Erinnerungen
Viele Jahre hatte mich mein Stiefvater mit einem Ledergürtel auf Schenkel und Hinterteil geschlagen, wenn er mich bestrafen wollte. Auf diese erniedrigende Art schlug er mich immer nur, wenn meine Mutter nicht zuhause war. Aber mit ihr hatte ich niemals darüber gesprochen. Was hätte ich auch erzählen sollen?
Dass ich ihn immer hinter mir keuchen hörte, wenn er zuschlug? Manchmal verließ er mitten in der Strafaktion und befahl er mir zuvor, nicht aufzustehen, bis er wieder zurück sei. Wenn er dann wieder ins Zimmer kam, schien er vergessen zu haben, dass er zuvor noch unerbittlich eine Entschuldigung verlangt hatte, drosch nur noch etwas zum Abschluss und ließ mich dann gehen.
Als ich 16 Jahre alt war, schlug er mich das letzte Mal! Nach einer aufmüpfigen Antwort drehte er völlig durch.
Er riss den Gürtel aus seiner Hose und trieb mich wie ein Stück Vieh vor den Augen unserer Kundschaft durch die Firma. In einem Nebenraum verlangte er bei offener Türe, so dass es alle verfolgen konnten, dass ich mich über einen Stuhl legte. Ich genierte mich unsäglich vor den gaffenden Männern und tat trotz aller Drohungen nicht, was mein Stiefvater verlangte.
Außer sich vor Zorn drohte er, mich überall hinzuschlagen, wo der Gürtel mich treffen würde, wenn ich ihm nicht sofort gehorchte. Und tatsächlich drosch er in rasendem Zorn auf mich ein und hätte wohl auch endlos weiter auf mich eingeprügelt, wenn nicht schließlich einer der Männer eingeschritten wäre. Wie ein wütender Stier brüllte er noch einmal auf, als die Männer mich an ihm vorbei schoben.
Als wir auf gleicher Höhe waren, muss mich wohl der Teufel geritten haben. Obwohl mir das Blut im Kopf toste vor Schmerz, Wut und Scham hörte ich mich klar und deutlich meinen Stiefvater fragen: „Na, ist dir jetzt einer abgegangen?“
Was er daraufhin schrie, hörte ich mir nicht mehr an.
Zurück in meinem Mädchenzimmer stellte ich mich vor den Spiegel und betrachtete meine Blessuren: Ich war über und über mit blutroten Striemen übersät, manche begannen sich an den Rändern bereits blau zu verfärben. Auf der Brust und im Gesicht waren die Spuren seiner Raserei am schlimmsten.
Mir fiel ein Journal aus dem Nachttisch meines Stiefvaters ein, das mir vor einiger Zeit zufällig in die Hände gefallen war: Halbnackte Frauen hatten gefesselt, geknebelt und teils mit verbundenen Augen zu Füßen ihrer maskierten Peiniger gekniet, die mit Lederpeitschen auf sie einschlugen.
Mein Stiefvater schlug mich nach diesem Vorfall nie wieder.