Jeronimo Mendell Garcia Episode 1
Jeronimo Mendell Garcia„Keine Sau auf dieser Welt schreibt so beschissen und langweilig wie ich“, dachte Jeronimo Mendell Garcia und knallte frustriert und voller Selbstmitleid seinen Füller auf das leer Blatt, welches ihn genauso hämisch angrinste wie es seine Vorgänger auch schon getan hatten. Der Fußboden seines Zimmers war längst übersät mit zerknülltem Papier und je größer der Müllberg wurde, desto wütender und unbeherrschter wurde Jeronimo Mendell Garcia. Kein zusammenhängender Satz wollte aus seiner Feder fließen und jeder Gedanke, den er fassen wollte, versteckte sich wie ein Feigling in seinem Gehirn und war durch nichts, aber auch gar nichts auf die Erde zu locken. Und dabei hatte er doch alles so perfekt geplant und arrangiert. Um diese Geschichte perfekt schreiben zu können, sollte es an nichts fehlen und deshalb hatte an jedes noch so kleine Detail gedacht. Das Gummibärchenglas war frisch gefüllt, die Zigarettenvorräte, die er angelegt hatte, hätten gereicht, um die Dauer eines Milleniums zu überbrücken. Die Puertoricaner hatten, wie vereinbart, 2 Sack Kaffeebohnen geliefert und Madeleine die Aufgabe übernommen, 5 mal täglich nach ihm und dem Rechten zu sehen. Selbst den Wetterbericht hatte er in seine Überlegungen mit einbezogen und vorsorglich die Westfenster seines Schreibzimmers neu abgedichtet. „Verdammt“, warum wollte das einfach nicht gelingen. Noch nicht einmal ein Anfang war gemacht und ein Thema, über das er schreiben wollte, hatte sich ihm auch noch nicht vorgestellt. Jeronimo Mendell Garcia war der Verzweiflung nahe, zündete sich mit zitternden Fingern die nächste Zigarette an und inhalierte in tiefen Zügen. Die beiden anderen, die in dem überfüllten Aschenbecher vor sich hin qualmten, hatte er längst vergessen. „Wie machen das bloß die anderen“, grübelte er und durfte erneut passen. Sollte er, der große Textguru, tatsächlich am Ende die Telefonseelsorge für ideenlose Schriftsteller anrufen müssen? Sein Blick schweifte hilflos in der Räucherkammer umher und blieb schließlich an einem kleinen hölzernen Kistchen hängen, das neben den 3 Affen auf dem Wandregal Platz genommen hatte. „Merkwürdig“, dachte er sich und überlegte, wie dieses Ding wohl dort hingekommen sei. Ein ungutes Gefühl machte sich in Jeronimo Mendell Garcia breit. Um dieser dubiosen Begebenheit auf den Grund zu gehen, blieb ihm nichts anderes übrig, als die Stätte seines Wirkens zu verlassen. Widerwillig nahm er das bedrohliche Subjekt aus schwarzem Ebenholz vom Regal, kehrte mit dem Übeltäter an seinen Schreibtisch zurück und stellte den Verbrecher vor sich hin. Das war also der Grund, weshalb er diese unglaubliche Flaute hatte. Dieser hinterhältige Verräter also hatte seine Schaffenskraft gelähmt, soviel stand für Jeronimo Mendell Garcia inzwischen fest.
Doch jetzt, wo er dieses tiefe dunkle Tal überbrückt hatte, musste Jeronimo Mendell Garcia unbedingt noch einen Blick in das Innere der Bestie werfen. Den Atem anhaltend und mit allem Respekt, dem man einem derartigen Ungeheuer entgegen bringen konnte öffnete Jeronimo Mendell Garcia die Bauchdecke des Molochs und legte mit chirurgischer Genauigkeit den Mageninhalt frei. Das Untier hatte nichts als Kräuter gefressen. Grünliche, getrocknete und süßlich stinkende Kräuter.