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Detektiv Goldmann / Rostige Schätze im Paradies

Detektiv Goldmann / Rostige Schätze im Paradies
Prolog im Hotel

“Was meinen Sie wohl, wofür ich Ihnen Ihre Brötchen bezahle, Goldmann? Doch sicher nicht dafür, dass Sie behäbig in hier dieser teuren Hotel-Lobby sitzen und sich einen Espresso reinziehen! Dass Sie sich dieses Edelgesöff hier überhaupt leisten können, ist ja schon ein Wunder für sich. Ist das vielleicht Ihre Arbeitsaufassung, Goldmann? Bloß nicht anstrengen, aber beim Faulenzen wenigstens immer schön vornehm, wie? Ich will jetzt endlich genau wissen, wo sich meine liebe Frau Gattin herumtreibt, wenn ich, im Gegenteil zu ihr und Ihnen, hart arbeiten muss, um das Geld für Klunkern und irrsinnige Szene-Friseure heran zu schaffen! Fakten, Goldmann, Fakten! Sie hatten mich angerufen. Ich höre…“

Mein Auftraggeber, Carsten Wohlgemuth, Personalchef bei „Melzer&Co, Präzisions-Maschinenbau, anerkannter Zulieferer für Flugzeug- und Motorenteile“.
Er ist in Anschiss-Stimmung. Das ist er eigentlich immer, habe ich gehört. Außerdem ist er krankhaft eifersüchtig auf jeden Verehrer seiner für ihn viel zu jungen Frau. Ich kann ihn ja partiell verstehen. Sie hat einen Hang zu kräftigen sportlichen Typen.
Leider nicht annähernd seine Kategorie. Er ist ein miesepetriges Knochenmännchen.
Aber für ihre knackigen Sportsmen braucht sie Geld, viel Geld. Deshalb ist ihre zweite Zielgruppe die der älteren galanten Herren, die in Sachen Privatwagen und Vorzeigefrau noch etwas auf sich halten. Natürlich nur, wenn sie auch monetär potent sind.
Dass ihr Carsten so schmächtig und so knauserig ist, ist seine Schuld.
Sie jedenfalls hat alle Attribute, die notwendig sind, um sich die Krone einer weiblichen Hausmacht aufzusetzen. Sie hat Geist, Witz und Charme, das konnte ich schon feststellen, und sie besitzt auch das Zepter einer penisstraffenden Traumfigur sowie zwei wirklich königliche Reichsäpfel, welche sie gerne weithin sichtbar, hälftenweise und sehr effektvoll, zu präsentieren weiß. Sie kann es sich leisten. Für sie habe ich wirklich volles Verständnis, da ich ja nicht mit ihr verheiratet bin.
Ob Leider, oder Gottseidank? Da schwanke ich noch ein klein wenig, tendiere aber eher zu „Gottseidank!“.

Er erwartet jetzt ganz offensichtlich, dass ich vor ihm aufspringe und Haltung annehme. Den Gefallen tue ich ihm nicht. Ich bleibe sitzen und schlenze ihm mit dem linken Fuß lediglich den Rollensessel neben mir so gegen die Beine, dass ihn die Edelstahl-Armauflage leicht an den Schienbeinen touchiert.

„Setzen, sonst fallen wir auf“, sage ich halblaut, aber deutlich und energisch.
„Und was die Brötchen angeht, so machen Sie sich darüber mal gar keine Sorgen, Herr Wohlgemuth. Ich bevorzuge zum Frühstück nämlich kräftiges Schwarzbrot mit Ei und Schinken, weil ich meistens den ganzen Tag über kaum zum Essen komme. Dieser Espresso hier gehört zu meinem Equipment, das ist meine Tarnung, die ich Ihnen ganz gewiss auf die Spesenrechnung setzen werde. Ich hatte übrigens drei davon. Sie haben mich leider warten lassen.“

Ihm steht immer noch der Mund offen. Doch er setzt sich brav hin. Mir ist zwar klar, dass ich mir diese Unverschämtheit in meiner Stellung nicht leisten kann, aber im Unterschied zu ihm weiß ich jetzt schon, was ihm gleich bevorsteht, und eine solche Gelegenheit, mein Selbstbewusstsein zu stärken, die kann ich nicht ungenutzt verstreichen lassen. Auf keinen Fall! Es würde mich sonst nachträglich wochenlang ärgern. Ich muss nur ein letztes Detail mit ihm klären.

„Ich habe die Fakten, Herr Wohlgemuth. Der Fall ist für mich so gut wie abgeschlossen und die Lage der Tatsachen ist eindeutig. Es war laut Auftrag Ihr Wunsch, dass ich den Liebhaber finden, Sie als meinen Auftraggeber benachrichtigen und dafür zu sorgen haben sollte, dass Sie, Herr Wohlgemuth, mit mir als Zeugen, ihre Frau in flagranti zusammen mit deren Liebhaber erwischen können.
Nun denn, dieser Vorgang steht jetzt unmittelbar bevor. Aber ich möchte mich im Interesse Ihrer Gesundheit noch einmal vergewissern und von Ihnen bestätigt haben, dass Sie immer noch in vollem Umfang zu diesem Auftrag stehen. Sie könnten mich natürlich auch gerne sofort samt Spesen hier auszahlen und den Auftrag zurückziehen.“

„Zurückziehen? Sie auszahlen, Goldmann, für nichts? Ich habe mich doch wohl verhört?“
Noch hat er kaum die Wut betreffs meiner Frechheit heruntergeschluckt, da hat ihn auch schon ein mächtiges Hyperventilationsbeben infolge akuter Eifersucht am Halse gepackt.
„Wo ist sie? Was tut sie, mit wem? Kenne ich ihn?“ Er ist schon fast am Röcheln.

„Sie werden es gleich wissen, verehrtester Herr Wohlgemuth. Folgen Sie mir zum Appartement. Vergessen Sie aber bitte nicht, dem Liftboy ein anständiges Trinkgeld im Gegenzug für den Generalschlüssel zu geben. Es riskiert schließlich Ihretwegen seinen Job. 300€ hielte ich für angemessen.“

„Was? 300€! Ja glauben Sie denn, dass ich einen Banktresor mit mir herumschleppe? Höchstens Fünfzig, schon das ist eine glatte Verschwendung!“

Auch gut. Ich beschließe, dass ich die 300€ dem Liftboy selbst geben werde. Dafür bekommt Wohlgemuth aber dann 500€ mehr auf die Spesenrechnung. Mir wird da schon was einfallen.
Das Hotelpersonal, die Kellner, die Barfrauen und die Rausschmeißer in den Edel- und Bumslokalen sind schließlich meine unverzichtbaren Partner und Partnerinnen. Ohne sie käme ich nicht weiter als ein gewöhnlicher Streifenpolizist.
In diesem speziellen Fall hat sich Winfried, der Liftboy, für eine gute Stunde einen der sechs Generalschlüssel beim Hauptportier „ausgeborgt“. Den habe ich jetzt in der Tasche.

Winnie fährt uns mit dem Lift ins oberste Stockwerk, wo die Nobelappartements sind, zeigt uns die Tür zur „Grafensuite“ und macht sich dann schleunigst mit seinen 350€ aus dem Staub.

Wohlgemuth kann es kaum erwarten, dass sich endlich diese Tür öffnet. Ich kann es kaum erwarten, gleich sein blödes Gesicht zu sehen, wenn er seinem Nebenbuhler gegenüber steht.
Es ist nämlich sein Seniorchef, Herr Melzer von „Melzer&Co“.

Die Einrichtung der Suite könnte aus einem französischen Film über die nachnapoleonische Zeit stammen. Eine plüschige Mischung aus Klassik und Rokoko, aber immerhin gut aufeinander abgestimmt und gepflegt. Auf einer kleinen Anrichte stehen Flaschen und Gläser mit wahrscheinlich ziemlich teuren Getränken. Diverse Gewürze und Pülverchen und eine Schale mit exotischen Früchten ist auch zu sehen. In einer durchbrochenen Porzellanschüssel liegen leere Austernschalen.
Was wirklich aktuell angerichtet ist, das erkennen wir erst, als wir den hinteren Raum betreten, aus welchem soeben noch kurze, undefinierbare Schreie einer Frau zu hören gewesen waren. Unser Eintreten hat jemanden offenbar gestört.

Da hängt sie. Bettina Wohlgemuth, wie sie lieblich leibt, lebt und lüstern leidet.
Das Zimmer ist als Wintergarten im französischen Kolonialstil eingerichtet. An einer Wand ist ein großes Jakobskreuz aus Bambus angebracht, an welchem die rattennackte Bettina Wohlgemuth spreizgliedrig, offenherzig und mit verbundenen Augen mittels lederner Schlaufen befestigt ist. Wozu braucht sie jetzt auch Augen, wo doch bei ihr sonst schon alles offen ist? Für uns als Männer ist es jedoch tatsächlich ein Fall fürs Auge. Wahnsinnig geil, dafür gibt es kein besseres Wort. Darf ich mir das wirklich ansehen, für mein Geld? Ach ja, ich bin doch der Zeuge.
Mein Gewissen beruhigt sich, um dem Genuss das Feld zu räumen.
Nur der Anblick des peitschenstreichenden Herrn Melzer stört die Idylle.
Wahnsinnig zu werden ist jetzt in erster Linie der Job ihres Ehemannes, Carsten Wohlgemuth. Er gibt sich auch zaghaft Mühe.

Bettii!…na! Na, nanu, Herr Melzer? Sie auch hier? Was ma…, machen Sie hier mit meiner Frau? Das können Sie doch nich ma, ma,…, manchmal muss ich mich schon sehr wundern über Sie, wirklich, ma, ma, ma, ma,…Mannomann, das geht doch aber nicht?“

„Nun regen Sie sich mal nicht gleich so auf, Wohlgemütchen, Sie hyperventilieren ja schon. Das ist nicht gut für ihre Gesundheit. Wir haben uns doch nur ganz geschäftlich hier getroffen, ich und Ihre Frau, ist es nicht so, liebe Frau Wohlgemuth…?“

Die gute Bettina scheint erst jetzt so richtig mitbekommen haben, dass es nicht der Zimmerkellner ist, der da stört. Sie hatte ganz andere „Strafaktionen“ erwartet.

„Nimmt mir denn bitte endlich mal jemand die Augenbinde ab und macht mich los hier?“ Bettina klingt kein bisschen ängstlich, höchstens angespannt.

Ich traue mich dann mal, weil Carsten Wohlgemuth zu gar keiner vernünftigen Handlung mehr fähig ist, während Herr Melzer die Riemchen der Peitsche durch die Finger zieht und so dreinschaut, als wolle er gleich den beiden eine Ehepartnerbehandlung zukommen lassen. Ich muss ja schließlich auch beruflich lernen, heikle Situationen zu bewältigen. Heikel ist es wirklich, Als ich ihre Handfesseln löse, muss ich sie ganz fest von unten um die Pobacken fassen, so dass mir eine ihrer heißen Brustwarzen durch die Ohrenknorpel schnorpst. Sie schwitzt so erotisch, dass ich gleich selbst mitschwitze. Es ist einfach bacchantisch geil. Zu spät erst bemerke ich, dass man dieses Kreuz flachlegen kann. Apropos flach legen. Ich kann an fast nichts Anderes mehr denken. Aber ich bin hier nur der Zeuge. Komm zu dir Goldmann, du bist unmöglich! Die nackte Bettina lächelt mich trotzdem freundlich an.

„Danke.
Ich kann dir alles erklären, Carsten, wirklich. Es ist nur ein Geschäft, es war doch nur wegen des Blutopals, rein geschäftlich. Hier, siehst du diesen Ring an meinem Finger? Das wunderschöne geschliffene Herz ist ein blutroter Opal. Der ist so selten, dass es nur ganz, ganz wenige davon auf der Welt gibt. Herr Melzer hat mich freundlicherweise beim Kauf beraten und mir das große Geheimnis der Blutopale erklärt. Wenn man nämlich ganz toll erregt ist, dann fängt das rote Herz in dem Opal an zu schlagen, als wäre es ein richtiges menschliches Herz. Das wollte ich heute mit ihm hier ausprobieren. Siehst du, das ist schon alles. Ach nein! Noch nicht alles. Ich habe ihn außerdem noch davon überzeugt, dass er dir das neue Werkteil in Polen als Chef übergibt und dich zum Juniorpartner macht. Na, wie bin ich zu dir?“

„Doppeltes Gehalt und Gewinnbeteiligung, Wohlgemütchen, Na, sagen Sie doch was. Ich brauche dort nämlich Jemanden, der das Geld zusammenhalten kann und die Leute fest im Griff hat. Hier meine Hand darauf, schlagen Sie ein!“ Melzer grinst siegesgewiss, zog aber eben noch die Riemchen der Neunschwänzigen Katze durch die Hand, die er Carsten jetzt hinreicht. So habe ich mir immer schon einen Kapitalisten vorgestellt. Ein Gentleman eben.
Bettina passt herrlich dazu. Die weiß, wo Bartel den Moscht holt, ich sagte es ja schon.
Man schreitet zum anstößigen Begießen des Vertrages mit dem obligatorischen Sekt.
Alle sind zufrieden, außer Einem. Der bin ich.
Ich hatte es mir dramatischer vorgestellt und vor allem weniger erfolgreich für meinen Auftraggeber. Ich bin schon am Überlegen, ob und wie man die Polen zu einem Streik gegen ihn aufstacheln könnte. Doch da wird meine Anwesenheit endlich auch einmal zur Kenntnis genommen. Melzer schaut mich lange an, nachdem sich Bettina endlich etwas angezogen hat und nicht mehr alle Blicke auf sich lenkt.

„Wer sind Sie denn, mit wem haben wir denn das Vergnügen?“, fragt Melzer gönnerhaft, „zum Hotelpersonal gehören Sie doch wohl nicht, wenn ich mir Sie mal so näher betrachte…“

„Goldman, Privatdetektiv. Ich habe sie und die werte Frau Partnergemahlin hier aufgespürt, im Auftrag von…“

„Schon gut, schon gut. Scheinen ja ein tüchtiger Mann zu sein, Goldmann. Nehme mal an, dass Sie jetzt auch eine ganze Menge über mich wissen, wie?“

„Oooch. Ich kann schweigen, wenn…“

„Wenn das Geld stimmt? Na ja, wissen sie was? Ich hätte da einen lukrativen Auftrag für Sie. Was halten sie Sie von 50 000€ als Pauschalhonorar? Uns ist da in der Karibik eine wertvolle Lieferung von Flugzeugteilen abhanden gekommen. Auf dem Flug nach Florida könnten Sie dann gleich noch meine liebe Frau als Beschützer eskortieren. Sie will da Verwandte besuchen. Näheres morgen in meinem Büro. Es hat mich gefreut, Goldmann, wir haben hier noch Interna zu besprechen, Sie verstehen wohl?“

Ich verstehe. Mich würde es jetzt nur noch interessieren, ob Bettina mit Carsten nach Polen geht, oder hier bleibt, bei ihm. Aber das ist eigentlich gleichgültig. Sie bescheißt auch ihn, da bin ich mir ganz sicher. Tolles Weib!
prüfend
*********tMut Frau
2.123 Beiträge
:o)
Lach, das war doch mal etwas Kurzweiliges zur Nacht! *top*
*spitze* geschrieben - -
Kopfkino angeschaltet - -

*rotfl* *haumichwech* *lol*
genau
...ganz der Profi! - schäm Dich, hier unter uns Amateuren *lol*
Episode 1. Der Flug
Ich werde auf der privaten Firmen-Rollbahn gleich neben dem Hamburger Flughafen schon erwartet. Frau Melzer, mit der ich bisher noch nicht die Ehre hatte, dirigiert einen blonden Kabinen-Steward und eine zierliche schwarzhaarige Bedienstete gestikulierend mit ihren vielen Koffern zu den verschiedenen Türen und Ladeluken der zweistrahligen Cessna CITATION CJ3, die am Rande des Rollfeldes bereit steht. Das Flugzeug trägt das Firmenlogo, offenbar ganz neu aufgespritzt: „M&W-KG“ und kleiner darunter: „Melzer und Wohlgemuth - Motoren-, Turbinen- und Flugzeugteile“. Das ging aber schnell. Es ist schon erstaunlich, welche umwälzenden Wirkungen die Schlauheit, die aufreizende Hinhaltekunst und natürlich vor allem die wohlabgestimmten Rundungen einer jungen Frau auf das Management dieser von einem einzelnen alten Herrn geführten Firma hervorbringen konnten. Ich muss an meine Tochter Ines denken. Sie ist jetzt im allerbesten Wirkungsalter. Schlau ist sie ebenfalls. Ob sie mich wohl
bald mit „ihrer“ neuen Firma überrascht, nebst altem Sparschweinchen? Ich kann es mir nicht vorstellen. Sie kommt zu sehr nach ihrer Mutter, meiner leider verstorbenen Frau Pilar. Sie ist genau so geradlinig und frauenstolz wie sie damals war.
Pilar ist ja auch der Name für die „Säule“. Beim Gedanken an Pilar überkommt mich trauriger Stolz. Sie hat immer noch ihren zentralen Platz auf meinem Frauenforum.

Frau Melzer erinnert mich dagegen beim Näherkommen immer mehr an ein aufwändig restauriertes mittelalterliches Lustschloss. Aus der Ferne wirkt so etwas ja wunderschön, bunt und romantisch. Doch je näher man kommt, desto schiefer werden die Türmchen, desto deutlicher werden die Risse im Putz, die ausgetauschten, künstlich vergrößerten Erker aus Beton treten hervor und es graust einem, über die Zugbrücke das Tor zu durchschreiten, weil man dahinter gleich die Souvenirbude mit nachgemachtem Blaublut-Krimskrams erwartet.
Frau Melzer mustert mich von oben bis unten. Besonders ganz oben und ganz unten.
„Wen hat er mir dann da als Begleiter ausgesucht, mein eifersüchtiger Herr Gemahl? Oben grau und blasshäutig, unten abgelaufene alte Schuhe. Über die Mitte zu reden, erübrigt sich da ohnehin gleich ganz. Da hatte ich ja wirklich etwas Jüngeres erwartet. Die Schuhe wird Ihnen Guido, mein Steward, gleich einmal ordentlich putzen müssen. Sind Sie bewaffnet? Ich kann mir gar nicht vorstellen, wozu ich Sie brauchen soll. Mit den paar Kaimanen auf unserer Farm werde ich schon selber fertig. Die ergreifen doch schon die Flucht, wenn ich mal laut schreie.“

Das mit den Kaimanen nehme ich ihr ab. Ihre Stimme klingt wie das Kratzen von Fingernägeln auf einer rauen Schultafel. Dass sie aber tatsächlich noch an die Eifersucht ihres Göttergatten glaubt, ist so lächerlich, dass ich vorsorglich nach unten auf meine Schuhe blicke, damit mich das Lachen nicht aufschüttelt. Meine Augen und mein Mund sind fast am Explodieren. Armes Weib. Na gut, arm ist sie nicht. Sie hat, wie ich weiß, das Firmenkapital eingebracht und hält 51% der Aktien.
Ich könnte ihr ja bezüglich der Süchte ihres Gatten so einiges erzählen.
Eifersucht zählt aber ganz sicher nicht dazu. Jedoch – mein Beruf ist Sehen und Schweigen. Hin und wieder einmal herzlich Lachen ist mein Berufsbonus.
Es sieht jetzt aber ganz danach aus, dass ich bald nichts mehr zu lachen haben werde.
Wir haben Starterlaubnis.

Als wir hoch über den wolkenverhangenen Wäldern und Wiesen des wunderschönen welligen Wales in Südengland dahinschweben, sitze ich ihr in Socken gegenüber, weil ich meine abgelatschten Schuhe an Guido, den Kabinensteward abgeben musste, damit der sie putzen kann. Ich frage mich, ob sie in diesem Prachtjet tatsächlich auch schwarze Schuhwichse dabei haben, oder ob sich Guido vielleicht mit Spucke, schwarzem Kaviar, Olivenöl und Polierlappen behelfen muss. Ich rieche jetzt selbst den „Duft“ meiner Socken, es beginnt zu knistern.

„Ihre Socken riechen, Goldmann. Aber lassen Sie mal, ich liebe den Geruch von Männerschweiß, es müssen nur nicht unbedingt Socken sein. Wollen Sie es sich nicht auch etwas gemütlicher machen…?“ Sie hat jetzt schon ihr teures, oben silberweiß geschlossenes schwarzes Lagerfeld-Kleid aufgeknöpft, so dass man unter ihren Ohren und am Halsansatz die Lifting-Nähte erkennen kann. Es sieht so aus, als hätte Frankensteins Schöpfer der geköpften Anne Boleyn das abgeschlagenen Haupt wieder angenäht. Aber ich glaube, Anne Boleyn war natürlicher und schöner, bevor sie ihre letzten Zuschauer zum Aufstöhnen brachte. Ich stöhne innerlich, als sie mit ihren Händen nach hinten wurstelt, um sich den BH aufzuknöpfen. Verdammt! Was mache ich denn jetzt bloß, um hier ungeschoren weg zu kommen? Es ist jedenfalls nicht mein Auftrag, die Frau meines Klienten zu befriedigen.
In keinster Weise. Es wäre ohnehin zum Misserfolg verurteilt. Keine Stimmung dazu.
Schon entspannt sich der Riesen-BH und ihre blaurot durchäderten Silikon-Ballons springen mich fast aggressiv an. „Na Kleiner, da kriegste ein Auge, was?“

Ich muss schon wieder an Pilar, meine verstorbene Frau denken. Sie möge mir verzeihen.
Pilar hatte Brustkrebs. Sie hat lange tapfer gekämpft, jede noch so verrückte Therapie auf sich genommen, sich trotzdem liebevoll um unsere damals sechsjährige Tochter Ines gekümmert und niemals hatte sie sich gehen lassen oder war verzweifelt. Doch ihre rechte Brust war nicht mehr zu retten. Eine nachträgliche Ersatz-Operation hat sie abgelehnt, weil sie einfach genug von den Operationen hatte und bei mir und Ines bleiben wollte. Nur ein einziges Mal hatte sie sich eine Formprothese umgeschnallt, weil sie nicht wollte, dass andere Leute über mich lachen. Über mich!
„Was hat der denn für eine komische Frau? Der kann einem ja wirklich leid tun.“
Das hatte sie irgendwann einmal irgendwo aufgeschnappt. Sie wollte nicht, dass ich den Leuten „leid tue“. So war Pilar.
Wir haben dann gemeinsam Verbindung zu Gruppen ähnlich Betroffener aufgenommen, die sich gegenseitig halfen. Das war gut für Pilar und auch für Ines. Pilar hat am Ende ihre Blessuren so stolz getragen, wie ein verwundeter Frontgeneral seine Orden. Sie hat sogar vielen anderen Frauen geholfen, das Leben wieder in den Griff zu bekommen.
Leider haben dann die Metastasen auch auf ihre Lunge übergegriffen.
Danach hatten wir es schwer, Ines und ich. Aber es hat uns auch zusammengeschweißt.

Und jetzt sitzt mir da dieses notgeile Stück gefälschtes Weiberfleisch gegenüber, das es bei allem Überfluss und aller rücksichtslosen Verschwendung nicht fertigbringt, sich mit dem normalen Lebensablauf abzufinden.
„Immer mehr! Ich will Alles! Ihr habt mir für mein Geld zu Willen zu sein! Ihr habt mir alle zu dienen, eure Befindlichkeiten gehen mir voll am Arsch vorbei!“
Ja, es ist hart, aber sie erinnert mich makaber an den jüngsten Gammelfleischskandal, wo sich verantwortungslose Gauner durch Beschnippeln, Neuetikettierung und Neuverpackung auf Kosten des Lebens und der Gesundheit anderer bereichern wollten.
Sie tut mir nicht leid.
Goldmann, wo bleiben deine Einfälle?
Der Pilot hilft mir endlich auf die Sprünge. Seine Stimme kommt über den Bordfunk: „Gnädige Frau, liebe Crew, vor uns liegen starke Turbulenzen und Anzeichen von Wirbelstürmen. Wir müssen auf maximale Flughöhe gehen, um ihnen auszuweichen. Es ist zeitweilig mit starken Druckschwankungen zu rechnen. Bitte das Rauchen einstellen und unnötige Bewegungen im Mittelgang vermeiden.“

Druckschwankungen! Mönsch, Goldmännchen, das isses!
Scheinbar besorgt wende ich mich an die „Gnädige Frau“:
„Liebe Frau Melzer, ich möchte Sie ja nicht unnötig beunruhigen, aber ich sollte Sie wohl besser darauf hinweisen, dass ihre Brustimplantate bei Druckschwankungen, insbesondere bei plötzlichem Unterdruck in großer Flughöhe, sich erheblich ausdehnen und schlimmstenfalls platzen könnten. Ein ähnlicher Unfall ist bereits einer sehr bekannten Hollywood-Diva passiert, deren Name mir leider jetzt nicht geläufig ist, weil es sich bei ihr um eine inzwischen verstorbene Ex-Diva handelt.“

„Wie, Goldmann? Die könnten platzen, einfach so?“

„Ja, Gnädigste, das ist so passiert. Woom, fatsch! Und das ganze Silikon samt Haut und Blut spritzte durch die Kabine. Die Dinger waren vollständig futsch, ganz einfach weg.“ (Jetzt bloß nicht lachen!).
„Im Übrigen bin ich, was den Sex betrifft, ein klein wenig andersherum eingestellt, als andere Männer, wenn Sie verstehen, was ich meine, Gnädigste…“

Das Letztere habe ich noch schnell angehängt, um weiteren Anfechtungen aus dem Weg gehen zu können.

„Ach, so ist das also, Goldmann? Na, das kann man Ihnen aber in keiner Weise ansehen. Dann halten Sie sich bitte in Zukunft von Guido fern. Ich dulde nämlich keinerlei sexuelle Aktivitäten des Personals hier an Bord. Sie haben das doch hoffentlich verstanden, Goldmann?“

Ich habe verstanden. Hoffentlich hat sie es auch. Ich verneige mich artig und verlasse erleichtert ihre Kabine.

Dann höre ich noch ihre krächzende, aber auch schon etwas ängstliche Stimme: „Mee, kommen Sie schnell, ich brauche ihre Hilfe beim Anziehen!“

Aha. Mee ist also der Vorname der kleinen Thailänderin und sie kriegt den BH alleine nicht mehr dran. Bloß gut, dass sie mir das nicht angetragen hat.

Wird fortgesetzt
irgendwie will es nicht so richtig zum krimi werden. Ich glaube, ich muss doch einmal ein paar Leute umbringen. Es widerstrebt mir doch aber so
dafür
ist es irgendwie gruselig und sehr beunruhigend, auch schonungslos...
Der Absturz
Vielleicht tue ich Frau Melzer auch Unrecht, wenn ich sie für das halte, was ich von ihr denke. Aber ich kann es nicht ertragen, wenn jemand glaubt, mich in persona vereinnahmen zu können, nur weil er das nötige Geld dafür zu haben wähnt.

Ich mache es mir im kurzen schmalen Gang zwischen der V.I.P.-Lounch und den engen Raum des Service-Personals gemütlich. Dort steht eine schmale Sitzbank zwischen den zwei Bordtoiletten. Gegenüber sehe ich eine niedrige Reihe kleiner Schränkchen. „Darf ich mich hier niederlassen, Mee?“ frage ich vorsichtshalber die niedliche kleine Thailänderin, die soeben aus dem Salon von Frau Melzer zurück kommt.
„Aber Herr Goldman, Sie sind doch der Begleiter der Gnädigen Frau, ein Ehrengast. Sie haben sogar eine eigene Kabine hier. Darf ich Sie dorthin begleiten, Herr Goldmann?“
„Nein, danke. Hier gefällt es mir besser. Ich würde mich sehr gerne ein bisschen mit Ihnen unterhalten, Mee. Natürlich nur dann, wenn Sie nichts dagegen haben.“
Mee lächelt mit asiatischer Zurückhaltung. „Sehr gern, Herr Goldmann, wenn ich Ihnen ein klein wenig helfen kann, aber bitte nichts über die Gnä...“
„Ist Guido wirklich schwul, Mee?“
„Ja, aber bitte.., Sie dürfen ihn hier nicht…, entschuldigen Sie, aber die Gnädige Frau…“
„Schon gut, schon gut, Mee, ich bin nicht schwul, nein, ich bin da ganz altmodisch. Aber wenn das hier so speziell geregelt ist, dann müssten Sie doch eigentlich zu Frauen hin tendieren. Hier gibt es ja schließlich auch noch die beiden Piloten.“

Mee versucht ein fernöstliches Lächeln, doch dann schießt ein kleiner blutroter Mädchenschreck in ihre schwarzen Augen. Süß sieht das aus!
„Sie sind Special-Detektiv, nicht wahr? Wie haben Sie das so schnell gemerkt? Bitte nichts sagen der Gnädigen Frau, bitte!“
Na dann weiß ich ja Bescheid. Nichts werde ich sagen, da kann ich mich beherrschen. Eigentlich habe ich ja auch nur im Heu herum gestochert. Ich sage es ihr. Sie atmet hörbar auf und ich hoffe, dass sie jetzt im Gegenzug sehr aufgeschlossen sein wird. Sie ist es.

„Fliegt dieser Jet nur für Frau Melzer, oder gab es auch schon andere Ziele, Mee?“
„Für Frau Melzer fliegen wir nur zweimal im Jahr. Sonst geht es immer nach Mojave Air & Space Port in Kalifornien.“
„Mojave Air Port? Ist dort nicht der große Flugzeugfriedhof in der Nähe, in der großen Mojave-Wüste? Das habe ich schon einmal im TV gesehen…“
„Ja, das stimmt, dort waren wir schon mehrmals mit Herrn Melzer.“
„Ist das nicht manchmal auch gefährlich, Mee, immer so hoch über dem Meer zu fliegen, bei Wolken und Stürmen, in dieser kleinen Cessna? Sind in den kleinen Schränken dort die Fallschirme und die Schwimmwesten drin?“
„Oh, keine Angst, Herr Goldman, die Maschine war die ganze Nacht über zur Wartung in der Werkstatt. Sogar die Turbinen wurden ausgewechselt. Wir sind hier wirklich ganz sicher.“ Sie lächelt mit buddhistischem Gleichmut.

Das alles macht mich trotzdem irgendwie unruhig. Dieser Auftrag ist mir nämlich schon von Anfang an suspekt. Was habe ich denn schon Besonderes geleistet, um von diesem Andreas Melzer derart über den grünen Klee gelobt zu werden? Kraft welcher Meriten habe ich mir diesen 50.000€-Auftrag an Land gezogen, von dem ich bis jetzt nicht einmal weiß, was ich eigentlich wirklich herauskriegen soll? Ich habe ihn mit seiner Liebhaberin in diesem Hotel aufgespürt. Das war alles. Ja, ich habe auch herausbekommen, dass seine Werke hier in Deutschland eigentlich nur kleine Büros in mittelgroßen Lagerhallen sind. Keinerlei wirkliche Produktionsstätten, die den Ertrag seiner Firma erklären könnten. Auf dem Hof einer seiner „Werke“ sah ich neu angeschaffte Druck- und Verpackungsmaschinen herumstehen. Was bedrucken und verpacken die, wenn da nichts produziert wird? Vielleicht stehen seine Werke im Ausland? Ich soll das Verschwinden zweier Container einer Schiffslieferung im Hafen von Nassau aufklären. Warum ich? Gibt es da keine besseren Spezialisten?
Lauter Ungereimtheiten. Das Einzige, was einen Sinn ergäbe, dringt immer klarer in mein Bewusstsein vor. Es resultiert ganz einfach aus: cui bono?
Fassen wir doch einmal zusammen, was ich weiß:
Er schickt mich zusammen mit seiner aktienschweren, herrischen und ungeliebten Frau im Flugzeug über den Atlantik.
Er hat eine Neue, deren Ehemann er soeben in die Wüste geschickt hat.
Ich sah ihn vor einigen Tagen mit einem hohen Vertreter einer großen Versicherungsgesellschaft am Tisch sitzen, die meines Wissens teure Lebensversicherungen verkauft. Seltsam. Hat er etwa diesen Flug versichern lassen, oder gar seine Frau?
Bei mir ist er sich nicht sicher, was ich über ihn herausbekommen habe. Hat er ein schlechtes Gewissen? Hat er etwa die Absicht, mir die 50.000 nie zu zahlen? Will er seine Frau und mich ganz einfach loswerden? Das wären zwei Fliegen mit einer Klatsche. Weiß vielleicht auch die Crew hier schon zu viel?
Warum hat er so einfach diesen Versager Wohlgemuth zu seinem Kompagnon gemacht? Will er die Firma abstoßen und Wohlgemuth als Strohmann und Dreckfänger einsetzen, während er sich absetzt?
Alles zusammen ergäbe einen Sinn, wenn dieser Jet hier über dem Atlantik abstürzen würde. Nur dann. Wir sitzen in einem Cessna, die gestern die gesamte Nacht über noch in der Werkstatt war, wie mir Mee sagte. Die Turbinen wurden ausgetauscht. Wogegen wurden sie ausgetauscht? Gegen präparierte Turbinen mit einem eingebauten Schaden? Melzer verkauft ganz offensichtlich ausgeschlachtete Flugzeugteile, deren Lebenszeit abgelaufen ist, als neue Ersatzteile, indem er sie einfach neu deklariert und verpackt. Ein Riesengeschäft.
Mir kommt ein Riesenverdacht.

„Mee, kannst du mich bitte zum Piloten bringen? Ich muss etwas mit ihm besprechen. Es ist dringend. Sehr dringend!“
„Eigentlich darf ich das nicht. Ich darf den Piloten nur Essen und Getränke bringen, wenn der Autopilot eingeschaltet ist. Aber jetzt steigen wir auf Gipfehöhe, da darf ich nicht stören.“
Steigen auf Gipfelhöhe bedeutet Höchstlast für die beiden Turbinen.
„Aber das ist es ja gerade, Mee, wir dürfen nicht weiter steigen, das verkraften die Turbinen nicht!“

„Herr Goldmann, es geht wirklich nicht. Das würde mich in sehr große Schwierigkeiten bringen. Es ist nicht erlaubt, die Piloten…“

Die Tatsachen nehmen mir jedes weitere Wort aus dem Mund. Wir sind bereits in großen Schwierigkeiten. Ein heftiger Schlag schleudert uns gegen die Einstiegsluke. Die Luft entweicht mit einem ekelhaft pfeifenden Zischen in Richtung Hecktür. Aus dem Fenster kann ich sehen, dass eine der Turbinen brennt und dass sowohl das Seiten- als auch das Höhenruder auf der rechten Seite zerfetzt sind. Mee beweist eine gewisse Ausbildungsroutine, reißt zwei kleine Schranktüren unter uns auf und entnimmt daraus zwei Rettungsanzüge mit Fallschirm, Helm und Sauerstoffflaschen. Die zweite Ausrüstung ist aber nicht für mich. Sie kämpft sich damit in Richtung Cockpit durch den schlingernden Mittelgang. Das Flugzeug trudelt mit der Nase schräg nach unten immer weiter auf die Wolkenwand unter uns zu. Ich höre die schrillen Schreckensschreie von Frau Melzer. Guido purzelt aus der Hecktür heraus auf mich zu. Er ist im tatsächlichen Sinne kopflos. Irgendetwas hat ihm den Hals durchtrennt wie ein Samuraischwert. Ich lasse ihn auf Frau Melzer zu rollen und zwänge mich in den Rettungsanzug.

Wird fortgesetzt
jetzt
weiß ich wieder warum ich sehr ungern fliege...*lach*
warum?
Im Auto geht es halt schneller, man hat weniger zeit bis zum Aufprall. Dafür muss man sich nicht erst in einen Schutzanzug zwängen *g*
bin
nur `n Schisser. Ich hab mal zusammen eine Flugzeug-Absturz-Animation, zusammen mit meiner Frau angeschaut. Meine Frau war ganz entsetzt und fragte mich wie ich das finde...ich sagte, "so schlimm wie beim ersten Mal, denn als wir kürzlich geflogen sind habe ich genau den gleichen Film in meinem Kopfkino gesehen" *lol*
ich gebe es ja zu,
ich bin auch erst zweimal geflogen. Einmal in einer Fokker70 und einmal bin ich aus einer Pilatus mit dem Fallschirm abgesprungen worden, als Huckepack-Springer. War ganz lustig, aber erst nach der Landung *zwinker*
Aufschlag im Paradies
Eine der heftigen Schlingerbewegungen reißt mir den Boden unter den Füßen weg, weil ich immer noch keine Schuhe anhabe und Guido mir auch nicht mehr sagen kann, wo die abgeblieben sind. Der Pilot scheint das Flugzeug wieder teilweise unter Kontrolle bekommen zu haben.
Eine Turbine läuft noch und die Ruder sind noch teilweise beweglich. Wir gehen in ein flacheres weites Kreistrudeln über. Durch die offenen Schranktüren sind noch zwei weitere dieser Rettungsanzüge auf den Gang gerutscht und haben sich nach vorn bewegt. Eigentlich sind es keine richtigen Anzüge, sondern eher eine Art Leibchen mit kurzem weitem Hosenteil, Fallschirmpäckchen und aufblasbarer Schwimmweste. Oben darauf ist ein offener Korkhelm mit einem Mundstück an der linken Schnalle, ähnlich einem Schnorchel. Zwei kleine flache Stahlflaschen auf der Brust vervollständigen die Ausrüstung. Wie es funktioniert, weiß ich nicht. Mee oder Guido hätten mich eigentlich darin einweisen müssen, aber dafür ist es zu spät. Es scheint eine Art Automatik zu sein.
Ich helfe schnell noch Frau Melzer beim Anziehen. Sie scheint darin sogar Übung zu haben. Guido braucht nichts mehr, also nehme ich die zweite übrige Ausrüstung und will sie nach vorn zu Mee bringen. Als ich die angelehnte Tür zur Pilotenkabine öffne, schreit der Copilot erschrocken: „Nicht alle nach vorn, verdammt noch mal, wir werden kopflastig.“
Der Pilot auf dem linken Sitz winkt aber ab und zieht den Steuerknüppel noch weiter zurück. „Wie sieht es hinten aus, Goldmann? Konnten Sie etwas erkennen? Brennen schon beide Turbinen? Ich habe keine Anzeige mehr, aber die Maschine reagiert noch. Harry, Mee und auch Sie, Goldmann, Ihr müsst soweit wie möglich nach hinten zum Heck, um die Maschine auszutarieren. Wenn wir auf unter eintausend Meter sind, gebe ich ein Signal über die Warnleuchten. Dann könnt ihr die Außentür öffnen und herausspringen. Sagen Sie bitte Frau Melzer, dass sie sich auf ihrem Sitz anschnallen und den Kopf in Flugrichtung neigen soll. Ich versuche eine Wasserlandung. Man sieht sich bei den Haien. Los jetzt!“

Wir kämpfen uns entgegen der Neigung in Richtung Hecktür. Mee klammert sich dabei an den Copiloten. Harry heißt er? Na gut. Kaum hat Mee endlich auch ihre Ausrüstung angelegt, da gibt es einen heftigen seitlichen Ruck und wir können den Himmel sehen. Das ganze Heck ist abgerissen.
„Raus hier!“ schreit Harry. Er schnappt sich seine Mee und springt mit ihr zusammen durch das klaffende Loch. Ehe ich noch einen zögernden Gedanken fassen kann, richtet sich die schwanzlose Maschine in einer Sturmbö steil nach oben und ich rolle von selbst aus dem Loch. Das war auch höchste Zeit. Irgendwo unter mir fallen Mee, Harry, Guidos Kopf und meine Schuhe auf das große nasse Meer zu.
Links vor mir trudelt die ehemals stolze Cessna ohne Hinterteil fast senkrecht nach unten. Der Sturm peitscht mir ins Gesicht. Waren wir schon unter eintausend Meter? Ich versuche zu atmen. Es geht mit Anstrengung. An meiner Brust blinkt eine gelbe Leuchte. Ich fische mit dem Mund nach dem Schnorchel. Luft! Aber ich falle immer noch. Unter mir öffnen sich schon die beiden Fallschirme von Harry und Mee, der Sturm knautscht die Seide in wirre Stoffblasen und treibt sie schnell und weit von mir ab. Die Maschine ist nicht mehr zu sehen.
Ein heftiger Ruck nach oben sagt mir, dass sich auch mein Fallschirm geöffnet hat. Jetzt erfasst ihn der Sturm und faltet ihn zusammen, wie einen nassen Lappen. Um meine Hüften und an meiner Brust bläst sich die Schwimmweste auf. Tolle Automatik. Es geht rasant nach unten, bis der Aufklatscher kommt.

Bin ich schon im Himmel?
Das Meer ist ganz ruhig und wiegt mich sanft wie eine Amme. Die Sonne scheint. Trage ich noch Windeln? Die Schwimmweste hält meinen Kopf über Wasser. Ich habe keine Beine mehr, oder ich kann sie nicht fühlen. Um mich herum tanzen viele dreieckige Rückenflossen einen Walzer. Immer im Kreis herum. Und immer dann, wenn mir eine davon sehr nahe kommt und dicht neben mir eine spitze weiße Nase auftaucht, kriegt sie von einer langen schmalen Hand an einem nackten Arm einen Klaps und dann beginnt sich die neugierige große Nase um die eigene Achse zu drehen, macht ein nettes Tänzchen und verschwindet in den Tiefen des Meeres. Das muss ein Engel sein, der da klappst. Die andere Hand des Engels zieht mir ein Seil unter den Achseln hindurch und dann binden beide Hände einen Knoten in das Seil.
Da, schon wieder eine Dreiecksnase! Noch ein schneller Klaps, Tänzchen, und weg ist sie. Die Hände kommen von hinten her, über meinem Kopf. Das Seil zieht straff an, ich höre eine Ratschenwinde klappern und es geht langsam nach oben. Meine Beine werden über eine Bordwand gezogen. Jetzt kann ich sie auch wieder fühlen. Ich liege hingestreckt auf einem trockenen festen Untergrund. Ein Schatten schiebt sich über mich.
Ja, ich bin im Himmel. Aber in welchem? Direkt über meiner Nase steht spreizbeinig eine braungebrannte, große nackte Frau. Sie hat ganz blonde Haare, oben lang, unten kurz. Nackte Frau? Blonde lange Haare? Das kann doch weder der Christen- noch der Muslimhimmel sein. Wo bin ich also?
Sie blickt mich besorgt und gleichzeitig irgendwie gereizt an, so als hätte ich sie bei einer wichtigen Beschäftigung gestört.
Sehen so die Engel aus? Bin ich auf der falschen Wolke gelandet?
Ich erröte und schließe die Augen, um abzuwarten, was sie zu mir sagen wird, was sie mich vielleicht fragen wird…
Sie aber sagt kein Wort. Sie steht einfach da, wie ein schöner aufregender Sonnenschirm. Wo bin ich bloß?

(Wird fortgesetzt)
interessant
wo nackte Frauen sind, sollte eigentlich der Himmel sein...lach, außer - na Ihr wisst schon...
Episode 2 Eva
Als ich mich endlich wieder traue, meine schüchtern und schamhaft geschlossenen Augen zu öffnen, ist der zweibeinige Sonnenschirm über mir verschwunden. Die Sonne sticht so grell in meine Augen, dass ich mich schnell zur Seite drehe. Es war wohl doch nur ein irrer Traum und kein Engel, sondern eine Halluzination. Aber nein! Der irre Traum geht weiter, ganz neu und wieder ganz von vorn. Jetzt bin ich bei Paul Gaugin in der Südsee. Neben mir sitzt das nackte Mädchen aus Tahiti, das ich von seinem berühmten Bild her kenne. Nur, dass sie dieses Mal blond ist. Engelsflügel hat sie auch keine. Jedenfalls nicht hinten am Rücken. Die zwei runden weichen Wippdinger, die sie vorn am Körper hat, scheinen mir nicht so recht zum Fliegen geeignet. Wozu braucht sie die denn? Ich komme momentan nicht drauf. Sie sind genau so braun, wie ihr ganzer übriger Körper. Also gehören sie wohl auch da hin. Das wird schon alles so seine Ordnung haben.

Um die nackten Hüften trägt sie jetzt einen breiten schwarzen Gürtel mit vielen quadratischen kleinen Taschen, verchromten Ösen und einem ziemlich langen Messer in einer Gummischlaufe. Das Messer hängt direkt vor meiner Nase. Es hat einen schweren Griff aus Horn und Messing, kreuzweise geriffelt. Auf dem Griff ist ein englisches Wort tief eingraviert: „DIVECAT“. Ist das ihr Name? Heißt das nicht „Tauchkatze“, oder so ähnlich? Vielleicht ihr Insider-Tag, ihr Spitzname. Gehört sie zu einer Gruppe, einem Team, einer Gang?

Ihr Bauch ist flach und muskulös. Der blonde dreieckige Pelz an seinem unteren Ende kräuselt sich in kleinen runden Löckchen. Rasiergeräte scheint er nicht zu kennen. Hat er auch gar nicht nötig. Es würde nicht zu ihr passen.
Ich halte ja auch nichts von dieser Schamhaar-Rasiererei. Aber heute gibt es wohl so eine Tierschutzbewegung "Lieber nackt, als Pelze tragen", oder so. naja, Ihr Pelz steht ihr gut. man muss ja auch nicht jede alberne Mode mitmachen.
Sie ist Natur pur. Auch ihre gebräunten Oberschenkel sind muskelbestückt, wie die einer Kurzstreckenläuferin. Sie wirken fast quadratisch im Querschnitt. Eine wirklich imposante sportliche Person. Ich kriege langsam Komplexe. ‚Auf dich ist die ganz bestimmt nicht scharf, Ari’, resümiere ich.

Sie klopft mich auf die rechte Schulter. Ich blicke vorsichtig auf und nehme dankbar einen Schluck Wasser aus dem Aluminiumbecher, den sie mir hinreicht. Sie hat ein wettergegerbtes Gesicht und scheint auch nicht mehr ganz so jung zu sein, wie es mir schien, als ich sie aufrecht stehen sah. Irgendwie wirkt ihr Körper jünger als ihr Gesicht. Sie könnte nahe vor der Vierzig sein, vielleicht auch älter. Ihre Augen sind hell blaugrün, ihre Augenbrauen sind blond wie ihr langes Haar, und auf ihrer langen geraden Nase, sowie auch unter ihren Augen versammeln sich viele große und kleine braune Sommersprossen. Fältchen um Augen und Mundwinkel hat sie auch, aber gesagt hat sie immer noch kein Wort. Welche Sprache spricht sie? Wahrscheinlich Englisch. Mein Englisch ist für die Tonne, das weiß ich. Ich kenne nur die paar Phrasen, die man durch die Werbung tagtäglich übergebraten bekommt, wie „Hallo“, „Sale!“ und so was. Aber versuchen muss ich es schon irgendwie.
„Hello! Mei Näm is Äri Goldmänn. Sorrie, batt ei äm schpieking englisch not so gut!“

Blitzte da nicht ein flüchtiges Lächeln über ihre Mund- und Augenfältchen? Nein. Sie sagt immer noch nichts. Dafür schaut sie mir jetzt aber ganz direkt in die Augen. Sie fesselt mich regelrecht an ihr Gesicht. Ihre rechte Hand taucht von unten her auf, zeigt auf ihren Hals, ihre Ohren, ihren Mund. Dann kommt so etwas wie ein rechtshändiger Scheibenwischer vor ihrem Gesicht.
‚Ich, nichts hören, nichts sprechen.“ Übersetze ich für mich.
Sie ist taubstumm? Ich zeige meinerseits auf sie zurück, wiederhole ihre Gesten und ziehe dann ein Fragezeichengesicht. Sie nickt bestätigend. Sie kann also weder hören noch sprechen. Wir werden uns mit Zeichen verständigen müssen. Oh Mann! Nichts mehr mit schamhaft wegsehen, auch dann nicht, wenn sie sieht, dass ich sie anblicke. Kann man das ertragen, als Mann? Sie wird mir ständig in die Augen sehen, wird ständig meine Reaktionen auf ihren nackten Körper mitbekommen, wird immer wissen, an welcher Stelle ich sie gerade betrachte. ‚Das wird hart, Ari.’
Mein kleiner Ari nimmt es leider gleich wörtlich. Er wird auch hart. Nervös gezuckt hatte er ja schon lange vorher. Da kann man aber auch nervös werden, da schießt einem doch gleich das ganze Blut ins Gesicht, mir und meinem Kleinen, bei solchen visuellen Einladungen. Männerprobleme eben.

Sie erhebt sich elegant wie eine Sprungfeder. Ich quäle mich ebenfalls in meinen nassen schweren Klamotten samt überflüssig gewordener Rettungsausrüstung auf die Beine.
Sie schiebt beide Hände flach auf meinen Körper zu und lässt sie dann ruckartig zur Seite hin nach unten schwenken. Will heißen: „Weg mit dem nassen Zeug, runter damit!“ Ich starre sie mit fragendem Dackelblick an.
Sie nickt. Aber sie geht nicht etwa dezent zur Seite. Sie dreht sich auch nicht um. Nein. Sie streckt ihre rechte Hand fordernd und bestimmt nach meiner Schutzausrüstung aus. Die beiden Flaschen und der kleine Kasten mit der Automatik haben es ihr angetan und lenken sie endlich von mir ab. Sie spielt an den Flaschenventilen herum und probiert das Schnorchelmundstück. Es scheint ihr zu gefallen. Daumen hoch. Sie lächelt jetzt zum ersten Mal. Es steht ihr gut.

Mir steht auch etwas gut. Verdammt! Der kleine Ari-Lümmel posiert in meiner patschnassen, fast durchsichtigen Unterhose herum, wie der Pelzmützengardist vor dem Buckingham-Palast. Ich drehe mich um. Kaum blicke ich vorsichtig wieder auf, da sehe ich sie auch schon wieder vor mir.

Sie zeigt auf meinen Hosenlümmel, zieht ganz schnell mit zwei Fingern das Messer aus der Schlaufe, lässt es einmal kurz durch die Luft wirbeln und fängt es am Griff wieder auf. Wutsch! Einmal schnell vor ihrem Körper senkrecht herunter geschlagen, und mein Möchtegern-Kavalier…nein, dran ist er noch, aber: … er hat verstanden. Er kapituliert und lässt zwischen meinen Eiern die Seele und sich selber baumeln.
Nebenbei bemerke ich, dass die Wirkung ihrer nackten Frauenhaut auf mein Gemüt stark nachgelassen hat. Man gewöhnt sich eben an alles, auch daran. Ich kann sie jetzt ansehen, ohne rot zu werden. Auch ihre wirklich runden, formvollendeten Brüste und ihren Hintern. Überhaupt, ihr Hintern. Das ist nicht einfach so ein Hintern der Marke „Fass-mich-an“ oder „Setz-dich-drauf“. Nein, das scheint so etwas wie ihr Partner zu sein. Ständig ist er am Mitarbeiten, ständig in Bewegung. Er verleiht ihr einen Gang wie den einer edlen Wildkatze. Daher der Name „Divecat“?

Sie trägt nicht Überflüssiges an ihrem Körper. Na und? Soll sie hier vielleicht mit C&A, Versace oder sonst was Reklame laufen? Frau Melzer trug Lagerfeld, als ich sie zuletzt sah. Wieso muss man denn Lagerfeld oder sonst irgendeinen tuntigen Designer tragen? Können die nicht alleine laufen?
Sie trägt nichts, außer sich selbst.
Auch ihre offenbarte Sprach- und Gehörlosigkeit scheint keineswegs eine Behinderung für sie darzustellen. Ganz im Gegenteil. Sie hat mich dadurch voll im Griff, muss sich keine eigensüchtigen oder verlogenen Komplimente reinziehen, schon gar nicht darauf dankend antworten und bleibt immer die Herrin auf ihrem kleinen Boot.
Sie ist klar im Vorteil.

Das kann ja noch interessant werden. Was tut sie eigentlich genau hier, auf dem Meer?
Ich kann rundherum kein Land entdecken. Auf ihrem Boot scheint sie vor meinem Aufschlagen ganz alleine gewesen zu sein, oder?

wird fortgesetzt
wie immer
zweifelsfrei profihaft!
ach Sur_real!
Nun lass das doch mal.
Warum sollte ich hier so etwas reinstellen, wenn ich es anderswo gut verkaufen könnte?
Es ist einfach nur ein Jux aus Spaß an der Freude.

Ja, ein einziges Mal habe ich es schon versucht.
Weißt du, was dabei herauskam?
Sie haben mir die Invalidenrente gekürzt und ich musste den gleichen Betrag, den ich bekommen hatte, als Strafe an die Rentenstelle zahlen.
Na danke!
unglaublich!
wenn Du meinst dann lass ichs...aber wenn das amateurhaft ist, dann
schreib ich nix mehr!
Du scheinst ein ebensolcher "Glückspilz" zu sein wie...ich sags nicht.
Gelesen wirst Du hier aber viel, soviel ich gesehen habe. Also mach weiter...
ich verhalte mich still.
bloß nicht!
Du sollst dich doch nicht still verhalten!
Sag mir lieber, wo da eventuell noch Ungereimtheiten und Denkfehler drin stecken. Vielleicht kann ich dann mal was damit anfangen, wenn ich 65 bin und frei dazuverdienen kann.
wie Du willst
kurz. Nackte Frau? Blonde lange Haare? Das

berühmten Bild her kenne. Nur, dass sie dieses Mal blond ist.

Hier meine ich verwirrt etwas ein bisschen...erst ist sie blond und beim 2. Mal ist sie "dieses Mal blond.
ach ja.
ich meinte, dass die Frau auf Gaugins Bild schwarz war, der Engel im Traum aber blond
jetzt
fehlen mir aber die Dialoge.
Mit einer Taubstummen als Partnerin ist das schon irgendwie schwer.

Ob ich ihr doch wieder das Sprechen beibringe?
Wasserspiele auf dem Trockenen
Divecat hat mir eine kleine Mahlzeit aus gut schmeckenden Früchten zubereitet, Bananen, Mango, Orangen und Papaya, glaube ich. Mir geht es wieder leidlich gut. Ich muss an die Anderen denken, an Mee, Harry, den Piloten und auch an Frau Melzer. Jetzt ist sie nicht mehr die überspannte, herrische Jetset-Frau, sondern auch eine Schicksalsgefährtin. Ich bin nicht nachtragend. Ob sie noch leben? Hatte ich da nicht Haie gesehen?
Ich muss versuchen, Divecat zu fragen, was sie vielleicht weiß. Zuerst müsste ich wissen, wie lange ich schon im Meer herumgetrieben war. Wie lange hält sich so ein Wirbelsturm an einer Stelle auf? Wie hat sie mich gefunden?
Aber die Taubstummensprache beherrsche ich genauso wenig wie Englisch oder eine andere fremde Sprache. Die Gesten von Divecat hatten im Übrigen auch wenig Ähnlichkeit mit der Gehörlosensprache, die ich vom TV her kenne. Es fehlen diese typischen Mundbewegungen und Grimassen, die man da immer zu sehen bekommt. Sie hat immer nur ihre Hände benutzt.
Ich versuche es. Ich imitiere eine Schwimmbewegung mit den Händen, zeige dann auf mich und auf meine Uhr am Arm, die bei 9:34 Uhr stehengeblieben ist, und lasse eine raumgreifende Kreisbewegung über den ganzen Ozean folgen.
Sie scheint mich verstanden zu haben. Sie zeigt auf die Sonne, deutet mit dem Zeigefinger einen kreisförmigen Umlauf an und hält einen Daumen nach oben. Einen Tag? Es war am Morgen nach 9:00 Uhr, als der Wirbelsturm kam. Dann müsste es jetzt einen Tag später, etwa um die gleiche Tageszeit sein. Dort, wo jetzt die Sonne steht, ist also Südosten. Aber wo sind wir?
Ich zeige wieder auf mich, kreuze die Zeigefinger zu einem „+“ und strecke vier Finger nach oben, um ihr zu sagen, dass außer mir noch vier lebende Leute im Flugzeug waren. Sie hat schnell verstanden, hebt eine ganze Hand hoch und schaut mich fragend an. Ich nicke. „Ja, fünf Leute!“
Sie zeigt mir vier Finger und schüttelt dazu den Kopf. Nein, sie hat keine vier weitern Menschen gesehen. Dann hebt sie einen Daumen und zeigt damit auf mich. Dabei bleibt es aber nicht. Jetzt lässt sie ihren linken Unterarm über dem Kopf schnell kreisen. Ich übersetze: Hubschrauber. Danach lässt sie zweimal ihren Daumen mit angelegtem Zeigefinger vom Deck aus nach oben fahren.
„Zwei Leute wurden von einem Hubschrauber aufgenommen? Das müssten Mee und Harry gewesen sein, hoffe ich.“
Sie bestätigt mit einem Finger-V, dass es zwei Menschen waren.
Ich staune, wie gut man sich alleine mit Gesten austauschen kann. Meine Unterhose und mein Hemd sind inzwischen wieder trocken und der kleine Ari ist friedlich geblieben, obwohl bei ihrem heftigen Gestikulieren mit Händen und Armen ihre beiden wirklich aufregend schönen Brüste die tollsten Eigenbewegungen ausgeführt haben, die ich jemals gesehen habe. Da sind mir doch aus meiner Jugendzeit gleich wieder die BEACH-BOYS eingefallen: „GOOD VIBRATIONS“. Phänomenal!

Aber warum hat der Hubschrauber mich dann nicht gefunden? War ich zu weit von den beiden abgetrieben worden, so dass sie nicht weiter gesucht haben?
Dann waren da noch die Haie. Wie hat sie das nur geschafft, diese mit einem einfachen Klaps auf die Nase von mir fernzuhalten?
Das könnte jetzt schwierig werden. Aber versuchen will ich es doch.
Ich deute mit der waagerecht-flachen linken Hand die Wasseroberfläche an und mit den Fingerspitzen der Rechten lasse ich eine Haifischflosse darüber auftauchen, die sich hin und her bewegt. Ich lasse beide Hände Kreise ziehen. Sie fängt an, belustigt zu lachen, setzt sich auf das Deck des Bootes und auf ihren agilen Mega-Bizeps-Hintern, öffnet die ausgestreckten Beine weit, drückt die Brüste raus und winkt mich mit einem gekrümmten Zeigefinger nach unten, so dass ich zwischen Quadratschenkeln, Prachtwaden und dreieckigem Blondlockenpelztier in den Schneidersitz komme. So ein Lockenpelz ist sehr praktisch, weil er bei ihr eigentlich alles verdeckt, was meinen Rotmützengardisten wieder aus der Hängematte heraus auf seinen verlorenen Posten bringen würde. Bei ihm würde er aber leider so gut wie nichts verdecken.
‚Arilein, oh Arilein. Wirst du diese Prüfung bestehen? Immer schön an das große Messer denken, ja!’ bete ich im Stillen.

Aber nichts da, ich muss mich jetzt voll auf ihre Hände konzentrieren. Nur auf die Hände und sonst gar nichts. Zuerst einmal zeigt sie mir, wie man richtig einen Haifisch mimt. Sie benutzt dazu ganz einfach nur die rechte Hand, streckt diese senkrecht flach nach vorn, richtet den Daumen als Rückenflosse hoch und lässt ihn mit auf- und abklappendem kleinem Finger Wellenlinien schwimmen. Das kenne ich. So hat meine Oma immer bei Schattenspielen an der Wand den bösen Wolf dargestellt, wenn sie uns das Märchen von Rotkäppchen als Gute-Nacht-Geschichte erzählte. Alles klar.
Doch gleich danach wird es schwerer. Sie zieht ihre Hand ganz schnell rückwärts durch die Luft, die jetzt das Wasser darstellt und lässt ihre Finger dabei wirre schwingende Einzelbewegungen nach hinten machen. Ich verstehe nicht. Sie merkt es und schnappt sich meine Hand, führt sie an den Mund und saugt ihren Mund daran fest. Ach so! Saugnäpfe! Ein Tintenfisch? Ein Octopus. Ich wiederhole ihre Handbewegung, diesmal aber mit ruckartigen Bewegungen der Fingertentakel, so wie es ein Tintenfisch macht, wenn er auf der Flucht ist. Bloß gut, dass ich Tierfilme im TV so gerne sehe!
Sie lacht laut und herzlich wegen unserer guten Verständnisfortschritte. Ich höre zum ersten Mal, dass sie einen Ton von sich gibt. Jetzt sogar ein Lachen!
Aber wie kann das sein?
Ich will jetzt nicht ablenken. Mich durchströmt gerade eine solche Welle von Dankbarkeit wegen des riesigen Vertrauens, das sie mir entgegenbringt, dass ich fast schon berauscht davon bin. Meine Pilar kommt mir wieder in den Sinn. Auch mit ihr hatte es damals so angefangen. Auch bei ihr war ich einfach überwältigt von dem uneingeschränkten Vertrauen, das sie plötzlich zu mir hatte. Ich merke, dass diese Frau schon dabei ist, die Stelle von Pilar einzunehmen. Ich fange schon an, sie mit ihr zu vergleichen. Sie schneidet sehr positiv dabei ab. Pilar, verzeih mir, aber findest du sie nicht auch riesig sympathisch? Besonders angetan bin ich auch davon, dass sie nicht mehr gar so sehr weit von mir entfernt ist, was das Alter betrifft. Zwölf bis fünfzehn Jahre? Peanuts!

Aber zurück zu den Haien und Tintenfischen. Ich möchte jetzt endlos mit ihr und unseren Händen quatschen, ich genieße es.

Ich übernehme wieder. Miene Böse-Wolf-Hai-Hand schwimmt nach oben an die Wasseroberfläche und bekommt von meiner anderen Hand einen Klaps auf die Nasenspitze.
Divecat versteht sofort. Sie wiederholt die Bewegung und lässt ihre Hai-Hand dann in einem betrunkenen Trudeln nach unten entschweben. Dann setzt sie ihre beiden Zeigefinger an ihre Nasenspitze und zieht mit ihnen von da aus je eine lange Linie hin zu ihrem Kopf, zum Gehirn.
Aha. Die Haie haben also in ihren Nasenspitzen ein Sinnesorgan, das bei einem Anreiz von außen ihr Gehirn in einen Trance-Zustand versetzt.
Gut zu wissen.
Außerdem erfahre ich auf diese Weise noch von ihr, dass die Dreiecksflossen, die mich umschwärmt hatten, nur eine Schule von Babyhaien gewesen war, die der Hurrikan aus ihrem Riff am Meeresboden aufgescheucht hatte. Sie waren neugierig und wollten nur mit mir spielen. Sie mimt auch noch einmal einen Tintenfisch, der eine Wolke ausstößt und verrät mir, dass Haie die darin enthaltenen Duftstoffe abscheulich finden, deshalb fressen sie, genau wie wir Menschen, von den Tintenfischen nur die Tentakel, aber nie den Kopf mit der Tintendrüse. Ich erfahre auch, warum ich fast einen ganzen Tag und eine Nacht lang überlebt habe: Meine Ausrüstung war mit künstlichem Tintenfisch-Sekret behandelt, welches die Haie von mir fern gehalten hat. Nie zuvor habe ich so aufmerksam einem Fachvortrag „gelauscht“, der nur mit den Händen vorgetragen wurde. Leider gibt es nicht genügend Frauen, die das beherrschen. Vor allem keine, die dabei so nackt und so sexy sind, wie Divecat.
Was ich sonst noch so erfahren habe?
Zum Beispiel, dass ihr Treibstoff fast vollständig verbraucht ist, dass wir kaum noch Proviant haben und dass die Batterie auch entladen ist. Das kann ja noch heiter werden.

Wird fortgesetzt
Heimatliches
Das Boot? Ich kann mit dem Erscheinungsbild nicht allzu viel anfangen. Es ist cirka 12 Meter lang, 4 Meter breit und ich sehe nur einen einzigen Mast. Der Mast sieht aber nicht wie ein Segelmast aus, sondern eher schon wie ein kleiner Kran. Er hat einen hölzernen schwenkbaren Ausleger und befindet sich im hinteren Teil, dort wo vor einem kleinen Cockpit das unterarmgroße Steuerrad zu erkennen ist. Hat sie mich mit diesem Ding aus dem Wasser gezogen? Wahrscheinlich. In der Mitte des Bootes befindet sich ein schmaler Kasten aus Eisen oder Stahl und davor liegt auf dem Deck ein Stahlrohr, so dick wie eine Hand breit ist, und verschiedene andere lange Holzstangen, Seilrollen, Drahtseile und teilweise auch normale Taue.
Es ist mir ein Rätsel. Die Frau, die ich bei mir immer noch „Divecat“ nenne, weil das auf ihrem Messergriff steht, beobachtet mich. Sie mimt mit ihren Händen die Scheren einer Krabbe oder eines Krebses und macht danach mit der rechten Hand eine ausholende Kreisbewegung, spiralförmig nach oben. Es sieht so aus, als wenn mir ein Kaufhaus-Detektiv andeuten wolle, dass jemand mittels „Zappzerapp“, etwas aus dem Laden-Regal „hochgezogen“ hat.. Aha! Es ist also ein ehemaliger Krabbenfänger. Der Kran diente zum Aufholen der Fangkäfige, nehme ich an. Sie benutzt es jetzt offenbar zum Tauchen.

Was macht sie denn jetzt?
Sie hat den Motor angelassen, aber das Boot bewegt sich nicht. Der Anker ist immer noch draußen im Wasser, man erkennt es am Ankerseil, welches vom Bug aus ins Wasser hängt. Wozu braucht sie den Motor? Offenbar ist die Wellenkupplung zur Schiffsschraube hin unterbrochen.

Sie sitzt auf der kleinen lederbezogenen Holzbank im Cockpit und versucht einen Druckschlauch, der wahrscheinlich von einem Kompressor her kommt, an einer der beiden Flaschen meiner Rettungsausrüstung zu befestigen. Die Überwurfmutter passt nicht auf den Füllstutzen, weil sie zu groß ist.
Was jetzt? Sie wickelt einen alten Lappen um den Füllstutzen und versucht es wieder.
Diesmal scheint der Schlauch zu halten. Gerade denke ich noch spöttelnd:
„Die Weiber und die Technik!“, da ist es schon passiert
Das Tuckern des Motors wird von einem peitschenschlagartigem, kurzen Pfeifen übertönt und der Lange Schlauch springt aus dem Cockpit heraus nach oben zur Seite wie eine Schlange, der man den Kopf weggeschossen hat.

„Scheiße!“

Was war das?
Das kam nicht von mir. Das kann nur ihre Stimme gewesen sein!
Die taubstumme Frau kann sprechen. Und nicht nur das. Das erste Wort, dass ich von ihr höre, ist ausgerechnet: „Scheiße!“. Nicht „Shitt“, oder „Bullshitt“, oder „Merde!“. Nein, „Scheiße!“.
In welchem Film bin ich denn hier? Das ist ja wie bei Karl May. Man latscht irgendwo mitten durch die Prärie oder durch die Wüste, und schon quatscht einen jemand auf Deutsch an. Ok, gut, richtig. Bei Karl May hat niemals jemand „Scheiße!“ gesagt. Ganz bestimmt nicht. Ganz bestimmt ist aber auch, dass ich mich soeben nicht verhört habe.
Fast überall in Deutschland quatscht man inzwischen brechreizschwangeres „denglisch“ und ausgerechnet hier, mitten auf dem Atlantik, schallt mir das gute alte deutsche Kraftwort entgegen, welches man meistens nach unangenehmen Überraschungen benutzt. Oh Heimat, deine Lieder!

Das Problem muss jedoch seiner Aufklärung noch harren. Es gibt inzwischen ein anderes Problem, welches sich in den Vordergrund schiebt:
Blut.
Sie hatte die Flasche mit ihren Beinen gehalten, eingeklemmt zwischen ihren nackten Oberschenkeln. Neben Schlauch und Oberschenkel hatte dabei auch ihr bedrohliches Tauchermesser gehangen. Das Messer hat sie zwar vor dem Schlag des abspringenden Schlauches bewahrt, ist aber seinerseits mit der Spitze und dem vorderen Teil der Klinge tief in ihren rechten Oberschenkel eingedrungen und steckt immer noch darin. Das Blut fließt nicht gerade in Strömen und es scheint auch keine Schlagader getroffen zu sein, aber die Blutung nimmt in rhythmischen Wellen immer stärker zu.
Ich verkneife mir lieber jegliche Anspielung auf ihre Messer-Attitüde vor meinem kleinen Arilein, heute Morgen, aber in solchen Fällen muss ich doch immer an den Lieblings-Spruch meiner seligen Großmutter denken: „Kleine Sünden bestraft der Liebe Gott sofort, große bei passender Gelegenheit.“

Jetzt ist wirklich keine Zeit für überflüssige Fragen. Die Zeichensprache kann immerhin jetzt in die Tonne. War lustig, hilft uns aber jetzt kein Stück weiter.
Die Zündung des Motors hat sie inzwischen selbst ausgeschaltet. Geistesgegenwärtig ist sie also noch.
„Hast du hier irgendwo einen Sanitätskasten, mit Druckverbänden, Schere und so weiter…? Wie heißt du eigentlich?“

„Mach die Luke auf, da, hinter mir. Unten findest du am vorderen Ende des Motors einen Kasten mit einem Roten Kreuz darauf. Die Taschenlampe klemmt links neben dem Niedergang. Was da drin ist, in dem Kasten?
Keine Ahnung. Ich heiße Eva. Mach schnell, bitte!“

wird fortgesetzt
ja, bitte fortsetzen
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