Der Tag ohne Konsequenzen
Niemand weiß, wie es zu diesem Tag kam oder ob es ihn überhaupt wirklich gab. Vielleicht war es auch ihre letzte Fantasie in der Welt da draussen, bevor sie umzog... Es fühlte sich auf jeden Fall großartig für sie an, und niemand würde ihr diesen Tag mehr nehmen können....Es war der Tag ohne Konsequenzen!
Mit einem entspannten Gefühl schaute sie auf ihren Wecker. Zwar hatte sie gnadenlos verschlafen, aber es kümmerte sie nicht im Geringsten. Wen interessierte es schon, das sie, die ansonsten korrekte Polizistin, ihren Kollegen von der Nachtschicht ablösen sollte. Da keine Konsequenzen zu erwarten waren, drehte sie sich einfach noch mal um. Ein wenig ärgerte sie sich, als das Telefon klingelte, denn sie wusste, es würde ihr Vorgesetzter sein. Normalerweise hätte sich jetzt ein schlechtes Gewissen in ihr breit gemacht, aber heute nicht.... Zunächst ignorierte sie das Klingeln einfach, aber irgendwann ging es nicht mehr. "Boah, geht mir nich auf die Nerven, ich komme gleich noch!!!" brüllte sie in den Hörer.
Nun war sie einmal wach und da ihr auch das Rumliegen langsam langweilig wurde, ging sie zunächst mal ins Bad. Nachdem sie auf der Toilette war, zog sie nicht einmal ab, mit dem sicheren Gefühl, das es morgen weder Streifen in der Schüssel noch Fliegen im Raum geben würde... Beim Blick in den Spiegel schaute sie sich selber böse an, und probierte einige richtig fiese Gesichter aus- schließlich wollte sie heute so richtig die Sau rauslassen, vor allem während ihres Dienstes...
Im Flur angekommen, wurde sie von ihrem Hund freudig begrüßt, der nach der Nacht wirklich dringend mal in den Garten gemusst hätte. Kurz dachte sie darüber nach, was denn schlimmstenfalls passieren könnte, wenn sie die lästige Pflicht des Gassi-gehens heute mal ausfallen lassen würde. Inkonsequenterweise würde entweder gar nichts passieren, weil der Hund heute gar nicht müssen würde. Das wäre die beste Variante. Die Alternative wäre, der Hund macht sein Geschäft im Haus und sie würde ihn heute mittag, wenn sie nach Hause käme, ungestraft vermöbeln... Beide Möglichkeiten erschienen ihr nicht schlecht, also beachtete sie ihn gar nicht. Sie setzte sich in ihr Auto und fuhr zunächst mal zum Bäcker.
Da sie im Normalfall eine immer freundliche und gut gelaunte Person war, wurde sie -wie immer- in der Bäckerei freundlich begrüßt. Auch die etwas rundliche Auszubildende war -wie immer- hinter der Theke. Schon oft hatte sie sich über die "kleine" ein wenig geärgert, erinnerte diese doch ein wenig an diese Vormittags-Sendungen im TV, wo unterbelichtete Familien gezeigt werden, die ihre Probleme nicht alleine in den Griff bekommen. Auch heute verrechnete die Kleine sich wieder, ein Vorgang, über den sie jeden Morgen gemeinsam lachten. Heute machte sie die Kleine aber mal so richtig nieder und sagte ihr, das sie den Job eigentlich an den Nagel hängen könnte. Eigentlich sei sie eh verwundert, das so ein blödes Stück Scheiße noch nicht schwanger war mit dem dritten Kind vom x-ten Mann.
Auf der Wache angekommen, ballerte sie einfach mal so ein paar Schüsse in die Luft, das wollte sie schon immer mal machen. So ein Glück, das da auch noch dieses Arschloch von Kollegen kam, der ihr zur Zeit den Job so richtig zur Hölle machte durch seine überhebliche Art. Dem schoss sie noch kurz in die Eier- WAHNSINN, denn eigentlich schoss sie sonst gar nicht so genau... vermutlich gab ihr das Bewusstsein, das heute eh alles egal war, die Treffsicherheit- so entspannt war sie noch nie gewesen.
Wie durch Watte hörte sie einen jemanden rufen, sie solle sofort damit aufhören, sonst hätte das Konsequenzen... Sekunden später lag sie am Boden, und während sie in eine andere Welt glitt, dachte sie noch, das es den Tag ohne Konsequenzen wohl doch nie gegeben hatte.