Jerry Lewis zB war privat ein todernster Mensch...
Sich dem Publikum zu stellen, sich zu messen an Besseren, von ihnen zu lernen und durch die Gruppe getragen zu werden, ist das Nichts?
Konflikte zu diskutieren, wenn auch konträr und doch fair, gegensätzliche Meinungen auch einmal stehen zu lassen, Kritik nicht als Angriff zu sehen sondern als Spiegelung, das ist die hohe Kunst im zwischenmenschlichen Zusammenexistieren.
Vor vielen, vielen Jahren schrieb ich einen erotischen Roman. Naja... was ich damals für erotisch hielt
, er hieß:"Das Spiel".
Ich meldete mich in einem Bremer Kulturforum an, sich in meiner Genialität sonnend. Ich hatte in meinem Schreib- Forum (KC´s und Blue Dingenskirchen und Parsimony) unglaublich viele wohlwollende und schulterklopfende Kommentare bekommen. Ja, ich bin sogar aufgefordert worden, das Werk direkt in den Druck zu geben!
Die Kommentare waren vernichtend. Es war so schlimm, dass ich Dickhäuter tagelang nicht im Netz war, weil ich zu Tode betrübt war. Und ich schreibe NUR und AUSSCHLIESSLICH zum Spaß!
Allein ein Kommentar von einem Germanistik- Studenten zu folgender Textzeile:
Sie stand da. Ecke Lotzingstraße und Bremer Straße stand sie einfach nur da. Stand im Regen, trotzte dem Wind und schien auf etwas zu warten. Unter dem Trenchcoat schimmerten grazile Beine in durchnässten, schwarzen Strümpfen, die in eleganten, hohen Schuhen aus Wildleder endeten.
Der Kommentar: Schrott. Was bedeutet: Sie stand einfach nur da? ZWEIFACH dastehen kann man wohl nicht....
Meine damaligen Einwände, dass in N. Evans Buch: "Der Pferdeflüsterer" der Protagonist mehrere Dutzend Male "einfach nur so da stand" zog nicht. Immerhin ist Evans ein erfolgreicher Autor und ich ein blutiger Anfänger.
Damals war ich schwer schockiert und konnte wochenlang nichts schreiben. UND DAS WAR GENAU RICHTIG SO.
Weil ich immer noch unter dem Eindruck stand, dass ich zerrissen werde. Weil ich mir diese Schmach nie wieder geben wollte. Weil ich mich selbst so gut als möglich verbessern wollte. Und ich schreibe immer noch NUR zum Spaß. Weil ich beim Schreiben ich sein möchte. Weil ich in andere Welten abtauche. Weil ich authentisch sein möchte. Weil ich ICH sein möchte.
Ich bin weder toll noch gut. Ich mache viele Fehler, weil ich ganz und gar mit der neuen Rechtschreibung auf Kriegsfuß stehe. Und genau deswegen brauche ich Kritik. Ehrliche, fundierte, wohlmeinende Kritik bringt mich weiter, damit ich besser werde, MEHR SPASS habe, zu schreiben. Das ist meine Intention, das ist mein Weg. Dort will ich hin und ein bisserl bin ich da schon.
Denn wenn ich an damals denke, an all die Juhu-Poster, die Toll-Rufer, die Hurra-Schreiber... hätten die mir damals ehrliche Kritik anheimfallen lassen, hätte ich mich nicht so unsterblich und nachhaltig blamiert.
Lasst uns zu besseren Menschen werden, lasst uns zu besseren Schreibern werden. Mit Spaß, mit Leichtigkeit aber auch mit Verantwortung, Ernst und Sorgfalt. Und dazu gehört nun einmal Kritik und Feedback. Auch wenn es manchmal hart ist.
Wem nützt es, eine unterirdische Geschichte weichzuspülen? Dem Schreiber? Nein. Dem Forum? Ebenfalls nein. Dem Leser etwa? O contraire, mon Capitaine.
Vielleicht sollten wir "Vernichtend" definieren. Wenn jemand eine Kritik einstellt wie: "Die Story ist Scheiße und der Autor ein Idiot" dann ist das keine Kritik sondern eine Beleidigung. Der Kritiker hat sich selbst als das entlarvt, was er ist. Ein Idiot.
Wo aber sehr ihr die Grenze zwischen harter Kritik und vernichtender Kritik? Das finde ich zunächst wichtig, heraus zu finden.