Mehr brandheiße Inhalte
zur Gruppe
Dirtytalk & Kopfkino
452 Mitglieder
zum Thema
Wie macht Ihr das eigentlich mit Euren Bildern?44
Wie macht Ihr das eigentlich mit Euren Bildern? Ich finde alle Bilder…
zum Thema
Wie Frau am besten Mut zum MMF machen?20
Wie kann ich meine Frau zu einem MMF Treffen überzeugen.
Das Thema ist für dich interessant? Jetzt JOYclub entdecken

Mut

Mut
Abstraktes Ende. Alles ist klar. Seit einer Stunde sitze ich nun hier in diesem schlichten Sessel Er ist bequem, keine Frage. Schwarz mag ich auch. Die Wohnung wirkt sehr nüchtern. Keine Pflanzen. Rustikale Möbel. Farben liefert der Flachbildschirm an der Wand, mit stummen Bildern einer Reality Soap. Das Ticken der Wanduhr. Ich bin angespannt. Von nebenan dringt dumpfes, schmerzhaftes Stöhnen herüber. Ich wünschte, es wäre Sex – ich könnte darüber schmunzeln. Dieses Wimmern dringt überall in mich ein, wie scharfe Nadelstiche. Ich muss es aushalten. Er muss es aushalten. An diesem Punkt wird jeder Held zu einem kleinen, ängstlichen Wicht. Das ist die schlichte Wahrheit. Jetzt gibt es kein Zurück mehr. Für ihn ist es zu spät.

Er hat längst realisiert, auf sich allein gestellt zu sein, denn niemand kann ihm jetzt noch helfen. Es ist vorbei. In sein bisheriges Leben wird er nicht mehr zurück können. Er hat leider die falsche Entscheidung getroffen. Der Moment ist gekommen, da er dafür bezahlen muss. Der Joint betäubt meine Sinne. Ein letzter, kräftiger Zug. Das schwache Stöhnen klingt inzwischen gebrechlicher. Es folgt ein leiser, verzweifelter Schrei. Das Leben verabschiedet sich langsam. Ich drücke den Filter aus, wippe mit dem rechten Fuß.

Sollte ich doch einmal nachsehen? Vielleicht kann ich helfen, diese Klagelaute zu beenden. Ich muss nur aufstehen und zur Tür gehen. Ich gehe in das Zimmer und... Ja, was denn? Und wie? Und warum? Ich nehme die Fernbedienung und stelle den Ton an. Aha. Oh. Na so was. Zumindest ist das Stöhnen jetzt weg, auch wenn ich weiß, dass es noch da ist. Meine Gedanken schweifen ab, wie hypnotisiert. Ich bin ein guter Mensch, aufrichtig, mit Freiheits- und Erlebnisdrang. Ich will geachtet werden, für das, was ich bin...

...wenn ich den Mut dafür aufbringe, so zu sein.

Ist die Qual etwas Schlechtes? Wohl nur wenn sie nicht einvernehmlich geschieht. Ist sie abgesprochen, fehlt allerdings die authentische Erfahrung, der existenzielle Thrill, das unkontrollierbare Ausgeliefert sein. Welch Orgasmus. Ich werde zynisch. Es ist schwer zu ertragen.

Vielleicht sollte ich doch rüber gehen, und ihn von den Schmerzen befreien – es endgültig beenden. Aber wie? Soll ich ihm etwa den Schädel einschlagen? Ich schalte den Ton wieder aus. Es ist ruhig. Nur das Ticken der Uhr hämmert auf mich ein. Mir wird schwindelig. Auf meiner Stirn bildet sich kalter Schweiß. Auch meine Hände werden feucht. Ich atme schneller. Erregt reibe ich meine Hände.

Nein, verdammt. Ich bleibe hier. Ich kann nichts daran ändern. Das ist nun mal Fakt. Da beginnt es wieder, dieses Stöhnen. Die Stimme – sie klingt nach einem verzweifelten Flehen um Erlösung. Er klingt erschöpft. Was soll ich nur tun? Ich zappe mich durchs Programm.

Nachrichten. Werbung. Kochen. Sport. Shopping. Spiritualität. Unsere kleine Farm. Ich könnte auch einfach gehen. Niemand würde es bemerken. Ich müsste mir diese schreckliche Quälerei nicht länger antun, könnte mich stattdessen ablenken. Was bleibt mir anderes übrig, als ihn seinem Schicksal zu überlassen. Er wird es überleben. Heute zumindest.

Ich schalte den Fernseher aus, stehe auf und schlüpfe in meine Jacke. Ruhig bleiben. An der Tür angekommen, höre ich einen deutlichen Seufzer. Mit schwacher Stimme ruft er meinen Namen. Ich bin irritiert, bekomme weiche Knie. Mist, verdammt. Fuck. Ich drücke die Türklinge hinunter und gehe in das abgedunkelte Zimmer.

Da liegt er - völlig einbandagiert und hilflos. Nur die Augen und der Mund sind freigelegt. Und die beiden Nasenlöcher. Seine Augen schauen flehend. „Du brauchst neue Schmerzmittel.“ Ich lege ihm zwei Tabletten in den Mund und kippe vorsichtig mit seinem Glas etwas Wasser hinterher. „Nicht so gierig.“ Inzwischen ist es eine Woche her, dass er in Flammen aufgegangen war. Die Frage nach dem Warum trägt nicht zur Lösung bei. Am Ende gibt es nichts zu verstehen. Er hat gebrannt. Aus dem Nichts. Der falsche Moment. Die Explosion. Das Feuer. Ob er sich noch daran erinnert? „Gleich wirst Du einschlafen.“

Vorausschauend braucht es einen neuen Sinn, dieses komische Versteckspiel namens Leben. Eine neue Rolle. Eine neue Maske. Das Leben geht weiter. „Ein neues Leben steht Dir bevor. Alles ist möglich.“ Mitleid. Innere Abwehr. Isolation. Und immer daran denken müssen, an diesen Abend, als es geschah.

Ich will Deine Schmerzen ertragen, bleibe hier bei Dir und wache an Deinem Bett – bis Du Frieden findest, in Deinen Träumen.



© yang 4/2011
erschütternd!!!

aber auch verwirrend - zum Beispiel:
Der Moment ist gekommen, da er dafür bezahlen muss. Der Joint betäubt meine Sinne. Ein letzter, kräftiger Zug.

Das in einem Zug (ohne Absatz) zu schreiben, passt nicht. Und die Sinne scheinen gar nicht betäubt bei so detaillierter Wahrnehmung und Beschreibung.

Das Leben verabschiedet sich langsam.

Stirbt derjenige oder muss er nur einen Heilungsprozess durchmachen? Am Ende sieht es eher nach Heilung aus...
*****har Paar
41.020 Beiträge
Gruppen-Mod 
Ist in einem gewissen Sinne Sterben nicht immer auch Heilung?

(Der Antaghar)
... und ist Tod eventuell immer auch ein Anfang?

*sonne*
Julius
Also
für mich meinte er eher, ein Leben ist endgültig vorbei, nichts wird jemals wieder sein, wie es vorher war.
Wenn das Leiden umsonst wär und Sterben gemeint war, wäre es zu niederschmetternd. (für mich ist das nämlich das Ende von allem)

Erst am Ende gibt es ein wenig Hoffnungsschimmer, dass das neue Leben ebenfalls lebenswert sein kann, wenn er das jetzt nur durchsteht.

Zu Beginn etwas verwirrend, aber wirklich ergreifend beschrieben.

Danke
lg, dea
Vielen Dank für die ersten Reaktionen. Tatsächlich habe ich nicht den physischen Tod gemeint, eher das Leben, wie es bisher war - ein Leben mit ohne Verstümmelung. Insofern entsprechen die Deutungen von Dornröschen, Palap und Antaghar durchaus meiner Absicht, was den Tod betrifft.

Was Dich, Tangocleo, verwirren mag, sind vielleicht diese sprunghaften Gedanken zwischen Entzug (Verdrängung) und Anteilnahme - eine Starre der Hilflosigkeit. Ich kenne das von mir selbst, wenn ich manchmal in einer Situation befinde, bei der ich nicht weiß, wie ich damit umgehen soll.
Anmelden und mitreden
Du willst mitdiskutieren?
Werde kostenlos Mitglied, um mit anderen über heiße Themen zu diskutieren oder deine eigene Frage zu stellen.