Leseprobe
möchte hier mal zum Einstieg eine Leseprobe aus meinem Manuskript mit dem Titel (Alp)Traum Spanien einstellenes ist eine Erzählung darüber, was man alles erleben kann, wenn man sich völlig unbedarft in das Vergnügen "Auswandern" stürzt.
ich freue mich auf Eure Kommentare und/oder Kritiken
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Nun gehen wir einmal davon aus, dass Sie alle Widrigkeit tapfer bis zum Schluss durch gestanden haben. Dann legen Sie sich auf die Terrasse und genießen den wunderbaren Blick auf das Meer. Es ist einfach herrlich. Sie sind mit allem zufrieden und fangen an, Ihren Garten zu gestalten. Sie pflanzen, was das Zeug hält.
Sie genießen die herrlich, warmen Tage, das Essen, den Wein und überhaupt. Könnte es schöner sein? In Deutschland stöhnen alle schon lange wieder über das fürchterliche Schmuddelwetter, Sie sind fast ein wenig schadenfroh darüber. Wöchentliche Telefonate mit Deutschland bestärken Sie im Nachhinein das Richtige getan zu haben. Trotz aller Unannehmlichkeiten. Doch was ist das? Die Sonne verschwindet hinter den Wolken. Ah ja, da drüben wird es schon wieder hell. Der postkartenblaue Himmel ist nicht weg, nur eine lästige Wolke und das war’s.
Am nächsten Tag das gleiche Spiel nur etwas mehr Wolken. Und die sind nicht mehr weiß, sondern sie werden langsam grau und schwarz. Dazu kommt ein ekliger Wind, der unverhältnismäßig kalt ist und einen Aufenthalt auf der Terrasse fast unmöglich zu machen scheint.
Nachdem Sie dann etwa eine Woche tapfer diesem Wind getrotzt haben und alle Warnungen von Menschen, die schon länger hier leben, in eben diesen bösen Wind geschlagen haben, hört er plötzlich auf. Die Luft wird stickig, es wird totenstill. Die Vögel, die sonst so fröhlich in Ihrem Garten zwitschern, sind stumm. Es ist gespenstisch. Dann fängt es plötzlich an zu regnen. Sie rufen: „Ahhhhh, endlich ein bisschen Wasser.“ Ja Wasser schon, aber ein bisschen?
Der Regen wird immer stärker. Es regnet sich richtig ein. Ein Blick nach draußen lässt einen ahnen, dass es das noch lange nicht war. Es wird immer dunkler und die Heftigkeit des Regens nimmt dramatisch zu. Eine halbe Stunde nach Beginn kann man draußen nichts mehr sehen. Keine fünf Meter weit.
Auf der Strasse steigt der Wasserspiegel ins Unermessliche. Sie trauen sich schon gar nicht mehr in Richtung Garten zu sehen. Wie muss der jetzt wohl aussehen? Sie hatten ihn doch gerade erst fertig angelegt. Sie fassen all Ihren Mut zusammen und blicken trotz allem nach draußen. In einem Bruchteil von Sekunden wurde aus Ihrem wunderschön angelegten Fleckchen Erde ein dreckiges Lehmloch. Sie schauen etwas genauer und Ihre Augen weiten sich in blankem Entsetzen.
Die Außenmauer verabschiedet sich dank ihrer professionellen Bauart ebenfalls gerade. Und dann denken Sie vielleicht, dass es schön wäre, umgeben von den Boden haltenden Bäumen hier zu leben. Aber die wurden ja aufgrund unermesslicher Habgier um Sie herum abgeholzt. Um Sie herum ist nur noch braches Bauland. Und da sehen Sie schon wie in Zeitlupe eine Flutwelle auf Sie zukommt. Das Bild lässt Ihnen das Blut in ihren Adern stocken.
Judihui, freuen Sie sich, die Regenzeit hält gerade ihren Einzug. Eingeleitet wird diese Zeit von der Gota Fria, die, wenn Sie Glück haben nur zwischen 100 und 200 Liter auf den Quadratmeter bringt. In der Stunde. Haben Sie ein schlechtes Jahr erwischt, können es auch schon mal bis zu 500 Liter sein. Autofahren sollten Sie in der Zeit der stärksten Niederschläge vermeiden, Ihrem Auto zuliebe. Wenn Sie trotzdem raus müssen, versuchen Sie dem Auto statt Reifen Flossen anzulegen. Schwimmen geht einfacher.
Gummistiefel, wie sie von Anglern getragen werden, wären ein sehr geeignetes Schuhwerk. Auf jeden Fall empfehlenswerter als die Sandalette, die Sie noch gestern am Fuß hatten, ganz stolz weil das in Deutschland ja um diese Jahreszeit nicht mehr möglich ist. Wenn Sie sie doch benutzen müssen, weil zum Beispiel die Gummistiefel nicht greifbar sind, denn die stehen in Deutschland wahrscheinlich gut aufbewahrt im Trockenen, rechnen Sie mit der sofortigen Liquidation der selbigen Sandalen. Denn wenn Sie die wieder vom Fuß nehmen, sind sie hin.
Na ja, was sind schon ein paar Sandaletten. Andere Menschen erleben Schlimmeres bei Hochwasser. Recht haben Sie, aber die Schadensbilanz geht weiter und bedenken Sie stets eines: Alles was Ihnen selbst widerfährt, hat einen wesentlich höheren Stellenwert als das, was man nur von irgendwo her hört.
Und es regnet immer noch. Die wenigen Augenblicke, wo es aufhört und es den Anschein hat, dass es aufhellt, sind in der Regel nur die kurzen Momente, die die Sonne braucht, um zu sehen, wo es noch nicht nass genug ist, damit sie die Wolken dorthin schicken kann. Allerdings kam mir auch schon der Verdacht, dass die Lady eine Brille braucht.
Spätestens nach dem zweiten Tag fangen Sie an ruhelos und mit skeptischer Miene im Haus hin und her zu tigern. Sie prüfen die Dachisolation, wenn es denn eine gibt. Und Sie fragen sich, wie lange es wohl noch geht, bis die Wand ihren Widerstand aufgibt und die schmalen, feuchten Streifen auf derselben sich zum integrierten Zimmerwasserfall entwickeln. Gleichzeitig überlegen sie: Wie war das noch mal mit den Stromkabeln. Wo genau liefen die entlang? Seien Sie versichert, Sie können nichts, aber auch rein gar nichts tun. Jedenfalls nicht solange es regnet. Drei bis fünf Tage, dann ist der Spuk vorbei.
Ha, Ihre Sandaletten sind trocken geblieben. Mit geblähter Brust ziehen Sie sie an und machen sich vorsichtig auf nach draußen, um eine erste Schadensaufnahme zu erstellen. Dort sieht es aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen. Alles was nicht niet- und nagelfest war, ist weg oder liegt irgendwo auf der anderen Seite des Grundstücks. Meistens auch noch kaputt. Sie schlagen die Hände über dem Kopf zusammen und Ihre Ausrufe lassen den Betrachter entfernt an einen Kesselflicker denken. Die Erde sieht gut aus. Wie rote Mousse au Chocolat, sie hat das Wasser gut aufgenommen.
Aber die Jungpflanzen, gerade erst gepflanzt, sind alle ersoffen. Der Samen Ihres Kräutergartens sprießt wahrscheinlich im Frühjahr unten am Haus in der Lagune und die sieben Tonnen Erde, die Sie gerade mühsam Schaufel für Schaufel um Ihr gärtnerisches Meisterwerk verbracht haben, sind ebenfalls futsch. Alles kaputt, alles zerstört. Sie drehen sich einmal um die eigene Achse und sind den Tränen nahe. Da erblicken Sie in all dem Chaos einen Hibiskus, der einsam und verlassen, aber tapfer in all dem Dreck steht.
Sie breiten die Arme aus und setzen sich in Bewegung. „Wenigstens du hast alles überstanden“, rufen Sie ihm zu und laufen in seine Richtung.
Sie hören noch wie es leise „Flutsch, Flutsch, Schmatz, Schmatz“ macht. Und dann? Ja, dann haben sich Ihre Sandaletten verabschiedet. Ich hatte Sie gewarnt. Dieses leise und doch so endgültige Schmatzen war das letzte Aufbäumen, bevor diese beiden Dinger ihr endgültiges Grab in der roten, nassen Erde fanden. Pech, aber eben, mit gewissem Verlust muss man rechnen.
Einige Ihrer Leidgenossen resignieren bei diesem Anblick. Nicht aber Sie. Geräuschvoll spucken Sie in die Hände und fangen an mit den Aufräumungsarbeiten. Brav so, immer getreu nach dem Motto: Was einen nicht umbringt, macht einen härter.
Schwitzend und keuchend arbeiten Sie sich durch den ganzen Schlamassel und den einzigen Kick, den Sie dabei haben, ist, wenn Sie die neuen Pflanzen kaufen. Würden Sie mich jetzt fragen, was Sie tun sollen, würde ich Ihnen sagen, Sie sollten mit dem Einkauf warten bis zum Frühjahr. Aber Sie fragen mich ja nicht.
Es wird wieder schön, Temperaturen so um die 20 Grad rum, tagsüber. Nicht schlecht für November, oder? Befreit atmen Sie auf. Herrlich! Einfach traumhaft. Am Morgen haben Sie mit Deutschland telefoniert. Die haben immer noch Schmuddelwetter bei fünf Grad. Grrr... Und Sie? Nie wieder etwas anderes. Entspannt liegen Sie in der Sonne als Ihnen plötzlich eine Idee kommt. Da die warmen Temperaturen am Abend rapide nachlassen und die Feuchtigkeit des Regens noch immer in dem Gemäuer hängt, entschließen Sie sich am Abend ein schönes, kuscheliges Feuer am offenen Kamin zu machen. Gesagt, getan, alles ist vorbereitet.
Am späten Nachmittag zünden sie es an. Wie vorausgesehen hat es aufgefrischt und ein kräftiger Wind hat sich auch eingestellt. Schaudernd schließen Sie die Türen und Fenster, um gleich darauf wieder alles wild gestikulierend und hustend aufzureißen. Was ist passiert? Ganz einfach. Der Wind hat den Rauch im Kamin statt nach draußen zu lassen wieder reingedrückt. Da in der Wohnung kein Fenster und keine Türe offen war, konnte dieser viel gepriesene Windkanaleffekt nicht stattfinden und, voila, der Rauch wurde wieder reingedrückt. Also immer schön offen lassen, oder eine Kassette einbauen. Da kann man das Sichtglas zumachen und der Rauch kann nirgends anders hin als raus als zum Kamin.
Außerdem hat so eine Kassette den Vorteil, dass von der produzierten Wärme cirka 80 Prozent in den zu beheizenden Raum strömen. Nur 20 Prozent verflüchtigen sich durch den Schornstein. Ohne Einsatz ist das Verhältnis gerade umgekehrt. Aber der Tourist hat es ja. Das Geld meine ich. Und die ganze Romantik nützt nichts, wenn man dabei an den Hintern friert, oder sich eine Rauchvergiftung holt. Also gilt hier in der Regel, dass man durch Schaden klug wird. Stimmt, nur man hat ja ein gewisses Budget erstellt, bevor man sich auf das Abenteuer „Bauen in Spanien“ einließ. Oder nicht?
Dort ist sicher auch ein Posten vermerkt für Unvorhergesehenes. Aber mit Sicherheit hat keiner damit gerechnet, dass man am Ende statt der vorgesehenen 250.000 fast das Doppelte zu berappen hat.
Mindestens die Hälfte aller Häuslebauer hat sich hier an der Küste finanziell übernommen und müssen nun sehen, wie sie das irgendwie in den Griff bekommen und das Geld irgendwo einsparen können. Zumal ja die Lebenshaltungskosten hier in Spanien nicht geringer sind als anderswo.
Wenn man unter südlicher Sonne Ferien macht, sieht man alles durch eine rosarote Brille, die aber ganz schnell wieder klar wird, wenn man gezwungen ist, das Leben hier zu bestreiten. Die Teuerungsrate, die hierzulande herrscht, ist unbeschreiblich. Da legt man die Ohren an. Aber man ist ja hier in Spanien, das entschädigt einen für alles. Oder doch nicht so ganz? Zu der Zeit, in der wir in Spanien lebten, kam noch der Wechselkurs hinzu, mit dem viele am Anfang nicht klarkamen und dann immer schneller ihre Rente oder Pension schwinden sahen, als man sich das im Vorfeld ausgerechnet hatte. Heute ist es der Euro, mit dem man leben muss. Aber auch in Spanien gilt der Spruch: Euro gleich Teuro.
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