SM-Märchen
Prinzessin Muschi von Grobschlechtingen saß auf dem Rand ihres Bettchens und zählte die Erbsen. „Wieder keine goldene dabei“ schimpfte sie. Orga, ihr Kindermädchen, lächelte. Die Prinzessin zählte zwar schon 42 Lenze, hatte aber 1. Den Sinn des Lebens noch nicht erreicht und 2. Immer noch eine Betreuungsperson, denn der König von Grobschlechtingen, einer In-sel im Lande Reich war sehr wohlhabend. Deshalb konnte er es sich auch leisten sehr genau auf das leibliche Wohl seiner fleischlichen Frucht zu sorgen. „Orga hat dir dein Abendmus bereitet“, sang er in väterlichem Brummton durch das Schlüs-selloch der Kemenate, Muschis Refugium. „Komm mein Vögelchen, du mußt schlank bleiben, damit du die Prinzen besser verarschen kannst“. Muschi ekelte sich vor Orgas Speisen entsetzlich (obwohl sie nicht übel waren). „Ich will Orgas Mus nicht haben“ kreischte sie schrill. Lieber gab sie schon den Prinzen verzwickte Rätsel auf, wie z.B. kürzlich dem Prinzen Kal von Bravstetten…
„Was hat eine lange Nudel und bekommt keine Suppe? – Was ist am Morgen dumm und am Abend heiß? – Und wozu klingelt es an meiner Tür?
Natürlich konnte der arme Prinz das schlimme Rätsel nicht lösen. Schließlich war er da selbst gemeint. Er blieb also ledig (darauf kam es Muschi ja nur an), durfte dafür jedoch einmal zu-sehen wie sie Orgas Mus bekam und gleich darauf einen Nachschlag verlangte (weil sie heute ausnahmsweise einmal besonders gut drauf sei, müsse er wissen). Dann ging der Prinz wei-nend nach Hause wo er sich von seiner Mama 3 Tage bei Pute und Sekt einschließen ließ um zu darben.
So hatte die nicht mehr ganz taufrische Prinzessin viele Jahre verbracht und der Abend aller Tage wollte sich schon aufdrängen als sich der „Herr“ ankündigen ließ. Muschi zählte gerade wieder mal ihre Erbsen allein in ihrem Bettchen, da schmetterten plötzlich die Fanfaren vom Ausguck auf dem Turm. Bald darauf rief der Hofmarschall den „Herrn“aus. Den Herrn Hans, spanisch „Don Juan“, Hans von Eisenbart zu Kettenheim. „Der Herr ist eingetroffen“ flüster-ten jetzt auch die einfachen Leute auf den Gassen und die Prinzessin spürte das Flüstern in ihrem nicht mehr ganz jungen Herzen.
Schon stand der Dom, pardon der Don, vor Muschis Kammer und begehrte Einlass in ihr ku-scheliges Gemach. „Wer bist du, daß du es wagst Prinzessin Muschi, die Tochter des Herr-schers über Grobschlechtingen, einem Fürstentum zwischen Schrecklinghausen und Groß-Schraubingen in Südostwestnordeuropa zu belästigen? Du mußt erst mal mein Rätsel lösen bevor du in meine Kammer darfst“.
„Ich mach dir gleich den gordischen Knoten“ grollte der Prinz zurück, „dann hast du nur noch 24/7 im Kopf“. Die Prinzessin erschrak, denn von Mathematik hatte sie keine Ahnung. Ver-zweifelt versuchte sie sich aus der Bredouille zu rätseln…
„Was hat Flügel und kann nicht fliegen?“ flötete sie. „Muschi!“ donnerte der Prinz und der Prinzessin lief einer kalter Schauer nach dem andern hinter verschlossenen Türen den Rücken hinunter. „Was hat keine Beine, kann aber laufen“ verteidigte sie sich. „Muschi!“ tönte die kräftige Stimme des Herrn. Hans war nahe daran die Beherrschung zu verlieren. „Nein, nein“ zeterte Muschi, außer sich vor Furcht und auch vor Glück – denn so war ihr noch keiner ge-kommen. „Wessen Wurzel steht nach oben?“ „Meine“ kam die prompte Antwort, „das wirst du gleich sehen wenn ich die Tür öffne “ – „und – und - von wem sieht man immer nur den Rücken?“ unternahm die Prinzessin einen letzten Versuch. Die Antwort des Prinzen war zwar nicht richtig, denn in Wirklichkeit handelte es sich um nichts anderes als die Nase, aber sein Argument war schlagend: Von dir, wenn ich dich stundenlang auspeitsche bis deine Rücksei-te ganz rot ist und du es nicht mehr erwarten kannst Orgas Mus zu bekommen.
Die Prinzessin erkannte schlagartig, daß der Prinz nicht einfach nur ein Bittsteller war der mirnichtsdirnichts naiv Einlaß verlangte. Er schien sich gut auszukennen und hatte offenbar vor seinem Auftritt sehr genau recherchiert. Zudem hörte sie noch ein seltsames Klingeln vor ihrer Türe. Das konnte nichts anderes als das Klingeln von Handschellen sein.
So zog sie sich schließlich aus um den Herrn (Hans) milde zu stimmen und öffnete die Kemenatentüre. Hans funkelte sie zornig an und die Prinzessin spürte wie sie auch in den Au-gen feucht wurde.
„Mein Herr“ wimmerte sie, soll ich mich vor dir auf die Knie begeben oder ist es dir lieber wenn ich mich bücke?“ Doch erst einmal bekam sie ein Ohrfeige in genau der richtigen Stärke, dann drehte sie der Prinz um, legte ihr Handschellen um die Handgelenke und weitere Fesseln an den Ellenbogen an um sich ihrer geraden Haltung zu versichern, knebelte sie und schubste sie vor sich her. Draußen wartete schwarzer Schimmel auf sie (die Gänge des uralten Fürsten-tums waren wohl länger nicht mehr gereinigt und gelüftet worden). Dann fragte sich der Dom nach der Folterkammer durch wo er die nächsten 3 Tage mit Muschi zu verbringen gedachte.
Legendär sind die nicht enden wollenden Schreie gewesen, die dann aus dieser sinnreichen Einrichtung des Schlosses zu hören waren – das Volk berichtete noch lange davon. Wie weiter überliefert ist mußte Orga die beiden unentwegt mit Mus versorgen, denn sie brauchten Kraft für ihre Spiele, die im Andenken an die beiden auch heute noch mit Begeisterung an vielen Orten nachgespielt werden.
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