Nachbarn II
Hier mal ein Versuch aus einer anderen Sicht ...
Es ist ein Schnellschuss ...
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Nachbarn II:
Werner Meyer war eigentlich ein umgänglicher Mensch. Er ging regelmäßig seiner Arbeit nach, war fleißig und seinen Mitmenschen gegenüber tolerant. Seine Geduld kannte allerdings Grenzen und die hatte er eng abgesteckt.
Werner liebte seine Frau, sein Haus und seinen Garten, dennoch wirkte er manchmal ein wenig unzufrieden. Gerade dann, wenn er an seine Nachbarn dachte. Dieser Gabriel Czermak war ihm ein Dorn im Auge. Seine Frau war ja eigentlich ein angenehmes Wesen, sehr nett anzusehen und auch gebildet. Aber er war einfach nur unmöglich.
Bericht von Frau Meyer:
Ich habe die beiden nicht so oft gesehen. Manchmal lud mich Frau Lotte Czermak auf einen Kaffee ein und ich kann immer noch nicht glauben, dass mein Mann das getan haben soll, weswegen er getötet worden ist. Ja, für mich ist Gabriel Czermak ein hundsgemeiner Mörder. Er hat den Vater meiner Kinder einfach umgebracht. Aber was muss dieses Weibsbild auch immer halbnackt im Garten herumlungern, das bringt den stärksten Charakter in Versuchung. Sicher, war Werner kein Heiliger, das kann man von einem Mann auch nicht erwarten, aber ich denke nicht im Traum daran, dass er ein Wüstling gewesen sein soll. Wir hatten nie Probleme wegen dem Sex, wissen Sie.
Herr Meyer war grundsolide und ehrlich. Er hielt selten mit seiner Meinung hinter dem Berg, was ihm in diversen Vereinen schon den Rausschmiss gebracht hatte. Darüber wetterte er dann abermals lautstark und ergab sich in Selbstmitleid.
Wenn er die Nachbarin, Lotte Czermak, beobachtete, dachte er daran, wie es wäre, mit dieser fröhlichen Person verheiratet zu sein. Sie war aber nicht nur fröhlich, sondern auch sehr sexy. Er wusste das, denn er hatte sie im Swingerclub erlebt und dort prompt angesprochen. Brüsk war er abgewiesen worden, denn sie suchten einen Mann für Gabriel. So etwas würde er nie tun, aber sie schien es zu genießen, wenn sich Gabriel von einem Mann vögeln ließ oder umgekehrt. Das konnte Werner nicht verstehen und er wollte es auch nicht. Da wuchs seine Verachtung für den Nachbarn. Er wollte ihm und ihr diese Zurückweisung heimzahlen.
Bericht von Frau Meyer:
Es war wieder so ein heißer Tag, wie viele in diesem Sommer und er und sie – ich meine die Czermaks – lagen im Garten und ließen sich braten, dazu hörten sie lautstark Musik und lachten die ganze Zeit über. Dabei hätte der Rasen dringend gemäht gehört und das ganze Unkraut, na ja, Sie haben keine Vorstellung, wie es bei denen aussieht. Aber das interessiert sie wohl nicht sonderlich. Werner ging an den Zaun und wollte ihn zur Rede stellen. Leider war er nicht gerade freundlich, mein Mann, meine ich. Aber der Czermak, der kann schon strohdumm tun, dass einem wirklich die Hutschnur reißt. Also, ein Wort gab dann das andere, dann ging der Czermak wieder ins Haus und kam kurz darauf zurück, in hautengen kurzen Hosen und trank ein Bier. Lauter Alkoholiker, sage ich Ihnen, sexbesessene Säufer, alle beide. Aber er sieht schon gut aus, muss ich sagen, sehr muskulös und immer tadellos rasiert, also, das muss man ihm zugute halten, er legt Wert auf sein Äußeres. Auch sie ist immer gut angezogen, aber auf sie habe ich nicht so geachtet, wir haben zu viele verschiedene Interessen. Ich hoffe, die beiden ziehen weg von hier und dass sie ihn einsperren.
Herr Meyer wollte nur seine Ruhe haben, doch er fühlte sich ständig durch die Anwesenheit seiner Nachbarn provoziert und in seinem Ruhebedürfnis gestört, so startete er allerhand dumme Aktionen, wie die Mülltonnen zu verstecken oder sie bei der Gemeinde anzuzeigen, weil sie angeblich den Rasen sonntags mähen würden. Es war viel gelogen und es brachte nichts, wenn auch nur kurzfristige Befriedigung, weil er dem Czermak wieder einmal das Leben schwer gemacht hatte.
Der Tag, der alles veränderte, war ein sonnigheißer Samstag. Schon den ganzen Tag über brütete die Hitze und machte die Gemüter streitbar. Besonders schlecht gelaunt war Werner Meyer. Auch er hatte den Wunsch, einmal so entspannen zu können, wie seine Nachbarn, aber er brachte es nicht über sich, wenn seine Frau im Garten arbeitete, dann nur faul herum zu liegen und sich die Sonne auf den Bauch scheinen zu lassen. Gut hätte es ihm auf jeden Fall getan und womöglich sogar gefallen. Vielleicht hätte etwas Entspannung, die ganzen aufgestauten Gefühle etwas gemildert und den Stress abgebaut. Doch Gerda war eine sehr rege Frau, die niemals untätig war und es auch bei anderen nicht durchgehen ließ. Nur selten gönnte sie sich und anderen Ruhepausen und die waren angefüllt mit stummer Hektik. Man sah ihr an, dass sie am liebsten gar nicht am Tisch sitzen wollte. Werner hatte sie deshalb oft gemaßregelt und sie aufgefordert, etwas ruhiger zu sein, doch sie konnte nicht anders. Beim Sex war es aber ganz anders, da wollte sie entweder nicht oder lag stumm da und ließ sich bedienen. Das war auf die Dauer für Werner auch mehr als unbefriedigend und so suchte er einen Swingerclub auf. Manchmal verwünschte er sich, weil er es gemacht und Lotte Czermak angesprochen hatte. Aber das ließ sich nicht mehr rückgängig machen. Wenn sie draußen im Bikini in der Sonne lag, da stellte er sich vor, wie es wäre, mit ihr Sex zu haben, nur Sex und nur einmal, mehr wollte er nicht. Aber da tat sie dann recht zugeknöpft, warf ihm höchstens eine Kusshand zu, was ihn wiederum ärgerte und seine Wut auf die Nachbarn verstärkte.
Unter der Woche war es leidlich angenehm, da war er nach der Arbeit zu allem zu müde und er wollte nur noch Ruhe haben. Aber auch hier ging nicht immer alles so, wie er es sich wünschte. Mal wollte seine Frau über die Kinder reden, mal machte sie sich Luft wegen des Haushaltsgeldes, das nie zu reichen schien, dabei verdiente er doch recht ansehnlich. Immer war irgendetwas und nie wurden auf seine Bedürfnisse Rücksicht genommen.
An diesem Samstag, schrien sich Gabriel Czermak und Werner Meyer wieder an, keiner schenkte dem anderen etwas, wobei Herr Meyer ordinärer in der Wortwahl war und sich kein Blatt vor dem Mund nahm, im Gegenteil, er legte noch reichlich Zündstoff nach. Als der andere dann auch noch darüber lachte, war er vollends zerstört. Er fühlte sich in seinem Selbstwert angegriffen, ausgelacht und verhöhnt. Dabei hatte er doch nur für etwas mehr Ruhe sorgen wollen.
Bericht von Frau Meyer:
Ich weiß auch nicht, was in ihn gefahren ist, dass er nachts das Haus verlässt und in eine fremde Wohnung eindringt. Das kann ich mir alles gar nicht vorstellen, das ist nicht Werner, niemals hätte er so etwas gemacht. Niemals! Ich denke mir, dieses Luder hat ihn reingelassen und der Czermak ist wütend geworden, weil sie ihn betrogen hat, da hat er ihn dann hinterrücks erschlagen. Es ist mir egal, was Sie meinen, so muss es gewesen sein und der Czermak der lügt und sie auch. Werner war ein guter Mann.
Der Fass zum Überlaufen brachte schlussendlich Lottes Bemerkung, er solle sich mäßigen und die Kusshand, die sie ihm zugeworfen hatte, das war echt das Letzte gewesen. So reifte langsam ein Entschluss in ihm. Diesmal würde er keine Mülltonnen verstecken oder etwas anderes Dummes machen, er gönnte sich auch keine Zeit zum Nachdenken.. Er drehte sich um und ging ins Haus. Im Keller fand er schließlich was er suchte und das brachte er sofort in sein Zimmer. Vor nicht ganz einem Jahr, hatten ihm die Czermaks einmal einen Schlüssel hinterlassen, nur für den Notfall, und dass er nachschauen konnte, wenn sie verreist waren, die Post ins Haus bringen, für solche Sache eben. Damals hatte er sich über das Vertrauen der beiden gefreut und gehofft, sie könnten Freunde werden, aber sie waren dann doch zu verschieden in ihren Ansichten und Lebensweisen. So wurde nichts daraus und die anfängliche Sympathie steigerte sich in einen kleinen Nachbarschaftskrieg. Den Schlüssel hatte er allerdings behalten. Nun wollte er diese Tatsache für einen kleinen Racheplan ausnutzen.
Spätnachts schlich er sich aus dem Haus und ging zum Nachbargrundstück. Er schaute sich nach allen Seiten hin um und als die Luft rein war, öffnete er die Haustür und trat ein. Dabei ging das Licht an, er hatte nicht gewusst, dass sie Bewegungsmelder installiert hatten. Aber jetzt war es für einen Rückzieher zu später. Also schlich er weiter ins Wohnzimmer und wartete. Er wusste nicht worauf, denn die Wahrscheinlichkeit, dass Gabriel herunterkam war hoch. Erschrocken wandte er sich um, als er ein Geräusch vernahm, dann stellte er sich neben die Tür und wartete erneut. Von oben hörte er Schritte, die Wanduhr tickte, irgendwer hatte den Wasserhahn auf- und nach kurzer Zeit wieder zugedreht, eine Klospülung war zu hören, dann Schritte die Treppe herunter. „Gabriel? Ich dachte, du schläfst“, murmelte sie schlaftrunken, dann öffnete sie die Tür zum Wohnzimmer. Werner nutzte diese Chance, packte sie grob und zog sie ins Innere. Dann presste er ihr eine Hand auf den Mund und begann sofort, ihr das T-Shirt und den Slip auszuziehen. Lotte war im ersten Moment vor Schreck wie erstarrt, doch dann versuchte sie sich zu wehren, trat um sich, biss ihn und er schlug ihr die Faust auf die Nase. Benommen brach sie zusammen.
Als sie ruhig war, schaffte er sie zur Couch, drehte sie auf den Bauch und nahm sich, was er wollte, dabei drückte er ihr den Kopf so auf die Kissen, dass sie beinahe erstickt wäre. Nur noch wenig Gegenwehr schlug ihm entgegen und er redete sich ein, dass sie das ja so wollte, denn ansonsten würde sie mehr kämpfen. „Ich wusste, dass dir das gefällt“, sagte er keuchend und gerade als er zum Höhepunkt kam, wurde er von hinten gepackt, niedergeschlagen und landete dabei so unglücklich mit dem Hinterkopf auf der Kante der Marmortischplatte, dass er aufgrund einer Hirnblutung verstarb.
Bericht von Frau Meyer:
Erst als ich die Sirenen hörte, bin ich wach geworden, Werner war nicht da, da dachte ich zuerst, er hat den Radau schon gehört und ist rausgegangen. Ich zog meinen Morgenmantel und die Pantoffel an und ging ebenfalls vor die Tür. Vor dem Haus der Czermaks stand schon ein Krankenwagen und die Polizei war auch vor Ort. Es war grauenhaft, als ich dann einen Mann auf der Krankentrage bemerkte, es war Werner. Warum tut einer so etwas? Warum nur, mussten wir auch hierher ziehen, in diese schöne Gegend, wo so gut wie keine Kriminalität herrscht.
(c) Herta 10/2011