörrte. Noch stöhnte es zu wenig unter der Last der Dürre und Toem blies seinen feurigen Atem über die Wüste und Lykin verlor das Bewusstsein.
Der letzte Schwertmeister der Adamen, der vermeintliche Retter Danaws lag im Staub der Wüste und opferte sein Leben dem Land, das ihn aufsog und immer tiefer einatmete.
„Lamaris Freudenkind der Wüstenfüchse
Bodenleckender Feuerwind der Hexenbüchse
Lass mich durch und lass mich gehen
Verpiss dich Sulurn, Toem bleib jetzt stehen.“
Ein leiser Singsang führte Manakis durch die Wüste und lockte sie immer weiter weg vom Meister. Doch dann hatte sie die Stimme gefunden und fuhr vor der dünnen hohen Gestalt in den Boden. Die verbeugte sich vor dem Schwert und sagte: „Schön dich zu sehen, Manakis. Führ mich zu deinem Meister.“ Das Wesen war von Kopf bis Fuß in schwarzes Leinen gehüllt, nur ein paar grüne Augen lugten aus einem Geviert heraus das Schwert an. Dann griffen behandschuhte Hände aus den Seiten und packten Manakis fest am Griff. Das Schwert wehrte sich nicht dagegen, denn normalerweise konnte nur ein Schwertmeister ein mit Magie getränktes Schwert fassen. Lachend schwang das Wesen Manakis in der Luft, dass sie sang. „Schwester!“, rief sie, „siehe! Ich bin Lamaris! Juhu! Und jetzt bei allen Höllenwinden, führ mich zu deinem Meister!“ Dann sang sie wieder ihr kleines Lied und sie ging in einem stummen Kokon aus Schatten, den ihr Mantel um sie wob und kein Feuersturm konnte ihr etwas anhaben.