Eine Erinnerung?
© Nisham 07/2011Die spätnachmittägliche Hitze hängt tief in den Schatten spendenden Bäumen. Unten fließt der Fluss träge dahin. Braun ist seine Farbe. Die Hütte ist mit rostigem Wellblech gedeckt. Drinnen ist die Hitze unerträglich. Ich liege in der Hängematte unter den Bäumen. Zolana liegt in der anderen Hängematte. Ein Bein hat sie herausgestreckt und schaukelt träge mit ihrem schwarzen Fuß meine Hängematte.
An die Hitze habe ich mich gewöhnt. Ich schwitze kaum mehr. Ein erstaunliches Phänomen. Zolana hat zuerst immer gelacht, wenn ich schon in den frühen Morgenstunden schweißnass herumlief.
Ich lasse die Zeit vorbeirieseln. Unterhalte mich mit Zolana und den Einheimischen, die ab und zu auf ein Schwätzchen vorbeikommen. Fernab der zivilisierten Welt. Mitten im Urwald in Afrika. Zolana ist hier eines Tages aufgetaucht, kaum hatte ich meine Koffer ausgepackt und versucht mich in meiner neuen Behausung einzurichten. Sie hat mich damals lange angeschaut, auf dem Boden sitzend, während ich mir immer wieder den Schweiß von der Stirn wischte.
Und seither ist sie nicht mehr weg gegangen. Wie lange ist das her? Keine Ahnung mehr. Hier zerfließt die Zeit, so wie der Fluss träge dahinmäandert. Ja, es gab schon etliche Regenzeiten. Die sind nicht schlimmer als alles andere. Auch daran habe ich mich gewöhnt.
Und immer wieder höre ich, wenn die Sonne kurz davor ist unter zu gehen, die Trommeln. Mal sind sie ganz fern, dann wieder so nah, als würden sie direkt auf meine wellblechgedeckte Hütte schlagen. Ich habe sie schon gesehen. Unten am Fluss. Oder weiter hinten, dort wo der Urwald nicht so dicht ist, weil die Einheimischen da Gemüse ziehen. Grosse schwarze schlanke Männer die auf riesigen Trommeln schlagen. Mal mit den bloßen Händen, dann wieder mit armdicken Knüppeln. Die Rhythmen sind unterschiedlich. Sie haben etwas absolut betörendes. Zolana hat nur mit den Schultern gezuckt, als ich sie fragte, was dieses trommeln zu bedeuten hat. Ich habe nie wieder danach gefragt.
Am Anfang habe ich die Hitze verdammt, verflucht. Doch nun liebe ich sie. Diese feuchte Hitze. Die mir nichts anhaben kann, obschon sie mich alle davor so sehr gewarnt hatten.
Die Zeit hat hier ihre Bedeutung verloren. Ich lebe jeden Tag. Jeden Tag neu. Und ich will nicht zurück. Ich brauche die Hektik nicht. Das Geld? Wozu?
Und jetzt trommeln sie wieder ganz nah. Ich spüre die Schläge, den Rhythmus in meinem Körper. Und das ist gut. Das fühlt sich gut an. Zolana schaukelt mich weiter in meiner Hängematte, mit einem leichten schwarzen Fuß, dessen Sohle doch so hell ist. Und glühend rot versinkt die Sonne im Urwaldhorizont. Die Nacht bricht wie immer hier sehr schnell herein. Das Trommeln geht weiter, noch lauter habe ich den Eindruck. Was stört mich das? Zum ersten Mal in meinem Leben bin ich wirklich glücklich.