Weil im X-Mas-Kalender so viel Spaltmaterial frei rumflog!
~ Allen Gummipunkt-Sammel und Millikrümel-Dichtes Denkern ~(und verzeiht mir bitte die sicher auffindbaren R.S.F.'s)
Zündeln im CERN!
1.****
Ich rannte wie ein Verrückter. Also ich meine, ich rannte wie einer, der eine Feuerwand auf sich zukommen sieht und dann denkt: „Ich glaub, ich werd verrückt!“
Aber ich war gar nicht verrückt geworden, denn es wurde schließlich immer heißer. Und glaubt mir, nicht nur an den Schweißperlen auf meiner Stirn wurde mir das bewusst. Also rannte ich verzweifelt los.
„Wo ist der nächste Berg?“, dachte ich zunächst, während ich rannte. Natürlich wie ein Verrückter!
„Scheiß auf den Berg. Da wirst du auch nur eine recht kurze Verlängerung deines Lebens herausholen“, machte mich eine innere Stimme auf meine falsche Logik aufmerksam!
„Ach ja, verdammt, momentan ist wirklich etwas mehr als nur die Kacke am dampfen.
Mit dem Rennen kam wieder etwas mehr Ruhe und Ordnung in mein Denken.
Die Geschwindigkeit der Feuerwand schien nicht besonders gross gewesen zu sein. Als ich einige Minuten gerannt war, kam ich zum nächsten Ort. Ich hielt einen Porschefahrer an. Also na ja, ich meine, ich nötigte ihn mehr oder weniger, mich nicht über den Haufen zu fahren.
Nachdem sich der Sturm seiner Entrüstung wieder gelegt hatte, machte ich ihm anscheinend und irgendwie auch sehr schlüssig klar, dass es von unvorstellbar großer Wichtigkeit für alle sei, dass er mich nun so schnell wie möglich zum Flughafen in Genf bringe.
Gesagt, getan. Ich wünschte ihm dann noch einen letzten, tollen Abschiedssex mit seiner neuen, 17 Jahre jüngeren Freundin, von der er mir während der Fahrt unaufhörlich vorgeschwärmt hatte. Er schaute mich nur ungläubig an.
Am Schalter derjenigen Fluggesellschaft, die den nächsten Flug incl. freiem Platz nach London für mich hatte, wurde ich auf einmal so dankbar gegenüber demjenigen, der einst die Idee mit diesen Kreditkarten hatte, dass mir gar nicht auffiel, wie ich äußerlich pfiff und komische Gesten machte. Also ich meine die gleichen Grimassen, die auch Stan von Dick und Doof immer machte, wenn er gerade mal wieder etwas ausgefressen hatte.
Meine nette, ruhige innere Stimme wurde inzwischen auch sarkastisch. Ich erwischte mich nämlich dabei, wie ich mich über die anderen Passagiere am Flughafen lustig machte, weil alle so viel sinnloses Gepäck für diesen letzten, kurzen Trip mit sich führten, den sie vor sich hatten. Ich gab den letzten von uns gerade mal noch 3-4 Tage, je nach Ausbreitungsgeschwindigkeit.
Aber he, jetzt erst mal nichts anmerken lassen. Pfeifen wird ja wohl erlaubt sein.
Mein Platznachbar hatte mir freundlicherweise sein Notebook überlassen. Und dank des letzten 1.Klasse Tickets meines Lebens, konnte ich während des Fluges nach Heathrow im Internet auf www.your-opposite-fellow-earthling.com recht schnell herausfinden, wo die Reise letztlich enden würde.
Ich buchte mir den nächsten Direktflug nach L.A.! Eigentlich wäre Singapur sicher besser gewesen. Aber nach all den Stunden jetzt noch mal über den erweiterten Luftraum Schweiz/Mitteleuropa zu fliegen, erschien mir nicht sehr ratsam. Und zum immer schwärzer werdenden Galgenhumor in mir passte es eh wie die Faust aufs Auge, dass mein Flug mit Delta stattfinden würde. Delta: Don’t ever land there again!
Ich klappte das Notebook zu. Also Jesus wird zwar mehr und dauerhafter, aber sicher nicht seliger geschmunzelt haben wie ich in diesem Augenblick. Die 2 Jack Daniels mit Cola, auf Eis, schmeckten anschließend so köstlich wie selten zuvor in meinem Leben. Meinem Platznachbarn gab ich noch die Webadresse von einem High-Class-Escort-Service in L.A.! „Die bieten sogar einen direkten Limo-Service ab dem Airport an“, sagte ich ihm.
Ich meine, was bitte hätte ich ihm sonst raten sollen, nachdem er mir zum Ausgleich fürs Notebook zuerst eine viertel Stunde von seinen Gewinnen mit Aktienspekulationen erzählt hatte, nur um mir danach dann noch 3 Stunden das Ohr abzukauen, dass es schon seit Jahren mit den Frauen und der Liebe nicht so recht klappen wollte.
Na ja, ich meine ja nur, das uns bekannte „Dasein“ löst sich in den nächsten paar Tagen in einer global-universalen Feuersbrunst auf.
Was für einen besseren Weg gäbe es also, seine Kohle noch mit etwas Schönem zu verheizen.
L.A.X, 8Uhr morgens, strahlender Sonnenschein. Neben mir steigt einer dieser singenden, oder war es schauspielernden, um die Welt jettenden Umweltgutmenschen aus. Was für Typen, denke ich mir nebenbei. Wasser predigen, und jede Woche in der Bunten auf einer anderen Südseeinsel teuflisch in die Kamera lächeln. Falsches Pack.
Der Sonnenbrillenträger lächelt freundlich. Ich lächle zurück. Ziemlich entspannt komme ich mir übrigens vor. Und das, obwohl der Ozean vor mir ein riesiges Hindernis darstellt.
„Wie geht’s?“
„Super. Was für ein toller Morgen!“, antworte ich.
„Freut mich. Ich bin ebenfalls gut drauf. Die 1st Class bei „piep“-Airlines ist doch einfach immer noch die Beste, die man buchen kann!“
Ich nicke zustimmend.
„He Mann, schon irgendwas vor? Lust mit mir und meinen Jungs einen kleinen Ausflug aufs Meer zu machen?“
Danke lieber Gott. Es gibt dich also doch, denke ich mir.
„Oh, ja klar, gerne!“, gebe ich bescheiden zur Antwort. „Hab eh nicht mehr viel vorgehabt die letzten, äääh, ich meine, die nächsten Tage!“
Gesagt, getan.
Ich staune nicht schlecht! 87m lang, 5 Decks, 2 Pools! Ca. 1000Liter Diesel auf 100 Seemeilen. Bei ruhiger See. Ach ja, und circa 30 scharfe Chicks. Standardausführung, 1,70-1,75, blond, braun, schwarzhaarig, braungebrannt, willig und kurzweilig interessant. Denkste!
Die nächsten Tage vergehen wie im Flug.
Irgendwann zwischen den Drinks und den Lines in der ersten Nacht hatte ich meinen neuen Freund überzeugen können, Neuseeland anzusteuern. Meine Story wollte er mir zwar nur teilweise abnehmen, aber in dem ganzen menschlich leeren Dunst, der wie Nebelschwaden über meinem „Fährboot ins Ende aller Dinge“ hing, war dies auch nicht mehr allzu wichtig.
Ich selbst lächelte jedenfalls innerlich tief zufrieden, hatte ich doch eine paradiesische Überfahrt ins „Stovokor, Nirwana, Paradies, Himmel“ oder wie auch immer es die Menschen bezeichnen wollen, vor mir!
Als wir noch ca. 400 Seemeilen nordöstlich vor Neuseeland kurvten, ungefähr um 6.30Uhr morgens, fing auf einmal alles an zu vibrieren und warm zu werden. Ich räkelte mich und gähnte ein letztes Mal. Alicia drehte sich in meinen Armen zu mir um. Ich streiche ihr mit der Hand zärtlich durchs Haar.
Wir hatten uns am dritten Abend, line- und alkoholfrei, tief in die Augen geschaut. Kein einziges Wort hatte Sie seither gesprochen. Aber in meinem Herzen vernahm ich seit diesem ersten Augen-Blick das ständige Gefühl, von einem Engel begleitet, meine letzten Erden-Stunden erleben zu dürfen.
Wir fingen an, uns zu lieben. Wie nie zuvor, sanft und wild, fordernd und zugleich tröstend, hemmungslos und doch zutiefst gefühlvoll, begleiteten wir uns gegenseitig immer intensiver unserem eigenen, und doch auch gemeinsam innewohnenden Wesenskern entgegen.
Alicia, die unter mir lag, löste sich in einem kühlen, reinigenden Feuer zu purer, freier Energie auf und durchdrang mich vollkommen, einer Welle aus Millionen kleiner Orgasmen gleich. Dann löste sich mein Ich zu einem staunenden, glücklichen und wundervollen…
2. **
Petrus: „Aha! Und jetzt denkst du wohl, dass ich dich reinlasse, nur weil du alles gebeichtet hast? Wie?“
Ich: „Aber entschuldige mal, ich hab doch schließlich nur versucht, ein paar physikalische Tests durchzuführen, die uns dabei helfen sollten, die Menschheit einst vor Hungersnöten und eventuell auch Naturgewalten und dem drohenden Klimawandel zu bewahren.“
Petrus: „Ja, klar, wollten, sollten, müssten. Das ganze Universum, grobstofflich und feinstofflich, hast du angezündet. Findest du das etwas besonders witzig. Na?“
Ich: „He, das ist jetzt aber unfair. Von feinstofflicher Materie, die brennen kann, hatte noch nie jemand etwas erzählt. Das kannst du jetzt unmöglich mir ankreiden wollen.
Petrus: „Grobe, feine, dunkle Materie, Strings, Schleifen, Quanten, Quarks! Du meine Güte, was denken Experten wie du eigentlich, wenn sie einfach mal so eine Maschine bauen, die, durch eine Teilchenkollision theoretisch und natürlich erhoffter weise auch praktisch, eine Explosion auslösen soll, welche dann Hitze erzeugen soll, die, ebenfalls theoretisch und auch wieder erhofft real, tausende mal heißer als die Sonne sein könnte? Nicht viel, denke ich mal!“
(Mit der Papyrusrolle, die er in der linken Hand hielt und auf der, angefangen von der Papertüte mit „Hunde-a-a“ in Nachbars Briefkasten, damals mit 10, womöglich alle Sünden meines Lebens verzeichnet waren, haute er mir kräftig ins Genick!)
Ich: „Aua. Wofür war das den nun?“
Petrus: „Für den Sarkasmus bezüglich deiner 6 Milliarden ahnungslosen Mitbewohner und wie sie nach deiner Meinung völlig idiotische Dinge taten in ihren letzten Stunden.“
Ich: „Okay, ja, entschuldige. Aber es kam einfach über mich. Konnte mich gar nicht dagegen wehren.“
(Ich kratzte mich wohl wieder Filmreif am Kopf, denn Petrus machte nun eine komische Bewegung, die mich stark an Oli von Dick und Doof erinnerte. Ich zuckte etwas. Dann rollte er die Papyrusrolle auf)
Petrus: „Und was hast du nun zu deiner Verteidigung vorzubringen bezüglich der Auslöschung dieses dir bekannten Universums samt aller seiner Lebewesen, mögen sie nun fläuchen und kriechen am Boden, Fliegen im Himmel oder gar hüpfen wie’s Berliner Känguru.“
Ich: „Was soll ich schon vorzubringen haben. Nix. Mal abgesehen davon hatte ich einen ziemlich stressigen Tag bisher, komme jetzt nach all den Strapazen hier an und möchte einfach nur rein, beziehungsweise, also ich meine, raus! Und jetzt kommst auch noch du an und machst mir hier Vorwürfe. Wenn es dich also schon wirklich gibt, und deine tolle Rolle da in deiner Hand tatsächlich alles Wichtige enthält, dann sag mir doch bitte, warum diese ganze dampfende Kacke hier überhaupt passieren konnte. Hättest mich ja auch vorher warnen können. Und die anderen übrigens gleich dazu. Vielleicht ein Plakat mit einer Warnung wie „Achtung: Widergeburtswillige für die Erde, Anfang des 21. Jahrhunderts, bitte beachten: Einer unter euch zündet das Universum an, und ihr werdet dann alle ganz plötzlich von einer Feuerwand aufgefressen!“
Petrus: „Du hältst dich wohl für witzig! Aber so läuft das nicht, Freundchen! Wenn ich mir deine Bilanz mal genauer anschaue, dann tendiere ich schwer dazu, dich als Made wiederkommen zu lassen.
Ich: „Ich wäre ja bereit dazu, als Land wiedergeboren zu werden. Wie wäre es zum Beispiel mit der Schweiz?“
Petrus: „Schweiz?! Ich sagte Made, nicht Land oder gar Südseeinsel!“
Ich: „Aber die Schweiz ist doch sozusagen eine Made. Eben eine finanzielle Made im Speck.“
Petrus: „Haha, sehr witzig. Nein, nein, mein Lieber. Ich weiss was Besseres. Du kommst schon in die Schweiz. Aber als eines der berühmten Protonen. Dann wollen wir sehen, ob der Zufall es will, dass du auf ein anderes prallst und verglühst, oder ob du `ne halbe Ewigkeit allein im Kreis herumgeschleudert wirst.
(Ich tat so, als wenn ich jetzt richtig Angst bekommen hätte. Petrus bekam dieses Glühen in den Augen. Wie jedes Mal.)
Und dann wirst du…
3.****
Hinter uns ging die Tür auf.
Gott: „Kinder, Essen ist fertig. Nehmt bitte die Hirnstöpsel raus und macht die Konsole aus. Für heute habt ihr genug gespielt!“
Petrus: „Ach nö, Papa. Das ist gemein. Gerade hatte ich ihn soweit, dass er mir alles geglaubt hätte und dann als Urschleim wiedergeboren worden wäre. Weißt du, wie viel Punkte das gegeben hätte? Verdammte Scheiße…
Gott: „PETRUS! Es gehört sich nicht, zu fluchen. Also ab jetzt, Hände waschen.
Ich: (unschuldig grinsend, wie immer im Stan Laurel Style)
„Danke Vater. Du hast mich gerade vor einer großen Niederlage bewahrt!“
(ich grinste noch einmal leicht verlegen. Vater schaute mich aber mit diesem durchdringenden Blick an, den er manchmal haben konnte!)
Gott: „Du weißt genau, du sollst nicht lügen, Jesus. Aber vor allem sollst Du deinen kleinen Bruder nicht immer zur Weisglut reizen. Also Abmarsch ins Bad mit Euch! Mama wartet schon."
4.****
Nachtrag:
Schweißgebadet schrecke ich hoch. Puh, alles nur ein schräger Traum. Mit der Vorfreude, dass wir morgen endlich die Maschine anwerfen werden, schlafe ich selig wieder ein!
(c) Markus Koch 2009