Tag für Tag
Sometimes I tell myself I am better off without you Then I have to face the emptyness I feel inside without you
And try to find a way to make it through another day
"Another day" von Buckshot LeFonque (siehe unten)
Ich will dich so sehr, dass ich meine Zähne zusammenbeißen muss, bis sie knirschen. Es lässt mich die Hände wringen, es bringt mich zum Schwitzen.
Ich will dich so sehr, dass ich dauernd an dich denken muss: manchmal wenn du neben mir sitzt und meine Hand hältst, manchmal wenn du nur in der Nähe irgendetwas tust. Öfter noch, wenn du nicht bei mir bist.
Es ist so allumfassend, ich fühle es bis tief in meine Knochen, und das Verlangen kann nur gestillt werden, in dem ich dich anfasse. Es fühlt sich an, als hätte jemand ein Feuer in meinem Inneren entzündet, und die Flammen züngeln bis hoch in mein Herz, bis in meine Kehle.
Ich will dich so sehr, dass ich schmutzige Gedanken habe, wenn du völlig angezogen bist, und etwas Banales tust, wie auf dem Sofa sitzen, Kaffee trinken oder deine Schuhe ausziehen. Manchmal, wenn du mir gegenüber sitzt, aber wir nicht allein sind, oder wir gerade essen oder du dich mit jemand anderem unterhältst, fantasiere ich.
Meine Lieblingsfantasie ist dann, wie ich mir vorstelle, die Zeit anzuhalten und alle um mich herum gefrieren zu Statuen, dich eingeschlossen. Nur ich kann mich bewegen. Und dann gehe ich zu dir und streichle dir durchs Haar. Oder küsse dein Ohr, ohne dass du weg rücken kannst. Oder setze mich auf deinen Schoß. Und dann gehe ich zurück an meinen Platz, lasse die Zeit wieder weiterlaufen, und keiner weiß, was ich gerade getan habe.
Wie ein Hypochonder, der unter einer unerkannten Krankheit leidet, suche ich bei G**gle nach “Wie lange dauert Lust?“ während ich meine Lippen zerkaue. Alles, woran ich denken kann ist, dich anzufassen – das muss eine krankhafte Lust sein.
Eine Website erklärt, dass der Grund für das Feuer in mir Hormone und Chemikalien sind, die ausgeschüttet werden, wenn ich deine niedlichen kurzen Fingernägel sehe oder diese kleine Falte neben deinem Auge, wenn du grinst. Es sind Testosteron, Oxytocin, Vasopressin und Dopamin, die durch meine Adern jagen und irgendwie dafür sorgen, dass ich deinen Hals lecken möchte, von der Schulter, bis unters Ohr, bis du schmilzt, oder ich deine Hände in meinem Haar ziehen fühle.
Laut wissenschaftlichen Erkenntnissen, die sehr optimistisch klingen über den potentiellen Unterschied zwischen Lüsternheit und Verliebtheit, baden mein Geliebter und ich in diesem Hormonmix. Eine andere Site sagt, es könnte bis zu 18 Monaten anhalten, die Beständigkeit dieser chemischen Reaktionen, maximal. Eine längerfristige Krankheit also.
Ich will dich so sehr, dass ich nicht anders kann, als dich anzustarren, wenn wir zusammen sind. Ich weiß zwar, dass du redest und ich sauge deine Worte in mich auf, aber ich sehe mir auch deinen Mund an, deine Augen, deinen Hals, dein Haar, deine Ohren, deine Finger. Ich will dich so sehr, dass ich nach irgendeiner Schwäche suche, einem kleinen Makel – nur einem - der dich plötzlich unattraktiv macht.
Dieses Etwas könnte mich erlösen von meiner ungesunden Faszination für dich und die Fixierung auf alles, was mit dir zusammenhängt. Aber ich finde nichts – außer vielleicht, wie dein verwaschenes T-Shirt verrutscht und ich ein wenig mehr von deinem Bizeps sehen kann. Oder die übertriebene Art, wie du deine Hände beim Reden bewegst – die sich so viel besser auf mir anfühlen würden. Und dann beiß ich die Zähne zusammen und versuche so auszusehen, als würde nichts passieren.
Es liegt an dieser verdammt kurzen Zeit, die ich dich für mich habe, in der wir allein miteinander sind. Diese wenigen Tage, die wie Stunden vergehen, die paar Stunden, die wie Minuten erscheinen, die kurzen Momente, in denen ich ausleben kann, wie sehr ich dich will, dir zeigen kann, wie sehr ich dich mag, dich spüren kann, wann und wo und wie ich dich will.
Ich würde dich gerne weniger wollen, weniger brauchen. Damit ich mich in der Zeit, die ich gezwungenermaßen ohne dich auskommen muss, nicht so sehr nach dir sehne. Ich sage mir selbst dann manchmal, es geht mir gut ohne dich, besser sogar, weil ich normal funktioniere und Dinge tun kann, die getan werden müssen. Ich bin ohne dich besser dran – um vernünftig arbeiten oder den Haushalt organisieren zu können.
Aber jedes Mal muss ich mich dann wieder dem Gefühl der Leere stellen, das wieder kommt, immer wieder, und ich kann es nur mit dir füllen, wenn du wieder da bist. Was dich nicht umbringt, macht dich stärker, heißt es. Jedes Feuer stirbt irgendwann ab. Man gewöhnt sich an alles, sagt man.
Ich möchte mich nicht daran gewöhnen, ohne dich zu sein. Und ich will mich nicht daran gewöhnen, wie großartig es sich anfühlt, wenn du dann plötzlich da bist. Ich beiße lieber weiter die Zähne zusammen und warte auf den Moment, dass wir uns wieder in den Armen liegen.
(c) Dornroeschen67
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