schlicht: Liebe ?
Seit 2004 im Juli liegt der gefühlte, persönliche Zweisamkeitsnäheindex des Ingold Staub im Bereich zwischen drei bis elf Punkten. Bei einer Skala bis 99.Die Hunderterstelle ist kaputt.
Doch ein besonders bewusster Entschluss ist das nie gewesen. Hat sich einfach so ergeben. Er hat bisher immer vermutet, dass dies aus einem ernormen Trauma entstanden sein muss, dass er sich tatsächlich gerade damals zugezogen hatte.
Aber was muss schon? Obwohl der damalige Niedergang einer gewünschten und kurzzeitig heftig gelebten Zweisamkeit in einem fremden Land, obwohl doch im eigenen, Ingold einen Tiefschlag versetzt hatte.
Dass er den, das schälte sich immer klarer hervor, so schnell nicht bewältigt bekommen haben würde, hätte er nicht vermutet - dass es mit einer zugelassenen Nähe so lange Essig geblieben sein sollte.
Gewollte Nähe. Ja unbedingt. Oder? Vielleicht doch eher nicht! Angst vor dem Scheitern? Gewiss. Auch. Schließlich könnte das Trauma immer noch Istzustand sein. Obwohl sich der Staub doch längst gesetzt haben sollte! Haus, Garten, Kinder, vielleicht eine Jacht und/ oder ein Pferdchen?
Wiewohl das Bewusstsein Ingolds bereits nach kurzer Zeit wieder auf die attraktivitätlichen Sondierungen weiblicher Beuteschemata eingehen konnte, blieb es aber bei einer strengsten und genauesten Analyse des Gegenübers.
Diese brachte ständige Missmatche hervor. Doch fassungslos wie Ingold recht bald nach gefühlter Genesung aufgrund einer ersten, ernsthaften Annährung feststellen musste, konnte der Analysator auch fremdseits bewerten. Missmatch.
Alle Detektoren dieser Gesellschaft schienen hinsichtlich einer gemeinsamen, passenden Zweisamkeitserfüllung eine viel zu hohe Auflösung zu haben.
Missmatche an allen Enden mit vielen Ecken.
Eine bemerkenswerte Wendung nahm seine gefühlsmäßige Lage, als er feststellte, dass vergebene Frauen, die seinen Näheimplikationen entsprachen, bei Erwähnung eines längerfristigen Nähewunsches genau diesem entgehen würden. Und so war er auf der sicheren Seite.
Sich wohl bewusst über einen kommenden und auch schmerzhaften Abschied, aber eben doch kalkulierbar. Lebbar.
Leider aber doch nicht permanent!
Sie, die Gebundenen, verabschiedeten sich. Gewollt oder gezwungen. Das Resultat war einerlei und doch zermürbend.
Ingold staubte philosophisch durchs Leben und begann das Zusammenleben zweier, sich liebender Menschen als relativ überbewertet zu verinnerlichen. Bewusst. Rein wegen gesellschaftlicher Prägung, der wir alle ausgesetzt sind.
Unbegründet wegen einer Liebe zwischen den Menschen, einzig und schlicht auf die Notwendigkeit der Fortpflanzung reduziert, die diese Liebe für die Beteiligten dieser vermeintlichen Liebe dann in ihre Bedeutung führe.
Eingeführt durch eine ewiglich andauernde Tradition einer Liebesgenese durch die Gesellschaft, damit sie (die Gesellschaft) reichlich Steuerzahler hervorbringe, um den Staat dann finanzieren zu können. Es müsse doch nicht jeder nach dieser Oktroyierung (das einzig Wahre: Wahrig) leben?
Doch Ingold, nicht staubtrockenblöd, überlegte weiter und wurde ernsthaft gerüttelt.
'Noch bin ich jung, doch was passiert im Alter, wenn ich nicht mehr stark bin, man sich zu zweit einander aufrichtet, sich ohne Worte versteht, der Andere weiß, was dem Einen gut tut und mensch sich nichts mehr beweisen muss?
Das Rumziehen, -huren, -brandschatzen definitiv ein Ende haben wird und man sich auf welches Altenteil auch immer zurückziehen will und muss?'
Diese Gedanken wogen schwer in Ingolds Hirn.
Doch so vielen Frauen er auch begegnete, immer wieder Missmatche. Wenn auch nicht alleinig von ihm ausgehend.
Dies kann ja durchaus als Heilungsgrad von seinem Trauma gewertet werden, denn wir können Ingold diesbezüglich wohl unterstellen, dass bei einem erlebten Fremdmissmatch, der eigene Wunsch einer längeren Anbindungsphase unbedingt vorhanden gewesen sein muss.
Dieser Art Kränkung hatte er sich mit der Entschuldigung entledigt, zu wissen, dass er selbst gewiss einige Zeit später ein in jedem Maße störendes Makel gefunden hätte. Sei er physisch oder psychisch.
Er fand immer etwas!
Doch nach fünf Jahren der zweisamkeitlichen Irrungsversuche, glaubt er wieder Schmetterlinge gar unbelastet durch seine Magengegend schwirren zu spüren.
Völlig unbelastet, kein zu suchender Makel, keine anderweitige Leibes- oder Liebesgebundenheit.
Zu fassen? Noch nicht. Doch wunderschön.
"Aber warte ab Ingold, da kann sich etwas zusammenbrauen,
dessen Tragweite Dein Hirn gar nicht zu erfassen im Stande ist."