Das deutsche Reinheitsgebot
Orwells „1984“, 1949 erschienen, wirkt auf uns heute wie ein Gemälde der guten, alten Zeit. Es beschreibt hellsichtig gesellschaftliche Entwicklungen, die wir inzwischen längst akzeptiert oder sogar begrüßt haben, sich ihrer sozialen Natur nach aber, wenn auch mit einiger Anstrengung, rückgängig machen ließen. Stanley Kubricks „Dr. Seltsam oder: Wie ich lernte, die Bombe zu lieben“ zeigt eindrucksvoll, welche fatalen Folgen es haben kann, wenn man dem wichtigsten Lebensmittel des Menschen, dem Wasser, Stoffe zusetzt, deren Auswirkungen nur unzulänglich bekannt sind. Während es sich bei dem 1964 entstandenen Film um eine Fiktion handelt, die man für übertrieben oder sogar völlig abwegig halten kann, hat uns kaum ein halbes Jahrhundert später die Wirklichkeit eingeholt.
Leider greift Kubrick daneben, wenn es um die Details geht. Sein Werk weist die Schuld am Weltuntergang irrigerweise einem Psychopathen zu, der alles Übel der Welt in fluoriertem Wasser sieht und sich daher sein Leben lang davon fern gehalten hat. Der Wasserzusatz ist bei Kubrick also nur indirekter Auslöser der Katastrophe. Die Warnung, die er aussprechen wollte, musste ungehört verhallen, denn es verhält sich genau anders herum.
Die mit jedem Tag deutlicher werdende Tragödie, der die Menschheit sich heute ausgesetzt sieht, ist physikalischer Natur. Unabwendbar, gewaltig und endgültig. Hahnemann, den Mann, der uns schon vor zweihundert Jahren, weniger irreführend als Kubrick bei diesem und klarer als Orwell bei seinem Thema, die Tatsachen vor die Augen gestellt hat, haben wir verlacht. Wir haben ihn und seine Adepten verhöhnt, sie der Kurpfuscherei und der Beutelschneiderei bezichtigt. Sie hatten zu jeder Zeit recht.
Dass wir dies überhaupt, leider erst seit wenigen Monaten, wissen, ist den unbeirrt von allen Anfeindungen durchgeführten Forschungsarbeiten einer australischen Wissenschaftlergruppe rund um Tim Minchin zu verdanken. Minchin hat unwiderlegbar bewiesen, dass die Homöopathie wirkt. Genauer, dass Wasser eine Erinnerung an alle Stoffe behält, die sich jemals in ihm befunden haben.
Was zunächst harmlos klingt, oder, den Errungenschaften der Homöopathie entsprechend, gesundheitsfördernde Effekte erwarten lässt, wird in grausamer Weise ins Gegenteil verkehrt, wenn man, wie Minchin, darüber nachdenkt, wie viele Fäkalien jeder Tropfen Wasser in vier Milliarden Jahren Erdgeschichte nicht nur berührt, sondern förmlich verinnerlicht haben muss.
Hinzu kommt das der Untersuchung der Alzheimerschen Krankheit zu verdankende Ergebnis, dass sich im Laufe des Lebens zahlreiche sogenannte Plaques in den menschlichen Gehirnzellen ablagern, die natürlicherweise den zirkulierenden Körpersäften entstammen. Diese wiederum bestehen, wie jeder weiß, zum größten Teil aus genau jenem Wasser, das wir täglich als Getränk oder mit der Nahrung aufnehmen.
Ein Beispiel, wenn auch nicht das drastischste, für das fatale Zusammenwirken dieser beiden Faktoren lieferte heute morgen Jürgen Trittin in einem Radiointerview des WDR. Auf die Frage, warum er in seiner Amtszeit als Minister für Reaktorsicherheit nicht vehement für die Abschaltung der durch Flugzeugabstürze gefährdeten Kernkraftwerke eingetreten sei, die aktuelle Studie habe ja nur bestätigt, was ihm bereits 2002 als Studie vorlag, antwortete er:
„Wir sind damals davon ausgegangen, dass solche Flugzeuge abgeschossen würden. Leider hat das im Jahr 2006 das Verfassungsgericht verboten.“