Gedanken
Ich sitze seit Stunden an meinem Schreibtisch, unfähig die Zeilen aus dem Schönfelder zu begreifen. Ich bin von Traurigkeit erfüllt, jener Traurigkeit die mich nackt erscheinen lässt. In mir herrscht eine Bedürftigkeit nach allem - doch nichts vorhanden.Ich habe eine Kerze angezündet und liege auf dem Teppich, auf dem Rücken ausgestreckt. Es beginnt zu regnen. Ein Regentropfen hinterlässt auf dem Glas des Dachfensters, in der Schicht aus Blütenpollen und Staub, eine Spur, so unregelmäßig, als wäre es besonders anstrengend den direkten Weg zu finden. Mal nach rechts und dann wieder nach links ausweichend, für den Bruchteil einer Sekunde stillstehend, um dann den Weg fortzusetzen.
Die Tränen auf meinen Wangen, zuerst fast so, wie die Regentropfen, jetzt hinab stürzend um den weichen Teppich zu tränken.
Ich richte mich auf. Sitze nun und betrachte die Kerze. Sie brennt ruhig ohne zu flackern. Es ist still im Haus, niemand ist anwesend. Ich genieße diese Stille. Sie gibt Raum für Gedanken und noch mehr Tränen.
Mir fallen Worte von Hesse ein: „Möge der Weltlauf gehen, wie er wolle, einen Arzt und Helfer, eine Zukunft und neuen Antrieb wirst du immer nur in dir selber finden, in deiner armen, misshandelten, geschmeidigen, nicht zu vernichtenden Seele. In ihr ist kein Wissen, kein Urteil, kein Programm. In ihr ist bloß Trieb, bloß Zukunft, bloß Gefühl…“
Was ist Seele? Kann man sie nicht doch vernichten, wenn kein Wissen, kein Urteil? Bedeutet es, die Seele ist leer? Oder kann man diese Leere mit urteilsfreier bedingungsloser Liebe gleichsetzen? Was ist Trieb in einer Seele?
Langsam, wie die Regentropfen bahnen sich die Antworten auf diese Fragen einen Weg in mein Bewusstsein …….
© sky_bird 29.04.2012