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Die Kreuzer (Teil 1)

nochmal Kaminlesung
****ra Frau
12.347 Beiträge
Themenersteller 
Bleich geworden starrte der Oberst auf einen Stapel Papiere auf seinem Schreibtisch. Die Angst vor dem Geheimdienst und der Religionsbehörde des Kalifats Ankara stand ihm ins Gesicht geschrieben. Hyrtl wartete noch eine Weile, als keine Antwort kam, sagte er: „Mein Auftrag hier ist erledigt. Wir haben unsere Arbeit, im Gegensatz zu Ihnen, erfolgreich erledigt. In drei Stunden rücken wir ab. Sehen Sie zu, dass Sie die Bevölkerung ruhig halten. Wir brauchen hier keine weiteren Unruhen. Und behalten Sie diese Vollidioten im Auge, die ständig glauben, die Straßen blockieren zu müssen. Es gibt ausreichend Gebetshäuser. Zeigen Sie etwas mehr Rückgrat, Herr Oberst.“ Damit drehte er sich um, wartete nicht darauf, entlassen zu werden und ging. Der Oberst blickte ihm hasserfüllt nach, wagte aber nicht, etwas zu sagen.

Hyrtl indessen war zornig auf sich, weil er nicht an die Möglichkeit gedacht hatte, dass das Frauenabteil geschlossen werden könnte. Er hatte Ronja geschätzt, als wertvollen Informanten, als risikobereiten Kameraden und auch als Mensch. Sie war nie zimperlich gewesen und wenn er sie näher gekannt hätte, hätte er sie womöglich auch gemocht. Eigentlich wollte er gern mit jemanden darüber geredet, doch seine Mannschaft durfte er damit nicht zusätzlich belasten. Also behielt er die Maske eiserner Entschlossenheit aufrecht.

Drei Stunden später, die Sachen waren gepackt und im Eagle verstaut, saßen sie alle bei Attila im Wagen, der bereits vor dem Tanzlokal parkte. Diesmal war es ein uralter Mercedes, ebenfalls mit getönten Scheiben. Hyrtl hatte ihnen seinen Plan erörtert. Sie würden das mit einem Minimum an Aufwand regeln, dafür aber für Effektivität sorgen. Hans und Alf postierten sich neben dem Eingang, Sigi sicherte den Hinterausgang während Hyrtl vorhatte, direkt reinzugehen. Zu Attilas Leidwesen musste er im Wagen warten. Aber Hyrtl war es angenehmer, eine rasche Fluchtmöglichkeit zu haben, falls sich Probleme ergeben sollten, auch sollte niemand das Gesicht des Polizisten erkennen.

Hyrtl läutete und wartete. Nach mehreren Minuten öffnete sich eine Sichtluke und ein junger bärtiger Mann blickte heraus. „Was willst du?“, fragte er misstrauisch.
„Ich? Ich will nur ein wenig Spaß“, antwortete Hyrtl und winkte mit einem Packen Geldscheinen. Die Luke schloss sich wieder und er hörte ein Kratzen und Scharren, als sich die Tür öffnete. Umgehend packte Hyrtl den Mann am Kragen und schob ihn unsanft ins Innere. Anschließend zog er seine MP und schoss ihm genau zwischen die Augen. Der leblose Körper prallte auf den Boden. Als wäre er nicht da, stieg Hyrtl darüber hinweg und ging weiter geradeaus. Hans und Alf folgten kopfschüttelnd, selten war ihr Chef so kalt. Sie packten die Leiche am Kragen und schoben sie in einen Schrank. Alf hielt es für klüger, nicht gleich beim Eingang Zeichen auf ihre Anwesenheit zu hinterlassen.

Niemand hatte den Schuss gehört, denn hier waren alle Räume schalldicht isoliert. Darauf hatte Hyrtl spekuliert. Sie kontrollierten jede Tür, alle Zimmer waren leer. Weiter hinten drang Lärm aus einem Raum, denn die Tür war nur angelehnt, wie sie durch einen feinen Lichtstrahl erkennen konnten. Dorthin gingen sie. Hyrtl gab seinen Männern Handzeichen stehen zu bleiben, zählte bis drei, dann stieß er die Tür auf und brüllte sogleich los. „Alle bleiben wo sie sind! Die Hände sind dort, wo ich sie sehen kann! Keiner rührt sich!“ Alf und Hans hoben drohend ihre MGs und entsicherten sofort die Waffen, als sich einer der Männer entfernen wollte. „He du! Dageblieben, Freundchen!“ Wie angewurzelt blieb der Angesprochene stehen und legte die Hände auf den Kopf. „So und weil wir jetzt alle friedlich sind, kommt mal der Chef dieses Etablissements zu mir.“ Er blickte sich gründlich um. Alle schauten zu dem Mann, der vorhin zu flüchten versucht hatte. „Na, los, beweg deinen fetten Arsch zu mir. Ich tu dir nichts. Aber ich kann auch anders und dir hier alles kurz und klein schießen lassen.“ Er redete jetzt freundlich und lächelte sogar, was einige dazu veranlasste, ihre Haltung etwas zu entspannen. Hyrtl registrierte das sofort. Endlich konnte er irgendwo seinen Zorn und die Trauer über Ronjas Tod abreagieren. Er würde diese Männer schwer enttäuschen, denn seine Anwesenheit galt nicht nur dem Bordellbesitzer.

Zögernd trat der dicke Mann zu Hyrtl, etwa einen Meter vor ihm blieb er stehen. Er stank nach Opium, Rauch und eben vollzogenem Sex. „Du ziehst dich jetzt brav bis auf die Unterhosen aus, denn in deiner ganzen Hässlichkeit muss ich dich nicht sehen, du gottverdammter Wichser“, befahl Hyrtl eisig, dann an die anderen gewandt: „Lasst die Tänzer los, die können nachhause gehen. Wenn die Jungs weg sind, dann dürft ihr es dem Fettsack hier gleichmachen und euch eurer Hüllen entledigen.“ Als die jungen Burschen, die alle in sehr bunten Frauenkleidern steckten, erkannten, dass sie der Sklaverei entkommen konnten, nutzten sie diese einmalige Chance und rannten, so schnell sie ihre Beine trugen, davon. Es war ihnen für den Moment gleichgültig wohin, nur weg aus diesem Bordell. Hyrtl kümmerte sich nicht weiter um die Jungen, die waren Attilas Problem.

Er wollte den Bordellbetreiber und die Nutznießer dieser Einrichtung. Sein Mund zog sich zu einem teuflischen Grinsen in die Breite.
„Nun, meine Herren, runter mit den Fetzen! Macht schon, nicht so lahm! Danach werden wir mal Tacheles reden.“ Er wartete eine Weile, Hans und Alf flankierten ihn breitbeinig, die Waffen schussbereit. Als sich neuerlich einer davonmachen wollte, machte Hyrtl bloß: „Tz, tz, tz … lauf nur du Wichser, am Hinterausgang wirst du bereits erwartet oder denkt ihr, ich bin so dumm wie ihr und trag mein Hirn in den Eiern spazieren? Runter mit den Lappen, aber lasst um Himmels willen die Unterhosen an, ihr seid so schon hässlich genug.“ Keiner traute sich etwas zu sagen oder gar zu widersprechen und zögerlich begannen sie sich nun zu entkleiden. Hyrtl ging es noch immer zu langsam, so zog er seine MP7, er liebte dieses kleine Abschiedsgeschenk seines Schwagers, und hielt sie drohend dem Leiter des Bordells an die Schläfe. Der schwitzte so stark, dass ihm der Schweiß von der Nasenspitze tropfte. Am Geruch erkannte Hyrtl, dass sich der Mann angepisst hatte. „Macht schon, sonst geniert ihr euch auch nicht, ihr Hurensöhne“, höhnte er weiter. Im Handumdrehen standen nun zehn Männer in Unterhosen vor ihnen und blickten verschämt zu Boden. Nur der Bordellbetreiber blickte weiterhin starr in Hyrtls Gesicht. „Du ruinierst mein Leben, du Bastard“, fluchte er, obwohl er so viel Angst wie noch nie in seinem Leben hatte. Doch Hyrtl lachte nur dazu. „Das geht mir am Arsch vorbei, du Korkak.“ Danach gab er Hans einen Wink, der alle fesselte, sie mit den eigenen Socken knebelte und anschließend zu Boden drückte. Jeder bekam noch eine Augenbinde, denn Hyrtl wollte nicht, dass sie sahen, was er vorhatte, danach schickte er seine Leute vor die Tür.

Kurze Zeit später lagen elf Leichen in dem üppig ausgestatteten Raum und er ging hinaus. Kalt war seine Stimme als er den Abzug befahl.
Sigi hatte mittlerweile den Eagle geholt und wartete auf sie. Alf und Hans stiegen sofort ein, denn sie mussten noch kurz über den Vorfall reden. Noch nie hatte Hyrtl so reagiert. Aber sie wagten nicht, zu lange zu diskutieren, denn den Chef zu hinterfragen, konnte sie Kopf und Kragen kosten, besonders wenn er in so einer Stimmung war.

Vor der Tür trafen sich Hyrtl und Attila noch ein letztes Mal. „Danke. Die Buben habe ich aufsammeln lassen. Viele von ihnen werden nicht nachhause gehen wollen, denn sie wurden von ihren Vätern verkauft.“ Er machte eine Pause und Hyrtl wartete, denn er merkte, dass sein neuer Freund noch mehr auf dem Herzen hatte. „Wegen Ronja. Sie war auch einmal in so einem Bordell. Mein Onkel hat sie verkauft, dieses Arschloch, für ein neues Auto.“ Angewidert spie er aus. „Ich kann ihren Hass auf uns Männer und das alles“, er machte eine ausholende Handbewegung, die Hyrtl nur zu gut verstand, auch ihm fehlten Worte für dieses menschenverachtende Regime, das einen selbst hart machte, wenn man überleben wollte. Attila schluckte, dann fuhr er fort und ließ den anderen Satz unbeendet. „Es ist gut, dass sie tot ist. Sie sah keinen Sinn mehr.“ Mit heftigem Blinzeln versuchte er die Tränen zu unterdrücken. Da nahm ihn Hyrtl bei den Schultern und schaute ihm ins Gesicht. „Es tut mir Leid, dass es so gekommen ist. Keiner von uns sollte dabei in Gefahr geraten. Ich kannte ihre waghalsigen Unternehmen, die jedes Mal einem Himmelfahrtskommando glichen. Jetzt verstehe ich auch, warum sie so vehement gekämpft hat und die Rache ist doppelt gelungen. Es ist jammerschade, dass es nicht mehr Menschen wie sie gibt. Die meisten sind feige Hunde, wie diese toten Ärsche dort drinnen.“ Damit ließ er Attila los und ging auf den Panzer zu. „Kommt gut heim!“, rief ihm Attila noch nach. „Sag Alf, er soll nicht wieder so lange warten, bis er sich meldet.“
„Werd ich machen, Attila. Alles Gute für dich hier.“ Rasch stieg er nun ein, damit Attila nicht noch einmal Gelegenheit bekam, etwas zu sagen. Rache war nicht süß, entschied Hyrtl für sich. Im Gegenteil, er fühlte sich matt und müde.
Barsch gab er den Befehl zur Abfahrt und sie rollten Richtung Viyanna davon, wo an der Grenze ihr Luchs und die andere alte Ausrüstung auf sie warteten.

„Das war nicht schön“, murmelte Alf. Er hatte gesehen, wie sich die Männer vor Angst angepisst hatten und der Gestank des Hauses hatte sich in seine Riechnerven gebrannt. Noch immer hatte er das Gefühl, die Angst zu riechen, den Gestank nach Zwiebeln, Opium, Rauch und Exkrementen. „Widerliches Geschäft“, murmelte Hans, dem das auch nicht gefallen hatte. Doch Alf sagte, was sie alle dachten: „Was hat denn dich geritten, Chef? Ich dachte, wir machen denen nur gehörig Angst.“
„Gerechtigkeit. Und nun kein Wort mehr davon, das ist meine Privatangelegenheit“, brummte Hyrtl abweisend.
„Schon gut. Aber dass du die Drecksarbeit immer selbst machst, das finde ich echt anständig von dir.“ Zustimmendes Gemurmel bekräftigte diese Aussage, denn dafür schätzten sie ihren Feldwebel. Es machte Hyrtl sprachlos und so sank er tiefer in seinen Sitz und zog sich die Kappe über die Augen. „Nachhause, Jungs. Ich mag jetzt echt nicht mehr hier sein“, befahl er und jetzt verheimlichte er es nicht mehr, dass er müde war.
„Fahren wir gleich nach Poltern weiter oder bleiben wir zuerst in Viyanna?“
„Nach Poltern, wir müssen uns melden, unser Urlaub ist zu Ende.“
„Das war doch kein Urlaub“, empörte sich Hans, bemüht das Thema zu wechseln.
„Haben dir die Sehenswürdigkeiten etwa nicht gefallen?“, lästerte Sigi, der mit Hans eine Tour durch Pest gemacht hatte, während sie auf weitere Befehle gewartet hatten. „Dasselbe Drecksloch wie zuhause. Viel Schutt, viel Müll, viel Geschrei. Außerdem haben wir eine Tote zu beklagen.“ Stille senkte sich zwischen die Männer und die Fahrt ging erneut über die Donau, dann Richtung Grenze.

Bedauernd ließen sie den Eagle stehen, nahmen den Luchs wieder in Besitz und zogen die eigenen Uniformen an, die bessere Bewaffnung behielten sie allerdings. Hyrtl sah das als Bonuszahlung an seine Männer, weil sie auch, wie den Nachrichten zu entnehmen gewesen war, den Prediger Istvan Mohammed erwischt hatten, der den Tod aller Kuffar forderte, er trat für eine Verschärfung der Scharia ein und wollte im Kalifat Werbung dafür machen. Außerdem hatte er vor die Geschlechtertrennung forcieren und den Frauen somit jede Möglichkeit, auszugehen und sich zu bilden nehmen. Jetzt verstand Hyrtl Ronjas eigenen Auftrag, Istvan Mohammed war ihr Ziel gewesen. Manchmal, so wie an diesem Tag, fragte er sich, was die Welt so verändert hatte, dass die Menschen so abgestumpft waren, dass sie nichts anderes als ein grünes Buch und die nächste Mahlzeit interessierte. Waren die Menschen immer schon so blind, gehörlos und dumm gewesen, ließen sie sich auch früher wie eine Schafherde von Hunden gängeln und zur Schlachtbank treiben oder wie die Melkkühe aussaugen? Er wollte eine Änderung, aber anders als Celik, wollte er gleichberechtigt sein, deshalb kämpfte er mit allen Mitteln für Rechte, die er nie hatte und wohl auch nie haben würde, wenn er an seinen Schwager dachte, der zwar alles daransetzte, Viyanna wieder groß und reich zu machen, dabei aber nur seinen eigenen Machtradius im Auge behielt.

Während der Fahrt hatten sie abwechselnd geschlafen und über Ronja geredet. Jeder hatte etwas über sie zu erzählen gewusst und wenn es nur eine kleine Anekdote gewesen war. Vom Hörensagen hatte jeder von ihnen das verrückte Mädchen gekannt, das sich lieber tot als in den Händen des Feindes gesehen hatte.
heiliger
Strohsack...da gehts ganz schön ab!
nochmal Kaminlesung
****ra Frau
12.347 Beiträge
Themenersteller 
Muss es ja, die haben ja etwas später noch einen Job zu erledigen *fiesgrins* Es gibt keine wirklich Guten in dieser Geschichte.

Du hast zu früh geantwortet, ich wollte noch einige kleine Fehler ausbessern. ARGH! Na ja, im Manuskript ist es schon verbessert *lol*

Herta
die Fahler
hab ich überlasen...
nochmal Kaminlesung
****ra Frau
12.347 Beiträge
Themenersteller 
Danke
das ist großzügig von dir. *tuete*
nochmal Kaminlesung
****ra Frau
12.347 Beiträge
Themenersteller 
223 n. U. Viyanna und Umgebung
Es war jetzt vier Tage her, seit sie Minister Harim Öztürk knapp entkommen waren und dennoch fühlte sich Fritz ständig beobachtet. Ihm machte die Unbekümmertheit die Ulf zur Schau trug, als sie durch die Stadt marschierten halb wahnsinnig. Wenn es dunkel wurde, verkrochen sie sich in Lagerhallen oder versteckten sich in der Kanalisation. Sie mieden alle Bereiche, die als sicher gegolten hatten, denn Ulf fürchtete das Schlimmste. Was er im Schloss gesehen hatte, ließ ihn nicht daran zweifeln, dass sich Emma in großer Gefahr befand. Doch er wusste auch, dass sie niemals ihren Posten verlassen würde, das hatte sie deutlich genug gemacht, als sie zurückgekehrt war. Innerlich seufzte er darüber und bedauerte es, aber er war auch froh, wenigstens einen standhaften Mitstreiter im Team zu haben. Fritz war, seit er dem verheerenden Brandanschlag durch die Polizei auf ihr Versteck unter St. Stephan entkommen war, sehr ängstlich und sah überall Gefahr lauern. Für ihn musste sich Ulf etwas überlegen. Fritz wurde selbst zu einer Gefahr für die Bewegung, aber er wollte ihn auch nicht gleich aufgeben. Noch hoffte er auf eine ruhigere Phase, wo sich der Ältere ein wenig fangen konnte.

Gerade hatten sie sich bis unter die ehemalige Reichsbrücke durchgeschlagen, die nun „Prophetenbrücke“ hieß, da wurden sie von einem Polizisten angehalten. „He da, ihr, stehenbleiben! Dur!“, brüllte es hinter ihnen. Fritz geriet in Panik und ergriff die Flucht. Blitzschnell griff der Polizist zu seiner Waffe und schoss. Fritz ging in den Rücken getroffen zu Boden, während Ulf stehenblieb und lautstark fluchte. Doch nur einen Sekundenbruchteil später, hatte er seine eigene Waffe gezogen und den Schützen mit einem Schuss niedergestreckt. Danach rannte er zu ihm, nahm ihm die Waffe ab und zerrte ihn zum Fluss. Er musste rasch handeln, denn es waren bereits sich nähernde Schritte zu hören. Irgendwo schrie jemand. Nun tönte auch noch eine Sirene und fast wäre Ulf selbst in Panik geraten. Er hatte den Eindruck, als würden die Schritte und Stimmen gleich hinter ihm sein, doch dann entfernten sie sich wieder, auch das Geräusch der Sirene blieb aus. Erst als er den toten Polizisten in die Donau gerollt hatte, wurde er sich bewusst, dass er weinte. Die Tränen waren wie von selbst gekommen und wollten nicht mehr aufhören. Ulf sagte sich selbst vor, dass es der Stress war, nur der Stress war dafür verantwortlich. Er wusste nicht mehr, was er machen sollte, die Polizeiwaffe und den Dienstausweis hatte er an sich genommen, ebenso die Handschellen. Nun rannte er zu Fritz, der tot mit dem Gesicht im Rinnstein lag. Nachdenklich betrachtete er die Pistole in seiner Hand und murmelte: „Kanonen haben so etwas Endgültiges. Du warst nie ein Freund davon, Alter Fritz, dir waren Stichwaffen lieber. Jetzt brauchst du keine Angst mehr zu haben.“ Danach übergab er auch diesen Leichnam den Fluten des Flusses. Entschlossen strich er sich das wirre Haar aus der Stirn und drehte diesem Ort den Rücken. Es dunkelte bereits und wenn er nicht bald einen Verbau oder etwas anderes fand, wo er sich verstecken konnte, würde er gewiss erneut in eine Kontrolle laufen. Seit ewigen Zeiten bestand eine nächtliche Ausgangssperre und nur Leute mit behördlicher Genehmigung durften sich nach Dunkelwerden noch auf der Straße herumtreiben. Er hatte keine Papiere, denn auch der Fälscher war erwischt worden. Nun musste er sich jemand anderen suchen, der ihm gültige Papiere verschaffte. Dann fiel ihm der Ausweis des Polizisten ein. Das Gesicht darauf stimmte zwar nicht, auch die Sache mit den Fingerabdrücken war ein Problem, aber das hatte er für sich schon vor einigen Jahren gelöst, indem er seine Fingerkuppen verbrannt hatte. Er hatte einen anderen Namen. Für eine kleine Weile würde er als Sarim Oberaigner durch die Welt laufen. ‚Was für ein dämlicher Name’, dachte er belustigt, als er den Ausweis studierte. Die Personenbeschreibung stimmte nicht im Geringsten mit ihm überein, aber er hoffte auf sein Glück. Alle Gedanken an den toten Fritz schob er von sich, als er auf der Suche nach einem Versteck durch einen Zaun kroch und in eine halbverfallene Gartenhütte eindrang. Seit langem hatte er aufgehört, das Eigentum anderer zu achten, denn die meisten Menschen achteten nicht auf das Leben anderer. Eine Zeit des Egoismus war angebrochen, die durch die religiösen Lehren überdeckt wurde und sich mit Gemeinschaftssinn im Glauben kaschierte. Doch Ulf wusste es besser. Jeder dachte nur an sich, schuf sich Vorteile wo es nur ging, denunzierte, wenn es angebracht erschien und passte sich der neuen Administration an. ‚Buckeln, buckeln, buckeln. Mich widern diese Würmer an. Warum bringe ich mich für diese Arschlöcher in Gefahr? Sind sie es wirklich wert, vom Kalifat befreit zu werden? Wollen die das überhaupt? Wäre es nicht besser, wenn ich mich irgendwo in Deckung begebe und mein Leben als Eremit auslebe?’, dachte er zweifelnd. Der Druck der letzten Tage machte sich bemerkbar. Er wollte sich Luft machen, seinen Zorn über dieses unmenschliche Regime raus schreien, aber er ließ nur einige Gedanken darüber zu. Wütend trommelte er gegen seine Stirn. ‚Denke, Ulf! Denke nach, du hast den Ausweis dieses Vollidioten. Irgendetwas muss dir das doch bringen. Denk nach, du kleiner Scheißkerl, denk endlich nach’, herrschte er sich selbst an, doch sein Hirn fühlte sich leer an.

Die halbe Nacht haderte er mit sich. Er verwünschte sich und das System, dem er die Schuld an allem gab, dabei wusste er genau, dass es die Bequemlichkeit der Menschen war, sich dem Stärkeren zu fügen und auf einen Anführer zu warten, der alles für sie in Ordnung bringen würde. „Solange sie nur zu Fressen haben, tun die alles, was von ihnen verlangt wird. Versteh einer die Frauen, die sich so unterdrücken lassen und das noch als gegeben und vorherbestimmt ansehen“, murmelte er wobei er ungläubig den Kopf schüttelte.
Gegen Morgen fiel er dann in einen leichten Schlummer und als die Sonne hoch stand war er schon wieder auf dem Weg.

Er sah aus wie ein Tagelöhner, der sich in der Stadt etwas Glück erhoffte. So nahm er dieses Aussehen zum Anlass, um sich zu einem der zahlreichen Jobcenter zu begeben. Hier hoffte er, an einige Informationen zu kommen, manchmal waren die wartenden Leute sehr auskunftsfreudig.

Bereits vor neun Uhr, der offiziellen Öffnungszeit der Arbeitsvermittlungsagentur, standen an die hundert Männer in einer geordneten Reihe vor der Tür. Alle waren sie in mehr oder weniger schäbige Anzüge gekleidet, und strahlten Hoffnungslosigkeit und Armut aus. Von hier konnte er sich keine Hilfe erwarten, diese Menschen waren bereits jenseits aller Erwartungen angekommen. Für sie gab es nur noch Harren auf bessere Zeiten. Ulf dachte an die zahlreichen antiken Medienberichte, die er vor einigen Jahren in Zürich zu Gesicht bekommen hatte. Schon in dieser fernen Vergangenheit, hatten die Menschen auf einen Führer gewartet, der sie aus ihrer misslichen Lage befreien würde. Doch Ulf wusste, dass es so nicht funktionierte. Man kann einen Kalifen nicht durch einen Diktator ersetzen, ohne die Probleme an der Wurzel zu packen, der Hass, der Zorn, die Armut blieben ständig gleich, denn es bereicherten sich immer die gleichen Gruppen.

Punkt neun Uhr trat ein Angestellter des Jobcenters mit einem Blatt Papier aus dem Haupteingang und begann laut zu sprechen: „Die ersten Zehn in der Reihe bekommen Arbeit für eine Woche in der Deponie, die nächsten Zehn dürfen am Bau arbeiten. Alle anderen gehen nachhause. Es gibt nichts mehr für euch.“ Die zwanzig Männer, die ganz vorne gestanden waren, konnten ihr Glück kaum fassen und liefen sofort los, um ihre neue Arbeit anzufangen. Ob sie qualifiziert waren, spielte keine Rolle, nach der Bezahlung fragte auch niemand, denn man war froh, wenn man am Abend ein paar Eurolire in der Tasche hatte und bald schon standen sie erneut in einer Reihe vor dem Jobcenter.

Ulf bemerkte, dass es immer weniger Christen und fast keine Juden mehr im Kalifat gab. Die meisten waren übergetreten, weil die Dschizya zu entrichten, einen finanziell ausblutete. Dies wiederum verleitete viele Menschen, zum wahren Glauben überzutreten. Das fand er falsch und dumm, denn so konnte sich auf lange Sicht nichts ändern und die Menschen blieben immer in Abhängigkeit eines Kalifen, bis es wieder einmal zu einem Pogrom gegen Christen oder die restlichen paar hundert Juden kam. Aber die Dhimmis waren für das System notwendig, denn irgendjemand musste die Staatskassen füllen und die niederen Arbeiten erledigen, wozu gerne auch Konvertiten genommen wurden, die sich in der innerreligiösen Hierarchie erst hinauf arbeiten mussten. Sie waren oftmals offen rassistischer und religiöser als notwendig, nur um zu zeigen, wie ernst ihnen der Religionswechsel war.

Ulf vergrub die Hände in den Hosentaschen, zog den Kopf tief zwischen die Schultern und schlurfte mit der Masse mit, Richtung Stadtmitte und dem nächsten Jobcenter. Immer hatte er dabei ein Auge auf seine Mitmenschen. Manchmal waren Polizisten oder Krawallmacher unter den Arbeitssuchenden, die auf Unheil aus waren.

Langsam löste er sich aus der Menge und bog in eine der zahlreichen Gässchen ein. In der Bräugasse endlich klopfte er an eine Tür. Dreimal kurz hintereinander und zweimal lang. Es dauerte eine Weile, dann hörte er schlurfende Schritte und ein Schloss wurde geöffnet. Dann tat sich endlich die Tür einen spaltbreit auf und ein bärtiges, zerknittertes Gesicht erschien. „Allah'ın adıyla ...”, kreischte der Mann, dann packte er Ulf an der Hand und zog ihn ins Haus. „Verdammter Dhimmischreck, du, Mistkerl! Dass du dich hierher wagst, echt jetzt! Ich schneide dir den Schwanz ab, du Ratte!“
„Ich freu mich auch, dich zu sehen, Mustafa. Bevor du mir den Schwanz abschneidest, bläst du ihn noch ordentlich, du kleine Schwuchtel.“ Mustafa versetzte Ulf einen kräftigen Schlag auf die Schulter, dann umarmte er ihn. „Meine Schwester ist nicht hier – schau sie ja nicht mehr an, verdammt, sonst vergesse ich echt meine Freundschaft mit dir und …“
„Schon gut, ich werde sie nicht wieder ansehen und auch nicht ansprechen. Du hast meine Ehrenwort.“ Damit schien die Sache erledigt und er wurde weiter in eine Wohnung geführt. Ulf zog sich artig die Schuhe aus und folgte dann Mustafa in ein geräumiges aber sehr rauchiges Wohnzimmer. Theatralisch fächelte er mit einer Hand und hustete gekünstelt. „Du kannst es wohl nicht lassen, deine Umwelt zu verpesten.“ Mustafa grinste, was eine Reihe gelber Zähne dem Blick preisgab. Dann bot er Ulf einen Platz an und brüllte in die Küche. „Mama, Kaffee! Münire was zu essen, wir haben einen Gast und dann gebt Ruhe und lasst uns allein.“ Ulf staunte wie immer nicht schlecht, wie rasch die beiden Frauen die Befehle ausführten und schon bald bog sich der Tisch unter der Last der Speisen und Getränke. Während die Frauen auftischten, hielt Ulf artig den Blick gesenkt, er wusste, dass er sich sonst massiven Ärger mit Mustafa einhandelte und gerade ihn brauchte er sehr dringend. Mustafa Özmir war einer der besten Fälscher die er kannte, außerdem hatte er noch einige Nachtlokale, die im Graubereich des Gesetzes angesiedelt waren und nach außen hin als Teestuben oder Tanzlokale markiert waren, doch innen sah es ganz anders aus. Das Geschäft mit der Lust boomte wie kaum zuvor und Mustafa konnte sich über mangelnde Einnahmen nicht beklagen. „Was brauchst du diesmal, Ulf?“, fragte er nach einer Weile wobei er sich genussvoll über den Bauch strich. Danach rülpste er ordentlich und lachte, als er Ulf genauer betrachtete. „Hast wohl in der Deponie gehaust oder wie, Mann, du stinkst, eigentlich hätte ich dich als haram vor der Tür stehen lassen sollen. Aber aus alter Freundschaft …“
„Tut mir Leid, es ging nicht anders, ich hab mich einige Tage lang in der alten Kanalisation versteckt. Ich brauche Papiere, kannst du mir was besorgen?“
„Nichts leichter als das“, hörte sich Mustafa sagen, noch bevor er nachdenken konnte, denn eigentlich wollte er nichts mehr mit Ulf zu tun haben. „Aber ich will diesmal eine Gegenleistung. Samira wird nicht mehr für dich sprechen.“
„Anders habe ich es auch nicht erwartet, Mustafa. Was willst du für den Ausweis haben?“ Mustafa kam nun ganz nahe an Ulf heran, grinste breit wobei sein stark nach Tabak und Knoblauch riechender Atem Ulf beinahe zum Würgen brachte, doch dann beherrschte der sich und lächelte ebenfalls, wenngleich auch etwas unsicher. „Du beseitigst einen Mitstreiter von mir, ich will sein Lokal und dieser Idiot weigert sich standhaft, zu verkaufen. Beste Lage, gute Mädchen, und auch einige Buben im Stall.“ Während sich Ulf nachdenklich das Kinn rieb, brülle Mustafa erneut: „Mama! Ana, lanet olsun, sizin popo olsun!”
„Du bist ganz schön frech zu deiner Mutter, wenn du sie so anbrüllst“, bemerkte Ulf. „Meine hätte mir den Mund mit Seifenlauge ausgewaschen, wenn ich das zu ihr gesagt hätte.“
„Pah! Weicheier, allesamt.“ Endlich kam Frau Özmir. Sie schien irgendetwas gebacken zu haben, denn sie wischte sich ihre mehligen Hände an der Schürze ab. „Hol die Christenschlampe her, sie soll das Haarfärbezeugs mitnehmen und zwar ein bisschen zackig“, herrschte er sie weiter an. Sofort machte sie sich auf den Weg.
„Wozu brauchst du das Haarfärbemittel?“, fragte Ulf interessiert. „Eine kleine Typveränderung bei dir, Junge, du bist zu blond, das passt nicht.“
„Na toll, aber das heißt für mich, du besorgst mir einen neuen Pass.“
„Ah, jetzt soll es gleich ein Passport sein. Wenn man euch Hunden den kleinen Finger reicht, dann beißt ihr gleich in die ganze Hand.“ Ulf grinste, denn er wusste, er würde das Dokument innerhalb kürzester Zeit erhalten. „Bilder macht Mirko, den hol ich übermorgen.“ Er schaute Ulf genau an, dann meinte er weiter: „Nein, erst in drei oder vier Tagen, dein Bart muss noch ein wenig wachsen. In dieser Zeit wirst du den Schwachsinnigen aus meinem Dunstkreis entfernen.“ Im ersten Moment wusste Ulf nicht, wen er meinte, doch dann erhellte sich sein eher düster wirkender Gesichtsausdruck. „Ich erledige das für dich, eine Hand wäscht die andere. Wo hält er sich nach Dunkelwerden auf?“ Mustafa nannte ihm eine Adresse in einem noblen Außenbezirk, was Ulf ein gepresstes Schnauben entlockte. „Gut, ich komme dort schon hinaus, kein Problem. Wie viele Leibwächter hat er, sind scharfe Wachhunde vorhanden, Alarmanlage? Du musst mir alles sagen, damit ich erfolgreich bin.“ Auch diesmal gab Mustafa bereitwillig Auskunft, da kam ein Mädchen im Teenageralter herein. Sie hielt den Kopf gesenkt und in den Händen einen Becher mit einer scharf riechenden Substanz, die sich als Haartönung entpuppte. „Was hat da so lange gedauert, Ida?“, herrschte sie Mustafa an, doch er erwartete keine Entschuldigung, sondern blaffte gleich weiter: „An die Arbeit. Er braucht eine neue Haarfarbe.“ Mustafa zeigte auf Ulf, dann stand er auf, ging an dem Mädchen vorbei und zischte ihr etwas ins Ohr, woraufhin sie den Kopf weiter senkte.

Ulf wartete bis sein Gastgeber das Zimmer verlassen hatte, dann entspannte er sich merklich. Es war ihm von jeher schwer gefallen, zu Mustafa freundlich zu sein. Doch er war ein wichtiger Verbindungsmann und hatte zahlreiche Kontakte zur Unterwelt und durch diese halbseidenen Geschäfte, die er nebenher betrieb, auch Beziehungen zu Politikern und anderen wichtigen Männer, darunter auch Waffenhändlern, die Ulf schon das eine oder andere Mal gebraucht hatte. „Puh“, murmelte er schließlich. „Na dann, Ida, lass uns aus mir einen Braunhaarigen machen.“ Es schien Ulf so, als hätte sie genau auf dieses Kommando gewartete, denn rasch begann sie, ihre Vorbereitungen abzuschließen.

Vierzig Minuten später kam Mustafa zurück und sah keinen blonden Besucher mehr, der war jetzt dunkelbraun. „Sieht doch gleich viel besser aus, du kleiner Scheißkerl. Nun gehst du rauf, ich hab dir das alte Zimmer, du weißt schon, das von Samira, richten lassen, dort ist auch was zum Anziehen für dich, ebenso eine Straßenkarte, Geld für die Straßenbahn und dann schaust du dir dort draußen mal alles in Ruhe an, während ich mir überlege, wen ich aus dir mache.“ Ulf stand auf und wollte schon gehen, da packte ihn Mustafa noch einmal am Oberarm und murmelte: „Gute Sache da am Schwarzenbergplatz, hast einige Bullen zu Allah geschickt. Bewundernswert dein Timing, besser hätte es für mich nicht laufen können.“ Ulf kramte etwas aus seiner Tasche hervor und überreichte Mustafa einen Ausweis. „Wie wäre es, wenn du den aus mir machst?“, fragte er. Erstaunt schaute Mustafa den Polizeiausweis an, dann grinste er. „Perfekt, Ulf, nein, Sarim, das bekommen wir hin. Aber Oberaigner, ich lach mich schief. Na gut, dafür kannst du nichts. Jetzt geh und mach dich fertig.“

„Und ich dachte immer, ihr hättet keinen Humor“, antwortete Ulf, dann verließ er rasch das Wohnzimmer und stürmte die Treppe hoch.
*****har Paar
41.020 Beiträge
Gruppen-Mod 
Ich lese weiter mit und bin immer noch ziemlich angetan ...

(Der Antaghar)
...
*frier* ...ein "erfrischender" Ausblick!!!
aber wie immer gut geschrieben.
nochmal Kaminlesung
****ra Frau
12.347 Beiträge
Themenersteller 
Vielen
Dank für eure Kommentare. Endlich habe ich den Anschluss wieder finden können, ich dachte schon, da geht gar nichts mehr, nachdem ich Hyrtl zurück nach Poltern geschickt habe.

*danke*

Herta
Tschuldigung, aber es heißt "geschickt hatte" in diesem Fall.
nochmal Kaminlesung
****ra Frau
12.347 Beiträge
Themenersteller 
Ja, so müsste es heißen, hab ich aber nicht geschrieben, weil ich es als gegenwärtig empfinde. Aber das soll jetzt kein großes Problem werden, oder? *g*
Nein, wie kommst du darauf? Das ist völlig nebensächlich. Und wenn du es als gegenwärtig empfindest, ist es eh völlig egal.
nochmal Kaminlesung
****ra Frau
12.347 Beiträge
Themenersteller 
... fortgesetzt ...
Von oben rief er: „Erst schlaf ich mich aus!“ Er wartete keine Antwort ab, denn er hörte ihn selbst von unten noch seine Verwünschungen brüllen, weil er sich nicht sofort an die Arbeit machte. „Ich bin nicht dein Lakai, Arschloch“, murmelte er, als er sich völlig bekleidet ins Bett legte. Dort schlief er sofort ein.

Stunden später weckte ihn Lärm von unten. Er hörte Fußgetrappel, und zornige Stimmen riefen irgendetwas. Atemlose Hektik schien im Untergeschoss zu herrschen. Geräuschlos stand Ulf auf und schlich zur Tür. Angespannt horchte er. Viel konnte er nicht vernehmen, nur so viel, die Polizei war nicht ins Haus gedrungen, denn nun hörte er seinen Gastgeber, der jemanden aus dem Haus jagte und danach hingebungsvoll fluchte.

Schloss Laudon 223 n. U.

Emma Zwingli war emsig an der Arbeit. Sie musste ihre Spuren verwischen, alle Codes unbrauchbar machen und noch einige Männer warnen, die für sie in der Stadt unterwegs waren. Sie fürchtete, dass die Zeit der Heimlichkeiten vorbei war. Harim rief sie einige Male am Tag an oder er schaute unangemeldet vorbei, deshalb war sie ständig in Alarmbereitschaft und wurde zunehmend fahrig. Die Sache, die Ulf ungewollt heraufbeschworen hatte, schien ihr allmählich zu entgleiten und sie bekam es mit der Angst zu tun. In all den Jahren, die sie hier lebte, hatte sie sich nie derartig bedroht gefühlt. Aber ihre Entscheidung war gefallen, als sie Ulfs Angebot ausgeschlagen hatte. Es war wichtiger, die anderen Agenten zu warnen und von ihren Aufträgen abzuziehen, bevor die Verluste höher wurden. Der Anschlag unter Sankt Stephan hatte die Arbeit eines halben Lebens zunichte gemacht. Nun musste sie bei Null anfangen und konnte nicht einmal auf Hilfe zählen, denn ab diesem Zeitpunkt gab es keine Kommunikation mehr untereinander.

Sie versuchte ihre Hektik zu verbergen als das Telefon klingelte. Rasch drückte sie auf den entsprechenden Knopf und meldete sich mit freundlicher Stimme. Aber es antwortete niemand, nur ein tiefes Brummen war zu hören. Erschrocken legte sie auf. Anschließend rannte sie ins Bad und richtete sich für den Besuch her. Diesmal wollte sie vorbereitet sein, nicht noch einmal sollte er sie derart überrumpeln wie beim letzten Mal, als er sie zuerst verprügelt und danach vergewaltigt hatte. Mittlerweile schien es ihm Spaß zu machen, ihr wehzutun.

Frisch geschminkt trat sie ins Schlafzimmer, als sich die Tür öffnete und Harim, gefolgt von drei Männern, ihre Räumlichkeiten betrat. „Wie ich sehe, weißt du jetzt wieder, was sich gehört“, sagte er schroff, stolzierte auf sie zu und gab ihr eine Ohrfeige. „Das war nur zur Erinnerung und jetzt zieh dir was Ordentliches an.“ Die drei Männer standen noch an der Tür und warteten, dabei versuchten sie, Emma nicht zu offensichtlich anzustarren. So rasch es ging, lief sie ins Bad zurück und zog sich abermals den Hausanzug an. Als sie herauskam, gab Harim den Männern ein Zeichen, packte Emma am Ellbogen und dirigierte sie auf den Gang hinaus, die sich ständig umwandte und gerade noch sehen konnte, wie die Männer ihre Sachen durchstöberten. „Du musst leider hier ausziehen, meine Liebe“, meinte er, als sie schon zur Tür raus waren. Emma dachte, das Herz würde ihr stehenbleiben, als er weiterredete. „Diese Räume werden saniert und völlig neu eingerichtet, sie sind dir nicht angemessen.“ Als sie nichts sagte, redete er weiter: „Freust du dich denn nicht über die neuen Möbel? Diese hässlichen Einbauschränke, die sind doch echt nicht mehr modern und dir gar nicht angemessen.“ Er plauderte dahin und führte sie immer weiter weg vom Zentrum ihrer Bemühungen zur Befriedung ihrer Heimat. Endlich rang sie sich zu einem Lächeln durch und erwiderte: „Natürlich freut es mich und es ehrt mich, dass ich dir so viel wert bin.“ Es fiel ihr zusehends schwer, zu schauspielern, aber jetzt zwang sie sich, ihn anzublicken und kurz zu umarmen. Dieses Verhalten verblüffte Harim einen Moment lang, dann lachte er. „Wie ich sehe verstehen wir uns prächtig, Emma. Komm ja nicht auf krumme Gedanken, denn ich erfahre sie alle. Du weißt, dass die Religionsbehörde mir untersteht.“ Nun wurde sein Blick wieder hart und sein Griff an ihrem Oberarm eisern während er weiterredete: „Ich hoffe für dich, du weißt, wem gegenüber du loyal zu sein hast.“ Emma wurde immer unbehaglicher zumute, doch nun musste sie den eingeschlagenen Weg fortführen. „Natürlich, Harim“, flötete sie deshalb. „Aber, wo werde ich in der Zwischenzeit wohnen?“ Die Antwort schockierte sie und machte all ihre Hoffnungen zunichte. „Meine Frauen werden sich um dich kümmern und heute noch wirst du den wahren Glauben annehmen.“ Erschrocken wollte sie anhalten, doch er zwang sie, weiterzugehen. „Was, wenn ich mich weigere?“, fragte sie obwohl sie die Antwort kannte. Sein Mund verzog sich zu einem boshaften Grinsen, sodass sie meinte, das Blut in den Adern würde ihr gefrieren. „Du wirst vernünftig sein“, sagte er anstatt auf ihre Frage einzugehen, es war auch nicht notwendig, „und mir nie wieder Grund zur Klage oder zum Misstrauen geben, nicht wahr Emma?“ Stumm nickte sie und ließ sich von ihm fortführen.

In verzweifeltes Schweigen gehüllt stolperte sie dahin und wusste nicht mehr, was sie machen sollte. Wenn sie sich weigerte, dann wartete ein unschöner und sehr schmerzhafter Tod auf sie, wenn sie mitspielte, dann war sie zwar am Leben, aber ständig unter Aufsicht anderer Menschen, denn nun wusste sie mit Sicherheit, dass er sie durchschaut hatte. Die Geheimgänge würden ebenso gefunden werden, wie ihr Telefon und ihr Notebook, alles würde er finden und nie etwas sagen, sondern es sie fühlen lassen. Sein Gesichtsausdruck bekräftigte sie in dieser Annahme. Ebenso bestätigend wirkte die Zimmerflucht, in die sie nun geschoben wurde. Vier Frauen standen hier herum, alle waren verschleiert und senkten demütig den Kopf, als Harim eintrat. „Ihr kümmert euch um sie und seht zu, dass sie ordentlich angezogen ist, danach erklärt ihr dieser Ungläubigen, wie sich eine Frau zu verhalten hat. Ihr habt eine Stunde Zeit.“ Damit drehte er sich um und verschwand wieder. Emma blieb verängstigt zurück und wollte die Frauen schon wegscheuchen, die sich an ihr zu schaffen machten. Sie gackerten auf Arabisch dahin, das Emma zwar verstand, aber nicht in dem Tempo, das die Frauen beim Reden an den Tag legten. „Tratschweiber“, entfuhr es ihr in zornigem Tonfall. Die Älteste kam herbei und schlug sie mit einem Stock. „Du wirst hier gar nichts reden, Schlampe“, befahl die Frau und schlug gleich noch einmal zu. Dieses Gebaren nahmen auch die anderen Drei zum Anlass und schlugen auf Emma ein. „Was habt ihr nur? Ich hab euch doch gar nichts getan?“, fragte sie, wobei sie die Hände schützend auf den Kopf legte und sich duckte. Sie bekam keine Antwort, nur die Intensität der Schläge nahm zu. Dann hörte es so plötzlich auf, wie es angefangen hatte und die verhüllten Gestalten begannen damit, Emma zu erklären, wie sie sich fortan zu benehmen hatte. „Du wirst immer als letzte in der Reihe gehen, du wirst weder Harim noch einen anderen Mann jemals wieder ins Gesicht blicken, du wirst jeden Tag fünfmal beten, du wirst nur noch die Burka tragen, auch zuhause, und du wirst tun, was immer man dir aufträgt.“
„Aber …“, wagte Emma Einspruch zu erheben, was ihr sofort weitere Schläge einbrachte. „Jeder Ungehorsam wird bestraft. Du musst lernen, dich wie eine Frau zu benehmen – gehorche und du wirst glücklich werden.“ Rasch war Emma von einem sackartigen schwarzen Gewand verhüllt, das nur einen Schlitz für die Augen frei ließ. Damit konnte sie beinahe nichts sehen und sie meinte, darunter zu ersticken. „Wie lebt man damit?“, fragte sie. Eigentlich hatte sie nicht mit einer Antwort gerechnet, doch die Alte sagte: „Du wirst es lernen, denn so steht es geschrieben: ‚Die Männer sind die Verantwortlichen über die Frauen, weil Allah die einen vor den andern ausgezeichnet hat und weil sie von ihrem Vermögen hingeben. Darum sind tugendhafte Frauen die Gehorsamen und die Geheimnisse mit Allahs Hilfe wahren. Und jene, von denen ihr Widerspenstigkeit befürchtet, ermahnt sie, lasst sie allein in den Betten und straft sie. Wenn sie euch dann gehorchen, so sucht keine Ausrede gegen sie; Allah ist hoch erhaben, groß.’ Du siehst, es steht alles geschrieben, du brauchst nur zu gehorchen.“ Emma kannte diese Stelle, sie kannte alles, den gesamten Koran hatte sie gelesen und auch die Hadithen, ebenso die Sunna. Alles hatte sie in sich aufgenommen, bevor sie hierhergekommen war. Es war ihr immer ein Bedürfnis gewesen, den Feind zu kennen.
Die Frauen drehten sie herum bis ihr schwindlig wurde, lachten und redeten bis Harim zurückkam und sagte: „Wahrlich in die Herzen der Ungläubigen werfe
ich Schrecken. Wie findest du das, Emma?“
„Schauderhaft“, antwortete sie, „es ist aus der Sure 8, Vers 12 und geht noch weiter.“ Sie holte tief Luft und zitierte: „So haut ein auf ihre Hälse und schneidet ihnen jeden Finger ab.“ Harim lachte laut auf, dann packte er sie erneut und ging kommentarlos mit ihr hinaus. „Soll ich dir den Hals abhauen? Oder wirst du nun freiwillig den wahren Glauben annehmen? Es gibt noch unangenehmere Dinge, die ich mit dir anstellen könnte“, sagte er auf dem Gang.
„Wenn es dich glücklich macht“, antwortete sie, was ihn erneut zum Lachen brachte. „Du bist gar nicht brav und unterwürfig, das wirst du noch lernen müssen, du Hexe.“ Damit schob er sie erneut in ein Zimmer, diesmal war es viel kleiner und es hatte nur ein schmales vergittertes Fenster. Bevor sie noch etwas sagen konnte, war er schon wieder draußen und die Tür versperrt. „Denk nach bis ich wiederkomme“, hörte sie, dann war es still.
*****ine Mann
911 Beiträge
Tja, klasse gemacht, drastisch und schonungslos in seiner Offenheit, allen Beschönigungsversuchen in der öffentlichen Debatte zum Trotz.

Nur: soweit ich weiß, ist der Original-Wortlaut "...ermahnt sie, lasst sie allein in den Betten und züchtigt sie..." im Sinne körperlicher Züchtigung. Benutzt du die Koran-Übersetzung von Bobzin?
nochmal Kaminlesung
****ra Frau
12.347 Beiträge
Themenersteller 
Ich verwende verschiedene Quellen, darunter auch einige Islamforen, die streiten sich ständig wegen des Wortlauts bei allen möglichen Suren und Hadithen.

Ich bedanke mich für das Lob! *freu2*
ich geh mich mal
unterm bett verstecken... - - - *top*
*****har Paar
41.020 Beiträge
Gruppen-Mod 
Auch bei Dir, liebe Herta, kann ich immer wieder nur erstaunt, verblüfft und hocherfreut feststellen: Du schreibst immer besser!

(Der Antaghar)
nochmal Kaminlesung
****ra Frau
12.347 Beiträge
Themenersteller 
76 n.U. Viyanna
Nach dem gezielten Tritt eines hilfsbereiten Freundes geht es hier auch mal wieder weiter. Danke Bedouine *g*

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Karol hatte den Besuchern ein Nachtlager geboten, daraufhin hatten sie alle ihre Helme abgenommen und sich kurz vorgestellt. Adrian, Gernot, Wernulf und Hannah, waren ihre Namen, von denen Karol annahm, dass es sich ebenso um Decknamen handelte, wie die ersten, die sie ihm genannt hatten und die er wieder vergessen hatte, zu fremdländisch waren sie ihm. Nun saß er tief in Gedanken versunken am Tisch und kraulte Fi hinter den Ohren, der wieder zu ihm angekrochen gekommen war. Biri sorgte derweil für Abendessen, denn es war spät geworden. „Was ist mit Ole passiert?“, fragte sie in die Stille hinein, während sie Brot aufschnitt und ausrechnete, ob auch für alle genug da war. Karol ließ sich mit seiner Antwort Zeit. Er wusste, sie hatte ein Recht, die Wahrheit zu erfahren und so berichtete er dann doch. Erschrocken ließ sie das Messer fallen, laut hallte das Geräusch und verursachte ihr eine Gänsehaut. „Einfach so, Biri, es kommt mir vor, als wäre es als Warnung an mich gedacht, die Finger von der Vergangenheit zu lassen, denn sie müssen gewusst haben, wo wir uns aufhalten und wie viele wir sind. Es war zu zielgerichtet.“
„Das sind Unmenschen! Nicht einmal ein Tier ist zu so einer Niedertracht fähig. Wir sind im Recht, Karol, wir sind es!“ Sie steigerte sich in eine regelrechte Hassrede hinein und ließ alles raus, was sie in der Vergangenheit durch die Religionsbehörde und ihre willigen Vollstrecker an Unbill erfahren hatte müssen. „Und wenn es das Letzte ist, was ich tue, ich mache sie kalt, ich verspreche es dir, Karol, ich mach sie alle!“ Schwer atmend hielt sie inne, bückte sich nach dem Messer und schnitt weiter Brot und Fleisch auf. Karol beobachtete, mit welcher Kraft sie das Messer führte. Er hatte den Eindruck, als würde sie die gesamten aufgestauten Emotionen in diese alltägliche Tätigkeit legen. „So werden wir nicht weit kommen, Biri. Wir werden immer weniger“, antwortete er ruhig auf ihren Ausbruch. Da öffnete sich eine Tür und Adrian kam mit seinen Gefolgsleuten aus der ihnen zugewiesenen Kammer. „Tut mir Leid, dass wir das gehört haben. Ich habe dir ein Angebot zu machen und ich will ganz offen mit dir reden. Wir brauchen dich. Dich und dein Wissen. Im Gegenzug helfen wir dir. Auch bei deiner Rache, wenn du willst.“
Karol schaute vom Hund weg und bot den Fremden abermals Sitzplätze am Tisch. „Setz dich. Was wollt ihr eigentlich? Du hast dich noch gar nicht geäußert, nur nebulöses Gequatsche war das bislang.“ Adrian lächelte gequält, setzte sich an den Tisch, dann zog er ein zerknittertes Stück Papier aus der Hosentasche, das hielt er Karol kurz vor die Augen, bevor er aufstand und es in den Kanonenofen schmiss. Ein Blick hatte dem Historiker genügt und der Pfiff, der ihm entfuhr war Aussage genug. Erst nach einigen Minuten, die er nachdenklich dagesessen hatte, sagte er: „Ihr spinnt. Ihr habt völlig den Verstand verloren, mir mit solchen Ammenmärchen zu kommen! Wofür haltet ihr mich?“
„Ich wusste, dass du mir nicht glauben würdest, Karol. Aber das hier ist echt.“
„Das hat bislang jeder behauptet, der angeblich todsichere Beweise hatte, das nenne ich ja nicht einmal ein Indiz.“ Seine Stimme troff vor Sarkasmus und Unglaube. Aber davon ließ sich Adrian nicht beeindrucken, denn er führte weiter aus: „Es ist echt, Kreuzer. So echt, dass Menschen gestorben sind, damit dieses Geheimnis bewahrt werden konnte.“
„Angenommen, du hast Recht: Wie seid ihr daran gekommen?“ Karol beugte sich nun weiter über den Tisch und schaute sein Gegenüber fest an während er auf eine Antwort wartete, einer der er Glauben schenken konnte.
„Meine Bewegung hütet das Geheimnis seit ungefähr hundert Jahren. Es ist das Wissen derer, die diesen Schatz einst verbergen halfen. Und ich wurde ausgesandt, es nun zu finden oder wenigstens Hinweise, wo es zu finden sein könnte.“
„Warum erst jetzt?
„Weil die Zeit dafür reif ist. Du musst die Hintergründe nicht kennen. Nur so viel: wir haben ein bestimmtes Zeitfenster, eine Konstellation von gewissen Faktoren, die außerhalb meines Einflusses stehen. Auch mir sagt man beileibe nicht alles. Aber dieses Fenster ist nicht groß, und unsere Zeit läuft ab. Es muss heute Nacht sein, wenn wir Erfolg haben wollen. Wir wissen, wo wir mit der Suche beginnen müssen, aber mehr auch nicht. Wenn wir dort nur einen weiteren Hinweis finden, brauche ich dich, um ihn zu entschlüsseln.“
„Der Speer ist ein Mythos! Ein Aberglaube. Okkulte Spinnerei.“ Nun hatte er es ausgesprochen. Unheilvoll hing der Begriff im Raum zwischen den beiden Männern.
„Es geht nicht nur um den Speer, Kreuzer. Aber auch.“
„Worum noch?“
„Gold. Ein Teil der Goldreserven, die 1945 auf die Seite gebracht wurden, als Teil des Avalon-Projektes, als Rückversicherung. Wir können es gut gebrauchen. Wir brauchen Waffen. Medikamente. Gefälschte Pässe. Schmiergelder.“
„Avalon ist genauso ein Mythos wie der Speer! Ihr jagt einem Hirngespinst nach!“
„Und wenn nicht? Was dann, Kreuzer? Wenn es wirklich wahr ist. Kannst du dir allein den Symbolgehalt vorstellen, wenn wir den Speer wirklich finden?“
Karol schwieg. Er hatte keine Antwort auf diese Frage. Aber er wusste nur zu gut, wie sehr seine unterdrückten und gepeinigten Mitmenschen vor allem eines brauchten: Hoffnung. Und er wusste, dass er selbst sie auch brauchte, er fühlte es, jetzt gerade, in diesem Moment. Er wollte es glauben. Er musste.
„Komm mit uns mit, Kreuzer!“ Adrian spielte seine Trumpfkarte aus. „Hilf uns, nach dem Gold zu suchen. Und wenn es das Gold wirklich gibt, dann hilf uns, nach dem Speer zu suchen.“
„Nun gut, ich helfe euch. Unter einer Reihe von Bedingungen.“
„Nenne sie.“
„Erstens: wenn ich mit euch gehe, helft ihr mir, Rache zu nehmen. Egal, ob wir etwas finden oder nicht.“
„Ich kann nur für meine Sektion sprechen, aber: Einverstanden.“
„Zweitens: wenn dort Gold ist, will ich einen Anteil.“
„Einverstanden.“
„Und drittens: ab sofort absolute Ehrlichkeit zwischen uns. Du erzählst mir alles, was du weißt, soweit es deine Mission betrifft. Keine Geheimnisse mehr, kein Informationsvorsprung, kein As im Ärmel. Wenn ich euch helfen soll, muss ich im Bilde sein.“
„Du verlangst viel von mir, Kreuzer.“
„So wie du von mir.“
„Nun gut: einverstanden. Reden wir. Deine Frau weiß eh schon viel zu viel.“
Biri schnaubte ärgerlich. Sie mochte es nicht, wenn von ihr gesprochen wurde, als wäre sie nicht da. „Schon gut, ich hör nicht zu“, brummte sie und stellte das Essen auf den Tisch. „Mahlzeit.“ Niemand beachtete ihren Ärger, man bediente sich und dabei redeten Adrian und Karol weiter, als wäre sonst keiner anwesend.
„Wir müssen in den alten Schirachbunker am Dreierplatz. Ganz nach unten, ins zehnte Tiefgeschoss. Dort liegt die Stahlkammer."
„Ha, der Schirachbunker hat nur drei, merk dir, drei Tiefgeschosse. Woher hast du nur deine Informationen, aus Boulevardblättern?“
Adrian schüttelte entschieden den Kopf. „Nicht nach den Plänen, die wir haben. Die unterste Etage war streng geheim und der Zugang vom Befehlsbunker aus gut getarnt. Keiner außer dem Gauleiter und den engsten Vertrauten wusste davon, nicht mal der Kampfkommandant. Die Alliierten sind nie so tief vorgedrungen. Die haben die obersten Etagen abgekämmt, dort nichts gefunden außer Sprengfallen, dann haben sie den Rest links liegen lassen und vermauert.“
„Wie denkst du, kommt ihr da rein?“
„Durch den Notausgang. Wir wissen, wo er liegt. Beziehungsweise, wo er liegen müsste. Natürlich haben wir keine Ahnung, wie das Gelände heute aussieht.“
„Ihr werdet Ausrüstung brauchen, zum Klettern. Lampen. Und was die Sprengfallen angeht...“
„Wir haben für alles vorgesorgt, Karol, verlass dich drauf. Unsere Organisation hat viel investiert, dass dieses Projekt Erfolg hat.“
„Du sagst das so, als würdest du es ernsthaft glauben, dass ihr Erfolg habt. Ist dir klar, was auf dem Spiel steht?“ Adrian nickte. Er wusste sehr gut, was sie riskierten, denn es ging hier um mehr als ihre Leben. Nach einiger Zeit, in der sie schweigend beisammen saßen, sagte Karol bitter: „Schattenkrieger seid ihr, nichts anderes und genauso viel Erfolg werdet ihr haben, wenn ihr nur nach Schatten jagt. Aber ich werde euch trotzdem helfen, den Zugang zum Stollenwerk zu finden, mehr mag ich euch nicht versprechen und dein Angebot gilt.“ Damit war vorerst das Thema beendet und sie widmeten sich nun ernsthaft dem Inhalt der Teller und Platten. Während des Essens schwiegen sie, erst als Biri die leeren Teller wegzuräumen begann, regten sich die unerwarteten Besucher wieder. Wernulf und Hannah bewachten die Vordertür, während Gernot Biri mit dem Abwasch half. Adrian und Karol saßen noch bei Tisch und schauten sich weiterhin abschätzend an.
„Wie habt ihr uns gefunden?“, fragte er schließlich. „Und warum gerade ich? Kann ich mich nicht irgendwo in Ruhe verstecken?“
„Von Finden kann eigentlich keine Rede sein, Kreuzer, wir haben euch beschattet, das heißt nicht wir vier hier, sondern andere. Wir sind eine ziemlich große Organisation, musst du wissen und wir laufen auch nicht immer wie die größten Freaks herum.“ Dann erzählte er, wie aus einer kleinen Gemeinschaft von Freidenkern eine immer militantere Gruppierung geworden war. Bereits vor der Unterwerfung hatten sie wichtige Dokumente und Artefakte in Sicherheit gebracht und diese hüteten sie in verschiedenen Verstecken. Adrian erzählte, wie die Gruppe bereits kurz nach der Unterwerfung beinahe ausgerottet worden wäre, sich aber dank der guten Vernetzung untereinander wieder erholt hatte und die Geheimnisse bewahrt werden konnten. „Es war alles ein immenser Aufwand, Kreuzer und ist es noch. Aber ich werde weder umkehren noch aufgeben, denn das ist mein Weg.“
„Das hört sich ebenso fantastisch an, wie der Unsinn über den Speer und Avalon. Du tischt mir ganz schön viel Märchen auf und ich soll dir glauben. Na, wir werden sehen. – Biri, bring uns was von dem Schnaps, es müsste noch was da sein.“ Zorniges Schnauben antwortete ihm, noch immer hatte sie sich nicht beruhigt und das würde noch eine Weile so bleiben. Aus einem Schrank holte sie eine schmale Flasche mit langem Hals und zwei kleine Schnapsgläser, das stellte sie geräuschvoll auf den Tisch, dann rauschte sie in die kleine Kammer, die sie mit Karol teilte.
Die Männer schauten ihr einen Augenblick nach, dann füllte Karol die Gläser und reichte eines davon Adrian. „Na, dann lass uns auf den Erfolg deiner Mission trinken, auch wenn ich nicht wirklich daran glaube. Wo fangen wir an, was ist dein Plan, wo ich suchen soll?“
„Am Dreierplatz geht es los. Dort fangen wir an.“ Karol nickte, trank den Schnaps in einem Zug leer und dachte daran, dass der Platz an der Warte früher einfach Jubiläumswarte genannt worden war. Seit einigen Jahren war dort oben ein beliebter Treffpunkt für die männlichen Mitglieder der Grauen Wölfe, die dort ihre Einsätze planten oder einfach nur so zusammen saßen und nichts taten. Weil die meisten von ihnen 3er BMW fuhren, nannte man den Platz an der Warte kurzum Dreierplatz und ab 19 Uhr war dort Sperrgebiet für alle, die nicht den Wölfen angehörten. Er wurden schon mehrfach Leute ermordet, nur weil sie sich zur falschen Zeit dort aufgehalten hatten.
„Von dort aus werden wir in den Wald vordringen und den Notausstieg suchen. Ich weiß, wo er sein müsste, wenn er nicht komplett zugeschüttet wurde, können wir dort rein.“
„Ja, das hast du schon erwähnt. Weißt du was, ich geh jetzt ins Bett und morgen sehen wir uns das an.“
„Nein, wir müssen gleich los“, antwortete Adrian rasch. „Wir haben keine Zeit.“
„Aber …“
„Kein Aber, es drängt wirklich und ich hab keine Lust, bei Tagesanbruch dort aufzutauchen und erst warten zu müssen, bis dort oben wieder Ruhe eingekehrt ist. Du weißt selbst, wie es dort zugeht, wenn nur halbwegs die Sonne scheint, keiner bleibt freiwillig in seinem Loch, wenn er raus kann.“ Darüber dachte Karol eine Weile nach und er musste zugeben, dass es zwar bei Tageslicht angenehmer zum Gehen und Suchen war, aber die Gefahr der Entdeckung war eindeutig größer, so sagte er schließlich: „Ich sag nur Biri Bescheid, dann packen wir was zusammen und es geht los.“

Erwartungsgemäß war Biri keineswegs glücklich darüber und schon gar nicht, weil sie zurückgelassen wurde. „Jemand muss den Anschein erwecken, dass hier alles normal ist. Ich bin mir sicher, dass ihr überwacht werdet, Kreuzerin.“
„Aber …“
„Nein, wir müssen los und du würdest uns nur aufhalten.“
„Oh danke auch, vielen Dank! Karol?“ Biri war enttäuscht und zornig, weil sich Karol auf die vier sonderbaren Leute eingelassen hatte und nun wurde sie wieder einmal zurückgelassen. „Haut ab! Ich hoffe, ihr findet was ihr sucht und glaub ja nicht, dass du einfach so sterben kannst, Karol“, sagte sie, dann ging sie zurück in die kleine Kammer und versuchte der eigenen Angst, Herr zu werden.

Rasch huschten sie in den Schatten dahin. Rasch kamen sie dem Dreierplatz näher und das Gelände stieg an. Früher war das einmal ein halbwegs schöner Ort gewesen. An jedem Sonnentag wurde hier gegrillt und der Müll blieb einfach zurück und der Ort verkam immer mehr, auch die Hinterlassenschaften der Grauen Wölfe zeigten ein eindeutiges Bild des stetigen Verfalls, aber das schien sie nicht zu kümmern.

Als sie auf den Gallitzinberg stiegen, nutzten sie die Deckung, welche die Bäume nun bot.
„Verdammter Winter, der hier alles kahl werden lässt“, murrte Adrian, der hinter Karol ging und einen Teil des Gepäcks trug. Er hätte nicht gedacht, so rasch Kreuzers Interesse an der Sache zu wecken, vielleicht brauchte er auch eine Ablenkung, nach dem Mord an seinem Freund. Adrian würde sich hüten, danach zu fragen, sondern nehmen was er bekommen konnte.
„Ja, bis zum vollen Blätterdach dauert es noch eine Weile, aber wir sollten froh sein, dass kein Schnee liegt, der unsere Spuren verraten würde. So laufen wir über trockenen Boden, was ja auch was ist“, meinte Karol gut gelaunt. Die Wanderung tat ihm gut und lenkte ihn von dem Schreckensbild ab, als er Ole mit aufgeschnittener Kehle sterbend gefunden hatte. Niemals würde er ihnen das vergessen und irgendjemand würde dafür bezahlen müssen und zwar einen hohen Blutpreis.

Endlich sahen sie vor sich die Jubiläumswarte als dunklen Finger in den Nachthimmel aufragen. Der Mond ließ alles weich und irgendwie unwirklich erscheinen.
„Schön, nicht wahr?“, murmelte Karol. „Aber nicht, wenn die anderen da sind, dann ist hier Sperrgebiet für uns“, fügte Adrian hasserfüllt hinzu. Nach einer Weile meinte er: „Wir werden aber dafür sorgen, dass hier wieder ein anderer Wind weht, für immer können sie uns nicht unterdrücken – Geburtendschihad hin oder her, das ist mir so was von egal. Die sollen uns in Ruhe lassen mit ihrem Scheiß.“
„Reg dich ab“, flüsterte Hannah, die ebenfalls auf den hohen Turm schaute, dann ließ sie den Blick nach unten wandern und schaute sich das Gelände genauer an. Rund um den Turm war alles kahl.
„Nun bist du dran, Adrian“, sagte Karol schließlich und wies ihm mit dem ausgestreckten Arm den Weg.
*****har Paar
41.020 Beiträge
Gruppen-Mod 
Immer noch dabei, immer noch fasziniert und beeindruckt, immer noch gespannt ...

(Der Antaghar)
Schreck o Schreck!
Jetzt küssen die Musen nicht mehr...
sie treten!!!

*****ine Mann
911 Beiträge
Auch hier wieder eine sehr spannende und lesenswerte Fortsetzung, Herta. Ein toller Einstieg in diesen neuen Handlungsstrang.
Und... es war mir wie immer ein Vergnügen. *zwinker*
nochmal Kaminlesung
****ra Frau
12.347 Beiträge
Themenersteller 
Vielen Dank euch und nochmals ein Extradanke für den Schubs in die richtige Richtung, jetzt bin ich wieder drin und hab den Faden wieder gefunden in dem ganzen Wirrwarr, was ich die letzten Wochen so mit mir herumgezogen habe. Bedouine, du bist mein Alexander und hast den Gordischen Knoten für mich gelöst. *ggg*
nochmal Kaminlesung
****ra Frau
12.347 Beiträge
Themenersteller 
Weiter geht's
„Na dann, suchen wir den Einstieg“, sagte der Angesprochene entschieden, nahm seinen Rucksack ab und beförderte eine Karte sowie einen Kompass zutage. Anschließend griff er in eine seiner zahlreichen Seitentaschen, und zog eine kleine Taschenlampe hervor. Seine Kameraden traten zu ihm und schirmten das Licht mit ihren Körpern ab. Dann studierte Adrian die Karte, bestimmte ihren Standpunkt mit dem Kompass und trug ihre Position auf der Karte ein. Danach schaute er sich noch einmal gründlich um, nickte bevor er alles wieder wegpackte. „Okay“, kommandierte er flüsternd. „Immer im Raster bleiben, ihr wisst was zu tun ist. Kreuzer, du gehst mit mir.“ Schnaubend kam Karol der Aufforderung nach, er hielt es noch immer für ein Hirngespinst, dem sie nachjagten, aber ein definitiv interessantes. Jede seiner Bewegungen machte seine Meinung deutlich und so ging er nur langsam neben seinem neuen Freund her und schaute wenig, wo er ging. Er glaubte nicht daran, etwas zu finden und war erstaunt, als er fast über einen alten Mauerrest stürzte. Sofort richtete er sich wieder auf und begann das Moos von den Steinen zu entfernen. „Halt!“, schrie Adrian. „Warte ….“ Doch Karol ließ sich nicht beirren, wenn es eine oberirdische Falle war, dann war sie längst nicht mehr aktiv oder wäre hochgegangen, als er darüber gefallen war. So ging er in die Hocke und entfernte das Moos von den Steinen. „Alle bleiben wo sie sind“, befahl Adrian schließlich und ließ den Historiker arbeiten. Schließlich kam etwas zum Vorschein, das wie ein betonierter Kanaldeckel aussah. Karol stand auf und umrundete das Etwas aus einiger Entfernung, er besah es sich genau, dann meinte er: „Scheint das zu sein, was du suchst. Dann machen wir es mal auf. Habt ihr alles mit, was ihr für den Abstieg braucht? Auch Atemschutzgerät? Habt ihr Erfahrung mit Höhlen?“
„Wir haben alles Gerät mit, das wir brauchen werden und du hast die Erfahrung, denn du wirst uns begleiten, ist zu gefährlich, hier im Wald zu stehen. Wernulf wird unsere Verbindung zu oben bleiben und wenn alles Okay ist, die Luke verschließen, die Spuren verwischen und aufpassen.“ Der Angesprochene nickte bestätigend wohingegen Karol bloß brummte. „Mal sehen, ob das wirklich eine Luke ist oder nur eine Attrappe“, murmelte er. Er legte sich an den Rand und schaute sich die Spuren an, die die Zeit an Beton und Stahl hinterlassen hatten. Vorsichtig kratze er an einigen Stellen mit seinem Messer Erde, Moos, Steine und diverse Kleinlebewesen weg, dann zeigte sich, dass es kein Scheindeckel war. Schließlich, als er rundherum alles gesäubert hatte, was einige Zeit in Anspruch genommen hatte, denn Karol arbeitete immer akribisch genau, stand er auf, klopfte sich den Dreck von der Kleidung und sagte den anderen zunickend: „Den Kraftakt überlasse ich euch.“ Adrian nahm abermals seinen Rucksack ab und entnahm ihm eine Sonde, dann ließ er den Deckel leicht anheben und schob langsam das dicke Ende des Kabels durch. „Sauber“, sagte er, als er die Schwarzweißbilder auf den kleinen Monitor erhalten und begutachtet hatte. „Macht auf.“

Einige Minuten später schlug ihnen abgestandene, muffige und nach Verwesung stinkende Luft entgegen. Wernulf entnahm seinem Rucksack nun ein Seil und Klettergurte, auch Helme mit Lampen hatte jeder bei sich, sowie Grabungswerkzeug, Waffen und sonstige Ausrüstung. Adrian wendete sich Wernulf zu und nickte aufmunternd: „Du hast bei weitem den blöderen Job. Pass auf hier und verwisch unsere Spuren, dann zieh dich zurück.“ Der Angesprochene nickte lediglich und schlug mit den Armen um sich. Die Nacht war kalt geworden und der Morgen nahte. „Macht schnell, damit ich hier wegkomme bevor die Sonne zu hoch steht.“

„Nun Kreuzer, auf geht’s, in die Eingeweide der Vergangenheit“, damit hielt Adrian Karol einen Klettergurt hin, denn beim Abstieg verließen sie sich nicht auf die rostigen Sprossen, die aus der Betonwand ragten. „Das wird lustig“, brummte der Ältere, schloss den Gurt, schulterte seine Ausrüstung bevor er dann Hannah folgte, die bereits im Schlund der Geschichte verschwunden war. „Ich hasse Höhlen und so ein Zeug“, murmelte Karol, als er über sich nur noch ein kleines Viereck etwas helleren Nachthimmel erkennen konnte. Dann folgten die anderen und das Licht war ausgeschlossen. Nur noch Hannahs Lampe wies ihm den Weg nach unten. Noch ging es, weil er wusste, wo er hinaus konnte, aber das würde sich bald ändern. Der Schacht war schmal und mit der Ausrüstung beinahe unpassierbar. Immer wieder schrammten sie mit den Ellbogen, der Ausrüstung oder anderen Körperteilen an die Wände, doch es ging beharrlich abwärts. Ihr angestrengter Atem war gut zu hören und das Scharren der Füße über die Sprossen, als sie auftraten, nach Halt suchten und schließlich weiter stiegen. Immer tiefer hinab, bis sie schließlich die erste Sohle erreichten. „Wir sind unten. Mach dicht“, gab Adrian mittels Funk an Wernulf weiter. Kurze Zeit später war es stockdunkel und die Finsternis wurde nur durch den Lichtschein ihrer Helmlampen unterbrochen.

Sie erkannten lediglich einen schmalen Gang, der tiefer hinabführte, genauso, wie es im Plan eingezeichnet war. Der Boden schien eben zu sein und intakt, aber sicher konnten sie nicht sein. „Ich geh weiter. Haltet etwas Abstand“, flüsterte Hannah, die die meiste Erfahrung mit Höhlen hatte und wusste, wie sie sich verhalten musste. Erst nachdem sie einige Meter gegangen war, drehte sie sich um und winkte. Karol konnte sie nur deshalb erkennen, weil ihm die Stirnlampe den Weg wies. Er folgte langsam, wobei er versuchte, sich des mulmigen Gefühls zu erwehren, das ihn in solchen Katakomben häufig überkam. Hier war es viel schlimmer als unter Sankt Stephan zum Beispiel oder anderen Grüften, deren Gänge weit waren und zahlreiche Nischen aufwiesen. Hier waren die Wände glatt, der Gang extrem schmal und niedrig gehalten, man hatte wohl Material gespart, überlegte Karol, oder es den Feinden schwerer machen wollen, bis in den Kern vorzudringen. Mit einem Mal war er sich nicht mehr sicher, ob der Kern der Anlage tatsächlich nur aus den, in den gesicherten Quellen, genannten Räumen bestand.

Langsam ging Hannah vorwärts, leuchtete dabei mit ihrer Lampe den Boden aus, versuchte Gefahrenquellen bereits im Vorfeld zu erkennen. Da sagte plötzlich Adrian in die Stille hinein: „Hannah, hier werden keine Sprengfallen mehr sein, das war ein Rückzugstunnel und die Alliierten haben hier ganz gehörig aufgeräumt.“
„Ich pass trotzdem auf, falls sich irgendwo ein Loch auftut oder wir einen Seitengang entdecken, der in keiner Karte eingezeichnet ist. Man kann nie wissen.“
„Schon gut, ich wollte es nur erwähnen.“

Als die Sprengfallen genannt wurden, zogen sich Karols Eingeweide krampfhaft zusammen. Er hatte schon einige gefährliche Missionen durchgeführt und zahlreiche Kunstschätze ausgegraben aber noch nie war er einem so mystischen Ding auf den Fersen, an das er selbst nicht glaubte und noch nie war er so tief in die Erde hinabgestiegen, wie sie es jetzt zu tun beabsichtigten. Abermals versicherte er sich, dass es dort unten nichts zu holen gab als nackte Erde und Beton.

Hannah ging sicher voran, nur manchmal schien der Weg versperrt und anfangs war es unheimlich, plötzlich vor einer Wand zu stehen, denn dann drückten sie sich dort zusammen, bis Hannah den Weg wieder ausgeleuchtet hatte und es weiterging. „Wellenbrecher“, flüsterte Adrian Karol erklärend zu. „Es gibt mehrere, kein Grund zur Panik.“ Karol fand das keinesfalls ermutigend, denn es machte ihm die Enge noch bewusster, wenn er plötzlich die Körper der hinter ihm marschierenden Männer wahrnahm. So lange sie gingen, war es zum Aushalten, doch sobald er halten musste, dann glaubte er, zu ersticken.

„Wir werden hier draufgehen“, flüsterte Karol, als sie schon über eine Stunde lang immer geradeaus und nach unten gegangen waren. Im Schein der Lampe erkannte er ihre geisterhaften Schatten an den nahen Tunnelwänden, ihre Schritte halten dumpf in dem Gewölbe und er bekam langsam Probleme mit der Atmung. Die Luft war abgestanden, verbraucht und schien immer wärmer zu werden, je tiefer sie hinab stiegen. Manchmal hatte er den Eindruck, als würde er allein von den engen Tunnelwänden erdrückt werden, dann stellte er sich vor, wie diese mehr als hundert Jahre alten Mauern plötzlich einstürzten und ihn mit Tonnen von Erde bedeckten. Dann atmete er tief durch und zwang sich, realistisch zu bleiben. Diese Tunnel waren solide gebaut worden, von Menschen, die nichts zu verlieren hatten als ihr nacktes Leben, wenn sie nicht genau das getan hatten, was ihnen befohlen worden war.
„Red keinen Scheiß“, antwortete Hannah auf sein Flüstern. „Wir werden bald auf eine erste Wachstube oder so etwas stoßen. Eigentlich müssten wir jetzt auf einer bewohnbaren Sohle angekommen sein, der Tunnel ist nicht mehr so eng.“ Sie redete als wäre es nichts besonders, hier tief in der Erde zu gehen, als wäre sie auf einer Promenade. „Macht dir das Spaß?“, fragte er ungläubig und bekam von Adrian einen Stoß in den Rücken. „Nicht reden, gehen“, sagte er knapp. Damit kehrte wieder Ruhe ein und nur ihre Schritte und Atemzüge waren zu hören.
nochmal Kaminlesung
****ra Frau
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Themenersteller 
Fortsetzung
Eine Weile gingen sie noch tiefer in den Berg, es ging jetzt über Treppen, die intakt waren und keinerlei Spuren der Zeit aufwiesen, worüber sie sich allerdings noch nicht wunderten und Karol hatte mit seiner Angst zu kämpfen. Dann ging es plötzlich nicht mehr weiter. Sie standen vor einem Geröllhaufen, der den weiteren Durchgang versperrte. Hannah leuchtete mit ihrer Stirnlampe alles aus, dann schaute sie fragend zu Adrian.
„Wie ist das hierher gekommen? Wurde da bereits gesprengt? Sieht ganz danach aus“, murmelte Karol, der sich von der Umgebung ablenken wollte. Er ging etwas näher und in die Hocke, dabei schaute er sich die Schuttteile etwas genauer an. „Hm. Könnte aber auch zugeschüttet worden sein. Ich weiß nicht, das ist alles sehr sonderbar. Da ist auch Erde dabei und Sand, das ist kein Stahlbeton, Freunde“, murmelte er.
„Was sagt uns das? Ich sehe nur, dass der Weg versperrt ist und wir da durch müssen“, antwortete Adrian brüsk.
„Interessiert es dich nicht, warum der Haufen hier liegt?“
„Nein. Interesse kann ich später noch daran haben.“
„Du bist ein Ignorant. Dann sieh mal zu, dass wir da rüber oder durch kommen, wenn du schon nicht wissen willst, warum das da ist.“
Die beiden anderen hatten nur zugehört, schwiegen aber, niemand wollte sich in diese Auseinandersetzung einmischen. Beide Männer schienen sehr reizbar zu sein. Nun winkte Adrian Hannah zu, damit sie den Anfang machte. Abermals blickte sie empor, schließlich nickte sie aufmunternd und begann mit der Kletterei.

Trotz seiner erwachenden Neugier fühlte sich Karol nicht mehr wohl, er wollte nur weg von diesem Ort. Der Schweiß brach ihm aus und er meinte, keine Luft mehr zu bekommen. Da fühlte er Adrians Hand auf seiner Schulter und hörte ihn flüstern: „Nicht denken und nicht zu weit voraus schauen. Hannah macht das schon.“ Karol nickte lediglich, zu mehr fühlte er sich nicht in der Lage.

Bald sah man von der Frau nur noch die Schuhsohlen, man hörte Steine und Geröllbrocken rollen, dumpfe Geräusche in der Finsternis, die Karol kalte Schauer über den Rücken jagten. Dann war es mit einem Mal ruhig und sie hörten kurz darauf einen leisen Ruf. „Sicher!“ Das war das Zeichen. Diesmal drängelte sich Adrian vor und half dann Karol durch den Spalt. Zuerst schoben sie die Ausrüstung durch und dann sich selbst. Zum Schluss kam Gernot, der einen Großteil der heiklen Teile transportierte. Keines davon wollte er beschädigen oder gar verlieren, denn es waren auch Sprengsätze für den Notfall dabei, und auch keines der anderen wichtigen Grabungsutensilien, wie Sonden und dergleichen hoch empfindliche optische bildgebende Apparate.

Als er auf der anderen Seite angekommen war, sah Karol eine kleine Kammer, an deren Ende sich eine Tür aus Eisen befand, die schief in den Angeln hing. „War wohl doch eine Explosion. Aber ich verstehe diese blöden Beschädigungen nicht. Nichts scheint hier zusammen zu passen“, murmelte er abermals und ging im Geiste jedes mögliche Szenario durch. Angefangen von einer geplanten Explosion, die alles vernichten sollte, bis hin zu einer nachträglichen Änderung des Stollens durch die Nachfahren der Nazis. Alles schien plausibel und erklärbar, doch auch wieder nur auf den ersten Blick. Er hoffte, dass er im Verlauf der Expedition auf Antworten stoßen würde.
Vorsichtig ging er weiter, achtete darauf, auf dem Geröll nicht zu stolpern und besah sich alles genau. Die Wände waren glatt und wirkten rußig, so als hätte hier vor langer Zeit ein Brand gewütet. Interessiert strich Karol mit den Fingern über die Wände und roch daran. Wie zu erwarten, hatte die Zeit alle Spuren an ein Feuer weggewischt, nur noch das Schwarz des Rußes, das die Hitze in das Mauerwerk gebrannt hatte, war zu sehen. Er fragte sich, warum hier so ein heißes Feuer gewütet hatte und wie lange es wohl schon her war. „War es wirklich ein Feuer? War es eine Explosion, ist daher der Schutthaufen dort hinten? Lauter Fragen, auf die ich gerne eine Antwort hätte. Hier könnte allerdings auch jemand mit einem Feuerwerfer gestanden haben, …“, murmelte er und kniff dabei angestrengt die Augen zusammen. Da unterbrauch Hannah seinen Gedankengang. „Frag nicht so viel, Kreuzer. Wir sind hier nicht wirklich zum Forschen, wir suchen nur etwas.“
„Ja, ja, ich weiß ja. Aber interessiert es euch nicht, was hier geschehen ist?“
„Nein. Ich will nur einer einzigen Information nachgehen und die Beute in Sicherheit bringen“, antwortete Gernot, dann war er wieder still.

Adrian achtete nicht auf das Gerede der drei, sondern ging vorneweg zur Tür. Sie waren jetzt im eigentlichen Bunker angekommen, hier war der Notausgang gewesen, von hier aus führte auf einer anderen Route eine Treppe zur Jubiläumswarte, man konnte sie von der Tür aus erkennen. Es war genauso, wie es auf den uralten Karten eingezeichnet war.

Vorsichtig spähte er durch den Türspalt, dann drückte er sie weiter auf und die Angeln quietschen als sie bewegt wurden. Es war ein geisterhafter Laut, der Karols Gesäßmuskeln unwillkürlich zum Anspannen brachte. Dann gab Adrian ein Zeichen und sie gingen durch.

„So, da sind wir endlich, die erste Tiefetage. Hier ist auch wieder bessere Luft, denn die Luftschächte sind noch intakt. Ein Lob den Architekten“, bemerkte Adrian trocken. „Hoffen wir, dass es weiter unten auch so ist.“ Als alle in dem Raum waren, der einmal ein Schlafzimmer oder eine Schreibstube gewesen sein mochte, befahl Adrian eine Pause und bis auf seine Lampe mussten alle ausgemacht werden. Er wollte nicht riskieren, plötzlich ganz ohne Licht dazustehen, denn sie wussten nicht, wie lange sie sich hier unten aufhalten würden. Unwillig knipste Karol seine Lampe als letzter aus, es gefiel ihm nicht sonderlich, nun neben der Enge auch noch die Dunkelheit aushalten zu müssen. „Wie die Maulwürfe“, flüsterte er ärgerlich.
„Pscht“, machte Hannah, die Adrian zuschaute, der die Baupläne des Bunkers studierte. Nachdem er eine Weile darauf gestarrt hatte, suchte er mit seinem Blick die Wände ab. Hier musste irgendwo ein versteckter Durchgang sein oder er hatte sich im Raum geirrt. Karol ging diese Warterei auf die Nerven, so begann er nun seinerseits damit, den Raum zu untersuchen. Er tastete sich an der Wand entlang und blieb mit einemmal verdutzt stehen. Seine Finger hatten etwas Metallisches entdeckt. Trotz des Verbots, schaltete er die Stirnlampe ein und begutachtete seinen Fund. Es war ein Sicherungskasten oder etwas Ähnliches. Karol achtete nicht auf die zornigen Schreie der anderen, sondern begann damit, die Abdeckung mit seinem Taschenmesser zu lockern. Schließlich hatte er es geschafft und er starrte ins Innere des Kastens. „Hm, sieht nach Starkstrom aus“, murmelte er. Er nahm seine Lampe ab und leuchtete hinein. Es war ein Sicherungskasten, manche Hebel waren auf „Aus“ gestellt, einige Sicherungen waren herausgedreht und lagen am Boden des Kastens. Vor Aufregung vergaß er, dass er eigentlich Angst unter Tage hatte.
„Lass die Finger davon“, bellte Adrian, doch es war schon zu spät, Karol hantierte an den Schaltern und sagte: „Da passiert nichts, das ist alles eingerostet und nicht mehr am Netz.“ Kaum gesagt, legte er auch schon einen Schalter um. „Na!“, meinte er nach einigen Sekunden, in denen nichts geschehen war. „Alles noch wie vorher. Irgendwann einmal will ich mir dieses System genauer ansehen.“ Mit einem befriedigten Grinsen schaute er die drei Kameraden an, doch die starrten an ihm vorbei auf die Wand. „Was hast du da gemacht?“ Alarmiert drehte sich Karol um. Hinter ihm, an der nackten Wand, zeichneten sich nun plötzlich haarfeine Linien aus Licht ab, die genau in den Ecken verliefen, wo Wände und Decke sich trafen. Karol war einen Moment vor Schreck wie erstarrt, dann ging er näher und tastete mit den Fingern an den leuchtenden Ritzen entlang, ging mit dem Gesicht ganz nahe heran. "Hier scheint Licht durch! Hier geht ein Luftzug, wie Höhlenwind durch poröses Gestein! Verdammt, was haben die hier nur gemacht“, murmelte er und eine Gänsehaut kroch von den Gesäßbacken aufwärts zum Haaransatz und ließ ihn unwillkürlich schaudern. „Warum gibt’s da intakte Stromleitungen? Warum ist dort drinnen Licht und das nach hundert Jahren? So viele Warum und warum ist dort eine versteckte Tür?“ Er drehte sich zu den anderen um und schaute sie nachdenklich an. „Kann mir das einer von euch verraten? Nein? Adrian, kannst du mir etwas darüber sagen? Was ist auf den Karten? Ich will mir ansehen, was dahinter ist. Nein. Ich muss es mir ansehen.“

Seine Neugier war nun vollends geweckt und die gute Laune mit dieser höchst sonderbaren Entdeckung wieder gekommen. Das war ein Rätsel, das er lösen wollte, eine Vergangenheit, die plötzlich gegenwärtig wurde und sich als funktionstüchtig erwies. Bislang hatte er es stets mit Artefakten zu tun gehabt, die nicht mehr funktionierten oder eben mit alten Ton- und Bildträgern. Es schien hier etwas zu geben, das weiterhin Strom erzeugte und leitete und zwar so, dass man es nicht leicht finden konnte.

Entschlossen ging er zu der Tür, die sich in der scheinbar festen Wand abzeichnete und stieß einmal mit der Hand dagegen. Nichts rührte sich. Er stemmte sich mit der Schulter dagegen. Wieder nichts. „Helft mir mal, das Ding aufzudrücken. Verdammt. Helft mir.“ Adrian warf sich neben ihm gegen den Beton, und knarzend, ächzend, gaben die verkrusteten Angeln nach, und die Tür schob sich ein Stück weit nach innen auf. Karol betastete die Türfüllung. „Also das ist des Rätsels Lösung. Hier war mal eine Gummidichtung, die ist jetzt natürlich verrottet und lässt Licht durch. Mal sehen, was es dahinter ist. Ist diese Kammer irgendwo eingezeichnet?“
„Ich hab sie auf keinen der Pläne, weder auf den offiziellen, noch auf den geheimen.“
„Hm. Sehr interessant. Vielleicht ist doch was dran an deinen Märchen.“
„Auf jeden Fall hast du jetzt deinen Enthusiasmus wiedergefunden, Kreuzer.“
Karol schaute sich um, anfangs hatte ihn das Licht beinahe geblendet, jetzt fand er es angenehm und er konnte einiges erkennen. Die Wände waren schwarz, doch diesmal sah er, dass es die Grundfarbe war. Er hätte gerne gewusst, warum die Wände so ausgemalt worden waren. „Ah, da ist noch ein Kasten“, sagte er schließlich und ging sofort dorthin. Mit dem Taschenmesser löste er die Schrauben und erst als er alle heraußen hatte, meinte Adrian: „Sei um Himmels willen vorsichtig, wenn du den Deckel abnimmst.“
„Jaja“, nuschelte Karol, denn er hatte sich die gelösten Schrauben zwischen die Lippen gesteckt. Mit dem Taschenmesser löste er nun die Abdeckung, die nur widerstrebend nachgab und reichte sie an Adrian weiter. „Nichts dahinter“, kam die enttäuschende Erkenntnis von Adrian, der nicht wusste, was er sich erwartet hatte. Karol spuckte die Schrauben aus und leuchtete ins Innere. „Nicht so voreilig, mein hastiger Freund.“
Bedächtig untersuchte er zuerst den Schrank, dann sagte er: „Gib mir mal den Deckel, den will ich mir noch ansehen, vielleicht steht ja was drauf, das uns weiterhilft.“ Erwartungsvoll streckte er einen Arm aus und nur widerstrebend legte Adrian die Abdeckung in die wartende Hand. Karol schaute sie genau an, dann fand er, mit Klebeband befestigt, einen Schlüssel. „Ein Schlüssel wo mag der wohl passen? Steck ihn ein, vielleicht passt der hier irgendwo.“
„Ja, ja, nur langsam. Ich bin hier noch nicht fertig. Du hast echt keine Ahnung von meiner Arbeit“, brummte Karol, dem die Ungeduld seines Begleiters langsam wieder nervte. Für manche Dinge musste man sich eben die nötige Zeit lassen. Adrian war nun still und tat genau das, was der Archäologe verlangte. Bedächtig und mit beinahe schon provokanter Ruhe ging Karol nun vor, untersuchte beinahe jedes Staubkörnchen, zumindest schien es für Adrian so zu sein. Aber er fand nichts mehr. „Na schön“, sagte Karol schließlich. „Da ist tatsächlich nichts mehr. Lasst uns jetzt mal nachsehen, ob hier irgendwo eine Tür ist, zu der der Schlüssel passt.“ Er nahm seine Helmlampe ab und leuchtete die Ecken aus. Mit einer Hand strich er über die Wände, versuchte etwas zu ertasten. Etwa eine Stunde lang suchte er in der winzigen Kammer, aber er konnte nichts mehr entdecken. „Das war’s. Ich kann nichts finden.“

Während Karol die Kammer absuchte, ging Adrian zu den anderen zurück, studierte den Plan und zusammen suchten sie dann in dem Durchgangszimmer nach weiteren Hinweisen einer Geheimtür oder etwas ähnlichem. Als Karol zurückkam, sagte Adrian: „Weißt du was, dreh mal alle Sicherungen rein und stell sie auf „An“. Mal sehen, ob sich noch etwas tut.“ Karol zuckte mit den Schultern und tat, was ihm vorgeschlagen worden war. „Warum hast du das nicht selbst gemacht. Wohl Angst, dass du einen Stromschlag abkriegst?“ Er lachte kurz auf, dann schaltete er die letzte Sicherung ein und es geschah zuerst nichts, dann begann ein Deckenlicht flackernde Helligkeit zu verbreiten. „Scheiße“, sagte Karol erschrocken, der damit nicht gerechnet hatte. „Na schön, wenigstens sehen wir jetzt, wohin wir gehen. Aber mir gefällt das nicht.“ Adrian zuckte mit den Schultern. Diese Ignoranz reizte ihn zunehmend. Da waren Geheimnisse und er schien sich nicht im Mindesten dafür zu interessieren oder wusste er etwas darüber und schwieg aus irgendeinem Grund. Karol machte das wütend. Schließlich gab Adrian das Zeichen zum Aufbruch. „Verschwendete Zeit war das hier. Du weißt, dass wir es eilig haben“, brummte er und gab Karol einen heftigen Stoß gegen das Brustbein, so dass dieser einen Schritt nach hinten tat, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. „Hör schon auf. Wir haben Licht, einen Schlüssel gefunden und“, hier hob er die rechte Hand und stach mit dem Zeigefinger belehrend in die Luft, „haben herausgefunden, dass es Geheimnisse zu entdecken gibt und“, nun hob er die Stimme, „dass hier irgendwo ein Generator herumsteht der genug Strom für verborgene Schließmechanismen und Glühbirnen liefert. Das ist doch interessant. Und, ich will wissen, warum das so ist und wo der Schlüssel passt. Die Form ist ja sehr eigenartig, wie ich erkennen konnte. Es war nicht sinnlos, dass wir hier gesucht haben. Aber du hast recht, lass uns weiter machen. Nur irgendwann in naher Zukunft werden wir froh sein, wenn wir wissen, was es mit dem Strom und so auf sich hat und wo er herkommt.“ Darauf wusste Adrian nichts zu erwidern, denn der ältere hatte recht. Sie hatten einige Dinge herausgefunden, nur noch nicht, wie sie in die untersten Etagen kommen konnten. „Hier ist auch nichts zu finden gewesen. Wir schauen uns weiter um“, bestimmte Adrian und ging vorneweg in das nächste Zimmer. Es war wieder ein Durchgangsraum. Karol konnte im Schein der Lampe eine Nische erkennen und er scherte aus der Reihe aus.
*****ine Mann
911 Beiträge
Jetzt wird es richtig spannend, mit Geheimkammern und Strom, der nach hundert Jahren noch fließt, und keiner weiß, woher. *angsthab* Ich bin gespannt, was noch kommt.
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