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An Land gesetzt

An Land gesetzt
Der Zahlmeister hatte mich an Land gesetzt.
Mich, Desiree di Demiani, genannt "Demmi", weil ich im Gästepool der "Voyager of the Seas" gebadet hatte. Nackt.
Na und? mein erlernter Beruf ist Aktmodell, sogar richtig akademisch, mir macht das nichts aus.
Den Gästen machte es aber was aus, genauer gesagt: deren Ehefrauen.

Da stand ich also mit meiner kleinen Reisetasche an der nördlichen Strandpromenade von Paradise Island, der östlichen Nebeninsel von Providence Island, und wusste nicht wohin. Ich hatte immer noch meine Bordkleidung an, die man mir „großzügig“ überlassen hatte. „Paradise Island“, welch ein Hohn! Als erstes wollte ich mich irgendwie und irgendwo meiner kratzigen Sachen entledigen. In meiner Tasche hatte ich zum Glück noch private Sachen. Einige seidene Slips, drei Unterröcke aus reiner Baumwolle und natürlich auch mein knielanges hellblaues Sommerkleid. Also suchte ich eines der vielen kleinen Fischrestaurants auf, bestellte mir da ein kleines Getränk und suchte mit meiner Tasche die Toilette auf. Die Toilette war da von der extremen französischen Art, ein kopfgroßes Loch im Boden mit einem alten Ölfass, welches darunter eingegraben war, ohne Toilettenschüssel oder sonst was und sie hatte statt einer Tür nur ein doppeltes Schwingbrett, so ähnlich wie man es aus Westernfilmen von der Saloontür her kennt. Mir war es egal. Meine alte Borduniform entsorgte ich einfach gleich samt Unterwäsche in das bodenlose Loch. Dann kramte ich einen meiner baumwollenen weißen Unterröcke heraus, zog ihn mir über und fasste wieder hinter mich, um mir einen Slip zu greifen. Doch ich griff ins Leere. Meine Tasche war verschwunden! Mit allen meinen übrigen Sachen, meinem Geld und auch mit meinem Pass. Ich erschrak, stürzte aus der Schwingtür und schaute mich überall in den verwinkelten Gängen und hinter den geflochtenen Binsenmatten um. Nichts zu sehen, keiner da. Als ich mich bei der Wirtin beschwerte, wollte sie zuerst meinen Pass sehen, „Passeport?“. Ich streckte nur die Arme weit aus und zuckte mit den Schultern. Da zuckte sie auch nur mit den Schultern und räumte mein gerade serviertes Getränk wieder vom Tisch.
Ich überlege, ob ich am besten nicht gleich so ins Wasser gehen und mich ertränken sollte. Nackt im weißen Unterrock. Der Tod im Paradies. Aber ich höre von überall Leute lachen, Kinder schreien, Musik und fremdartige Düfte, rhythmische Trommelklänge und das Rauschen der Wellen am Strand. Genau hierher wollte ich doch! Ich lebe noch und bin gesund. Dass ich außer meinem weißen Baumwollunterrock nichts mehr anhabe, ist fast schon mehr, als ich sonst so gewohnt bin. Was soll dann also das ganze Lamento?
Los, Demmi, mach dich auf und erkunde die Insel.
Also beschließe ich, mir als Erstes einmal irgendeine kleine Arbeit zu suchen, von der ich leben kann. Es geht schon heftig auf die Mittagszeit zu und ich schlendere die Strandpromenade in südlicher Richtung hinunter, auf der Suche nach einem Hotel, wo man auch deutsch spricht. Englisch verstehe ich kaum, und den seltsame Slang, den die Einheimischen hier schnattern, eine bunte Mischung aus Englisch, Spanisch und Französisch schon gleich gar nicht. Die karibische Sonne brennt auf meine vom sonnenlichtlosen Leben unter Deck noch sehr blasse Haut. Die Menschen haben sich vom Strand und von den Straßen in ihre Häusern und Hotels zurückgezogen. Endlich finde ich ein mittelgroßes Touristenhotel mit, unter anderen, auch deutschen Angebotstafeln vor der Eingangstür. Also gehe ich da hinein und fragte die Frau an der Rezeption, ob ich hier eventuell einen kleinen Job bekommen könnte. Auch sie fragt mich als erstes nach meinem Pass. Ich erzähle ihr meine Story und sie wird dabei immer abweisender in ihrem Gesichtsausdruck, der mir erst zu Beginn schon sehr verheißungsvoll erschienen war, als ich sie auf Deutsch angesprochen hatte. „Da kann ich Ihnen leider nicht weiterhelfen, junge Frau“, sagt sie bedauernd, „aber wir haben hier ganz strenge Bestimmungen, wegen der illegalen haitianischen Einwanderer, wissen Sie? Hier gibt es fast jeden zweiten Tag eine Razzia nach illegal Beschäftigten und nach Prostituierten. So, wie Sie aussehen, in diesem Aufzug und ohne Papiere, da würde man Sie sofort verhaften und auf eine abgelegene Insel in ein Straf- und Arbeitslager abschieben.
Ich weiß zwar, dass oben, zwischen den dünnen Trägern meines hüftlangen Unterrockes meine kleinen spitzen Brüste fast ganz zu sehen sind und dass sich manchmal ungewollt eine meiner Brustwarzen keck ihre Blickfreiheit sucht, aber ich finde daran nichts Anstößiges. Pudel werden extra nackt geschoren, aber bei einem Menschen soll das anstößig sein? Wer soll das verstehen?
„Wenn ich Ihnen also etwas empfehlen darf, junge Frau, dann halten Sie sich von jetzt an lieber von den Tourismusbezirken fern und gehen Sie am Strand weiter nach Norden, bis dorthin, wo überall die Schilder mit der Aufschrift „Do not pass, please!“ stehen. Dahinter beginnen dann die Wohnbezirke der ärmeren farbigen Einheimischen, der Mulatten und Mestizen und der Schwarzen, die nehmen es damit nicht so genau. Dort traut sich auch die Polizei nicht hin, weil da die Voodoo-Priesterinnen herrschen, die von den einfachen Leuten sehr gefürchtet sind. Die armen Leute hier sind im Rahmen ihrer Möglichkeiten übrigens sehr gastfreundlich. Ich hätte Ihnen ja auch gerne etwas zu Essen und zu Trinken angeboten, aber ich kann es leider nicht dulden, dass Sie sich so an einen Tisch setzen. Wenn Ihnen dabei der Rock nach oben rutschte, dann wären Sie ja völlig nackt. Aber in der Besenkammer steht ein niedriges Schränkchen. Darauf werde ich Ihnen gleich einen kleinen Imbiss hinstellen lassen. Danach verlassen Sie aber bitte das Hotel durch den Hintereingang und befolgen Sie meinen Rat, ja?“
Was soll ich machen? Sie hat ja leider Recht. Ich bedanke mich höflichst für den Imbiss und stille erst einmal meinen Hunger und Durst. Dann gehe ich am Strand weiter nach Norden. Ich finde eines der genannten Schilder und gehe weiter. Hier gibt es keine Promenade mehr und der Strand ist bevölkert mit spielenden dunkelhäutigen Kindern und Fischern an kleinen Fischerbooten. Ich setze mich ins hohe Gras und überlege, wie es mit mir weiter gehen könnte. Dabei beobachte ich die Kinder beim Spielen. Die kleineren Kinder scheint es in keiner Weise zu stören, sie beachten mich gar nicht. Aber die größeren Kinder schauen mich immer häufiger unsicher und zweifelnd an. Irgendetwas scheint sie zu irritieren. Es ist aber offenbar nicht meine dürftige Kleidung, sondern meine hellweiße Haut und meine roten Haare. Ein kleiner Junge kommt zu mir und reicht mir unbefangen einige walnussgroße Früchte, die er von einem Busch abgepflückt hat. Sie sehen aus, wie sehr große rote Zwiebeln oder Haselnüsse. Unter den Deckblättern, die man leicht abziehen kann, finde ich eine dunkelrote Beere oder Tomate, die sehr einladend aussieht. Da ich sehen kann, dass die Kinder die Früchte auch essen, probiere ich es selbst aus. Ich lege den Kopf zurück und beiße in die dunkelrote Frucht. Ein Strahl aus dickem süßem Saft mit mehreren Nebenstrahlen schießt mir ins Gesicht, in die Augen und läuft mir auf und unter den weißen Rock. Aber es schmeckt sehr gut, fast so, wie die Beeren im Granatapfel oder schwarze Johannisbeeren. Es löscht den Durst. Ich nehme noch zwei weitere Früchte und ziehe mir danach den Unterrock aus, um ihn zu inspizieren und im Sand etwas abzureiben, ihn von diesem süßen klebrigen Saft zu befreien, da geschieht plötzlich etwas Unerwartetes:
Eine ältere schwarze Frau kommt an den Strand, jagt schreiend die Kinder weg und geht dann langsam, ängstlich und zögernd mit vorgesteckten Händen und abwehrenden Handflächen auf mich zu. Direkt vor mir wirft sie sich auf den Boden und deklamiert in einem mir völlig unverständlichen Singsang irgendwelche Verse, die sich ständig wiederholen. Dann beginnt sie, vor mir in wilden Bewegungen einen beschwörenden Tanz aufzuführen, wobei sie sich immer wieder an den Kopf an die Augen und ans Herz fasst. Ich stehe auf und gehe auf sie zu, um sie zu beruhigen. „Aber liebe Frau, was haben Sie denn?“ will ich gerade sagen, und strecke ihr die rechte Hand entgegen, da rennt sie laut schreiend in panischer Flucht davon. „Hide all, Loa Agwe! Loa Agwe!“. Als ich versuche, ihr hinterher zu laufen, ist plötzlich auch der Strand in Sekundenschnelle wie leergefegt. Alle scheinen sich in ihre Wellblechhütten verkrochen zu haben. Was ist denn denen über die Leber gelaufen? Was habe ich denn an mir, das sie so heftig erschreckt hat? Die Kinder hatten doch schließlich auch keine Angst vor mir?
Das war es dann also, mit meinem Versuch, bei den Einheimischen unterzukommen. Aber zurück kann ich auch nicht mehr. Also gehe ich an dem jetzt menschenleer scheinenden Hüttendorf vorbei in Richtung Norden. Dort muss doch irgendwo der Flugplatz sein, denn ich kann am Himmel in dieser Richtung niedrig anfliegende Propellermaschinen sehen. Ich bin schon mindestens einen Kilometer gelaufen, da erst wird mir bewusst, dass ich jetzt ganz nackt bin. Total rattennackt! Den weißen, jetzt rot befleckten Unterrock, mein letztes Bekleidungsstück, habe ich in der Aufregung irgendwo im Sand zwischen den Sträuchern liegen lassen. Zurück kann ich aber nicht mehr. Und ich würde das Ding auch dann wahrscheinlich niemals wiederfinden. Jetzt bin ich wirklich das blanke nackte blasse mittellose Demmi-Menschlein im Paradies. Ach du meine Güte! Wo kann ich armes nacktes Ding denn jetzt überhaupt noch hingehen? Ich blicke nach vorn, wie ich es immer tue. Zwischen den Bäumen und den letzten Hütten vor mir sehe ich plötzlich einen weißgestrichenen Mast hochragen. Ein Segelboot, gar eine Yacht? Vielleicht kann ich da unterkommen? Weg von hier, irgendwie weg! Alles andere ist mir jetzt ganz egal. Auch, dass ich gar nichts an habe, ist mir jetzt völlig zweitrangig. Ich hoffe nur noch Eines: ‚möge es sich bei dem Besitzer um einen zivilisierten aufgeklärten Menschen handeln, dem ich mich verständlich machen kann’. Ich weiß, warum ich abergläubisch bin: Immer, wenn die Not am allergrößten ist, dann kommt unerwartet Hilfe.
„Na, junge Frau, unterwegs zum Voodoofestival? Der Voodoo-Feiertag war doch schon am 10 Januar. Aber ihr Loa-Agwe-Kostüm ist wirklich so täuschend echt, dass ich vor ihnen mächtig Angst hätte, wenn ich ein Einheimischer wäre. “
Da steht ein junger vollbärtiger Mann an der Bugreling seiner ziemlich heruntergekommen, ehemals weißen Segelyacht und schaut mich neugierig an. Hat der mich nicht gerade auf Deutsch angeredet? Ich kann es kaum glauben. Ich renne über das kurze schmale Brett auf sein Boot und auf ihn zu, falle ihm um den Hals und knutsche ihn heulend ab, als wäre er mein wiedergefundener Liebhaber. Dass ich dabei meine nackten Titten an seiner haarigen Männerbrust platt drücke, das stört mich jetzt überhaupt nicht. Ganz im Gegenteil. Ich will da gar nicht mehr weg. Dann frage ich aber doch neugierig geworden: „Loa Agwe? Das habe ich auch eben gerade gehört. Wer ist denn das?“
„Ach, Loa Agwe? Das ist hier bei den Voodoo-Gläubigen die Botin des Totenreiches. So etwas, wie bei uns in Deutschland der Gevatter Tod. Sie wacht über die Zombies und holt angeblich die Todgeweihten ab ins Reich der Ahnen. Wer ihr am hellen Tage begegnet, wird entweder bald zum Zombie oder er stirbt in der dritten Nacht danach. Die Leute hier glauben jedenfalls daran. Leider muss ich auch daran glauben, obwohl ich aufgeklärt bin. Sie verstehen es nämlich, ihren Glauben auch praktisch durchzusetzen. Sogar die Polizei hat vor ihren Priestern und Priesterinnen mächtige Angst.“
„Und wie sieht sie aus, diese Loa Agwe?“
„Gehe doch einfach in die Heckkajüte und schaue da in den Spiegel, dann siehst du sie. Ihr Körper ist nackt und schneeweiß, ihre Haare sind brandrot und ihre Augenhöhlen, ihr Mund und ihre Brüste sind mit Blut beschmiert. Bei den Voodoo-Kulttänzen malen sie oft eine Frau mit weißer und roter Farbe so an, aber bei dir wirkt es absolut täuschend „natürlich“ und echt.“
Ich denke kurz darüber nach, dann wird es mir auch klar. Ich brauche keinen Spiegel mehr. „Und wer bist du? Kommst du aus Deutschland?“
„Ich heiße Mike Jansen, komme aus Rostock in Ostdeutschland und liege hier seit drei Monaten fest. Und du?“
„Wie schön, ich auch, seit heute! Kannst Desiree zu mir sagen, oder meinetwegen auch einfach Demmi. Da sitzen wir jetzt also beide hier fest. Was wird jetzt?“

Da sitzen wir also plötzlich in einem Boot. In der Karibik.
Der Mike aus Rostock und die nackte Desiree aus München.
Und beide sitzen wir außerdem auch noch fest.
Die kleine weiße Yacht heißt „Swallow“, (Schwalbe), liegt ganz alleine in einer kleinen runden Bucht im Viertel der Einheimischen von Paradise Island auf den Bahamas und sieht sehr schmutzig und heruntergekommen aus. Der Mike auch.
Er erzählte mir etwas später seine Story, die ich aber hier einmal zeitlich vorziehen muss, um das Folgende verständlich zu machen. Mike hatte im Jahr 1987 eine ziemlich beachtliche Erbschaft gemacht. Rund 200.000 DM. Das Problem aber war: Er lebte damals in der DDR und seine verstorbene Verwandte hatte in Kassel gelebt, in der Bundesrepublik. Wie also an die Erbschaft herankommen? Man hatte ihm zwar angeboten, über einen DDR-Rechtsanwalt als Beauftragten die Summe einzuholen und im Verhältnis 1:1 in Ostmark umzutauschen. Dann wären etwa noch so 50% Gebühren für den Anwalt und dann noch 85% Steuern fällig gewesen, so dass dem Mike in etwa noch 15.000 Mark Ost übrig geblieben wären. Auch eine schöne Summe. Aber damit war er natürlich gar nicht einverstanden. Also hatte er sich in Warnemünde mit Hilfe eines Verwandten an Bord eines Fischkutters geschmuggelt und war dann in der Nacht mit Hilfe einer Luftmatratze nach Schweden abgehauen. Dabei wäre er fast noch ertrunken, aber er hatte es geschafft. Das Geld hatte er dann verwendet, um die „Swallow“ zu kaufen und auszurüsten. Er wollte schon immer mal eine Weltreise über die Meere machen. Das ging auch ganz gut, bis er hier in Paradise Island anlegte. Schon der Name war verlockend! Aber er hatte leider einen kleinen Fehler gemacht: Das mit dem Paradies hat er wohl zu wörtlich genommen und hier einer kleinen Mulattin ein Kind gemacht. Sie ist jetzt im 3. Monat schwanger. Für ihre Familie bedeutet das aber glasklar, dass Mike jetzt mit ihr verheiratet ist, ganz automatisch. Und da hier immer die Frauen das Erbrecht haben, weil die Männer ja auch mal schnell beim Fischen draußen bleiben könnten oder den ganzen Besitz versaufen würden, gehörte damit seine Yacht auch automatisch der „Braut“ und ihrer Familie. Die Familie besteht jetzt darauf, seine Yacht zum Fischkutter umzubauen.
So ist die Lage. Der Mike sitzt hier fest. Und ich mit ihm.
„Warum kannst du nicht einfach den Motor starten und davon fahren? Wer sollte dich denn daran hindern können?“
„So einfach ist das leider nicht. Ich habe keinen Dieseltreibstoff an Bord und kann deshalb den Motor nicht nutzen. Damit würde es in der Nacht schon gehen. Zum Segeln bräuchte ich aber eine Crew, mindestens noch einen Mann. Mein letzter Mate und Begleiter ist aber schon vor 3 Monaten weggegangen. Siehst du die enge Bucht hier? Wenn Wind aufkommt, dann drückt er fast immer in die Bucht hinein, also müsste ich gegen den Wind kreuzen, um heraus zu kommen. Das geht aber nicht, ohne einen zweiten Mann. Einer muss das Steuer bedienen und mindestens Einer die Segelleinen beim Halsen. Eines Nachts habe ich es trotzdem versucht, mit meinem letzten Treibstoffvorrat. Sie haben mich dort, vor dem Ausgang der Bucht von beiden Landzungen aus mit Feuerwerkskörpern beschossen und die „Swallow“ dabei fast in Brand gesetzt. Du siehst ja selbst, wie sie jetzt aussieht. Aber, was das Schlimmste ist: sie haben mir danach einen ständigen Wächter an Bord gesetzt. Es ist der große Bruder des Mädchens, Mateo heißt er. Er haust schon seit 5 Wochen ständig da vorn in meiner Steuerbordkajüte, hat sich eine Brandflasche gebastelt und von innen den Tank angebohrt. Seine Familie füttert ihn da durch. Er droht damit, sofort die „Swallow“ in Brand zu setzen, wenn ich auftanken und noch einmal einen Fluchtversuch machen sollte. Ich kann nicht einmal von Bord gehen. Dann würden sie mein Boot sofort kapern und irgendwohin verschleppen.“
Das ist ja wirklich eine ziemlich schwierige Lage. Was nützt mir jetzt meine scheinbare Rettung? Nichts, wie es aussieht.
„Ich werde dann mal schnell ein Bad in der Bucht nehmen und mir das „Blut“ abwaschen“, seufze ich resigniert, „leider habe ich auch nichts mehr zum Anziehen, wie du siehst. Stört es dich, dass ich so ganz nackig bin?“
Mike schaut mich ziemlich verdattert von oben bis unten an. „Du bist nackt? Ach! Stimmt ja tatsächlich, das ist ja gar kein Kostüm. Muss ich jetzt Komplimente machen? Oh, nein, entschuldige. Das waren ja deine nackten Brüste, die ich da eben gefühlt habe. War wirklich schön geil. Die sind so schön warm und fest, wie ich es gern habe. Schade, dass ich jetzt dafür gerade keine Sinne frei habe. Sind die Haare da an deiner…, äh…, sind die wirklich rot, oder ist das nur von dem Blut? Hast du gerade deine Tage?“
„Mann! Das ist doch gar kein Blut! Das ist der Saft von einer Frucht, die hier an den Büschen wächst. Und wenn ich wieder mal meine Tage habe, dann schreibe ich dir ne Postkarte, du Blödmann! Glaubst du etwa, ich schmiere mir das Blut in die Augen, wenn ich den roten Innenminister habe? Ach Schitt, verdammter Mist! Mir haben sie hier und heute doch alle meine Sachen geklaut. Geld und Pass sind auch futsch.“
Dann fange ich schon wieder an zu heulen und der rote Saft um meine Augen läuft mir an den Wangen runter. Das bringt den Mike aber gerade auf eine Idee:
„Warte doch mal, Demmi. Noch nicht abwaschen, die rote Schminke. Mir fällt da gerade etwas ein, wie wir den lästigen Wächter loswerden könnten. Der pennt um diese Zeit immer unten in seiner dunklen schattigen Kajüte. Der hat dich doch noch nicht gesehen. Und gerade jetzt siehst du wirklich so aus, wie die leibhaftige Loa Agwe. Das an den Wangen herunter laufende Blut hatte noch gefehlt. Jetzt brauchen wir nur noch einen grünlichen Schimmer auf deiner weißen Haut. Momentchen, das haben wir doch gleich...“
Er geht an die rechte Bordwand seiner Yacht und holt eine der beiden Positionslaternen an dem Seil herunter, mit welchem sie da am Mast befestigt war. Sie hat ein grünes Glas und wird mit Petroleum betrieben. Es ist noch genügend Saft darin und er zündet sie an. „Pass auf, Demmi. Du sollst jetzt versuchen, den Kerl da unten mit Hilfe seines eigenen Aberglaubens zu vertreiben. Halte dir die Laterne mit der linken Hand von unten gegen den Körper, so dass du ganz grün angestrahlt wirst. So gehst du dann da runter in die Steuerbordkajüte. Es ist die auf der rechten Seite. Gehe ganz langsam auf den Kerl zu und strecke ihm deine rechte Hand entgegen, so, als würdest du ihn abholen wollen. Ich habe das einmal gesehen, bei ihren Voodoo-Tänzen, als ich noch Gast in der Familie war. Sie reagieren auf solche Rituale wie in Trance und fast automatisch. Wenn du ihn siehst, dann rufe laut und schrill: „Mateo!“ Den Rest müssen wir dann abwarten. Traust du dich?“
„Hm, was aber, wenn er bewaffnet ist?“
„Ja, er hat ein Messer dabei. Aber er wird dich nicht angreifen. Einen Geist anzugreifen, würde für sie ewiges Zombie-Dasein bedeuten. Davor haben sie mehr Angst, als vor dem Tod.“
Mir zittern zwar die Knie, aber ich will ja schließlich auch etwas zur Überwindung unserer misslichen Lage beitragen. Also nehme ich die Laterne und gehe den Niedergang zum Unterdeck langsam hinunter. Mike folgt mir mit Abstand, zur Sicherheit. Es sieht hier unten einfach grauslich aus. Überall Dreck und Abfall, Hühnerknochen, Muschelschalen, leere Flaschen und Büchsen, Schalen und Reste von Früchten, Kokosnüssen und alten Zeitungsfetzen. Es stinkt infernalisch. Am liebsten würde ich selbst die Flucht ergreifen. Ich sehe rechts eine offen stehende Tür und höre von drinnen ein lautes Schnarchen. Ich gehe langsam hinein und gebe sofort die Tür wieder frei, damit Mateo auch wirklich abhauen kann, und sich nicht in die Enge getrieben fühlt. Ich schleiche mich zum Fußende seiner Koje und lege die Laterne vorsichtig vor mir auf den Boden, so dass sie mich von unten her grün anstrahlt. Dann schreie ich laut und schrill, mit vor eigener Angst vibrierender Stimme: „Mateo!“ Es klingt wirklich sehr schaurig in die einsame Stille hier unten.
Mateo schrickt auf, reißt die Augen weit auf und starrt mich an, als wäre ich der Tod persönlich. Ich sehe dabei zum ersten Mal, wie sich bei einem Menschen alle Haare auf einmal aufrichten, was bei seinem schwarzen Lockenkopf tatsächlich ein eindrucksvoller Anblick ist. Dem ist die Angst bis in die letzte Zehenspitze gerast. Ich starre ihn böse an und gehe ganz langsam auf ihn zu. Dabei fordere ich ihn noch einladend mit dem rechten Zeigefinger zum Mitkommen auf. Das reicht. Ein kalter Schweißausbruch macht ihn patschnass und er springt aus der Koje, rennt zur Tür, mehrmals polternd über Knochen und Flaschen stolpernd den Niedergang hinauf und kurz darauf höre ich draußen neben dem Schiff etwas Großes laut ins Wasser platschen. Gott sei Dank! Ich bin ja froh, dass er keinen Herzschlag erlitten hat. „Uff!“, das wäre geschafft.
„Klasse, Demmi! Gut gemacht. Als Geist bist du eine Fachkraft.“
„Und sonst so?“
„Na ja, als nackte Frau und Liebhaberin bist du leider gerade nicht so ganz vorteilhaft hergerichtet und geschminkt. Aber bleibe bitte trotzdem noch einige Stunden so, die Sache ist noch nicht ganz ausgestanden. Du bist jetzt selbst auch ganz schön aufgeregt, stimmts? Ich sehe es an deinen Brüsten. Deine Nippel sind ja ganz steif und du hast überall eine Gänsehaut. Sogar deine roten Haare da unten stehen nach vorne ab, wie die Haare von Mateo.“ So ein alberner Kerl! Natürlich steckt mir die Angst auch noch überall drin in den Knochen und sonst wo.
Ich werde noch röter und halte mir schnell die Hände darüber.
„Du bist unmöglich! Was soll da denn noch kommen? Was kann da jetzt noch kommen?“
„Die Reaktion der Familie. Glauben sie der Erscheinung oder haben sie den Schwindel bemerkt? Notfalls müssen wir noch etwas zulegen. Erst einmal müssen wir abwarten, das Ufer beobachten, und vor allem Zeit gewinnen. Ich muss dich jetzt so schnell wie möglich zur Schiffsführung ausbilden und dann unseren Abgang vorbereiten. Wir müssen aus dieser Bucht unter Segeln herauskommen, und das wird verdammt schwierig.“
Wir beobachten noch ungefähr 3 Stunden das Ufer und die umliegenden Hütten und Büsche. Niemand kommt zum Schiff, aber hinter so manchem Fensterloch und so manchem Busch zeigen sich hin und wieder huschende Bewegungen. Sie haben Respekt, aber sie beobachten uns.
Ich flüstere Mike zu: „Worauf warten die? Warum kommen die nicht?“
„Eine Sache fehlt ihnen noch. Sie können sich nicht erklären, warum du immer noch hier bei mir bleibst. Darauf kann es nur eine Antwort geben: Ich muss sterben, weil du gekommen bist, um mich zu holen.“
„Dich zu holen?“
„Ja, das ist doch ganz klar. Du hast die Kinder am Strand nicht ins Reich der Ahnen geholt. Auch die alte Frau nicht und nicht den Mateo. Also bleibe nur noch ich. Du bist hierher gekommen und hier bei mir geblieben. Also muss ich es wohl sein, der wirklich sterben muss. Damit wäre ihnen dann endlich alles klar. Also werde ich sterben müssen, in der dritten Nacht. Von heute an. Genau das wollen sie jetzt hier sehen, um es dann überall weiter zu erzählen.“
„Du spinnst wohl, wie? Und wie stellst du dir das eigentlich vor, dein Sterben? “
„Wie ich mir das vorstelle, darauf kommt es hier gar nicht an, sondern darauf, wie die Leute hier sich das vorstellen…, und das ist für uns Europäer ein bisschen…, hm na ja, vielleicht ein klein wenig…, na sagen wir mal: pikant…“
„Warum schleichst du so komisch um den heißen Brei herum? Na sage es doch schon!“
„Gut. Aber bitte nicht sauer auf mich sein. Es ist so: Sie glauben, dass Loa Agwe in der dritten Nacht nachdem sie ihm als Geist erschienen ist, wieder zu dem Todgeweihten kommt und mit ihm dann den allerletzten großen Fick in seinem Leben macht. Er wird dann noch einmal sehr stark und potent, weil seine letzten Kräfte alle in seinem Schwanz zusammen strömen. Das kann man ja dann auch hinterher an den Toten sehen: die haben meistens noch eine richtige letzte Latte. Dabei saugt sie ihm dann seinen Geist aus, der zu seinen Ahnen eingeht. Zum Schluss nimmt sie dann noch seine Seele in sich auf, um sie der nächsten schwangeren Frau wieder einzupflanzen, damit die dann wieder einen Sohn in die Welt setzen kann. Deshalb haben die Männer hier auch viel weniger Angst vor dem Sterben, als davor, ein Zombie, also ein Untoter zu werden, den Loa Agwe nicht als würdig für den letzten Fick befunden hat. Verstehst du? Du müsstest mich…, äh, ich müsste dich vor ihrer aller Augen in spätestens drei Tagen so gewaltig durchbumsen, dass sie das noch ihren Enkeln und Urenkeln erzählen können. Ginge das? Hättest du das drauf“
Das ist ja ziemlich starker Tobak. Langsam kommen mir Zweifel an seinen Schilderungen. „Sage doch mal, Mike, woher weißt du denn das alles, was du mir hier über diese angeblichen Voodoo-Riten erzählst? Du bist doch auch erst seit drei Monaten hier, wie du sagst…“
„Woher ich das alles weiß? Ganz einfach: von Mateo. Er war schließlich über 5 Wochen lang der Einzige hier, mit dem ich mich unterhalten konnte. Mit einer Flasche Rum oder Weinbrand aus meinem Vorrat wurde er immer ziemlich schnell gesprächig und hat mir dann damit gedroht, dass mich die Voodoopriesterin zum Zombie machen würde, wenn ich seiner Familie nicht die „Swallow“ überlasse. Er hat mir alles ganz genau und haarklein beschrieben.“
„Hm…, das ist ja fast schon eine Erpressung, Mike. Also, ich könnte dich auch ganz einfach zum Zombie machen, wenn ich das mit dem allerletzten großen Bumsdings verweigere, … also, wenn ich das nicht will…?“
„Ja, das könntest du. Sie würden das jedenfalls genau so sehen. Und sie würden mich dann ganz einfach gnadenlos von hier verjagen. Als Zombie könnte ich ja nicht mehr der Ehemann des Mädchens sein. Wie du siehst, bist du wirklich meine allerletzte Rettung, meine letzte Chance, Demmi. Das ist mein größtes Glück, dass du gerade jetzt und gerade hier aufgeschlagen bist. Es könnte sogar auch sein, dass die Priesterin ihren Zombie-Zauber gegen mich schon ausgelöst hatte. Und nun haben sie gesehen, dass du, also Loa Agwe gekommen bist, um mich zu prüfen oder zu holen. Das wäre dann vielleicht auch die Erklärung dafür, dass sie jetzt einfach abwarten und uns nur beobachten. Wenn wir ihnen ihren eigenen Voodoo hier richtig gut vormachen, dann würde das die Macht der hiesigen Priesterin gewaltig stärken. Wir sind also hier völlig sicher, solange wir uns an ihre Riten halten und könnten inzwischen unsere Flucht vorbereiten. Ich habe alles schon dafür vorbereitet. Sieh mal: die Segel sind nicht eingeholt und sicher verpackt, wie das sonst beim Liegen im Hafen üblich ist, sondern nur locker zusammengerafft. Der Besanbaum ist nicht auf Deck abgelegt, sondern zusammen mit dem eingerollten Großsegel an den Mast gezogen. Auch das Tau dort an Land, mit dem das Boot festgemacht ist, hat einen speziellen Knoten, einen Slipsteg. Wenn ich an der kleinen dünnen Leine hier ziehe, dann löst er sich von selbst und das Boot ist frei. Wenn du mir hilfst, dann können wir das Boot hier aus der Bucht heraus bringen.“
„Aber ich habe doch gar keine blasse Ahnung von Booten und vom Segeln, und du musst doch dann den Toten spielen. Wie soll denn das gehen? Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie ich ganz alleine das Boot hier aus der Bucht bringen soll.“
„Ich werde dir alles ganz genau erklären, Demmi, warte es ab. Du wirst sehen, wir beide schaffen das.“
Leider aber ziehen da gerade zwei neue Probleme herauf: Die Mücken und die Wespen. Es ist inzwischen Abend geworden und die Biester scheinen in den roten süßen geronnenen Saft dieser verflixten Frucht regelrecht vernarrt zu sein. Sie krabbeln überall auf meinem Körper herum und es juckt und kitzelt ganz entsetzlich um die Augenhöhlen, in der Nase, auf dem Bauch, auf und zwischen den nackten Brüsten, an und zwischen den Schamlippen und den Oberschenkeln. Als ich nervös um mich zu schlagen beginne, sagt Mike auch noch: „Nicht nach ihnen schlagen, sonst stechen sie.“ Ich werde aber von den Viechern fast verrückt gemacht. Außerdem kommt jetzt auch noch ein ziemlich kräftiger Wind auf, der das Boot aber nicht ins freie Wasser, sondern an den Landungssteg drückt.
„Mike, wir können auf gar keinen Fall noch drei Tage warten. Wenn es geschehen soll, dann jetzt gleich, sonst bringen mich diese Biester um. Ich kann das beim besten Willen nicht mehr lange aushalten.“
Das ist jetzt das allererste Mal, wo ich es kaum noch erwarten kann, endlich gewaltig durchgefickt zu werden. Aber ich habe Zweifel.
„Kannst du das denn überhaupt Mike, so, wie ich jetzt aussehe?“
„Was?“ „Na das Durchficken. Mir ist jedenfalls gerade nicht im Geringsten danach zumute…“
„Mir eigentlich auch nicht. Mir wäre es ja lieber, wenn du dabei ein klein wenig schöner aussehen würdest, Demmi. Vielleicht können wir das später ja noch einmal nachholen. Jetzt musst du eben so tun als ob. Mach ihnen ganz einfach was vor. Das könnt ihr Frauen doch angeblich so gut, warum also dann nicht jetzt? Wir müssen improvisieren. Das wird hart, aber ich habe meinen ganzen Plan im Kopf. Es ist unsere letzte Chance, also nutzen wir sie.“ Sehr optimistisch klingt das aber auch gerade nicht.
„Na dann stirb mal schön, aber langsam, Mike.“
„Momentchen noch, es geht gleich los.“ Mike geht noch schnell zum Bug, nimmt sich dort zwei lange Leinen, die am äußersten Eck des vorderen Segels, an der Fock befestigt sind und zieht sie von außen durch Löcher in der Bordwand, die da schon drin sind. Dann knüpft er die beiden Enden in der Nähe des Mastes zusammen. Das Gleiche wiederholt er mit zwei dickeren Leinen, die vom dem hochgeklappten Mastbaum herunterhängen. Es sind die Besanschoten, wie ich später erfuhr. Dann baut er noch die grüne Laterne unter dem Mast auf, zündet sie an und deckt sie mit einem Stück Segeltuch ab.
„Achtung Demmi! Es geht los. Mache jetzt den wildesten Tanz, der dir einfällt und komme dann mit ausgestreckter rechter Hand auf mich zu. Ich werde dann hier vor dem Mast auf der Kiste für die Rettungswesten umfallen und „sterben“. Dann steigst du über mich und der große Bums geht los. Gib dir Mühe! Schreie und stöhne so laut, wie du nur kannst.“
„Aber du hast mir doch immer noch nicht erklärt, Mike, was ich eigentlich mit der „Swallow“ machen soll, damit wir hier loskommen.“
„Das mache ich dann schon, nach und nach, los, fange jetzt an!“
Also gut. Ich beginne, auf einmal, mit den Armen um mich zu schlagen und ganz wild auf dem Deck herum zu hopsen. Die blöden Mücken, Fliegen und Wespen machen auch mit. Sie werden wild, schwirren summend um mich herum und fangen an, mich überall zu stechen. Da brauche ich mir wegen des Tanzes gar keine große Mühe mehr zu geben, weil das fast ganz von alleine abgeht. Die Abendsonne steht rot am westlichen Horizont. An Land beginnen sie plötzlich auch noch damit, irgendwelche Trommeln rhythmisch zu schlagen. Ich passe mich an den Takt an und gehe langsam auf Mike zu, die rechte Hand halte ich dabei zu ihm hin ausgestreckt. Mike hat das Tuch von der Laterne gerissen und jetzt strahlt mich auch noch das grüne Licht an. Er fasst sich plötzlich theatralisch an sein Herz, verdreht die Augen und trudelt rücklings auf die Kiste zu. Dann lässt er sich nieder fallen, so dass er mit den Füßen in Richtung Bug zu liegen kommt. So kann er nachher besser sehen, wohin die „Swallow“ steuert. Ich stakse armkreisend und breitbeinig auf ihn zu, stelle mich zwischen Mast und Kiste und schiebe meine offenen Schenkel über ihn und die Kiste. Das grüne Licht strahlt mich jetzt genau von unten an. Das muss schon ein geiler Anblick für die Leute am Ufer sein. Für Mike aber auch. „Deinen Hosenstall hättest du aber ruhig schon mal aufknöpfen können, Mike“, sage ich ärgerlich. Dann mache ich es selbst. Sein Kapitänsteleskop ist höchstens halbsteif. Die Stimmung ist wohl nicht die optimale. Ich arbeite ihn auf, so wie ich es von Claudia einmal gelernt habe, bis er in meinem Mund endlich einigermaßen hart wird. Dann fädele ich ihn mir ein und lasse meine Titten schaukeln und meinen Hintern auf und nieder wippen. Die Insekten werden immer bissiger und wütender, weil ich einige von ihnen wahrscheinlich zwischen meinem und Mikes Bauch zerquetscht habe. Das löst dann bei ihnen die Vendetta, die Blutrache aus. „Du hast es gut Mike, dein Ding ist ja geschützt da drin, aber mich stechen die verdammten Biester in den Kitzler, ins Poloch und sonst noch wo“, schreie ich gequält. „Ja - doch, schreie – doch - einfach, das ist - gut!“, stöhnt Mike, „oder – lenke - dich – irgendwie - ab. Meinetwegen – sage – doch – laut – ein - Gedicht auf. Hast –du – das – nicht - in der – Schule - gelernt?“
„Was, das Bumsen?“ „Nein, das Gedicht aufsagen! Versuche es doch wenigstens.“
Also gut. „Vom Eise – befreit – sind Strom – und Bäche – durch des – Frühlings – holden, - belebenden – Blick.*) – der Mike – macht grade – den letzten – Fi…, Aua! Huaaah! Haaah! Haaah! Haaah! War das ein Riesenviech! Oh, oh, oooooh! Neiiin, Da, da, da, ihr elenden Biester! Verflucht noch mal! Meinen letzten Ritt stelle ich mir aber doch schon schöner vor.“ (Auch wieder Quatsch. Die letzten sind die schlechtesten, sonst wären es ja nicht die letzten) „Ich mir meinen auch, Demmi. Aber du warst gut, hast schön laut geschrien. Lass mich jetzt sterben, nimm dir den Bootshaken, das ist die lange Stange da mit der eisernen Hakenspitze und stoße das Boot vom Ufer ab, so kräftig du kannst. Wir brauchen so viel wie möglich freies Wasser zwischen dem Ufer und der „Swallow“. Aber vorher musst du noch kräftig an der Leine ziehen, die da um das Steuerrad gewickelt ist, damit sich der Knoten am Pfahl löst.“
Das Trommeln an Land ist plötzlich verstummt. Totenstille.
Haben sie den Fake gefressen? Wir haben jedenfalls keine Sekunde Zeit zu verlieren. Jetzt geht es also los. Ich frage mich, wozu eigentlich die blöde Vögelei da eben gut gewesen sein soll. Aber ich verstehe halt nichts von Voodoo. Und leider auch nichts von der Seefahrt.
Wenn mir Mike einfache klare Anweisungen gibt, dann könnte es trotzdem noch klappen. Ich kapiere ziemlich schnell, wenn ich es mir auch nicht immer gleich anmerken lasse.
Ich habe die „Swallow“ vom Ufer abgestoßen und sie treibt jetzt in die Bucht. „Pass auf Demmi, gehe jetzt ans Steuerrad und drehe den Bug direkt gegen den Wind. Solange sie noch Fahrt hat, musst du dann schnell die Leinen lösen, die vorne und mittschiffs um die Segel gewickelt sind. Ziehe einfach wieder kräftig an der losen Leine, dann geht es von selbst.
Wenn die Segel frei hängen, dann musst du so lange nach Steuerbord, also nach rechts steuern, bis die Segel Wind fassen. Alles Weitere sage ich dir dann.“
Gut. Ich stelle das Steuerrad so ein, dass die „Swallow“ direkt auf den weit entfernten Ausgang der Bucht zutreibt und lege es mit einer Seilschlaufe fest. Dann löse ich die beiden Segel, indem ich an dem herabhängenden Seilende ziehe. Dabei fällt mir zwar fast der hochgezogene Besanbaum auf den Kopf, aber ich kann gerade noch ausweichen. Der geringe aber sehr stetige Wind erfasst sofort die Segel und lässt sie flattern.
„Jetzt schnell ans Steuer, Demmi und leicht nach Steuerbord abdrehen“, ruft Mike, der immer noch auf seiner Totenmanneskiste liegt. Ich tue es und siehe da: die Segel füllen sich mit Wind und drehen sich langsam nach außenbords. „Gut so, halte jetzt diesen Kurs!“ Mike greift jetzt seinerseits nach den Leinen, die er sich zu seiner Kiste geholt hat und zieht so lange daran, bis die Segel aufhören zu flattern. Dann immer weiter, bis sich die „Swallow“ nach der rechten Seite, also nach Steuerbord über legt. Ich kriege erst einmal einen Schreck, weil ich auf dem Deck zur Seite kippe, und danach gleich noch einen, weil ich sehe, dass die „Swallow“ jetzt genau auf das gegenüberliegende Ufer zu fährt. Und dabei nimmt sie langsam, aber stetig immer mehr Fahrt auf. Was, wenn wir dort ans Ufer prallen?
„Demmi, pass jetzt ganz genau auf! Siehst du vorn den Bugspriet? Das ist der kurze schräge Mast, der nach vorne zeigt. Und dann achte bitte auf die Baumwipfel am Ufer. Die Spitze vom Bugspriet müsste jetzt noch über den Baumwipfeln stehen. Sobald sie aber unter die Baumkronen abtaucht, weil die ja immer näher kommen und scheinbar größer werden, dann rufst du ganz laut „Re!“ und wirfst sofort das Steuer scharf nach links herum, also nach Backbord. Hast du verstanden?“ „Ja, Mike, habe verstanden, aber Angst habe ich auch.“ Musst du nicht, ich kenne die Bucht hier doch ganz genau.“ Mike ist so zuversichtlich, dass es mich ansteckt und beruhigt. Ich suche mir mit meinen nackten Füßen einen Halt auf dem schrägen Deck, halte den Kurs und beobachte die Spitze vom Bugspriet. Dann ist es soweit. Wir sind schon bedrohlich nahe am Ufer, da taucht Die Bugspriet-Spitze unter die Baumkronen.
„Reeee!“ und Steuer herum. Ui! Die „Swallow“ neigt sich so stark nach rechts, dass ich fast ins Wasser falle. Doch Mike hat die Leinen schon locker gelassen und sie richtet sich gleich wieder auf. Die Segel schwingen auf die linke, die Backbordseite und flattern heftig knatternd herum. Mike zieht wieder die Schoten von Focksegel und Besan an und die Segel füllen sich mit Wind. Jetzt fahren wir wieder zurück in Richtung Anlegestelle, aber der Bug zeigt nach schräg rechts davon, gut hundert Meter davon entfernt. „Glückwunsch Käpt`n, das war Ihre erste gelungene Halse. Darauf kannst du stolz sein Demmi! Und jetzt genauso weiter, wir kreuzen jetzt gegen den Wind. Beim nächsten Abtauchen des Bugspriets das Gleiche noch einmal, aber diesmal wieder nach Steuerbord. Hast du das begriffen, Demmi?“ „Klar, Mike, das ist geil! In die Segel, Jungs, wir werden es ihnen zeigen!“ Jetzt bin ich tatsächlich stolz wie eine nackte Spanierin und was das Schönste ist: Die verfluchten Mücken und Wespen sind am Ufer geblieben. Es lebe die Seefahrt!
Nachdem wir die dritte Halse hinter uns haben und wieder in Richtung des alten Ufers fahren, tut sich plötzlich was am Strand. Da laufen Leute herum, schreien und schleppen leichte Boote ans Ufer. Sie haben den Schwindel bemerkt. Jetzt wird es brandgefährlich. Mike hat es auch gesehen und steht von seiner Kiste auf. Jetzt hat es keinen Sinn mehr, dass er den Toten spielt. Jetzt muss er selber ran.
„Es kann knapp werden. Ihre Boote sind auf kurzer Strecke schneller als die „Swallow“. Wir müssen jetzt härter an den Wind gehen, damit wir mehr Fahrt kriegen und schneller aus der Bucht kommen. Pass auf, Demmi, es wird jetzt hart und gefährlich. Halte dich immer gut fest und steuere so, dass der Bug so weit wie möglich gegen den Wind gerichtet bleibt.“ „Und wie merke ich, wenn es weit genug ist?“
„Das wirst du schon selber merken.“ Mike ist jetzt wieder an Deck unten und knotet die zusammen geknüpften Leinen auseinander. Dann legt er sie um kleine Kurbelwinden, die links und rechts an der Reling angebracht sind.
„“Hart an den Wind, Demmi, Steuer nach rechts!“ Ich drehe das Steuer und Mike zieht die Schote straff, so weit es geht. Die „Swallow“ legt sich auf die linke Seite, so dass ihre Backbordwand fast schon unter Wasser taucht. Sie liegt jetzt über 45° schräg und mir wird gleich schlecht. Aha, das ist also die Grenze. Ich halte den Kurs. Die langen schmalen Boote der Einheimischen bleiben hinter uns immer weiter zurück. Gefährlich wird es noch einmal am Ausgang der Bucht, zwischen den beiden Landzungen. Von dort pfeifen jetzt Raketen und Feuerwerkskörper auf uns zu. Aber nur wenige treffen auf unser Deck. Mike kann sie sofort löschen. Dann haben wir es endlich geschafft.
Wir fahren hinaus, in die offene See.
Mike kommt freudestrahlend auf mich zu, nimmt mich in die Arme und seufzt: „Mensch Demmi, sind wir nicht ein Klasseteam? Du bist mein Schutzengel und meine Piratenbraut in Einem. Jetzt könnte ich dich sofort und auf der Stelle…“
„Moment, Momentchen mal, nicht so hastig. Kann man hier erst einmal irgendwo ankern, damit uns der Wind nicht wieder zurück treibt? Ich muss mich jetzt dringend erst einmal gründlich waschen. Gibt es hier Haie?“ „Aber klar, Demmi, ich meine, du kannst hier gerne schwimmen gehen, ich werde auf dich aufpassen. Ich werfe gleich einmal den Treibanker aus, dann zieht uns die Strömung weit weg von hier, nach Süden.“
Eigentlich müsste ich ja jetzt in meine Kabine gehen und mir einen Badeanzug anziehen, aber das ist ja wohl überflüssig. Ich habe mein Kostüm ja schon an und muss jetzt nur sehen, wie ich das wieder loswerde. Als ich aus dem Wasser komme, steht Mike oben an der Leiter und schaut mich staunend an. Er ist jetzt auch nackt. Ich lächele hintergründig und steige nach oben an Deck. Mike starrt mich immer noch an, und zum ersten Mal irritiert es mich jetzt, dass er mir dabei genau auf die Hüften und auf meine Musch blickt. „Das bist du also! So eine Frau! Du hast ja Formen, Demmi, da steigt mir gleich das Blut nach oben in den … „Kopf“ wollte er wohl gerade sagen. Aber ich blicke meinerseits auf seine Hüftregion und sage: „Ja, man kann es ganz deutlich sehen, Mike. Es steigt ganz mächtig. Das würde sogar Loa Agwe begeistern. Wollen wir dich nicht gleich noch einmal sterben lassen? Aber diesmal richtig mit Genuss!“
Quellenverzeichnis:
*) Goethe, Johann Wolfgang von, „Faust I“
**********henke Mann
9.664 Beiträge
Eine...
... lange Kurzgeschichte *zwinker*

Sie gefällt mir - spannend finde ich das verarbeitete Segelfachwissen.
******_46 Frau
1.294 Beiträge
Ahoi, Seebär!
Einmal me(e)hr eine sehr fantasiereiche Geschichte.
Ich freue mich schon auf die Fortsetzung!

(Es tut gut, mal eine Story zu lesen, die nicht mit Rechtschreibfehlern gespickt ist!)

Carmen
***is Paar
299 Beiträge
Tolle Story
Ein echter Friedrich.

Bin gespannt, was noch passiert.

LG
Danke für euer Interesse...
...die ganze Geschichte, von Anfang an bis zum vorläufigen Ende findet ihr hier. hinten, am ersten teil fehlt ein kleines Stück, das steht dann gabz hinten, unter "sorry, hier der Rest"

Kurzgeschichten: Karibik 1 - 6

verzeiht mir bitte die kleine Self-promotion *sorry*
verzeiht mir bitte die kleine Self-promotion

Keine Ursache. Aber wenn du heute ein drittes Mal etwas postest, handelst du dir vielleicht den Vorwurf der Attitüde ein.
oh! Danke für den Tip
Keine Ursache. Aber wenn du heute ein drittes Mal etwas postest, handelst du dir vielleicht den Vorwurf der Attitüde ein.

so heißt das hier also.

Wieder was erkundet:

• Das Kap der Attitüden

Ich werde also aufpassen, dass ich nicht in den Stürmen der Entrüstung untergehe
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