Dienstag, 22 Uhr 37
Es ist dunkel. Von hier aus, im dritten Stock durch eine Glasfront vom Boden bis zur Decke habe ich einen guten Blick auf die anderen beiden Gebäude und kann die noch besetzten Büros sehen, ohne mir von unten den Hals zu verrenken. Ich habe das Licht nicht angemacht, das spart mir die Zeit für die Fummelei nach einem Schalter und ich brauche es nicht wirklich.Mir gegenüber, Luftlinie vielleicht 10 Meter entfernt, sehe ich ein einzelnes, hell erleuchtetes Büro. Das Gebäude hat die selbe Glas- und Stahlarchitektur wie das, in dem ich bin. Ein kräftiger, mittelalter Mann in weißem Hemd, dunkler Krawatte und Anzughose läuft mit wichtigen Schritten umher. Er hat ein Handy am Ohr, die freie Hand gestikuliert. Zwischendurch bleibt er immer mal wieder stehen, dann gestikuliert er besonders energisch. Ich lehne mich im Dunkel an den Konferenztisch und sehe zu.
Er bleibt leicht breitbeinig vor der Glaswand stehen. Wer auf der Straße kurz den Kopf hebt, sieht ihn deutlich in einem hellen Rechteck in der ansonsten schwarzen Gebäudefront. Er selbst hat wohl vor Allem sein eigenes Spiegelbild lebensgroß vor sich, und erkennt ein paar undeutliche Lichter von Autos und Straßenlaternen. Er wippt auf den Fersen, strafft sich selbstbewusst während er ebenso selbstbewusst weiter in das Telefon spricht. Seine Hand ruht kurz auf der Hüfte, dann kratzt er sich ausgiebig am Sack, so dass die Hosenbeine hochrutschen und weiße Socken aufblitzen.
Hm.
Was würde er wohl in seinem Joyclub-Profil schreiben?
Er, Entscheider im mittleren Management, stilvoll, diskret und gut bestückt sucht …?