Der Wunschhändler – Die Geschichte - 5
Kapitel fünf: Seele© Nisham 07/2012
Fortsetzung von:
Kurzgeschichten: Der Wunschhändler – Die Geschichte - 4
Ein Raunen erfüllt den Gewölbekeller, als der Wunschhändler lautlos eintritt. Zur Begrüßung hebt er nur eine Hand. Sofort kehrt Ruhe ein. Die Augen der Vierundzwanzig starren auf ihn, als er sich vor Kopf hinsetzt. Erst jetzt ist zu erkennen, dass er in der anderen Hand einen Becher hält, einen goldenen und nicht einen silbernen, wie seine Gäste.
„ich grüße und danke, dass ihr den Weg hierher gefunden habt. Ich gehe davon aus, dass euer jeweiliger Wunsch in Erfüllung gegangen ist und ihr diesbezüglich alle sehr zufrieden seid.“ Es ist mehr eine Feststellung denn eine Frage, doch alle nicken oder antworten mit einem leisen ‚Ja’. Die Stimmung in dem von flackerndem Kerzenlicht erhellten Raum hat etwas unheimlich beklemmendes.
„Nun ist die Zeit gekommen, den dafür ausgehandelten Preis zu bezahlen. Seid ihr dazu bereit?“ Wieder ein Nicken.
„Gut. Darauf wollen wir trinken.“ Er hebt seinen Becher und die am Tisch Sitzenden tun es ihm gleich, den Becher in einer Hand, ihre Blicke starr auf den Mann vor Kopf gewandt.
„Auf, dass ihr mir nun einen kleinen Teil eurer Seele schenkt!“
Mit einem Zug leert der Wunschhändler seinen Becher. Einige schaffen es, es ihm gleich zu tun, andere müssen zwei oder gar dreimal ansetzen.
Alle haben sie ihre nun leeren Becher wieder auf den Tisch gestellt, da erhebt sich der Wunschhändler und geht auf die rechte Seite des Tisches. Er bittet den ersten Mann ihm seine Linke Hand zu geben. Mit beiden Händen umfasst er die linke Hand des Mannes, ein kräftiger Druck, doch nicht allzu fest. Dabei murmelt er einige Worte in einer unverständlichen Sprache. Ich höre ihn von hier oben nicht, doch ich weiß…
Danach geht er zum zweiten Mann und wiederholt das Prozedere. Das Ganze dauert jeweils nur kurz. Unten am Tisch angelangt – er steht nun fast direkt unter mir – nimmt er auch bei den Frauen deren linke Hand zwischen seine. Auch hier zögert niemand, denn sie haben festgestellt, dass dies nicht weh tut und auch sonst nichts zu bewirken scheint.
Nachdem er 24 linke Hände zwischen seinen Händen gehalten hat, bittet er alle, ihre rechte Hand mit der Handfläche nach unten auf den Tisch, und die Linke darüber zu legen. Wiederum spricht er einige Worte in einer fremd klingenden Sprache. Gleichzeitig habe ich meine Arme ausgebreitet und richte meine Hände nach vorne, zur Tischrunde hin, ohne dass ich gesehen werde. Auch ich murmle einige Worte… Ich kann sehen, dass einige am Tisch sich kaum ein Lachen verkneifen können. Doch das wird ihnen schon vergehen, denke ich.
„Danke“ sagt der Wunschhändler nach einer Weile. „Ich halte jetzt hier in meinen beiden Händen“ – er hält sie leicht geöffnet vor sich, als würde er eine Schale bilden wollen – „24 Teile eurer Seelen“. Auch ich halte meine Hände vor mir, wie eine Schale…