Voll daneben - Römisch II
Nur mal um es aufzuklären, nicht jeder hat es verstanden: "Lars und die Frauen" ist ein sehenswerter und warmherziger Film, in dem eine lebensechte Frauenpuppe 'mitspielt'. Weitere Gemeinsamkeiten mit dem Thema dieses Threads und den 'Porno-Geschichten' in der Gruppe existieren nicht.
Um dennoch im Bild zu bleiben: Was würde die durchaus vorhandene Zielgruppe von einer solchen Puppe halten, der gleich nach dem Auspacken ein Bein ausfällt, die mit zwei linken Armen, drei Augen, aber nur einem Ohr versehen wäre, und an deren rechts über der Hüfte angebrachter Vaginalöffnung man sich die Haut aufreißt? Nichts.
Die von dir beschworene Elite existiert nur in deiner Fantasie. Wie überall im Leben sind auch beim Schreiben die thematischen Interessen unterschiedlich verteilt, was an Rechtschreibung, Logik und Sprachgefühl aber absolut nichts ändert. Überhaupt gelesen zu werden, hängt dann doch wieder mit dem Thema und der neudeutschen 'Message' zusammen.
Wenn wir in dieser Gruppe mehr wollen, als nur gut unterhalten zu werden, müssen wir Texte auf ihre handwerklichen Qualitäten abklopfen dürfen. So kann der Urheber, wenn er will, ein Gefühl dafür bekommen, wo für 'notorisch kritische Leser' die Grenze zwischen künstlerischer Freiheit und schlichter Fehlerhaftigkeit liegt.
Selten genug - aber wenn ich je auch nur ansatzweise das Gefühl hatte, es ginge in der Diskussion nicht mehr um den Text, sondern um die Person des Autors, etwa bei der beliebten Verwechslung von Ich-Erzähler und Autor, habe ich mich, wie viele andere auch mit dem Ziel einer Klarstellung dazu geäußert. Genau so deutlich allerdings auch, wenn ein Text für mich inhaltlich die Grenzen des guten Geschmacks überschritten hat. Dann geht es für mich nicht mehr um ein verrutschtes Komma, sondern um die Intention und Gesinnung eines Menschen, den ich dann als solchen missbillige, selbst wenn ich immer noch bereit bin, zu glauben, dass er die beschriebenen Handlungen in der Realität nicht ausführen würde.
Im konkreten Fall "cumshot-...-ffm", meilenweit entfernt von einer solchen absoluten Grenze, habe ich mich (ich kann nur von mir selbst sprechen) drei Mal geäußert: Zunächst mit einem knappen 'Das ist Mist', dann mit einer parodistischen Ergänzung, die den Finger in die textlichen Wunden legen sollte, und schließlich mit einer prosaischen Erläuterung dessen, das meiner Meinung nach hinkte und eierte.
Warum habe ich den Text überhaupt gelesen? Weil er etwas hätte werden können, aber weit hinter seinen Möglichkeiten zurückgeblieben ist. Nicht, weil mir tiefschürfende Philosophie gefehlt hätte, sondern weil es ein Graus war, sich hindurchzuquälen. Die von dir unterstellte Schlussfolge vom 'schlechten Werk' auf den 'schlechten Menschen' ist universal anwendbar (Maurer, Kellner, Fußballtorwart) und verbietet jegliche Kritik. Und sie ist falsch, so wie sie es mit umgekehrtem Vorzeichen auch wäre.
Logischerweise könntest du hier halt machen, tust es aber nicht. Stattdessen möchtest du beim 'Porno' (wer definiert das eigentlich? Ist deine Definition etwa: "Sprachlich zum Gruseln"?) im Gegensatz zu allen anderen Literaturgattungen mindestens ein Auge zugedrückt wissen, nur weil es dafür dankbare Leser gibt.
Das ist den Kritikern wie den Autoren gegenüber ungerecht: auch Interpreten volkstümlicher Musik haben ein Anrecht darauf, auf verstimmte Instrumente, falsche Harmonien, Aus-dem-Takt-Kommen und schlecht eingestellte PAs hingewiesen zu werden.
Für die von dir erwähnten 'Blumenwiesen-Texte' (ob deine Beispiele dazugehören weiß ich nicht, weil ich sie nicht gelesen habe) gilt für mich alles bisher Gesagte. Schafft es ein solcher Text, mich zum Lesen zu animieren, werde ich Fehler, die über schlichte Tippfehler hinausgehen, kritisieren. Nicht um den Luftballon platzen zu lassen, sondern weil diese Gruppe einen Anspruch hat. Einen, den die Redaktion der Bäckerblume übrigens auch hat.