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Ronja und die Nibelungen

Ronja und die Nibelungen
Una, die Alte, hatte sich in ihren Sitz aus weichem Moos, das mit verschiedenen Fellen belegt war, zurück sinken lassen und seufzte über ihre Rückenschmerzen. Dann rief sie fordernd: „Ronja! Komm doch mal her zu mir!“
Das junge Mädchen, welches sie Ronja nannte, spielte gerade im Eingang der großen Höhle mit einem jungen Fuchswelpen. Schnell gab es ihrem Spielkameraden einen kleinen Klaps auf den Hintern und dieser trollte sich davon. Sie blinzelte zuerst einige Male mit den Augen, um sich an das Halbdunkel der Höhle zu gewöhnen und setzte sich dann zu Füßen der Alten.
„Ja, Una, ich bin da. Was ist? Was soll ich tun?“
„Zeige mir deine Hände, alle deine Finger!“
„Warum? Meine Hände sind nicht mehr schmutzig, Una, ich habe sie mir heute, als die Sonne gerade ganz rund und rot geworden war an der Quelle gründlich gewaschen, wirklich!“
„Darum geht es nicht, Ronja. So viele Winter und Sommer, wie du jetzt da, an deinen Fingern abzählen kannst, wenn du deine rechte Hand noch einmal hochhebst. Fünfzehn Jahre ist es jetzt her, dass du zu mir gekommen bist…, komm, stehe einmal auf und zeige dich mir!“
„So viele Sommer und Winter Una? Wie bin ich denn zu dir gekommen? Ich kann mich gar nicht mehr daran erinnern.“
„Das glaube ich dir gerne, mein kleines Rabenvögelchen, mein wildes Wölfchen, dass du das nicht mehr weißt. Das kannst du auch gar nicht wissen, weil du ja damals so ein kleines niedliches nacktes Krabbelwürmchen warst, als Raka dich hier, vor meiner Tür abgelegt hatte.“
„Wer ist denn Raka, Una? Ist das meine Mutter? War ich eine von ihren kleinen Rakas?“
„Nein Ronja, Raka war eine Wölfin. Sie war einmal eine meiner besten Freundinnen. Sie hat dich hier im Wald gefunden. Deine richtige Mutter kenne ich nicht. Ich weiß auch nicht, was aus ihr geworden ist. Hier sind schon so viele Züge mit Menschen vorbei gekommen, die vor den wilden Horden der Reiterkrieger aus Sonnenaufgang fliehen und nach Sonnenuntergang ziehen. Raka hat dich gefunden und gesäugt, als sie selbst junge neu geborene Welpen hatte. Aber du hast ihre Kleinen immer von ihren Milchzitzen fortgejagt und du hast sie immer gezwackt, obwohl du noch gar keine richtigen Zähne hattest. Und weil du ein kleines Menschenkind warst, so wie ich es auch einmal war, hat sie dich zu mir gebracht. So war das vor fünfzehn Sommern.“
„Was ist das, ein Menschenkind? Hier im Wald gibt es doch nur dich und mich, die auf zwei Beinen gehen. Alle anderen können fliegen oder sie gehen auf vier Beinen. Manche krabbeln auch oder sie können nur kriechen. Im Wasser sind die Fische und die Frösche und manchmal auch die Biber und die Otter. Sind wir Menschenkinder? Warst du auch einmal so, wie ich es jetzt bin, Una, so klein?“
„Ja, meine kleine Ronja. Ich war auch einmal so wie du. Das ist schon lange her. Wenn du fünfmal deine beiden Hände mit allen Fingern hochhebst, dann weißt du es. Auch die Menschen aus meinem Dorf sind damals geflohen, aber nicht vor den wilden Reitern, sondern vor dem Eis und vor der Kälte. Sie hatten fast nichts mehr zu essen. Und da sind wir auch schon dort angelangt, worüber ich mit dir reden muss. Du musst jetzt endlich die anderen Menschen kennen lernen, und du musst wissen, was an ihnen gut ist und was böse ist, sonst tappst du mir noch blind in eine Falle.“
„Eine Falle? Was ist das? Und Reiterkrieger? Was machen die? Das habe ich ja noch nie gehört.“
„Hm, eine Falle, das ist eine versteckte Schlinge oder ein Kasten, in welchem man Tiere oder auch Menschen einfängt, um sie zu essen oder zu töten oder zu quälen. Und Reiterkrieger – von denen habe ich auch nur gehört. Sie reiten auf Pferden, so wie du immer auf Gromm, dem alten Bären drüben in seiner Höhle.“
„Was denn, die essen Menschen? Und sogar Tiere? Das kann man doch aber gar nicht!“
„Doch, mein Kind, die können das. Na gut, Menschen essen sie nicht, die töten sie nur oder sie sperren sie ein. Aber Mädchen, wie du eins bist und Frauen, wie ich eine bin, nur vielleicht jünger, denen tun sie auch manchmal Schlimmes an.“
„Nein, Una, das kann ich aber nicht glauben. Ja, dass ein Tier einmal alt wird und stirbt, oder dass ein großes Tier einmal ein kleines Tier frisst, weil es Hunger hat, das weiß ich ja, und auch dass ich manchmal mit Rike, meiner Wolfsfreundin, böse bin, wenn sie wieder mal ein kleines Häschen gefressen hat. Aber Rike sagt dann immer, dass das Häschen krank war und sowieso hätte sterben müssen und dabei sich lange gequält hätte. Na gut. Aber warum tun die Menschen den Mädchen und Frauen Schlimmes an. Das sind doch auch alles Mädchen und Frauen, junge und alte Menschen, oder?“
„Nein Ronja. Es gibt auch noch eine andere Art vom Menschen. Männer. Die gibt es auch bei den Wölfen, den Füchsen, den Bären, bei allen Tieren und also auch bei den Menschen. Frag doch mal deine Freundin Rike, warum jedes Jahr nach der Baumblüte ihr Feind Rarpe, der Wolf, den sie sonst immer gleich verjagt, wenn er sich mal blicken lässt, so lustig auf ihr herumreiten darf und warum sie bald danach wieder viele kleine Wölfchen um sich hat, mit denen du dann immer so gerne spielst. Das ist nämlich ihr Wolfsmann, ihr Rüde. Und der reitet nicht nur so zum Spaß auf ihr herum. Der macht ihr nämlich die kleinen niedlichen Welpen rein in ihren Bauch. So ist das. Meine liebe Ronja. Und damit sind wir auch schon bei dir angelangt. Lasse mich doch einmal sehen, ob da nicht auch bald einmal so ein Menschenmann Lust kriegen könnte, auf dir herumzureiten, meine Kleine. Ziehe doch bitte mal das große Hirschfell vom Eingang weg, damit ich dich besser sehe und stelle dich mal in den Eingang. Drehe ich, damit ich dich überall ansehen kann.“
„Was willst du an mir nur sehen, Una? Ich habe mich überhaupt kein bisschen verändert. Das hier vorn, das sind nur die Beulen von zwei Wespenstichen. Die sehen lustig aus, nicht? Dass sie so gleichgroß angeschwollen sind, meine ich. Die tun auch gar nicht weh, sind ganz weich, aber sie heilen eben nur ganz langsam wieder ab. Ach ja, und meine Backen hinten. Das ist auch komisch. Immer, wenn ich sonst beim Klettern mal von einem Baum gefallen bin, dann hatte ich schlimme Schmerzen in den Knochen von meinem Hinterteil. Aber gestern bin ich vom Baum gefallen und da hatte ich fast keine Knochenschmerzen. Dafür hatte ich aber blaue Flecken auf meinen dicken Backen und es hat geblutet. Aber nicht hinten, sondern vorne heraus, wo ich sonst immer Wasser ablassen muss. Ich habe dir nichts gesagt, weil es von selber wieder aufgehört hat zu bluten und ich habe mir auch gleich einen Sud aus Magenkräutern gemacht, weil mir davon ein klein bisschen schlecht geworden war. Ist schon wieder gut, Una.“
„Ach Ronjamädchen, du mein kleines Dummchen. Nein, verzeihe mir, du bist natürlich kein kleines Dummchen. Du bist alles andere, als das. Ich dumme Alte hätte es dir viel eher sagen müssen, was es bedeutet, eine Frau zu sein. Ich wollte dich halt damit verschonen, solange dir hier bei mir nichts zustoßen kann. Aber jetzt sollst du ja unter die Menschen gehen und da muss ich es dir schon sagen, damit du gewarnt bist.
Und etwas anziehen wirst du dir auch müssen, meine liebe Ronja, sonst vergafft sich doch gleich einer von den Kerlen in deine Wespenstiche und in deine dicken Hinterbacken. Ich habe dir schon ein Kleid aus besticktem Rehleder genäht.
Hoffentlich passt es dir. Und ein Hemd aus Hanflinnen für dich wird sich auch finden.
Höre mir zu: Du bist jetzt kein kleines Mädchen mehr, Ronja, du bist jetzt schon eine junge Frau, und jeden Tag wirst du es ein klein bisschen mehr sein. Du musst jetzt aufpassen und gut auf dich achten, weil ich es bald nicht mehr für dich tun kann. Mit mir geht es langsam zu Ende. Glaube mir, ich merke es jeden Tag deutlicher, besonders am Morgen weiß ich manchmal nicht mehr, ob ich die nächste Nacht überleben werde.
Ronja und die Nibelungen II
2. Kapitel

Die alte Una erhob sich schwerfällig von ihrem Sitz, nahm einen großen Schluck aus einer großen tönernen Flasche, schüttelte sich mit einer genießerisch-gequältenen Grimasse und sagte zu Ronja:
„Wir zwei haben hier viele Jahre lang ganz ungestört zusammen von den Früchten des Waldes gelebt und von dem, was uns die Bären und Wölfe übrig gelassen haben. Du isst ja ohnehin nur Früchte und Wurzeln, Das ist gut. Geschützt hat uns der große runde Berg, dessen Zugang zum Inneren Tal bisher keiner außer mir kannte. Dieser große Berg ist ein Wunder. Zuerst dachte ich, es sei ein Feuerberg, wie es bei uns im Norden viele davon geben soll. Unsere Seefahrer haben es mir erzählt, dass es da eine Insel im Nordmeer gibt, die damit übersät ist. Sie heißt Eisland, oder auch in unserer alten Sprache Island. Aber ich habe keinen Feuerschlund und auch keine Quelle mit stinkendem heißem Wasser hier gefunden. Vielleicht ist ja hier auch ein großer Stein vom Himmel heruntergefallen, so wie es mir ein Mann aus dem Südland einmal erzählt hat. Dort soll es viele solche Himmelslöcherberge geben, wie den unseren hier. Gestern habe ich den großen roten Stein besucht, der in der Mitte unseres Tales liegt, um zu seinen Geistern zu beten, für dich mein Kind, damit du das Leben hier unter ihrem Schutze auch weiterhin ungestört leben kannst. Aber die Geister haben mich gewarnt. Sie haben mich Geräusche hören lassen, die aus dem Berg kamen. Ich habe nachgesehen und ich habe die gefunden, die diese Laute mit ihren Hacken und Hämmern erzeugt haben. Es sind die Nebelzwerge, die Nibelungen.
Die Nibelungen, das ist ein Stamm von klein gewachsenen Menschen, welche tiefe Höhlen in die Berge graben um das Erz und die Schätze der Berge heraus zu holen. Es ist ihnen aber oft schon von den Menschen, die Waffen tragen, übel mitgespielt worden. Deshalb sind sie nicht gut auf Menschen zu sprechen und werden sehr böse, wenn sie Menschen in ihrer Nähe sehen. Sie werden auch unsere Höhle hier finden. Sie sind eine große Gefahr für dich, wenn sie dich hier sehen würden. Oft haben sie schon junge Frauen und Mädchen geraubt und sie dann in südliche Länder an große Fürsten oder auch an die Römer als Sklavinnen verkauft. Das darf dir hier nicht geschehen. Deshalb werde ich einen guten Menschen suchen, dem ich dich mit gutem Gewissen anvertrauen kann, bis du dich um dich selbst kümmern kannst oder bis du einen guten und fleißigen Mann gefunden hast, der dich beschützt.
Una nahm noch einen großen Schluck aus der Flasche, die wohl ihren Zaubertrank enthielt, schüttelte sich noch gewaltiger und winkte Ronja zu.
„Komm, Ronja, wir gehen am Roten Stein vorbei zum Ausgang des Tales. Dass du mir diesen Durchgang auch ja niemals jemandem verraten wirst, das musst du mir schwören! Passt dir das Kleid? Jetzt bist du wenigstens nicht mehr so nackt, wie sonst immer.“
„Ja, es passt schon, Una. Vorne ist es mir noch ein wenig zu weit und die Nähte kratzen mich auf der Haut. Wenn es nicht unbedingt sein muss, würde ich es ja lieber wieder ausziehen, Una.“
„Untersteh dich! Das Kleid bleibt dran, solange wir unter die Menschen gehen und du kriegst bald auch noch ein Hemdchen dazu, dann kratzt es nicht mehr, warte nur. Und dass es vorne zu weit ist, das ist gut. Sonst kriegt noch einer deine beiden Wespenstiche zu Gesicht.“
„Warum, Una, ist das so schlimm?“
„Nein, schlimm ist das nicht, aber es könnte schlimm ausgehen. Du bist nämlich ein ganz verhext schönes Frauenzimmer, mit deinen langen rotbraunen Haaren, mit deinen graublauen Augen, deinem runden Hintern und deinen beiden Wespenstichen. Freya weiß es und ich weiß es jetzt auch. Mir wird schon langsam Angst um dich, Ronja.“
Ronja und die Nibelungen III
3. Kapitel

Der Rote Stein lag inmitten des grünen Tales. Er war über und über mit einem blutroten Staub überzogen und er war fast so groß, wie der Eingang von Unas Höhle. Fast zwanzig Schritte im Kreis um ihn herum lag dieses rote Pulver auf dem Boden und bildete auch handgroße rote Brocken. Auf dem Pulver wuchs kein Gras.
„Das ist gut, wenn das Blut dünn und die Knochen weich werden, ganz wenig davon“, sagte Una, „Aber es kann auch Schaden anrichten. Pflanzen und Wurzeln sind besser. Welche, das wirst du bald lernen, Ronja. Sieh mal hier. Ich zeige dir einmal was.“
Una zog ihr stets gut gehütetes scharfes eisernes Messer aus dem Gürtel, bat die Geister des Steines laut um Verzeihung und kratzte ganz vorsichtig ein klein wenig von dem roten Pulver ab. Dann hielt sie ihr kostbares Messer direkt neben die frei gekratzte Stelle.
„Siehst du, Ronja? Es ist aus dem gleichen kostbaren glänzenden Erz, für das die Schmiede und Kaufleute soviel Korn, Mehl und Brot bezahlen, dass ein Mensch lange, lange davon leben könnte.“
„Schmiede? Kaufleute? Korn? Mehl? Was ist denn das, Una?“
„Frage mich jetzt nicht, Ronja, du wirst das alles selber sehen. Aber ich warne dich: Solange ich lebe, darfst du niemandem etwas von diesem Stein hier sagen. Wenn ich gestorben bin, dann entscheide selbst, was du mit deinem Wissen tust, aber entscheide weise.“
Sie hatten noch einige hundert Schritte zu gehen, bis sie an eine kleine, mit Gesträuch überwachsene Quelle kamen, deren Wasser im Nirgendwo zu versickern schien. Una drehte Ronja um, so dass diese wieder den Roten Stein in der Ferne sah.
„Präge es dir gut ein Ronja. Dort hinten liegt der Rote Stein und hier, genau über uns, stehen drei gleich große spitze Felszacken aus dem Berg hervor. Hier ist der Durchgang zu den Menschen, genau dazwischen. Jetzt kannst du dir dein Lederkleid wieder ausziehen, Ronja und auch ich muss meine Kleider zum Bündel schnüren. Wir müssen gleich schwimmen und tauchen. Das kannst du doch?“
„Ja Una, dass kann ich gut. Kannst du es denn noch?“
„Werden wir gleich wissen. Tauche jetzt hinter mir her unter diesem kleinen flachen Felsen hindurch. Stoße dich gut mit den Füßen vom anderen Ufer des Quellteiches ab. Mache drei oder vier Schwimmzüge und tauche dann auf. Keine Angst, die Wände sind glatt und ohne Hindernis. Das Wasser der Quelle hat es abgeschliffen.“
Una hatte ihr Bündel genommen, war schnaufend und prustend in den Teich getaucht und Ronja sah noch gerade ihre Füße im Wasser unter dem Felsen verschwinden. Sie folgte ihr nach und tauchte auch wirklich nach drei Schwimmzügen wieder mit dem Kopf aus dem Wasser in einer dunklen Höhle auf, an deren Ende der kleine See lag, in welchem sie jetzt schwamm. Sie hörte Una „Hierher!“ rufen und folgte dem Echo der hallenden Stimme. Una atmete schwer und Ronja hörte im Dunklen, dass sie schon wieder aus ihrer Flasche trank. Sie machte sich Sorgen, weil sie wusste, dass Una danach immer fast zwei Tage lang wie eine tote Frau in ihrem Bett schlief. Aber ihr Schlaflager war hier sehr weit weg. Heute jedoch schien Una wieder im vollen Besitz ihre Kräfte zu sein. Ronja hörte aus dem Dunklen das Aneinanderschlagen von Feuersteinen. Und tatsächlich! In der Höhle flackerte plötzlich ein kleines Feuer aus Bastfasern und Kienspänen auf in welches Una vorsichtig hinein blies. Und schon flackerte das feuer heftiger auf. Una hatte eien brennende Fackel aus harzigem Kienholz entzündet. Jetzt konnte Ronja die ganze Höhle überblicken. Aber sie schloss sofort wieder erschrocken die Augen.
Was war das?
Direkt neben sich hatte sie etwas gesehen, das ihr das Blut in den Adern erstarren ließ: da lag ein riesiger Schädel von einem schaurigen Untier, der zwar mit grauweißem Höhlenmoos überzogen war, aber dessen Zähne und dunkle Augenlöcher die blanke Angst ihren ganzen Körper durchschauern ließen. So viele riesige lange spitze und scharfe Zähne und so ein riesenlanges Maul hatte sie noch nie bei einem Tier gesehen. Auch bei keinem Bären, wie es ihr alter Freund Gromm einer war. Was war das nur für ein Untier? Gab es hier noch mehr davon?
Una kam mit ihrer Fackel näher. „Ach ja, Kindchen, darauf hätte ich dich ja vorbereiten müssen. Das da ist der Schädel von einem großen Drachen. Jemand muss ihn hier herein geschleppt haben. Vielleicht die Nibelungen? Sie haben ihn vielleicht beim Graben ihrer Höhlen gefunden. So etwas lebt nicht mehr hier in dieser Gegend. Der Eingang wäre auch viel zu eng, um so ein riesiges Tier hier herein zu lassen. Er ist nicht einmal aus Knochen, sondern aus Stein, sonst wäre er schon zerfallen. Der muss schon viele tausend Jahre alt sein. Musst keine Angst vor ihm haben. Komm, ich will dir etwas zeigen, was auch jemand hier herein geschleppt hat.
„Auch so etwas Schreckliches, Una?“
„Nicht ganz so schrecklich, dafür aber viel, viel gefährlicher. Ich habe es entdeckt, als ich im vorigen Jahr nachgesehen hatte, ob der Durchgang noch vorhanden ist. Jetzt weiß ich auch inzwischen, wer das hier versteckt hat. Noch haben sie aber nicht den Weg zur Quelle gefunden. Sind wohl wasserscheu, die Nibelungen. Angst musst du aber keine davor haben. Hier jedenfalls nicht. Draußen, in der Welt der Menschen könnte es jedoch dein Tod sein, das zu wissen.“
„Ich habe Angst Una. Und ich bin nackt, Du ja auch. Muss ich es sehen?“
„Ja, Ronja, du musst. Nimm dich zusammen! Und auch dass du nackt bist, schadet hier nichts. In der Menschenwelt aber ums mehr. Komm.“
Una führte sie in eine dunkle schmale Seitenhöhle, die sich plötzlich zu einem großen hohen Raum öffnete. Man hörte es am Klang der Worte und deren Nachhall.
Plötzlich war aus der einen Fackel von Una ein ganzer Vogelschwarm von Lichtern geworden. Überall in der Höhle sah Ronja es aufleuchten und in allen Farben glänzend schimmern. Es war überwältigend schön! „Was ist das Una? Das ist ja wunderschön! Ist das das Haus der Götter?“
„Ja, Ronja. Das ist das Haus der bösen Götter, der bösesten Geister und Zerstörer. An jedem dieser schönen Stücke aus Gold, Silber und Edelstein klebt das Blut von tausenden Menschen. Dafür wurden bestimmt schon ganze Stämme und Völker ausgelöscht. Das ist der Schatz der Nibelungen. Sie haben ihn hier angehäuft, um Könige, Kaiser, Krieger und alle bösen und gierigen Menschen damit zu betören. Das hier ist nur dann ungefährlich, solange es hier liegen bleibt. Kommt es hier heraus unter die Leute, dann werden sie sich gegenseitig totschlagen, ohne Rücksicht auf Vater Mutter, Kinder, Bruder oder Schwester. Das ist jetzt meine letzte Bitte und mein Auftrag an dich, Ronja: Finde heraus, wie man diesen Haufen Silber Gold und Edelsteine so verschütten und für alle Zeiten unauffindbar machen kann, dass er nie wieder das Böse in die Welt bringen kann. Das ist meine allerletzte Bitte an dich. Wie du siehst, geht es mir heute recht gut. Aber dieser tag heute und auch noch Morgen werden mich sicher den letzten Rest meines Lebensfeuers kosten. Versprichst du es mir, Ronja, dass du das tun wirst?“
„Una, du meine liebe Mama Una, ja, ich verspreche es dir, wenn ich auch noch gar nicht weiß, warum diese schönen Sachen hier so gefährlich sein sollen.“
„Du wirst es verstehen, meine kleine Ronja, du wirst es lernen. Bald. Leider.“
Ronja und die Nibelungen IV
„Hier treffe ich dich also, Ronja. Ich bin deinem Raben gefolgt, so wie du es mir auf dem Pergament aufgeschrieben hast, das mir dieser schwarze Vogel da auf mein Bett gelegt hatte. Fast glaubte ich mich schon genarrt, von diesem Raben, auf dem Weg durch den Sumpf, den jedermann für verwunschen hält, den niemand zu durchqueren wagt. Keiner weiß so recht, wer du bist. Man nennt dich überall „Ronja, die Rote Zauberin“. Aber ich kann mich entsinnen, dich schon einige Male in Worms gesehen zu haben, und immer in Siegfrieds Nähe. Bist du seine Schwester? Du weißt, dass ich ihn getötet habe, Ronja. Du willst dich also an mir rächen? Ich glaube aber nicht an Zauberei, auch nicht an deine, deshalb wirst du an mir auch nichts ausrichten können damit.“
„Genau das ist der Grund, warum ich dich hierher gebeten habe, Hagen von Tronje. Genau deshalb, weil ich weiß, dass du nicht an Zauberei glaubst und daher auch durch sie nicht von deinem Wege abzubringen sein wirst. Ich will mich nicht an dir rächen. Was, wenn ich dir sage, dass Siegfried von Xanten nicht mein Bruder war, sondern eher schon, fast mein Sohn? Was fühlst du dann Hagen? Fürchtest du nicht doch meine Rache? Habe ich dann nicht ein höheres Recht auf Rache, als seine Frau Kriemhild? Aber Rache ist nicht meine Aufgabe und nicht mein Ziel. Du wirst sterben, wie es die Götter für dich vorgezeichnet und beschlossen haben. Nicht von meiner Hand, aber dennoch von der Hand einer Frau. Wenn du aber nicht an meine Kräfte glaubst, Hagen von Tronje, warum bist du dennoch zu mir gekommen?“
„Es war die Rede von einem Schatz.., es stand so auf dem Pergament.“
„Siehst du, Hagen? Genau das war der Grund dafür, dass ich deines Erscheinens hier so sicher war. Ein Schatz aus Gold, Silber und Edelsteinen. Ja ich kenne einen Schatz. Er ist fünfmal größer, als der Schatz, den Siegfried nach Worms brachte und seiner Kriemhild schenkte. Es war mein Fehler, meine große Dummheit und meine Verblendung, dass dieser kleine Nibelungenschatz unter die Menschen kam. Und deshalb brauche ich jetzt die Hilfe des Mörders meines geliebten Ziehsohnes, um diese Dummheit wenigstens zu einem Teil wieder gut zu machen. Ich habe meiner Ziehmutter und Meisterin Una in die Hand versprochen, dass ich diesen riesigen Schatz für immer vernichten werde. Du Hagen von Tronje, der du dem Tod schon geweiht bist, wirst mir helfen, dieses Versprechen zu erfüllen. Ich weiß es.“
„Du bist dir dessen so sicher, Ronja? Du weißt von unserem Zug zum Hofe Etzels, ins Hunnenreich? Du hast Gewissheit, dass wir alle dort sterben werden? Woher willst du das wissen? Wie könntest du das wissen? Sage es mir, damit ich dir glauben kann. Ich glaube nicht an deine Seherinnenkräfte. Nur wenn du mich davon überzeugen kannst, dann werde ich auch zu deinen Diensten stehen. Ansonsten lache ich über deine Drohungen. Das Wissen um deinen Schatz presse ich dir mit Gewalt ab, wenn es denn sein muss.“
„Schau her Hagen, Sieh genau auf diesen Tisch. Kriemhild hatte, genau wie stets auch Siegfried, mehrere Raben bei sich, die ich ihr geschenkt hatte. Immer wenn etwas sehr Wichtiges geschehen war, flog einer der Raben zu mir und berichtete mir davon. So auch vor drei Tagen.“
Ronja, eine Frau, deren Alter man nur sehr schwer einschätzen konnte, weil sie ihr Haar und ihre Gestalt unter einem schwarzen Mantel aus Katzenfellen und Federn verbarg, griff nach einem Korb mit vielen schmal geschnittenen Kienspänen, der vor dem großen prachtvollen Ofen aus gebrannten Lehmziegeln und vielfarbigen Bergkristallen stand. Sie stellte den Korb in die Nähe des Tisches und rief: „Grog!“
Ein schwarzgrau gefiederter Rabe hüpfte vom Fensterbrett auf den Tisch und stellte sich vor. Erst sah er Ronja an, dann Hagen. Jedes Mal nickte er dabei mit seinem Kopf und krächzte: „Grrog!“
„Berichte Hagen von Kriemhilds Hof, Grog!“ sagte Ronja.
Der Rabe nickte abermals und begann, einen nach dem anderen, die handlangen schmalen Kienspäne aus dem Korb zu ziehen und legte sie auf dem Tisch zu einer Form aus, die aus großen und kleinen Rechtecken bestand. Die Rechtecke waren so aneinander gelegt, dass sie die Mauern eines großen Hauses mit vielen Zimmern darzustellen schienen. So gesehen, befand sich in der Mitte des Hauses ein sehr großer Raum, der von vielen kleineren Zimmern oder Kammern umgeben war.
Hagen starrte ungläubig auf das Bild und seine Augen wurden immer größer.
„Das ist Etzels Palast, so wie ihn uns Dietrich von Bern beschrieben hat! Ein großer Thronsaal für den König und seine hundert Ritter und drum herum sieben kleinere Säle. Drei auf jeder Seite des Thronsaales und einer an dem Ende, wo der Thron steht. Das ist das Schlafgemach von Etzel und Kriemhild. Der Saal ist vom Thron her gesehen nach Sonnenaufgang ausgerichtet, der Heimat von Etzels Vorfahren“
Grog, der Rabe stolzierte jetzt mit steif angelegten Flügeln und hoch erhobenem Kopf auf den Thron zu, drehte sich zum Saal hin um und beschrieb mit jedem seiner Flügel einen großen Halbkreis, so als begrüße er einen ganzen Saal voller Menschen.
„Etzel hat seine Männer um sich versammelt!“ sagte Hagen, erfreut darüber, dass er die Geste des Raben verstanden hatte.
Grog drehte sich plötzlich gen Sonnenuntergang, zum Throne hin, zeigte mit seinem rechten Flügel in diese Richtung und schlug dann schnell den Flügel nach unten.
„Der König zeigt in die Richtung, aus der wir kommen, und sagt, dass wir vernichtet werden sollen.“
Ronja, die Zauberin schaute jetzt zufrieden und belustigt lächelnd zu Hagen hin.
„Du kannst auch die Sprache der Vögel verstehen, Hagen? Das wusste ich gar nicht. Das freut mich aber sehr. Schade, dass du nicht so bist, wie ich.“
„Hagen blickte zu ihr hin. „Die Sprache der Vögel? Nein, die verstehe ich nicht. Aber das da, das ist die Sprache der Könige, der großen Heerführer, Fürsten und Herzöge. Die versteht jeder in der Schlacht, wo die menschliche Sprache versagt. Etzel versammelt also seine Männer um sich und bereitet unsere Vernichtung vor. Dabei hat uns Dietrich von Bern in seinem Namen versichert, dass sein Heer Abstand halten und Frieden herrschen wird. Gut, dass ich das weiß! Dann werden wir vorbereitet sein und unsere Waffen auch an der Festtafel nicht ablegen.“
„Glaubst du mir jetzt, Hagen?“
„Ja, Ronja, ich glaube dir. Was soll ich für dich tun? Wo ist der Schatz? Aber zuvor würde ich gern wissen, woher du alle diese Künste hast, Ronja. Ich bitte dich, verrate mir einige davon. War Siegfried wirklich unverwundbar? War sein Schwert „Balmung“ wirklich unüberwindlich von jedem anderen Stahl? Hatte er tatsächlich eine Tarnkappe, mit der er sich unsichtbar machen konnte? Hat er wirklich den Drachen Fafnir getötet und in seinem Blut gebadet? Stecken du und deine Künste dahinter? So viele Fragen hätte ich an dich. Ich werde tun, was du von mir verlangst Ronja, ich schwöre es. Aber verrate doch einem Todgeweihten, wie du das alles gemacht hast, damit ich weiterhin nicht an Zauberei glauben muss!“
„Du glaubst also jetzt auch, dass du sterben wirst, Hagen? Du glaubst jetzt auch, dass die Götter meine Rache an dir vollstrecken werden?“
„Nein. Ich glaube es nicht, ich weiß es. Ich bin ein Krieger und ich denke wie ein Krieger. Ich weiß es jetzt, aber ich werde mich sehr teuer verkaufen. Sehr teuer!“
Was er nicht wusste, das behielt Ronja für sich.
Nur sie allein wusste, dass Hagen auch ihre Rache an Kriemhild vollstrecken würde.
„Nun gut, Hagen, du willst also meine Künste verstehen. Wo fangen wir an, was möchtest du wissen?“
„Fangen wir an bei diesen Raben. Wie ist es möglich, dass Grog mir in der Sprache der Heerführer von Attilas Hof berichten kann, ohne dabei ein einziges Wort zu sprechen. Sind es besondere Raben? Wo hast du sie her?“
„Sie stammen aus dem Nordland, daher, wo die Sommer kurz sind und die Nahrung knapp ist. Dort überleben immer nur die Schlauesten den harten Winter. Viele von den Rabenkindern schaffen es deshalb auch nicht mehr, rechtzeitig in den warmen Süden zu fliegen und suchen im Winter die Stellen, wo andere Tiere und Menschen ihre Vorräte vergraben haben. Sie haben gelernt, genau zu beobachten, wo diese ihre Eicheln, Nüsse und ihr Getreide verbergen und merken sich die Stelle. Genau wie die Bienen können sie diese Beobachtungen auch ihrer Rabensippe mitteilen. Sie ahmen einfach deren Bewegungen und Laute nach. Diese Raben machen gerne alles nach, was auf zwei Beinen läuft, also andere Vögel und Menschen, das können sie am besten. Zu Menschen fühlen sie sich hingezogen, weil dort die Nahrung am leichtesten zu haben ist. Das ist das ganze Geheimnis.“
„Das ganze Geheimnis? Warum kennt es dann nicht jeder, wenn es so einfach ist?“
„Vielleicht, weil nicht jeder es nötig hat. Meine Ziehmutter Una hatte es nötig. Sie musste als junge Frau allein zurückbleiben, weil sie den Wanderzug ihres Vandalendorfes zu den Warmländern nicht mehr mitmachen konnte. Sie war eines Nachts mit ihrer linken Seite im Eis eingefroren und hatte unerträgliche Schmerzen, wenn ein stärkerer Wind wehte. Der alte Druide ihres Dorfes hat sie deshalb mit seinem Raben zusammen in einem windstillen Tal zurückgelassen, das von undurchdringlichen Bergwänden umgeben war.
Dort hatte sie Schutz vor den Winden. Ihr Rabe hat sie solange zu den Vorräten der Waldtiere hingeführt, bis sie sich selbst versorgen konnte. Er hat ihr alles gezeigt. Nüsse, Wurzeln, Fische, Würmer zum Angeln, Beeren und heilsame Kräuter. Auch die anderen Tiere dieses Waldes hat sie verstehen gelernt, indem sie sie friedlich beobachtete, ihnen half, wenn sie verletzt oder hungrig waren und ihre Jungen vor größeren Tieren beschützte. So lernte sie die Sprache der Tiere verstehen, ihre Laute und Bewegungen zu deuten. Das hat sie auch mir beigebracht. Deshalb sagt man mir nach, dass ich mit den Tieren reden kann. Keine Zauberei.“
„Keine Zauberei. Tatsächlich, nur Beobachtung und…“
„Und Belohnung. Das muss sein. Die Raben glauben nämlich, dass sie mich zu ihrem Werkzeug gemacht haben. Auch bei Una war es so. Sie hat dem Raben beim Ausgraben der Wurzeln, Würmer und Käfer geholfen. Sie hat für ihn die Früchte von den Stielen und Schalen gelöst. Bei ihr wurde er immer satt. Und bei den anderen Tieren war es ähnlich. Sogar ein Bär hat sich von ihr seine Winterwolle ausrupfen lassen, aus der sie Decken und Filzumhänge für den Winter stampfen konnte. Dafür hat er von ihr Honig bekommen, so oft er es wollte. Ich durfte sogar auf ihm reiten.“
„Und die Leute glauben an Wunder und an Zauberei, diese Dummköpfe! Lebst du wenigstens ganz davon, dass die Leute eher zu dir kommen, wenn sie ein Problem haben, und dafür weniger ins Kirchensäckchen geben?“
„Ich hätte es nicht nötig. Ich habe Schätze im Überfluss. Aber ich will sie nicht lüstern machen, deshalb nehme ich ihre Gaben gerne an, wenn sie es für mich übrig haben und gerne geben.“
„Weißt du aber auch, dass der Bischof von Worms von der Kanzel herunter gegen dich wettert und dich verflucht hat, wegen deiner Hexerei? Er ruft die Gläubigen auf, dich aus deinem Sumpf hier auszuräuchern. Er wartet nur noch auf einen berühmten heiligen Mönch aus Schottland, der die Franken zum Christentum bekehrt und der sie gegen dich anführen soll.“
„Ja, ich weiß es. Wenn sie es wirklich versuchen sollten, dann wird sie der Sumpf verschlingen. Viele von ihnen würden sterben. Ich werde dann rechtzeitig von hier verschwunden sein.“
Als Hagen den Namen des Bischofs erwähnte, war Krak, der schwarze Rabe auf den Tisch geflattert, hatte sich mit „Krraak“ vorgestellt und begann, den Bischof von Worms nachzuahmen. Er stieß beide Flügel nach vorn, nach oben zum Himmel und nach unten zur Hölle. „Rrapaage Rronja! Rrapage Rronja Rratana! Morrte Rronja! Rrin Norrmine Parrtrre!“
„Sei still Krak!“
„Das weißt du also auch schon. Hätte es mir ja auch denken können“, lachte Hagen.
Ronja, die Zauberin sah Hagen von Tronje nachdenklich, fast mitleidig an.
„Welches Geheimnis möchtest du noch von mir wissen, Hagen? Leider wirst du keines davon mehr für dich selbst gebrauchen können.“
„Doch, werde ich, hier irrst du Ronja. Siegfried hatte sein Schwert Balmung zu einem Schwertfeger gegeben, bevor wir zur Jagd ausgeritten waren. Der beinerne Griff war in der Schlacht gegen die Hundings beschädigt worden. Ich habe es an mich genommen. Jetzt gehört es mir.“
„Du hast Balmung, Hagen? Das Schwert, welches Siegfried Gram nannte und selbst für sich geschmiedet hat, und womit er danach seinen Meister Regin erschlug? Weißt du auch, dass es dich töten wird, Hagen? Die Frau, die dich erschlagen wird, die wird es mit Balmung tun. Du wirst also deinen Tod zu Kriemhild tragen. Siegfrieds eigenes Schwert wird seinen Mörder bestrafen. Das Schicksal erfüllt sich.“
„Grrraaam!“ krächzte der Rabe Grog.
„Ja, Ronja, Ich habe jetzt Balmung. Und sei es auch drum. Ich gebe es nicht wieder her. Aber ist es wirklich ein verzaubertes Schwert? Was hat es damit auf sich? Ich habe nichts Besonderes daran gefunden, außer dass es viel härter und auch viel elastischer und schärfer ist, als alle anderen Schwerter, die ich kenne. Kennst du seine Geschichte, Ronja?“
„Ja, die kenne ich, weil ich selbst an seiner Herstellung beteiligt war.“
„Nun sage mir nur nicht, dass du es selbst verzaubert hast, Ronja. Zu dieser Zeit kannst du doch kaum zwanzig Jahre alt gewesen sein.“
„Ich war fünfzehn, als alles begann. Dreimal fünf Finger, ich weiß es noch genau. Es ist eine lange Geschichte. Es war zu der Zeit, als ich aus dem geschützten Bergwald meiner Kindheit in die Welt der Menschen kam, zusammen mit meiner Ziehmutter Una, die ihr baldiges Ende kommen sah. Willst du es hören? Es könnte sehr lange dauern.“
„Ja, ich will es hören. Ich habe genug von all diesen Lügen über Götter, Geister, Drachen und Zauberer, die die Menschen verwirren und sie zu den irrsinnigsten Taten des Wahnsinns treiben. Wenn ich schon sterben muss, dann will ich auch wissen, warum. Ich höre dir zu, und sollte es auch den ganzen Tag und die ganze Nacht hindurch dauern!“
„So sei es denn. Ich habe gesehen, dass du ein sehr kluger, ein sehr tapferer und auch ein sehr treuer Mann bist, Hagen von Tronje. Ein Mann, wie ich ihn mir immer gewünscht hatte. Jetzt bist du hier, und ich muss dich in deinen sicheren Tod ziehen lassen, weil du deinem Lehnsherrn bis in den Tod treu bleiben wirst. Ich kann dir nicht gram sein, Hagen, dass du Siegfried getötet hast. Die wahre Schuld an seinem Ende, die trage ich. Ja, ich, Ronja die Zauberin, bin schuldig an allem, was aus ihm geworden ist. Ich war sein Schicksal, ich wollte es sein. Dabei habe ich keinen ehrlichen Mann aus ihm gemacht, sondern ein falsches Trugbild meiner eigenen eitlen Weiberträume. Ich habe aus ihm einen einfältigen, rauflustigen verblendeten Dummkopf gemacht, der an seine eigene Macht und Stärke, an seine Unverwundbarkeit so felsenfest geglaubt hat, dass er sich mit der ganzem Welt anlegen wollte und jedem, der ihm nicht zu Willen war bedrohte. Deshalb bin ich auch schuld an seinem Tod, auch wenn du die Tat ausgeführt hast, Hagen von Tronje. Du hast es getan, weil du Gunther, deinem Herrn treu warst und immer noch bist. Deshalb sollst du jetzt auch alles wissen.
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