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Lächeln als größter erotischer Faktor?76
Ich weiß nicht, ob nur ich dieses Gefühl habe, aber ist das lächeln…
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Karo

Karo
Ich wollte diese Party nicht. Ich hatte seit langem keine Party mehr gewollt; schon das Wort ist wie ein kalter Tropfen in meinen ungeschützten Nacken. So sehr ich sie einmal liebte, so verabscheue ich heute die Vorstellung, mit Leuten reden zu müssen, die mich anlächeln, während sie etwas ganz anderes denken. Damals, auf den Partys meiner Jugend, war das Lächeln echt, aber das lag nur daran, daß wir alle noch nicht wussten, wo wir mal landen werden. Und die wenigen, die es damals schon ganz genau wussten, haben auch damals schon ganz genau so falsch gelächelt. Einer dieser Falschlächler ist der Gastgeber, und daß er der beste Grund für meine bescheidene Begeisterungsfähigkeit für solche Partys ist, wird sogar er selbst bemerkt haben. Gerade haben wir den obligatorischen Begrüßungsplausch beendet, und der war etwas kühler gewesen als der Eiswürfel in meinem Whiskey. Das einzige, das wir beide gemeinsam haben, ist wohl die antwortlose Frage, warum er mich überhaupt eingeladen hat.

Ich schlurfe über den Terracottaboden einer riesigen Terrasse und ärgere mich erneut über diesen Eiswürfel in meinem Drink. Hatte ich nicht deutlich gesagt, >Kein Eis, bitte<? Doch, hab ich. Es muss bei einigen Leuten eine Störung im Hörvermögen geben, die ihnen das Wahrnehmen dieses plosiven Glottal-Lautes unmöglich macht. Welche Folgen wird dieses Handicap wohl haben? Immer, wenn von „kein“ oder „keine“ die Rede ist, wird ja „ein“ oder „eine“ verstanden. Das müsste den Behinderten eigentlich selbst auffallen. Während ich diesen sinnlosen Gedanken nachhänge und den Eiswürfel in einem riesigen Terracottatopf mit Monsterpalme verschwinden lasse, haut mir jemand auf die Schulter. Es ist der Hühne aus der Parallelklasse der Oberstufe.

„Na, alter Haudegen? Dich hätt ich hier ja gar nicht erwartet.“ Er ist immer noch viel zu laut.
„Ach, du bist’s. Hallo.“ Verdammt, wie heißt diese Pappnase nochmal? Die blasse Frau, die er im Arm hält wie in einem Schwitzkasten, hab ich noch nie gesehen. Ich gebe ihr höflich die Hand und stelle mich vor. „Ich bin Mark“ sage ich und halte eine kalte, kraftlose Hand.
„Das ist Mirjam, meine Freundin“ dröhnt er und fängt gleich mit seiner Vita an. Sanitärladen von Vater übernommen; läuft ganz gut soweit, aber seine Töchter wollen was anderes machen. Seine Frau hat er zum Teufel geschickt. Er wird Mirjam heiraten, nächstes Jahr, in Sankt Moritz. Da hat er ein Häuschen. Auch von Vater. Er fragt mich nicht nach meinen Neuigkeiten, und ich kann mein Glück kaum fassen, als er sich wieder trollt; seine blasse Freundin fest im Griff.

Ich hole mir ein neues Glas. Diesmal bei einer adretten Servicekraft, der ich völlig vertrauen kann. Sie reicht mir den Drink und fragt mich, ob ich der mit dem Tonstudio in der Bernauer sei. Ich bejahe mit meinem Machen-Sie’s-kurz-Gesicht, worauf sie erfreulicherweise sehr angemessen reagiert. Sie habe schon einiges von mir gehört und würde gern einen Termin vereinbaren. Sie reicht mir eine Karte und schenkt mir ein nettes Lächeln. Ich gebe ein freundliches Grinsen zurück und wende mich wieder dem Terrassengeschehen zu. Der Name auf der Karte weist die Dame als Sprößling des Gastgebers aus. Das kann zwar auch eine zufällige Übereinstimmung sein, aber bei diesem vertrackten polnischen Familiennamen müsste es mit dem Teufel zugehen. Nagut, schaun wir mal, was das wird. Ich stecke die Karte ein und nehme einen Schluck. Viele sind es nicht, die ich hier kenne. Ich lasse den Blick ein wenig über die Grüppchen schweifen und überlege, nach diesem Glas wieder zu gehen. Da fällt mir dieses eine Gesicht in der Menge auf. Sofort springen mich diese Bilder an, die ich so lange nicht mehr vor Augen hatte.

Karo. Mein Gott, was macht die denn hier! Die wird doch nicht für diese Party aus Chile hergeflogen sein. Und wie die aussieht! Hat sie die letzten drei Jahrzehnte nichts zu essen bekommen? Die war doch so üppig als junge Frau. Mann, war ich in diese Karo verknallt! Ich hätte alles für sie getan, nur um mit ihr zusammenzusein. Dabei dachten immer alle, wir wären zusammen. Was für eine Tragödie! Wir haben so viel Zeit miteinander verbracht, so geile Sachen gemacht, und nichts ist draus geworden. Ich war verzweifelt und glücklich zugleich. Ich war ihr bester Freund, aber nicht ihr Lover. Das Schicksal hatte sie zur Lesbe gemacht, und das war lange unser Geheimnis. Wie habe ich das nur so lange ausgehalten? Naja, so schlimm war es ja auch nicht. Eigentlich. Es war ja nur der Sex, aus dem nichts geworden ist. Aber alles andere war schon ziemlich cool zum Teil. Und daß sie jetzt hier auftaucht, ist ja wohl das coolste überhaupt. Sie steht mit Ronald an der Brüstung und scheint sich sehr gut zu unterhalten. Egal, da muss ich jetzt leider dazwischenfunken.

Ronald war damals unsagbar eifersüchtig gewesen, weil ich Karo für mich hatte gewinnen können, und genau diese missgünstige Eifersucht blitzt spontan in seinem Blick auf, als er mich auf die beiden zukommen sieht. Ich frage mich kurz, wie das überhaupt sein kann; dreißig Jahre danach, aber Karo hatte seinen Blick auch bemerkt und in meine Richtung gesehen. Ihr freudiger Aufschrei ließ mein Herz so springen wie er dasjenige von Ronald augenscheinlich zerriss. Sie lief mir entgegen und sprang mir förmlich in die Arme. Das hätte sie sich damals nicht erlauben können. So aber kann ich sie auffangen und herumwirbeln wie ein kleines Kind. Sie riecht immer noch genauso, wie damals. Der Duft lässt mir die Bilder in einer Schärfe und Intensität entstehen, die mich fast benebelt. Ich sehe uns mit den Instrumenten experimentieren, die teure Videokamera auf On, sooft es ging, das Tonband lief eh immer mit; die tollen Stunden am See, in der Nacht, wenn wir Texte machten, uns Melodien vorsangen oder Musikvideos phantasierten. Und jetzt habe ich sie hier in meinem Arm, als hätte es die Zeit dazwischen gar nicht gegeben. In diesem Moment wünsche ich mir, daß sie mir gleich von ihrer endgültigen Rückkehr erzählen wird.
Orange Session
*********katze Frau
8.077 Beiträge
Kompliment
Gefällt mir sehr gut. Über Dein Handwerkszeug brauchen wir nicht zu reden, das hast Du.

Die Situaion und die Stimmung hast Du perfekt beschrieben.

Hoffentlich bleibt sie. *ggg*

LG
Katzerl
Vielen Dank für das. Ob sie dableibt oder nicht, sagt uns gleich das Licht.

… äh … gibt es hier einen Elektriker?
Schon zur Stelle ....und sehr angetan *smile*
Ich denke die Geschichte erscheint schon im rechten Licht.
Gut gemacht.

Joe
Diese Geschichte gefällt mir - - - gut erzählt

*blume* Ev
*****e_M Frau
8.518 Beiträge
@**mm

Großes Kompliment! Deine Texte sind immer lohnend.

LG, Odette
Danke. Ihr macht sie gerade für mich lohnend.
nochmal Kaminlesung
****ra Frau
12.347 Beiträge
Ich schließe mich dem Komplimentenreigen an. Gut erzählte Geschichte.
erotische Vorliebe
******_bl Frau
396 Beiträge
Super geschrieben. Du hast die einzelnen Charakteren herovrragend skizziert. Wenige Worte haben jeweils ausgereicht, um ein Bild entstehen zu lassen. Auch den Spannungsbogen hast du nicht abreissen lassen.
Die Geschichte ist für mich ein Fragment, nichts abgeschlossenes, aber das soll kein negativer Einwand sein.

Weiter so!

Bonnie
*****har Paar
41.020 Beiträge
Gruppen-Mod 
Beeindruckend!

(Der Antaghar)
Ich werde die Skizze, das Fragment oder auch das Bild noch zu Ende bringen. War es bisher nur eine Übung, eine Maßnahme zum Dranbleiben am Schreiben von Etwas mit einem erzählerischen Fluss, so möchte ich mich jetzt lieber zwingen, das Ding auch zu einem Abschluss zu bringen. Hier also ein Mittelteil, dem dann ein Schluss folgen wird. Vielen Dank nochmal allen.
2

Ich bin ein bisschen außer Atem, und vom Drehen ist mir schwindlig geworden. Sie aber tut so, als könne sie noch stundenlang weitermachen. Sie sieht fabelhaft aus! Ihr Gesicht ist von feinen, lebhaften Linien durchzogen, und sie hat immer noch diese wundervollen Zähne. Mich durchrauscht es förmlich, sie so zu sehen. Wir sehen uns lange an, und schweigend sprechen unsere Gesichter all die Bände, die wir vor vielen Jahren zusammengeschrieben haben. Irgendwann finden wir unsere Sprache wieder und beginnen gleichzeitig zu sprechen. Sofort brechen wir in ein Lachen aus, weil es zwischen uns immer schon so gewesen war; wir wollen beide im selben Moment Dasselbe sagen. Mein Gott, was passiert hier gerade! Dreißig Jahre können doch nicht einfach so verschwinden. Genau das scheint sie auch gerade zu denken.
„Oh Mark! Ich freu mich so, dich zu sehen. Das ist einfach unglaublich. Daß du hier bist! Ausgerechnet auf dieser Party. Ich bin völlig … völlig durcheinander!“
„Na, was meinst du, was ich gerade dachte! Was machst du hier, ich meine, du bist doch in Chile. Oder bist du zurückgekommen?“
„Nein, ich bin nicht zurück. Jedenfalls noch nicht. Komm, lass uns da rübergehen.“ Sie zieht mich am Ärmel, und wir steigen ein paar Stufen hinab zur Gartenanlage. Einige Meter abseits der hell erleuchteten Terrasse steht unter einer Robinie eine Bank. „Komm her“ sagt sie, „setzen wir uns erstmal. Hast du eine Zigarette für mich?“
„Nein, hab ich leider nicht. Ich hab aufgehört.“
„Okay. Auch gut. Also …“ sie zögert und sieht mich mit einer Mischung aus Freude und Trauer an. „Wo fang ich an?“
„Ich weiß nicht, ich kann ja auch anfangen. Oder ist bei dir etwas passiert?“ Ich sehe, wie sich ihre Augen füllen und ihre Lippen zu beben beginnen. Sie legt eine Hand auf ihre Lippen, und schon laufen ihr Tränen über die Wangen. Ich rücke zu ihr, nehme sie in die Arme, und mit einem herzerweichenden Laut aus tiefer, verschnürter Kehle bricht ein Schmerz aus ihr heraus, der mir unwillkürlich selbst die Tränen in die Augen treibt. Es muss etwas furchtbares geschehen sein, das sie da mit sich trägt. Vor gerade mal zwei Minuten jauchzte sie vor Glück, und nun liegt sie hier in meinen Armen und weint wie ein Regenguss.

So sitzen wir eine Weile da, und ihr Weinen geht langsam in ein Schluchzen über. Sie richtet sich etwas auf und sieht mich aus einem von Tränen und Make Up verschmierten Gesicht an.
„Tut mir leid, daß wir uns so wiedersehen. Aber ich werd dir gleich alles erzählen.“
„Du siehst etwas verschmiert aus. Ich geh mal rüber und hole ein paar Servietten, okay? Was soll ich dir zu trinken mitbringen? Ein Wasser?“ Sie nickt, und ich lasse sie auf der Bank zurück. Was für ein verrückter Abend! Was mag ihr passiert sein? Es kann sich ja nur um einen Todesfall handeln. Ich gehe durch die feiernde Menge auf die Bar zu, und mir kommt die ganze Szenerie plötzlich unwirklich vor. Die lachenden Menschen erscheinen mir wie Fratzen aus einem absurden Drama. Ich beeile mich und bin kurz darauf mit Wasser, Servietten und einem Drink wieder bei ihr. Ich sehe, daß sie wieder lächeln kann. Außerdem ist ihre Schminke nicht so ramponiert, wie ich dachte.

„Dein Gesicht sieht ja gar nicht soo schlimm aus“ sage ich und halte ihr die Tücher hin.
„Ich hab schon ein bisschen gerubbelt. Da war noch ein Tempo in meiner Hosentasche.“ Sie nimmt mir das Wasser aus der Hand und drückt mir einen Kuss auf die Wange. „Komm“ sagt sie, „jetzt sind wir soweit und können auf unser Wiedersehen anstoßen.“ Mit einem verschmitzten Blick sieht sie mich über den Rand ihres Glases an, als wir trinken. Sie ist noch diese wechselhafte, überraschende und so verletzliche Frau, die sie damals war, denke ich. Es hat sich irgendwie gar nichts verändert. Als hätte sie meine Gedanken gehört, sagt sie: „Ja, ich bin immer noch so wie früher. Himmelhoch jauchzend und gleich darauf zu Tode betrübt.“
„Genau das habe ich gerade gedacht. Aber was ist jetzt passiert?“ Bei dieser Frage senkt sie den Kopf und sieht für ein paar Sekunden auf die zerknüllte Serviette in ihrer Hand. Als sie mich wieder ansieht, spiegeln sich die Lichter der Terrasse in ihren wieder tränenfeuchten Augen.
„Marla ist tot … sie ist vor einer Woche gestorben. Und ich bin nur hier, weil ich bei meinen Eltern sein wollte. Die haben mich heute auch gedrängt, zu dieser Party zu gehen. Du weißt doch, wer Marla ist?“
„Ja. Ihr habt euch kennengelernt, als du nach dem Abi ein Jahr in Chile warst. Und dann bist du einfach dageblieben.“
„Ja, ich bin einfach geblieben. Und ich habe mich nie wieder gemeldet.“ Ja, denke ich, genau das hast du nicht getan. Und jetzt sitzt du hier, ohne daß ich auch nur ein Fitzelchen von der Wut spüre, mit der ich die ersten Jahre hier rumlief. Aber das sage ich nicht. Stattdessen nehme ich ihre Hand und streiche ihr sanft über die Finger.
„Ihr seid dreißig Jahre ein Paar gewesen? Das ist eine wahnsinnig lange Zeit, Karo.“
Sie nimmt meine Hände und bettet ihren Kopf darin. „Ja“ sagt sie leise.
„Ihr müsst euch wirklich geliebt haben.“ Tränen fallen ihr von den Wangen in den Schoß, aber sie schluchzt nicht dabei. Sie sieht mich mit ihren großen Augen an und zeigt mir durch ihr stummes Nicken, daß damit alles gesagt ist.
Kompliment
Ich werde die Skizze, das Fragment oder auch das Bild noch zu Ende bringen.

Ich hoffe doch sehr darauf!
****izz Mann
90 Beiträge
Partygeist
Nun, nachdem die Party sehr offensichtlich fade schmeckte, verspricht das Treffen mit Karo spannend zu werden.

Bin auf den Rest gespannt!
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