Ein Neujahrsbrief
Liebe Bonnie,neulich habe ich in unserem Freudenclub ein Foto gesehen von uns beiden und das geht mir nicht aus dem Sinn. Unter dem Foto stand „Alle Zweifel beseitigt?“, aber das möchte ich jetzt bezweifeln. Manchmal könnt ich mir die Haare raufen, wenn ich noch welche hätt‘, und ich könnte verzweifeln einfach so mit mir selber. Ich bin wirklich ein Depp! Nur manchmal, aber dann schon so einer!
Ich bin ja jetzt grad aufgewacht ziemlich früh, also eigentlich mitten in der Nacht. Das erste, was ich bemerkte, war was Steifes und da hatte ich gar nix dagegen, ganz im Gegen-teil. --- Naja, dann stand ich halt auf nach ‘ner Weile, hab Kaffee getrunken neben meinem roten Ofen, das Büro im Freudenclub aufgesperrt. Rabenfuchs und Märzmond waren auch schon da, wenn ich mich recht erinnere. Das ist ja manchmal so ne Sache zwischen Traum und Wirklichkeit.
Du kennst ja auch Heinz und Alexandra, die sich etwas zurückgezogen haben ins Paradies, versteckt irgendwo im Nirgendwo. Man vermutet es im Himalaya, klingt nach Himmel, kommt mir grad. Mein Paradies, --- wenn du rein willst, bist Du herzlich willkommen --- liegt auch so zwischen den Welten, aber auf alle Fälle war ich da mehr als einmal in Mexiko und so. Vielleicht kennst Du Carlos Castaneda, der berichtet, dass sie dort auch zwei Welten kennen und diese Tonal und Nagual nennen.
In gewisser Weise geht’s mir ähnlich wie ihm, doch hoffentlich besser; denn wenn man nicht aufpasst, dann wird man leicht verrückt zwischen diesen Welten, so schrieb er. Ich will jetzt weder zurückfallen in eine lyrische Ausflucht, noch ausufern wie früher in dem Ordner mit der Aufschrift „Verrückt“. Sondern ich will mich halten an Goethe, dem ich hier bei Weimar ja näher bin. Er soll sich entschuldigt haben, dass er nicht genügend Zeit hatte, einen kurzen Brief zu schreiben.
Es fällt mir nicht so leicht, mich bei Dir entschuldigen, aber dafür schicke ich Dir ein Träne, mindestens eine. Da bin ich ganz verschwenderisch. Und zurück in die Traumwelt, da drehe ich die Zeit zurück zu dem Zeitpunkt des Fotos und umarme Dich jetzt ganz herz-lich. Schau, deswegen bin ich ein Depp, jedenfalls damals gewesen. Ich denke an Dich in der Schweiz, das in meiner Traumwelt hinter Liechtenstein liegt. Zu meiner Entschuldi-gung, oder besser zur Erklärung will ich Dir auch sagen: In Wirklichkeit bin ich über Liechtenstein gestolpert.
Das kann so verkürzt vermutlich kaum jemand verstehen mit dem Verstand, umso leichter dafür aber mit dem Herz. Das haben wir beide ja doch am rechten Fleck. Ich bin froh jetzt grad hier in meinem neuen Zuhause zusammen mit weiten Visionen. Aus der Perspektive sieht alles aus wie neu, oder einfach nur anders. Jeden Tag vergnüge ich mich auch in der Halbwelt, an deren Realisierung Du mitwirkst. Ich danke Dir stellvertretend für alle von Euch, dass diese Traumwelt so gut funktioniert.
Unsere Freundschaft ist mir sehr wichtig, weil sie auch real wurde. Real wäre ich wahr-scheinlich ohne unsere Freundschaft nie in Kniebis gelandet. Es ist eigentlich schade, dass wir so viel vom Vögeln oder von Bindung reden und real verdecken da Tränen einen klaren Blick. Heute weint gottseidank der Himmel für uns, also können wir uns das sparen, sonst ersaufen wir noch in Fluten. --- Es dämmert schon länger, ob’s die Sonne heute schafft?
Na klar, die schafft‘s immer. --- Jetzt umarme ich dich herzlich und wünsch‘ Dir die Sonne im Herzen für das ganze Jahr und einen tollen Clyde.
Liebe Grüße
Paul