Zusammengeraffte Momente
© Nisham 09/2011Da sitz ich nun. Viele Jahre später. Ich bin alt geworden. Den Fluss hab ich gegen das Meer ausgetauscht. Alles hat sich so verändert. Auch ich. Nur Zolana ist mir geblieben.
Also sitze ich, an einem weißen Strand, den Rücken an eine Palme gelehnt. Im Schatten. Meine Augen schauen auf das tiefblaue Wasser. Bis in die Unendlichkeit des Horizontes.
Das Schreiben hab ich nicht aufgegeben. Es sind Bilder der Erinnerung. Gedanken an Momente des Glücks und der Zufriedenheit. Ich bin in einem Land alt geworden, so wie ich mir das nie erträumt hatte. Und doch war und ist es ein wunderbares Leben. Trotz allem. Trotz der Umstände. Trotz der Schwierigkeiten. Trotz der Ängste. Trotz der schlimmen und kriegerischen Zeiten.
Zolana hat das alles mit mir durchgemacht. Wir haben nie viel gehabt. Auch nie viel gebraucht. Eine einfache Hütte. Einige davon am Fluss. Und jetzt diese hier, mit dem Blick auf das Meer. Wir haben nie darüber gesprochen, doch uns hat es hierher verschlagen, weil wir mit dem Fluss gegangen sind. Diesem großen Fluss mit seinen trägen, milchkaffeebrauen Wassermassen. Träge hat er uns all die Jahre mitgenommen. Und nun sind wir hier. Angekommen.
Hier möchten wir auch bleiben. Zolana ist immer noch eine Schönheit, auch wenn sie immer wieder betont, dass auch sie alt geworden ist. Ihre Ruhe und ihre Gelassenheit haben uns ermöglicht zu leben. Sie wusste immer, was wir tun sollten und wohin wir zu gehen hatten um nicht in den Strudel der Unmenschlichkeiten hineingerissen zu werden.
Ich sitze hier. Am Strand, den Rücken an diese Palme gelehnt. Jeden Tag. Und oft legt sich Zolana daneben, ihren Kopf auf mein Bein gebettet schaut sie mich an, ein unwiderstehliches Lächeln in ihrem Gesicht, während ich auf den weiten Ozean hinausblicke. Diese Momente, deren es so viele gab und immer noch gibt, möchte ich manchmal zusammenraffen. In meine Hand nehmen und unendlich langsam herausrieseln lassen. Wie die Sandkörner einer Sanduhr. Nicht wissend, wann das letzte Sandkorn…