Ich mag den Heinz
Ich mag den Heinz. Er sieht nicht toll aus, kämmt sich seine wenigen langen Haare quer über den Kopf. Dort pappen sie fest, weil er sie fast nie wäscht. Ein bisschen sieht es so aus, als ob die fettigen Strähnen von Läusenestern zusammengehalten werden, aber das werden wohl nur verklebte Schuppen sein. Der Heinz ist ohne fliessend warmes Wasser aufgewachsen, in einer Vertriebenenbaracke. In seiner Heimat gab es einen See, da mussten die Kinder sommers wie winters einmal in der Woche hinein. In Herne gibt es keinen See.Ich mag den Heinz. Es macht mir nichts aus, dass er nach Alkohol und fauligen Zähnen riecht. Wenn man trinkt achtet man ja nicht so auf sich. Und dass der Heinz trinkt, das kann ich gut verstehen. Sogar schon, bevor Else ihm weggelaufen ist. Seinen Job hätte ich keine drei Tage ausgehalten. Er hat das gemacht, seit er die Schule abgebrochen hat, fast vierzig Jahre lang. Jeden Tag, und reich geworden ist er dabei bestimmt nicht. Künstler wollte er mal werden, sein Vater hat ihn da sofort von der Schule genommen und in die Lehre gesteckt.
Ich mag den Heinz. Ich hätte vielleicht mit Else geredet, sie vielleicht angeschrien. Der Heinz hat die Else eben geschlagen. Sie ist ja auch ein Schandmaul, und das mit dem Schlagen kannte er ja von seinem Vater. Dagegen war er wirklich harmlos. Heinz hat sich noch in der Lehre fast jeden Tag eine Tracht Prügel eingefangen, für jede Kleinigkeit. Das mit dem Reden war auch nie sein Ding, das kann man ja nachvollziehen bei dem Vater.
Ich mag den Heinz. Ich finde es nicht richtig, dass sie ihn rausgeschmissen haben, weil er das Geld für den Spielsalon aus der Kasse genommen hat. Er hat es gebraucht, und bevor er eine Bank überfällt, hat er es sich da geholt, wo sie ihn viel zu schlecht bezahlen. Ist doch von allen Möglichkeiten die gerechteste. Jedenfalls verstehe ich ihn.
Ich mag den Heinz. Neben dem ganzen Brass noch in einer Partei mitmachen, ich würde das nie hinkriegen. Ist nicht so ganz meine Richtung, aber sie wollen dem Heinz sein Dorf mit dem See wiederholen. Kann man doch einsehen, er war ja damals noch ein Kind und konnte nichts dafür, was die in Berlin gemacht haben. Und was sein Vater damals gemacht hat, das weiß der Heinz sowieso nicht.
Ich mag den Heinz. Das Biest war ja auch fast achtzehn und lief rum wie die Nutten, die sich der Heinz nicht mehr leisten kann, seit die Else weg ist. Ich glaub auch nicht, dass die Else ihn noch rangelassen hat. Am Anfang vielleicht, aus Liebe, aber dann hat sie es nur noch mit ihm gemacht, wenn er genau tat, was sie wollte. Und das war selten, die hat ja auf feine Dame machen wollen. Da passte der Heinz nicht dazu, sie kann sich das also auf ihr eigenes Konto schreiben.
Ich mag den Heinz. Der macht jetzt nicht so rum, als ob ihm das leid tut, damit er besser wegkommt. Er sagt einfach nichts. Man weiß ja auch, wie die einem das Wort im Mund verdrehen. Sein Anwalt ist ok, der hat so einen Gutachter dazugeholt. Der sagt genau das Gleiche wie ich, und dann liegen wir ja wohl beide nicht so ganz falsch.