Santa Claus is coming to town
Da im Adventskalender versehentlich eine Vorabversion der Geschichte eingestellt wurde, möchte ich euch das eigentliche Machwerk natürlich nicht vorenthaltenAlles war vollkommen perfekt für diesen überaus wichtigsten Tag des Jahres vorbereitet. Der Baum erstrahlte in hellem, fast überirdischem Lamettaglanz. Geschenke lagen verlockend verpackt in glitzernden Folien, die den Glanz des Baumes widerspiegelten, leise spielte der I-Pod „Last Christmas“ bis der Schmalz aus den Lautsprechern zu wabern drohte und die Familie wartete gespannt darauf, das Zimmer zu betreten, das nur von Kerzen und Kaminfeuerschein erhellt war und voller Erwartung lag.
Doch da lag noch etwas anderes! Zwischen den Zweigen der mit silbernen und roten Kugeln zum Bersten überladenen Fünfzigeuronordmanntanne hindurch konnte man ihn liegen sehen. Wenn man wirklich ganz genau hinsah.
Bäuchlings hingestreckt auf dem Perser lag er. Das gezipfelte Mützchen war über die spitzen Öhrchen verrutscht, die grüne, mit goldenen Runen besticke Tunika zerknittert, die Füßchen in den spitzen Schühchen mit den mit Glöckchen verzierten, nach oben gebogenen Spitzchen schienen irgendwie verdreht.
Verdrehter noch war - immerhin war Heiligabend und da nahm sich so was nicht wirklich gut aus -, dass seine Hose heruntergelassen war.
Noch verdrehter war, dass er keinen Schnaufer mehr tat.
Und am allerverdrehtesten war, dass ein Möhrchen aus seinem Po ragte.
Ein ganz und gar groteskes Bild.
Ein leises, manisches Kichern huschte durch den Raum, so ungreifbar, wie ein Déjà-vu.
Fieberhaft arbeitete der Weihnachtsmann mit seinen verbliebenen Elfen und dem Rentierschlitten daran, zu verhindern, dass die Familie den Tatort betreten würde, bevor die Cleaner ihre Arbeit verrichtet hatten. Das Weihnachtsfest hatte schließlich planmäßig stattzufinden. Und so umkreiste der Schlitten immer wieder mit Silberglöckchengeläut den Schornstein des Hauses, um die Menschen dort drinnen nach draußen zu locken und vom Weihnachtszimmer abzulenken, während im Haus die Elfen versuchten, den Leichnam und alle Spuren so zu beseitigen, dass niemand auch nur den Hauch einer Ahnung bekommen würde, dass hier irgendetwas ausserweihnachtliches vorgefallen sein könnte.
Derweil war der Weihnachtsmann wütend auf sich selbst. Wieso hatte er sich auch dazu überreden lassen, diesen schwulen Kriminellen mit auf die Fahrt in die Weihnacht mitzunehmen?
Mittlerweile war, wie befürchtet, eine e-mail aus Europa eingetroffen.
„Sehr geehrter Herr Claus,
als ich Sie zum Geschäftsführer unserer Filiale auf dem neuen Kontinent einsetzte, hatte ich Ihnen dringend davon abgeraten, mit Elfen zu arbeiten. Diese Spezies hat sich aufgrund ihrer Triebhaftigkeit schon immer als unzuverlässig erwiesen, auch wenn sie recht robust ist.
Die Konsequenzen für Ihr eigenmächtiges Handeln tragen ausschließlich Sie allein.
Das Weihnachtsfest ist ein Fest der Traditionen, die sich seit Jahrhunderten bewährt haben.
Somit wird von der Zentrale in Europa festgelegt, dass in Zukunft wieder ausschließlich mit von uns anerkannten Weihnachtsengeln zu arbeiten ist. Die von Ihnen eingesetzten irischen Gastarbeiter sind unverzüglich nach dem Weihnachtsabend freizustellen und in ihre Heimat zurückzuschicken.
Sollten Sie sich noch einmal erdreisten, den Osterhasen zum Weihnachtsfest mitzunehmen, werden Sie von allen Ämtern entbunden. Dieses heidnische Schlitzohr war mir schon immer suspekt.
Ab sofort erwarte ich einen reibungslosen Ablauf der Auslieferung und einen lückenlosen Bericht.
Mit freundlichen Grüßen
Das Christkind“