Liebe auf Rädern, 4.Teil
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4 teil
Jo
Oh Mein Gott. Wenn ich dazu fähig gewesen wäre, hätte ich sie in mein Bett gebracht und mich in ihr vergraben, wäre über sie hergefallen wie der Höhlenmensch, der ich im Innern wurde und hätte sie dazu gebracht, meinen Namen immer wieder und wieder zu schreien. Stattdessen war ich fast in meine Hose gekommen, ohne meinen Schwanz mehr als einmal angefasst zu haben. Sie hatte das scheinbar nicht mal bemerkt, sie war anderweitig beschäftigt gewesen. Es hatte ihr gefallen, sie war gekommen, nur durch meine Finger. Und ich hätte es geliebt, wenn sie mich angefasst hätte, ich wollte sie auf meinen Schoß ziehen und in sie reinkriechen. Oh mein Gott, ihr Geruch, sie roch nach Lust und Sünde und Sex, nach mehr, sie hatte sich gehen lassen, hatte gekeucht und gestöhnt, sich in die eigene Hand gebissen und versucht leise zu bleiben.
Aber sie hatte mich nicht zurückgestoßen, mich nicht angeschrien oder geohrfeigt. Sie hielt die Augen geschlossen und sah so verdammt schön und zufrieden aus, als sie sich von ihrem Höhepunkt erholte. Ihr Gestammel, als ich ging, hieß wohl so viel, dass sie den Gefallen erwidern wollte, aber ich musste gehen, ich wäre verrückt geworden, wenn ich geblieben wär. Ich wollte nachdenken, mir die Erinnerungen einbrennen und nicht glauben, dass sie mich aus Mitleid rangelassen hatte. Es hatte ihr gefallen, aber ich würde niemals wissen, ob sie jeden das mit sich hätte machen lassen. Laut Marian hatte sie seit Ewigkeiten keine sexuellen Abenteuer gehabt.
Natürlich ließ mich der Gedanke an das, was passiert war, im Laufe dieser Nacht immer wieder wie einen Idioten grinsen. Aber dann fiel mir wieder ein, dass es keine Aussicht auf Wiederholung gäbe. Dass sie zu Sinnen kommen und daran denken würde, dass sie sich nicht mit einem Mann im Rollstuhl einlassen wollte. Wie hatte ich nur den Nerv gehabt, sie anzufassen? Mein Verstand hatte völlig ausgesetzt und sobald ich meine Hände auf ihr hatte, stritt sich meine Vernunft, die mich anschrie, mich nicht wie ein Perverser aufzuführen, mit diesem fantastischen Gefühl, sie zu spüren, endlich. Ihren weichen, runden Hintern, ihre Wärme, die Feuchtigkeit und Hitze, die ihre Mitte ausstrahlte, dieser Geruch, der mich zu ihr zog. Gott, sie war einfach unwiderstehlich, ich konnte nicht aufhören.
Ich hörte, wie sie wenig später die Wohnung verließ und wie Marian ins Bett ging und lag lange wach, erregt, verängstigt, was die Zukunft bringen würde, glücklich mit den Bildern ihres Vergnügens vor meinen inneren Augen, sauer darüber, sie damit vielleicht verjagt zu haben und ich wollte sie mehr denn je.
Am nächsten Morgen war Marian unfreundlich, aber sie ignorierte mich zum Glück und fragte nicht, was das gestern sollte. Sie sprach auch abends nicht mit mir und als ich mich lächelnd zu ihr setzte, als sie ihr Abendbrot aß, verschwand sie im Wohnzimmer und machte den Fernseher an, laut. Okay.
Das ging mehrere Tage so, bis ich ihr auf ihr genervtes Starren, als ich mich neben sie setzte, sagte, dass es mir Leid täte. Ich musste ja irgendwie das Schweigen brechen, sie erzählte mir gar nichts mehr, ich wusste nicht, was Stella ihr eventuell erzählt hatte oder wie es ihr ging. Sie würde nichts über den Fingerfick erzählen, da war ich mir ziemlich sicher, zu peinlich. Aber ich war neugierig und vermisste die Geschichten, was Stella getan hatte auf der Arbeit, was sie getragen hatte, was sie sagte.
„Marian, ich hätte Stella nicht so anmachen dürfen. Sorry.“
Sie sah mich nicht an und ich versuchte zum ersten Mal, ihr zu erklären, was mir nicht gefiel.
„Aber was immer du für uns planst, es ist nun mal so, dass ich keine Mitleids-Dates brauche. Du meinst es gut, aber eine Frau wie Stella würde sich doch unter normalen Umständen gar nicht nach mir umsehen. Sie redet mit mir, weil ich dein Bruder bin, ansonsten bin ich ihr doch völlig egal. Und das brauche ich wirklich nicht.“
Jetzt hatte ich ihre volle Aufmerksamkeit. Ihr Mund hing offen und ich wollte sie gerade darauf aufmerksam machen, dass sie noch Sandwichreste zwischen den Zähnen hatte, da prustete sie los
„Mitleids-Date? Du glaubst, Stella hätte einfach nur Mitleid mit dir? Oh, Himmel Herrgott nochmal, Jo, wie kannst du nur so blöd sein?“
„Nun, danke für dein Vertrauen in meine geistigen Fähigkeiten. Bisher war es schlimm genug, mich als körperlich behindert zu akzeptieren. Wenn du unbedingt auch mentale Behinderung ins Spiel bringen musst…“
„Ach, halt den Mund, Jo. Du bist wirklich bescheuert. Stella mag dich.“
Ich wollte gerade etwas Beleidigendes antworten auf das `bescheuert`, dann war ich es, dem der Mund offen hing.
„Stella, was? Du behauptest...? Ja, sicher. Und das hat gar nichts damit zu tun, dass du ihre Freundin bist und sie sich gut mit mir stellen will.“ Ich pffte etwas kindisch und erwartete fast, sie würde die Zunge rausstrecken, wie sie es früher immer getan hatte.
„Jo, wirklich. Sei ehrlich. Du magst sie doch auch?“
„Mein liebes Schwesterchen, ich habe sie ganze zwei Mal gesehen. Ich kenne sie doch kaum. Ich bin höflich, wenn es dir so viel bedeutet. Aber ich habe kein Interesse, sie näher kennen zu lernen. Einfach, weil ich es nicht nötig habe, dass meine Schwester mir Frauen vorstellt, um mich abzulenken. Ich weiß doch, wie das enden wird. Wenn ich mich tatsächlich für sie interessierte, würde sie doch schreiend wegrennen.“
Marian sah mich kopfschüttelnd an. „Wie kann man sich selbst nur so im Weg stehen? Wieso bist du davon überzeugt, dass Frauen dich nicht mehr interessant finden? Richtige Frauen meine ich, die stehen nämlich total drüber, dass du vielleicht eine Weile nicht laufen kannst. Zumindest kannst du reden. Das ist schon was wert, glaub mir. Die Flittchen, die dir früher so gefallen haben, die würden tatsächlich nichts mit dir zu tun haben wollen, aber ich verbiete dir, so über Stella zu denken. Sie sieht dich als Person, als Mensch, nicht nur als einen hübschen Arsch.“
Ich legte den Kopf in die Hände und wusste nicht, was ich denken sollte.
„Danke, dass du meinen Arsch hübsch findest, obwohl du ihn so lange nicht gesehen hast.“, meinte ich mit einem halbherzigen Grinsen. „Was meinst du damit, dass Stella mich mag? Will sie Filme mit mir ansehen und über Schauspieler reden? Gut. Will sie philosophische Gespräche mit mir führen oder sich von mir ein paar nette Spiele installieren lassen? Gut. Aber mehr wird nicht drin sein. Ich kann mit ihr nicht ausgehen, nicht tanzen gehen. Sie wird die Blicke in der Öffentlichkeit hassen. Warum würde sie sich das antun wollen?“
Meine Augen richteten sich fragend auf Marian. Sie würde keine Antwort haben, die diese Zweifel völlig auslöschen könnte. Und ich hatte noch nicht mal davon geredet, was passieren würde, wenn wir uns, sagen wir mal, romantisch annähern würden. Ich konnte sie nicht in die Arme nehmen, außer sie beugte sich sehr unbequem zu mir runter. Wir könnten nicht umschlungen spazieren gehen, Händchen halten sähe wohl auch ziemlich bescheuert aus.
Und im Bett würde sie die Kontrolle übernehmen müssen. So hart ich auch daran arbeitete, ich konnte meine Hüften nicht genug bewegen, nicht wie ích sollte, wenn ich jemals wieder richtigen Sex haben wollte. Es wurde besser, aber die alltäglichsten Bewegungen waren schmerzhaft und unbequem und der Fortschritt so viel langsamer, als ich es mir wünschte. Meine unnützen Beine waren auch sicher kein sehr sexy Anblick, wenn ich sie mit den Händen in die richtige Position bringen musste. An all das hatte ich gedacht, dachte ich seit Wochen, aber ich bin sicher, Marian glaubte, das sei alles kein Problem, wenn zwei sich verstehen. Werd erwachsen, Schwesterlein.
„Ich meine, dass Stella dich mag. Sie fragt nach dir, sie interessiert sich für dich. Sie macht sich Sorgen um dich. Sie hat mir gestanden, dass sie dich gutaussehend findet. Sie will gemocht werden, Mensch, du weißt ja gar nicht, wie sehr sie ein bisschen intelligente Gesellschaft braucht. In unserem Bekanntenkreis ist kein einziger, der ihren Ansprüchen genügt, dass seh ich selbst auch.“
Sie blickte mich an, während sie redete, versuchte, meine Reaktion einzuschätzen, aber ich sah umher, zu einer doofen Talk-Show und zu meinen Füßen, während ich über ihre Worte nachdachte. Sie fand mich also gutaussehend und intelligent. Okay. Und sie wusste von meiner Fingerfähigkeit. Trotzdem war sie nach diesem Abend nicht wieder gekommen, hatte nicht angerufen oder auch nur Grüße ausrichten lassen.
Ich hatte sie auch nicht angerufen, aber das war was Anderes – ich schämte mich dafür, wie ich sie behandelt hatte und wie ich ihr auswich, aber ich wollte sie wieder sehen. Ich traute mich nur nicht und ich würde mich ganz bestimmt nicht entschuldigen, so viel Stolz hatte ich noch. Sie fehlte mir, stellte ich fest.
Wir würden uns näher kennenlernen müssen, ich wollte wissen, was möglich war. Sex vielleicht eher nicht, nicht in den kommenden Wochen, aber interessante Gespräche, gemeinsam Lachen und einfach ihre höchst angenehme Gegenwart.
„Okay, Marian, wenn du sie wieder einladen willst, werd ich mich von meiner besten Seite zeigen, ich verspreche es. Wir werden sehen, ob wir Freunde sein können. Nicht dir zuliebe. Sondern weil ich Stella auch interessant finde.“
Marian grinste.
„Aber erwarte nicht mehr als das. Sie ist interessant, aber ich werde keine Frau als mehr als eine Freundin in Betracht ziehen, so lange ich an diesen Stuhl gebunden bin. Klar?“
„Joshua, du bist und bleibst ein im Selbstmitleid versinkender Arsch, aber ich weiß, dass dein Hintern immer noch knackig ist, und dass du ihn bald wieder schwingen und die Mädchen damit verrückt machen wirst. Doch mit Stella befreundet zu sein, wird dir gut tun, glaub mir. Dieses Mädchen nimmt keinen Bullshit von dir, sie ist stärker als sie aussieht. Für mich ist sie gut und für dich wird sie ebenfalls gut genug sein, ich weiß es.“
Damit schlug sie mich auf den Arm und wir lächelten beide. Ich würde sie wiedersehen. Gut. Ich würde versuchen, ihr Freund zu sein, gut.
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Stella
Seit dem Abend, an dem Jo mich mit seinen langen, eleganten und so geschickten Fingern ím Bad zu einem denkwürdigen Höhepunkt gebracht hatte, war ich nicht mehr bei ihm zu Hause gewesen. Marian und ich hatten über sein Benehmen vorher geredete und sie hatte ihn wie immer verteidigt mit Anspielungen darauf, wie unsicher er eigentlich sei, wie sehr er mit seiner Lage zu kämpfen hatte. Über die Bad-Episode hatte ich natürlich kein Wort verloren, und obwohl mir die Frage, ob seine Impotenz heilbar wäre, ob er tatsächlich jemals wieder der Alte würde, auf den Lippen brannte, traute ich mich nicht, das Thema anzuschneiden.
Ich träumte nachts allein im Bett nur von ihm. Dann erzählte mir meine Freundin auf einmal, Jo hätte sich endlich entschuldigt und ihr gestanden, dass er mich gerne wieder sehen würde. Er wollte mir mir befreundet sein. Mein Grinsen registrierend hatte sie hinzugefügt, dass er für mehr als Freundschaft wohl momentan nicht in der Lage sei und ich schüttelte entrüstet den Kopf.
„Aber Marian, was sollte es denn auch mehr werden? Mehr als das habe ich nie gewollt. Schlag dir den Gedanken aus dem Kopf, du könntest zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen, wenn sich mehr zwischen uns entwickeln würde.“
„Stella, du denkst immer noch, ich wollte euch verkuppeln? Nichts liegt mir ferner. Er hat dich doch gar nicht verdient.“
Ihr Zwinkern dabei ließ mich zweifeln, aber ich fragte mich ob `zu mehr ist er nicht in der Lage` rein körperlich gemeint war und ob sie damit meine Frage beantwortet hätte. `Momentan` hatte sie gesagt, mmh. Vielleicht gab es ja doch noch Hoffnung.
Ein paar Tage später stand ich vor ihrer Tür mit einer Flasche Wein, nüchtern dieses Mal. Ich glaubte nicht, mir Mut antrinken zu müssen. Ich klopfte an die Wohnungstür und sah erstaunt, dass diese nur angelehnt war.
„Hallo, ist jemand zu Hause? Marian?“
Niemand antwortete und ich ging rein. In der Küche sah alles aus, als wäre jemand dabei gewesen, das Essen vorzubereiten, aber keine Menschenseele war zu sehen. Ich ging durchs leere Wohnzimmer und überlegte, ob ich mich einfach setzen und warten oder eher nützlich machen sollte.
Die Tür zu Jos Zimmer stand offen. Er war sicher auch nicht da, sonst hätte er auf mein Rufen geantwortet. Ich ging darauf zu und schob sie weiter auf, nur um einen Blick hinein zu werfen.
Was ich sah, ließ mein Blut sich unverzüglich dem Siedepunkt nähern und ich verfluchte mich dafür, nicht ein oder zwei Tequila gekippt zu haben, bevor ich mich hertraute.
Jo trainierte. Er hörte Musik über Kopfhörer und bemerkte mich nicht. Er hing an einer Stange in der Badezimmertür und machte Push-Ups. Mit nacktem, verschwitztem Oberkörper drehte er mir den Rücken zu und ich staunte mit offenen Mund das Schauspiel seiner Muskeln an, als er sich hochzog und wieder runter hängen ließ, aber die Spannung nie ganz aus seinen kräftigen Armen wich.
Seine langen Beine in einer grauen Jogginghose hingen herab, der Rand der Hose war verrutscht und ließen den Ansatz seiner Pobacken sehen und zwei Grübchen am Ende seines langen, starken, breiten Rückens.
Ich starrte, sprachlos und fühlte mich so stark zu ihm hingezogen, dass meine Hände kribbelten. Bei jedem Hochziehen kam ein Ächzen aus seiner Kehle, das dafür sorgte, dass sich in meinem Höschen rasch Feuchtigkeit ansammelte und ich drückte unwillkürlich die Oberschenkel zusammen, um das Brennen in meiner Mitte zu unterdrücken.
Dann ließ er sich plötzlich fallen, landete auf dem Po, nicht schmerzhaft, sondern kontrolliert und geschmeidig wie eine Wildkatze, er legte sich zurück und atmete hörbar aus.
Mein Atem stockte, und ich starrte auf seine leicht behaarte Brust, seine Bauchmuskeln und den schmalen Streifen gelockter, dunkelblonder Haare, die unter seinem niedrigen Hosenbund verschwand. Nach wenigen tiefen Atemzügen legte er die Hände hinter den Kopf und begann mit Crunches. Er fasste seine Beine mit den Händen an und zog sie hoch, stellte die Füße auf und legte sich wieder hin.
Als er sich zur Seite drehte, sah er mich plötzlich.
Er fuhr hoch in eine sitzende Position und riss sich die Kopfhörer aus den Ohren.
„Stella! Wie lange…“ Er errötete, ein deutliches Erröten aus Scham, sichtbar unter seiner verschwitzen, warmen Haut. Er fühlte sich ertappt oder vielleicht spürte er nur meinen Blick auf ihm, ich konnte meine Augen nicht von ihm abwenden. Er war so unglaublich…. Gott, er sah so… ich hatte keine Worte.
Er blies sich eine nasse Strähne Haar aus dem Gesicht und schob sich auf diesen starken Armen zu seinem in der Nähe bereit stehenden Stuhl. Sex auf Beinen. Oder Rädern. Als er saß, sah er zu mir und grinste, dieses schiefe, wissende, verführerische Lächeln, das ihn wie ein Raubtier aussehen ließ und mir fiel auf, dass ich immer noch starrte und nichts gesagt hatte. Seine Augen lächelten auch, aber sein Blick wurde dunkler, intensiver.
Er würde noch Löcher damit in mich bohren. Meine Haut fühlte sich an, als würde sie langsam aber sicher ganz knusprig von seinen heißen Blicken. Ja, heiß, verlangend, aber auch liebevoll sah er mich an. Er ließ seine Augen über mich wandern, wie ich gerade ihn bewundert hatte und jetzt war ich an der Reihe, knallrot zu werden.
„Hi, es tut mir leid, ich wollte nicht stören, ich… die Tür war auf. Wo ist Marian?“
„Keine Ahnung. Aber wir werden sie schon finden.“, meinte er, immer noch lächelnd und kam auf mich zu gerollt, während er ein Handtuch nahm und anfing, sich damit den Oberkörper trocken zu reiben. Am liebsten hätte ich ihn abgeleckt.
Ich ging ein paar Schritte zurück und suchte nach Worten, die mein peinliches Starren und meine Unfähigkeit, mich von ihm wegzudrehen, erklären würden.
„Tja, dann geh ich mal in die Küche und seh zu, dass wir was zu Essen kriegen. Sie wird bestimmt gleich kommen, ja.“ Damit rannte ich fast weg von ihm, seinem Blick und von seinem fantastischen Körper. Eine Minute länger, einen Meter näher und ich hätte mich ihm an den Hals, oder besser, in den Schoß geworfen. Ich floh in die Küche und hörte sein dunkles Kichern hinter mir. Marian kam durch die immer noch angelehnte Wohnungstür rein.
„Stella. Sorry, ich musste den Müll runterbringen. Wartest du schon lange?“
Dann bemerkte sie den immer noch nur halbbekleideten Jo und sah ihn fragend an.
„Ich werd dann mal unter die Dusche verschwinden. Bin gerade erst mit meinem Training fertig.“
Er rollte weg und ich drehte mich zu Marian. „Kein Problem, ich bin gerade erst gekommen. Kann ich dir helfen?“
Wir bereiteten das Essen zu und setzten uns. Jo kam nach einer halben Stunde zu uns und nahm sich etwas auf seinen Teller, rollte damit auf dem Schoß ins Wohnzimmer und suchte eine DVD aus. Aber ich wollte keinen Film sehen, auf den ich mich doch nicht würde konzentrieren können, ich brauchte eine andere Ablenkung. Ich befürchtete, Jo anzustarren, der mit noch feuchten Haaren und einem schwarzen Polo einfach zum Ablecken aussah.
Ich schlug ein Spiel vor, wir einigten uns auf Trivial Pursuit. Wie immer lag ich bei Literaturfragen ganz vorne und wusste nichts von Sport, Jo ließ ein bemerkenswert breitgefächertes Wissen sehen, wie ich voller Respekt lobte.
Er zwinkerte „Wir haben das so oft gespielt, ich habe einfach ein fotografisches Gedächtnis. Ich wette, bei einer neueren Edition würde ich kläglich versagen.“ Er gab es zu und er spielte sogar falsch, wehrte sich gar nicht, als wir protestierten, sondern lachte nur. Er hatte ansteckend gute Laune, so hatte ich ihn noch nie gesehen. Bei unserem letzten Gespräch war er zumindest anfangs nett und freundlich gewesen, jetzt war er ausgelassen und verspielt.
Ich wäre gern mit ihm allein gewesen, um ihn irgendwie darauf anzusprechen, was im Badezimmer passiert war. Hielt er mich einfach für geil, glaubte er, ich müsse mal wieder einen Mann haben und hätte jeden einfach so unter meinen Rock gelassen? Er könnte mich für ein leichtes Mädchen halten, dass seine Dienste annimmt, um Druck los zu werden, ohne die Verpflichtung, etwas dafür zurück tun zu müssen, weil er nicht mehr als das tun konnte. Nichts war weiter entfernt von der Wahrheit.
Ich wollte nicht irgendjemanden, ich wollte ihn, alles was er mir geben könnte. Aber er war nicht interessiert. Ich war nur die Freundin seiner Schwester. Er hatte meine Erregung gespürt, fühlte sich vielleicht geschmeichelt. Aber ansonsten ließ nichts in seinem Verhalten mir gegenüber sehen, dass er mich interessant fände. Er sah mich nur als nette Bekannte.
Wir tranken Wein, ich wusste nicht genau, die wievielte Flasche Jo gerade in unsere Gläser leerte, als Marian zu mir sagte: „Es ist schon verdammt spät. Mensch, Kinder, die Zeit vergeht wirklich wie im Flug, wenn man Spaß hat, was? Stella, du solltest hier schlafen, es lohnt sich doch kaum noch, jetzt nach Hause zu gehen und ich glaube, du hast zu viel getrunken.“
„Ich kann mir doch ein Taxi nehmen, und morgen kann ich ausschlafen. Das wird schon gehen.“
„Nein, Marian hat Recht.“, meldete sich Jo. „Du kannst im Gästezimmer schlafen. Gar kein Problem. Und wenn du Lust hast, können wir dann gleich morgen zu dieser Ausstellung im Städtischen, über die wir vorhin geredet haben.“
Täuschte ich mich, oder grinste Marian wissend und schelmisch, als hätte da mal wieder einer ihrer Schachzüge funktioniert? Jo schien es jedenfalls ernst zu meinen, und durch meinen leichten Schwips spürte ich beim Gedanken an ein warmes Bett gleich um die Ecke plötzlich nur noch bleierne Müdigkeit in allen Gliedern.
„Abgemacht. Ich geb dir ein T-Shirt von mir und eine Zahnbürste – Jo, sie darf doch dein Badezimmer benutzen? Die Dusche ist größer…“, rief Marian, sprang auf und rannte weg, wie ein kleines Mädchen, das sich auf eine Pyjama-Party freut. Jo grinste mich verlegen an und sagte nur: „Na, dann Gute Nacht. Bis morgen.“, und verschwand in seinem Zimmer.
Ich gähnte und fügte mich in mein Schicksal, ohne weiter darüber nachzudenken, dass er da, gleich nebenan, sich jetzt ausziehen würde. Ich war einfach zu müde, mir über die möglichen Konsequenzen Sorgen zu machen.
fortsetzung folgt bald