Alles Käse
Man hat schon mal gehört, dass Frauen mit Wein verglichen werden. Man sagt, eine schöne Frau müsste man ebenso umsichtig behandeln, und sie im Bewusstsein genießen, was für einen wertvollen Gaumenschmaus man da vor sich hätte. Süffiger, süßer Wein macht schnell benebelt und gute Laune, bringt aber Kater mit sich, herbe, edlere Tropfen dagegen hebt man sich für besondere Anlässe auf. Sie verschönern das Ambiente und den Genuss aller Beilagen.
Wenn Frauen wie Wein sind, sind Männer wie ...
Käse. Ja, ich finde, Männer kann man am ehesten mit Käse vergleichen. Es gibt da ja auch so viele verschiedene Typen…
Deutscher Käse
Bodenständig, eindeutig, attraktiv auf eine symmetrische, kantige Art. Wir lieben unseren deutschen Käse, die „Kraft“-Version, die praktischen Scheibletten und den Schmierkäse in den gut ausbalancierten Schalen – mit ihm sollte man keine außergewöhnlichen Rezepte ausprobieren, sondern sich eine gute, hungerstillende Stulle schmieren. Die kann man überall mit hin nehmen. Dazu passt kein modischer Firlefanz, der deutsche Käse ist vorhersagbar, nüchtern. Man genießt mit ihm eher die einfachen Freuden. Perfekt für eine Frau, die Bier trinkt und gern aktiv ist.
Holländischer Käse
Gouda, Emmentaler, salzverkrusteter alter Hartkäse aus Holland - was will man mehr? Er gibt dir alles, er ist immer richtig, nur halt nicht für das Besondere. Vielleicht hat er nicht genügend Pheromone mehr, oder man gewöhnt sich an das einfach Gute, aber man hat eher eine platonische Beziehung zu ihm. Man kann viel Zeit mit ihm verbringen, aber ist er mal nicht da, verzehrt man sich auch nicht nach ihm. Keine Sehnsucht, kein Kribbeln, nur Bequemlichkeit, versicherter Geschmack, ein guter alter Freund, wie schade für ihn.
Haltbarer Kunstkäse
Dieses Verlangen nach schlechtem Käse... 90% Fett, künstliche Aromen, attraktiv verpackt, aber mit viel Luft und mehreren Lagen, verdächtig lang haltbar. Egal, wie oft man sich vorgenommen hat, ihm zu widerstehen, in Momenten der Unsicherheit oder Depression kann man ihm nicht entgehen, man sucht sich geradezu diese schlechte Gesellschaft, fällt über ihn her, reißt die Packung auf und leert sie, nur um am nächsten Morgen mit Reue und Schamgefühl aufzuwachen. Besonders anfällig für die unverzeihliche Lust auf die Sorte, die nur vom Namen her noch was mit echtem Käse zu tun hat, ist man an alkoholgeschwängerten Abenden, wenn man so einiges tut, was man hinterher am liebsten ungeschehen machen möchte. Man sollte ihm fernbleiben, wenn man sich einsam fühlt, es ist nur ein allzu schnell vorübergehendes Vergnügen.
Französischer Käse
In Frankreich ist der Käseplatte ein großer Anteil an einem guten Abendessen gewidmet. Und die verschiedenen Sorten dominieren die anderen Lebensmittel wie ein Boss, kommandieren, was zu ihnen passt und was nicht, bestimmen, was man zu ihnen trinkt und lassen sich von Brot und Hauptgang nicht beeindrucken. Sie sind teuer, exklusiv, fordern ihre Umgebung zu angemessenem Aussehen und Verhalten auf, und sind von ihrem eigenen Stil völlig überzeugt. Auch wenn der exquisite Geschmack von Zeit zu Zeit nicht zu verachten ist, und man sich mit ihnen sehen lassen kann - auf Dauer kann man nicht mit ihnen zusammen sein.
Bio - Käse
Wie gemacht für all die kleinen grünen Leute, die kein Fleisch in den Töpfen oder auf den Knochen haben. Hier zählt nicht Lebensfreude, sondern Verantwortung. Wenn man schon beim Essen an die geschundene Umwelt denken muss, und beim sogenannten Genießen seinen Schwächen bloß nicht nachgeben darf, vergeht mir persönlich die Lust auf so manch anderes ganz rasch.
Schimmelkäse
Etwas so Geheimnisvolles und Potentes wie Schimmelkäse kann sehr verwirrend sein. Nur ein bisschen davon, in einen Salat gekrümelt oder geschmolzen auf einem Steak kann himmlisch sein, aber man weiß nie genau, wie weit er gehen wird. Mit einem solchen Käse lohnt sich das Experimentieren, denn er ist sehr anziehend auf den ersten Blick. Doch man sollte das Etikett gut lesen und die Prisen vorsichtig einteilen, bevor man sich auf ihn einlässt. Wenn man sich zu weit auf ihn einlässt und es übertreibt, kann es schwer und schmerzhaft sein, wieder davon Abstand zu nehmen.
Mozzarella
Er ist kultiviert, passt sich aber an die verschiedensten Umgebungen an. Der Mozarella hat sein eigenes Tempo und ist sehr selbstbestimmt. Der Mozarella hat nur wenig Eigengeschmack, macht aber aus den einfachsten Gerichten etwas besonderes – er kann in den Hintergrund treten, wenn nötig, aber das gewisse Etwas liefern, wenn der Rest zu fade ist. Doch man sollte sich nicht täuschen lassen – er scheint interessant und behauptet, zu allem fähig zu sein. Dabei ist er dafür bekannt, sich an andere heranzuschmeißen, und sich nicht festzulegen. Er könnte Variationen vorschlagen, die einem gar nicht liegen. Wenn man abenteuerlustig ist, sollte man ihn machen lassen, ansonsten: vergessen.
Pfeffer- oder Chiligewürzter Käse
Pikant, aufregend, besonders. Diese Art von Käse mag Salsa, macht leidenschaftliche, süße Versprechungen und hat am ehesten von allen eine leicht homosexuelle Ader und die Neigung, zu Perversitäten zu tendieren. Einen Abend mit einem scharf gewürzten Käse vergisst man nicht so leicht. Er denkt nur an Spaß, nicht an die Konsequenzen, daher sollte man ihn nur in kleinen Dosen konsumieren – zu viel davon lässt eine Frau mit einem leicht brennenden Gefühl unter der Magengegend zurück, und ich meine jetzt nicht die gute Version von Brennen.
Babybel
Ein Charmeur, der einen von den Füßen haut. Er ist kalorienarm, praktisch und unkompliziert. Man sollte meinen, das Interesse wäre bei erwachsenen Frauen längst abgeflaut – diesen Käse mag man als junges Ding, wenn einen die lachende Kuh oder die vielfältigen, bunten Darreichungsformen noch anmachen. Doch dann probiert man mal so nebenbei und ist begeistert. Und merkt, wie geschmackvoll und einzigartig er sein kann und man will mehr davon. In Gesprächen mit Freundinnen merkt man, dass sie diese Art kennen oder zumindest wenn irgend möglich gern auch mal probieren möchten. Doch für eine längere Beziehung eignet er sich nicht, denn man kann ihn nicht seinen Eltern vorstellen oder mit ihm über seine Arbeit diskutieren. Ein Spaß, sonst nichts.
Stinkkäse
Wie der Name schon sagt – erst stinkt er einem. Man verbannt ihn in die hinterste Ecke des Kühlschranks, doch er weiß sich bemerkbar zu machen. Bei der Zubereitung wird einem fast schlecht, doch überwindet man einmal diese Abscheu zum Wohle eines besonderen Mahls, weil man es endlich wissen will, entfaltet er seine Macht, und überzeugt er mit überirdischen Genüssen, die man nicht für möglich gehalten hätte. Man behält ihn eine Weile als verschämtes Geheimnis, doch selbst wenn man feststellt, dass auch andere ihn überraschenderweise mögen, bleibt man im Zwiespalt. Kann man die Nachteile einfach ausschalten, nicht beachten und nur den schmelzigen, orgastischen Geschmack genießen? Reife Frauen mögen reifen Käse, der seine Talente und seine Kraft wohl dosiert, aber dann umso heftiger auszudrücken vermag. Ob sie jedoch auf Dauer mit den offensichtlichen Nachteilen leben können, muss sich von Fall zu Fall erst herausstellen.
Was ist nun mit Menschen, die gar keinen Käse mögen? Ich denke, es handelt sich entweder um laktoseintolerante Lesbierinnen oder vegane Jungfrauen – für die ist dies alles natürlich völlig uninteressant.
Doch mir stellen sich noch andere Fragen:
Ist man promiskuitiv, wenn man eine Käseplatte bevorzugt? Wenn ein bestimmter Wein sich mit einem gewissen Käse auf Anhieb nicht gut verträgt, wird das immer so bleiben? Kann man seine Geschmacksknospen trainieren und eine Vorliebe entwickeln für etwas, dass einem beim ersten Mal nicht so gut schmeckte?
Was macht einen guten Käse aus, egal welcher Sorte (denn in jeder beschriebenen Art gibt es natürlich die exzellenten, wie auch die billigen Nachahmer)? Wie reagiert er, wenn man es liebt, Käse in Dips zu tauchen? Wie frisch muss er sein und wie lange kann man ihn aufbewahren? Kann es zu viel Käsegenuss geben oder sind Phasen normal?
Der einzige Weg herauszufinden, welche Kombination von Käse mit genau diesem Wein am besten funktioniert, ist, sie auszuprobieren. Natürlich sollte man keine versuchen, die auf Dauer nur Magenschmerzen bereiten. Obwohl es wichtig ist, aufgeschlossen zu sein, weiß man meist nach wenigen Minuten Kennenlernen bereits, ob einem dieser oder jener Käse besser gefällt und ob er zu einem passt.
Im Grunde sind Wein und Käse auch gar nicht so verschieden. Jeder einzelne hat mehr als eine Nuance und Geschmacksrichtung und kann normalerweise mit mehreren, verschiedenen Partnern kombiniert werden. Doch mit manchen nun mal besser als mit anderen.