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Sind stille Wasser tief?69
Stille Wasser sind tief. Ist es tatsächlich so? Bergen sie…
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meine 1.story

****e_a Frau
583 Beiträge
Themenersteller 
meine 1.story
RISSE

Ich ruf dich in einer Woche wieder an, sagte er. Ja, ciao. Ein Moment zwischen Himmel und Erde, dann Stille am Ohr.

Sie steht in ihrer Küche, die Kaffeetasse halb leer, Hunger und doch kein Appetit. Der Samstag bricht herein. Eine Postkarte aus Island liegt auf dem Küchentisch. Zärtlich streicht sie über das Haus vor dem Wasser unter dem Nebel. Sie liest den Text, den sie auswendig kann. Und noch einmal: Ich hoffe, dich bald zu sehen. Ihr Herz blutet. Seine Worte reissen es immer wieder auf. Sie hängt die Karte zurück an den Kühlschrank.

Sie trinkt einen Schluck kalten Kaffee und weiss, dass er jetzt mit der anderen in ihrem Bistro sitzt, dass er Rühreier mit Käse bestellt und viele knusprige Brote dick mit Butter bestrichen gierig in seinen Mund schiebt. Sie weiss, dass jetzt die andere die vielen schweren Schlüssel bei sich trägt und so das Schloss zu seiner Wohnung aufschliesst. Sie weiss, dass die andere nun ihre nassen Füsse auf den hellblauen Teppich im Badezimmer setzt. Den roten Vorhang im Schlafzimmer zuzieht. Und seinen heissen Körper riecht, über seine zarte Haut streicht, seinen feinen Atem um sich spürt, seine kurzen Seufzer hört, seine Hände an ihren Brüsten fühlt, zwischen den Beinen. Und sein Schwanz pulsiert. Lippen finden Lippen. Nass. Wie zwei spielende Tiere die Zungen. Ein tiefes Leuchten in den Augen, und die Vibrationen der Körper schmelzen langsam zu einem Tanz, wo keine Zeit existiert, nur der Moment, endlos.

Die Kaffetasse fällt zu Boden. Sie schaut, wie sich die braune Flüssigkeit langsam über den Kachelboden schiebt. Dann schnappt sie den gelben Lappen und wischt den Kaffee hastig weg.

Sie geht ins Bad und wäscht sich das Gesicht. Zwei neue Falten vom linken Augenrand zum Wangenknochen. Ihre Lippen sind fahl. Ihre Brust hebt und senkt sich. Sie schlägt sich noch einmal kaltes Wasser ins Gesicht. Beobachtet wie es langsam den Hals hinunterrinnt. Sie verharrt und starrt auf die Dose Rasierschaum. Oben an der Dose bildet sich immer dieser blaue Kragen. Da drinnen scheint viel Druck zu sein. Sie führt die Dose zur Nase. Und in dem Moment steht er hinter ihr, lachend, und haut ihr beim Hinausgehen keck auf den Hintern. Nein, bitte bleib!

Sie schmeisst die Dose mit einem Knall in den Abfalleimer. Und nimmt sie gleich wieder heraus. Noch einmal kurz riechen, ein letztes Mal. Die Dose fliegt erneut in den Kübel. Sie atmet heftig. Und weint.

Sie nimmt die Postkarte aus Island und zerreisst sie in viele kleine Stücke. Ganz langsam. In viele Stücke. Ein Häufchen Island auf dem Küchentisch.
Sie wäscht die Kaffetasse ab. Isst einen Apfel. Im Herbst schmecken die Früchte gut.

Island liegt immer noch auf dem Tisch. Sie setzt sich hin, schiebt die Teilchen auseinander und fügt geduldig eines zum andern, bis das Haus wieder unter dem Nebel vor dem Wasser steht. Ein neues Bild, eines mit Rissen. Da kann Licht eindringen.

Das Herz blutet nicht mehr. Zum Lieben bleibt es ganz. Ganz bei ihr. Eines Tages wird sie nach Island reisen oder sonstwohin auf diesem Planeten. Und vielleicht ist er auch dort. Allein.
©Cornelia
**********gerin Frau
907 Beiträge
Kompliment
*spitze*
Mich hat die sehr emotionale Kurzgeschichte sehr beeindruckt.
Großes Lob an dich. Der Leser kann sich gut in deine Situation,
die viel Wehmut und Sehnsucht zum Ausdruck bringen, hinein versetzen. Die fließenden Gedankengänge sind gut nachvollziehbar.
Wünsche dir weiterhin viel Erfolg beim Schreiben.
Weiter so.........!!
Liebe Grüße Marion *liebguck*
da ist alles drin!
*g*
Sehr dicht beschrieben und gut gewählt, diese Bilder.
Ich finde ebenfalls: sehr intensiv. Gefällt mir.
volatile
*******aum Frau
16.590 Beiträge
Sehr gut und sehr eindringlich. Gefällt mir.

Einzig die für mich sehr abrupte Entwicklung hin zu "ihr Herz blutet nicht mehr" am Schluss... da weiß ich nicht ob ich die emotional mitgehen kann. Eben noch Tränen, Zorn, Trauer, Rasierschaum im Müll und Island in Fetzen auf dem Tisch und der Leser denkt:" Ja! Kenn ich! Fühl ich!" und plötzlich im letzten Satz dieser Wandel zur Heilung?

Das wirkt auf mich etwas herbeigezwungen. So als müsste auf Krampf schnell noch etwas Optimismus her.

Was ich gar nicht nötig finde. Von mir aus hätte sie dort in ihrem Schmerz erst einmal bleiben können. Der Text ist eine so dicht gezeichnete Momentstudie, der verträgt ein offenes, nicht benanntes Ende.

Für mich wäre dieser plötzliche Wandel zum Optimismus nicht nur nicht nötig gewesen, ich finde ihn fast schon unpassend aus der Stimmung des Textes heraus.

Ansonsten sehr gut!
nochmal Kaminlesung
****ra Frau
12.347 Beiträge
Ich schließe mich hier einfach an ... eine sehr gut, dicht und eindringlich erzählte Kurzgeschichte. *top*


LG Herta
*******dyy Frau
1.890 Beiträge
Klasse geschrieben,
*bravo* *top2*

so sollte eine Kurzgeschichte sein!



Mach weiter so und erfreue uns mit neuen Werken aus Deiner Feder.
Kurz, prägnant, dicht, eindrücklich: genau das, was es für eine Kurzgeschichte braucht.
*top*
Mich fasziniert...
...die Dichte, mit der du schreibst. Die Geschichte ist kurz und enthält alles Wichtige in kompakter Form, ohne abzuschweifen. Die Geschichte nimmt den Leser mit.

Zudem hast du handwerklich (fast) sauber geschrieben.

Im Gegensatz zu Sina kann ich dem Schluss der Geschichte gut folgen. Das hin- und herschweifen zwischen Zorn und einen friedlichen Abschluss suchen kann ich (aus eigener Situation) sehr gut nachvollziehen.

Bernd
super
wunderschön eindringlich beschrieben

ich finde das Ende auf passen - von Optimismus kann man da nicht sprechen, das ist mehr "die Hoffnung stirbt zuletzt" und sehr traurig, dass sie weiter liebt, ohne zurück geliebt zu werden.

Danke
Gruß
Dea
****e_a Frau
583 Beiträge
Themenersteller 
sehr erfreut
ja, geradezu gerührt, bin ich ab den reaktionen zu meinem ersten beitrag in dieser anregenden gruppe.

herzlichen dank an alle, die sich zu meiner geschichte geäussert haben!

zum schluss von RISSE: es ist dieses ewige hoffen, dieses doch nicht ganz loslassen können. vielleicht eine art von schmerzverlängerung gar. oder schlichtweg eine grosse liebe. naja, zumindest der glaube daran.

cornelia

ich hab noch einiges auf lager. bald parat für euch.
**********er_nw Mann
16 Beiträge
Mach was draus
Sehr gut, Cornelia, sehr gut!

Mir gefält wie wenige Zeilen Du brauchst, um den Leser emotional in die Geschichte zu ziehen. Ich war sofort gefangen und gespannt.

Den Bruch am Ende, den Sina sehr gut beschreibt, hab ich auch gespürt, hätte ihn aber nicht so analytisch darstellen können.

Bevor ich die Kommentare aber gelesen habe, habe ich mich einen Augenblick in der Story treiben lassen und mir gedacht, das wäre ein klase Anfang für ein längeres Werk. Das würde zwar nicht in das Forum passen, aber wenn es an anderer Stelle erschiene bestimmt Lesenswert.

Du hast die Akteue schon definiert, der Anfang des Kopfkinos ist gemacht.
Das Puzzle mit der zerissenen Postkarte liegt auf dem Tisch und vor dem geistigen Auge...

Mach was draus.

Ich freue mich wieder von Dir zu lesen.
Klaus
**********_stgt Frau
1.355 Beiträge
Authentisch ...
... nachfühlbar ...

... Erinnerungen ...
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