christl (440 worte)
christl war über 40 jahre verheiratetchristl war über 13 jahre trocken
christl hat sich in 3 tagen todgesoffen
herzstillstand
sie lag in ihrem lesezimmer - auf dem sofa
um sie herum leere flaschen - 2l pennerfreundflaschen
es roch nach wein und kotze als ich reinkam
sie war schon kühl
keiner hat von diesen 3 tagen was mitgekriegt
außer den nachbarn - die erzählten später, dass christl 3 nächte lang geschrien hat - ihren mann angeschrien hat - ihn hörte man nicht
das erzählten die nachbarn nicht uns - das erzählten sie im ort - ich erfuhr es von der obsthändlerin
christl schrie ihre ganze wut raus - dass sie ihr leben und ihren mann hasst - er rächte sich, indem er es einfach ertrug, sie 3 tage mit pennerfreund versorgte und keinem etwas sagte
christl war fröhlich, einfach und üppig - ihr erstes kind von einem mann, der nie erwähnt wurde - ein ausrutscher
sie heiratete, bekam nochmals 2 kinder und alles wurde gut - sie trank - er trank - es passte irgendwie - sie hörte auf - er später auch - da passte es dann wohl nicht mehr - keiner merkte es
auch christl selber war wohl ein ausrutscher - ihr vater französicher jude - leider zur falschen zeit - die mutter heiratete einen kriegsheimkehrer - der franzose wurde nicht erwähnt solange der stiefvater lebte
der lebte sehr lange - die letzten 5 jahre völlig blind und völlig taub irgendwo in schwaben mit christls mutter, die ihn pflegte - nach seinem tod versprach die mutter zu erzählen - es kam nicht dazu - sie starb 2 monate nach ihrem mann
christl malte eine zeit lang - wohl, weil von ihrem vater gesagt wurde, er sei künstler gewesen - die ganze wohnung war voll mit farbklecksen - boden - tisch - kissen - überall
sie bediente in einer kneipe an den wochenenden - später ging sie 1 mal die woche in ein altenheim und bastelte dort ehrenamtlich mit senioren - jetzt war die wohnung voll mit alten farbklecksen, neuen scheren, kleber und bunten stoffen
nachdem der totenschein ausgestellt war, habe ich sie gewaschen und umgezogen
ich sagte es schon: christl war fröhlich, einfach, üppig - jetzt ein stinkiger klops - schwer aus den klamotten rauszukriegen - noch schwerer sie in etwas neues rein zubekommen - jedes mal, wenn ich sie umdrehte, floß wein aus ihrem mund - eigentlich ständig
irgendwann hab ich sie seitwärts gelegt, ein handtuch unters gesicht gestopft und ihr auf den bauch gedrückt
es dauerte ziemlich lange bis es aufhörte
etwas später sah christel aus, als wäre all das nicht geschehen
christl war meine schwiegermutter