Horror
Beata sitzt auf ihrem Balkon an einem Plastiktischchen. Es ist dunkel. Beata dreht ein Glas in ihren Händen. Ein Rest von Flüssigkeit perlt auf dem Boden hin und her. Es riecht nach Wodka. Beata hat getrunken. Sie gähnt. Warum hat er mir diese Tulpen geschenkt? Beata zieht sich ihr Wolljäckchen enger um den Leib und wirft einen Blick in ihr Wohnzimmer. Da stehen sie. Starre, kalte Ungeheuer in ihrer schwarzen Pracht. Wie schön hatte sich Beata gefühlt, als sie in ihrem neuen, hellen Kleid ins Restaurant trat. Mit klopfendem Herzen, wie es sich gehört. Umherblickte. Wo? Er sass an einem Fenstertisch. Sie hatte ihn sofort erkannt. Dasselbe grüne Hemd wie auf dem Foto. Der Mann im grünen Hemd. Er nippte an einem Bier, stellte das Glas sorgfältig auf den Tisch zurück, drehte es versunken auf dem Bierdeckel im Kreis. Beata war glücklich. Diesmal wird alles gut. Auf einem fliegenden Teppich schwebte sie auf ihn zu. Rolf? Der Mann im grünen Hemd zuckte zusammen. Dann blickte er auf. Beata stand nun vor ihm, lächelnd. Rolf starrte sie an, wie tot. Hallo. Beatas Lächeln gefror zu einer Maske. Die sie anbehielt, während sie Bratwurst mit Rösti assen, er von seinen zahlreichen Versicherungsgeschäften sprach, oder seinen Erwägungen im Hinblick auf den Erwerb eines Golf GTI oder doch lieber eines Audi Quatro, seiner Aufregung wegen dem neuen, weissen Ledersofa, oder schlussendlich von der Sorge über den Verkauf der Wohnung seiner verstorbenen Mutter. Rolf sprach lange. Beata strich mit ihrem Messer nicht mehr vorhandene Saucenreste auf ihre Gabel. Beim Mailen hat er sich immer sehr kurz gefasst, schoss es Beata durch den Kopf. Und er machte mir Komplimente. Der Mann im grünen Hemd bestellte die Rechnung. Es war nett, sagte er. Ja, sagte sie. Ihr Gesicht verlor die Maske und offenbarte ausschliesslich elende Traurigkeit. Dann bückte sich der Mann im grünen Hemd unter den Tisch und erschien mit einem Straus. Einem Strauss schwarzer Tulpen. Ob sie den Weg nach Hause alleine fände? Er müsse nochmals kurz weg. Beata lachte auf. Er drückte ihr den Strauss an den Körper, nickte ihr aufmunternd zu und zwinkerte dabei. Mit seinem linken Auge. Beates nahm den Strauss mit beiden Händen entgegen. Und sie bewegte sich aus dem Restaurant. Die schwarzen Tulpen vor sich her tragend. Wie eine Botschaft.
Beata kippt den Rest Wodka in einem Zug. Sie steht auf, schwankt auf die Vase zu. Die schwarzen Tulpen fliegen wie angeschossene Vögel übers Balkongeländer. Beata weint.