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Verloren

Verloren
In dieser grauen, farblosen Schattenwelt des Bahnhofuntergeschosses stand er nun, in seinen verwaschenen alten Jeans, und schaute.

Schaute in das Gewimmel der grauen Menschenmasse, die sich kreuz und quer um ihn herum nach vorn und hinten und nach rechts und links bewegte. Mal mehr, mal weniger, je nach einfahrendem Zug.

Er stand schon lange hier und sah ihnen zu, den Geschäftigen, den Bummelnden, den SMS-Schreibern, den Remplern, ihnen allen, mit ihren ernsten, leeren, grauen Gesichtern. Der Bahnhof, zweckmäßig, unschön, fleckig, alt, grau.

Untergeschoss-Boutiquen mit Ramschklamotten, Imbissständen, Kippenautomaten, Kartenvorverkäufen, alles den ganzen Tag in künstliches Licht getaucht, unschön, böse für die Augen.

Eine alte Pennerin ging in eigener Sache an ihm vorbei, ein Bein eingewinkelt, das andere nachziehend, unendlich mühsam und tief, ungesund den Rücken nach vorn gekrümmt, kauernd gehend, in ihrer von Katzen zerkratzten alten Jacke. Mit ihrem grauen verfilzten Haar. Der einzig interessante Mensch hier unten. Sie zog sich weiter, er sah ihr nach. Jetzt schaute er nicht, er sah. Die Leute gingen wort- und blicklos an ihr vorbei, ohne Beachtung, ohne Regung. Sie blieb stehen, neben einer Neonröhre eines Schaufensters, hatte wohl eine plötzliche Eingebung, drehte sich halb zur Seite, den Blick nach unten, murmelte etwas, verzog ihr Gesicht, ging weiter.

Was mochte in ihr vorgehen? Welche Geschichte hatte dieser Mensch? War sie die einzige, die noch irgendetwas fühlte in dieser Abgestumpftheit des Hetzens?

Wenn sie sich in die Ecke setzte und stürbe, einfach stürbe, sie würden trotzdem weitergehen, würden nicht stehen bleiben, würden gehen, würden nicht mal sehen.

Er wandte sich ab. Es grauste ihn.

Vor zwei Stunden hatte er sein erstes richtiges Bier getrunken, Zigaretten dazu geraucht, nachgedacht. Das ewige Gemurmel hier unten, das Quietschen der Zugbremsen, die Durchsagen, die Gehgeräusche, das alles hier war laut, entsetzlich laut.

So war es dort nicht gewesen. Zumindest nicht nachts. Es war grau gewesen, genau wie hier. Graue Wände, graue Menschen. Nachts nur Schwärze und Einsamkeit.

Dort. Hier. Was machte das für einen Unterschied.

Viel Erfolg hatten sie ihm gewünscht, als er seine Habseligkeiten zurück erhalten hatte.

Dann die Tür und dann die Sonne. Das Schloss hinter ihm mit endgültigem Klang. Dann die Einsamkeit. Mitten in der großen Stadt. Er war losgegangen. Hinein in das lebende Nichts dieser Welt auf der guten Seite der Wand. Scheinbar. Und nun war er hier. Stand und schaute.

Suchte nach dem Unterschied und fand nichts. Das erste, an was er gedacht hatte, war Alkohol gewesen. Alkohol und Zigaretten. Vielleicht eine Frau. Aber für Letzteres war sein Geld zu kostbar im Moment, würde wohl nicht mal reichen. Und sie würden ihm sowieso nur eine Falle stellen, er kannte das von früher. Die Hand vor der Muschi, und wenn sie sich gut dabei anstellte, merkte er es nicht einmal. Es war die Sache nicht wert. War überhaupt irgendetwas etwas wert hier draußen? Außer Geld?

Sein Alltag war zerrissen worden in dem Moment, als die Tür zugefallen war. Vielleicht war das die schlimmste Strafe überhaupt gewesen.

Wohin nun, das war die nächste Frage gewesen. Im Moment war sie unnütz und uninteressant. Es würde sich geben. Er hatte immer etwas gefunden. Hatte noch alte Telefonnummern von alten Bekannten. Sie würden helfen.

Ihn fror trotz der stickigen Wärme hier unten im Schacht. Es fror ihn der Menschen wegen. Hier war nichts anders geworden, die Menschen waren andere, die Gesichter waren gleich geblieben.

Er ging ein paar Schritte nach rückwärts, bis er an eine Wand stieß. Lehnte sich an. Überlegte. Seine Sporttasche über seiner Schulter, wollte er weg von hier. Raus hier.

Dachte an seine Kindheit, an die Berge, wohin seine Eltern ihn früher immer mitgenommen hatten. Dachte an den Geruch von frisch geschnittenem Gras, an Sommergewitter im Gebirge, an den Duft des Regens auf den Wiesen. Verdrückte sich die Tränen, er hatte es sieben Jahre lang geübt.

Er zögerte. Gab sich einen Ruck, stieß sich von der kalten, dreckigen grauen Wand ab und ging los. Verschwand ins graue Nichts.
Und wieder...
...ein wenig "Grenzland" schnuppern - "well done!"

Danke, lieber Schlawimmer - auch ich geh nun gleich los, in diese Welt hinein, die mir noch so grau und triste erscheint.

Sie ausleuchten - mit meinen Gefühlen.


F_H
Bedrückend
und gut nachvollziehbar!
Einzig der letzte Satz irritiert mich. Ich hätte nach den Wechseln zwischen Leere und Hoffnung eher auf Hoffnung gesetzt....
*top* laf
Nun, ich sehe da am Ende schon Hoffnung!

Er will weg, er geht weg. Und muss ja erst durch das graue Nichts hindurch, das um ihn ist. Danach kommt das helle Etwas, vielleicht sogar die Berge, die Sonne.

Hat mir gefallen!
Mannwünscht sich mehr Menschen mit diesem Bewußtsein.....und das sie nicht aus dem Knast kommen müssen um es zu entwickeln.
Hat mir gut gefallen.
Aber ich sehe keine Hoffnung am Ende...nur die vage Möglichkeit einer solchen .

Joe
Es ist eben
alles offen...
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