Claudia - Der Beginn
Montag, halb acht Uhr morgens, in einem Bürogebäude.Zwei junge, hübsche Kolleginnen stehen sich in der Büroküche gegenüber, trinken Kaffee und unterhalten sich über ihren gemeinsam verbrachten Samstagabend.
„Und?“
„Was und?“
„Ja, wie war´s noch? Du bist doch mit dem Kerl mitgegangen. Ich muss sagen, dass ich fast ein bisschen neidisch war, so wie der ausgesehen hat. Habt Ihr es getrieben?“
„Auch.“, schmunzelt Claudia. Ihr Blick ist abwesend auf die Tasse gerichtet, sie rührt gedankenverloren ihren Kaffee um.
„Echt? Ihr habt es echt gemacht? Am ersten Abend gleich? So kenn ich Dich ja gar nicht, Claudia! Erzähl, erzähl, erzähl!“, drängt Birgit.
„Ich hab den Eindruck, ich kenn mich nicht mal selbst mehr. Es war irgendwie krass, Birgit. Es war einfach irgendwie krass.“
„Wieso? Ist er brutal geworden? Hat er Dir Gewalt angetan?“
„Nein, nichts dergleichen. Ich kann das einfach nicht beschreiben. Er hat mich… ich weiß auch nicht… er hat mich irgendwie hypnotisiert.“
Claudia sieht von der Tasse auf, jetzt ganz in der Gegenwart und bei ihrer Freundin und Kollegin. „Ich hab das noch nie erlebt. Ich hab Dinge getan, die ich nicht erwartet hätte. Nix Perverses oder so, aber bei Dirk wäre ich nie auf die Idee gekommen, so etwas auch nur in Erwägung zu ziehen. Und bei ihm war alles irgendwie so… so einfach. So selbstverständlich.“
„Wieso? Was WAR denn?“ insistiert Birgit. „Was zum Beispiel hast Du gemacht?“
„Naja, wir sind doch ins Taxi, das hast Du ja noch mitgekriegt.“ Birgit nickt. „Und auf der Fahrt hat er zwar den Arm um mich gelegt, aber keinerlei Annäherungsversuche gestartet, mich irgendwie zu küssen oder so. Er hat mich nur ziemlich intensiv angesehen, dieser Blick ist mir von Anfang an aufgefallen. Mehr so ne Art Fangstrahl als ein Blick irgendwie. Naja, jedenfalls hab ich mich einfach wohl gefühlt in seiner Umarmung, das war so ein Gefühl wie „seins“. Ich konnte mich völlig entspannen, hatte so ein Gefühl absoluter Sicherheit. Dann sind wir zu ihm. Schöne Wohnung übrigens.“ Claudia trinkt einen Schluck Kaffee.
„Wollen wir noch rausgehen, eine rauchen, bevor der Wahnsinn hier losgeht“ meint Birgit.
„Klar, da redet es sich sowieso besser.“
Sie gehen raus auf die Terrasse, zünden sich ne Zigarette an. Birgit inhaliert tief und fordert Claudia dann auf, weiter zu berichten.
„Also, jedenfalls, bei ihm angekommen, haben wir es uns im Wohnzimmer gemütlich gemacht, Wein getrunken, leise Musik, gedämpftes Licht, der ganze Quatsch, und ich dachte, jetzt geht es gleich los. Er macht mich gefügig und will mit mir in die Kiste. Aber so war es eben nicht. Zumindest nicht gleich. Er hat mich immer nur angeschaut. Ab und zu leise was Nettes zu mir gesagt, aber keine Idee einer Annäherung. Dann sagt er plötzlich, dass ihm die Füße weh tun und ich frag ihn doch tatsächlich, ob er sich eine Fußmassage wünscht. Kannst Du Dir das vorstellen? Ich? Nem wildfremden Mann eine Fußmassage machen? Die Worte waren nun aber mal draußen und er hat sofort angenommen. Er streckt mir also wortlos seine beiden Füße entgegen und ich zieh ihm auch noch die Socken aus! Ich wusste nicht, wie mir geschah, ich hab es einfach getan. Es war alles wie gesagt so selbstverständlich. Seine Art war sowas von gerade heraus und ohne doppelten Boden, dass der blanke seelische Stein offen lag. Ich wette, diesen Typen kann man nicht mal belügen, der merkt das irgendwie. Weil er so ehrlich ist, ich weiß auch nicht. Komische Sache, Jedenfalls mach ich mich an seinen Füßen zu schaffen und er schaut mich immer noch einfach nur an. Dann meint er, dass ihm die Stellung nicht gefällt, es würde seine Knie durchdrücken. Er nimmt eine Wolldecke von der Couch, wirft sie mir vor die Füße und meint, wenn ich mich dabei hinknien würde, wäre es für uns beide angenehmer. Gut, ich knie mich also hin und mach weiter. Sehe ihn an. Und er sieht mich an. Die leise Musik. Gedämpftes Licht. Seine Augen, sein Blick. Alles ist irgendwie gut. Ich knie vor einem Mann und massiere ihm die Füße. Ich weiß nicht warum, aber es war schön. Es war sogar erregend. Wir sehen uns an, lange. Ich massiere seine Füße jetzt sanfter. Und dann kommt das, womit ich nicht gerechnet habe, dass ich das je tun würde: ich lasse seine Füße los und ziehe mich aus. Lasse ihn nicht aus den Augen, er hält mich fest mit seinem Blick, er sagt keinen Ton, aber ich höre ihn in meinem Kopf. Ich ziehe mich komplett vor diesem fremden Mann aus und stehe nackt vor ihm. Ich fühle mich unglaublich attraktiv dabei, fühle mich schön und sicher und in festen Händen und völlig normal. Dann knie ich mich wieder hin und mache weiter mit der Massage. Den Rest kannst Du Dir ja wohl denken.“
Birgit hatte gespannt zugehört. „Krasse Geschichte. Der muss ja wirklich Eindruck gemacht haben, sowas hör ich von Dir zu ersten Mal. Hattest Du keine Angst?“
„Kein bisschen. Ich sag doch, es war wie wenn es das Normalste der Welt wäre. Ich glaub´s ja selber nicht, aber es war so. Ich habe mich nackt vor einen fremden Mann gekniet, ihm die Füße massiert, und mich großartig dabei gefühlt. Dabei war er die ganze Zeit angezogen. Außer später natürlich, als wir dann gevögelt haben.“
„Und wie war das? Geil, oder!?“
„Ja, schon. Aber anders. Fester. Verbindlicher irgendwie. Das ganze Ding, der ganze Abend und die Nacht, das war alles so unwirklich, so völlig anders als Alles bisher. Aber es war schön. Er hat mich ganz anders angefasst als Dirk, anfangs ist er zärtlich über meinen Körper gestrichen, und mir kribbelte es überall, und dann hat es sich immer mehr so angefühlt, als würde er mich begutachten, die Festigkeit meines Fleisches testen wollen. Kurz bevor es unangenehm wurde, hat er aufgehört und mich einfach nur wieder angesehen. Ich hab mich vor seinen Augen einmal rumgedreht und ihm meinen Körper quasi zur Beschau dargeboten. Das war mir auch wieder neu, und geil war es auch. Hätte ich mich aus irgendeinem Grunde nicht so sicher gefühlt bei ihm, hätte ich mich geschämt und wär mir sicher blöd vorgekommen und irgendwie billig. Aber bei ihm war es völlig ok.“
„Und der Sex?“
„Schön. Er hat mich doggy genommen. Mit einer Hand auf meiner Hüfte und einer fest um mein Genick. Er hat mich richtig sicher und fest in der Hand gehabt.“
„Wenn es schön war, kann es ja nicht verkehrt sein“, meint Birgit. „Du kleines Luder!“ Sie lacht. „So nen Typen aufreißen und dann sowas erleben. Hätt ich nur mal mehr gebaggert. Naja. Und jetzt natürlich die Preisfrage: Seht Ihr Euch wieder?“
„Ja, klar. Das ist ja das Geile! Er meinte, dass er One-Night-Stands eigentlich nicht leiden kann und möchte mich auf jeden Fall wieder sehen.“
„Cool! Und wann? Gleich heute wahrscheinlich, oder?!“
„Ich weiß nicht. Er hat gesagt, dass er sich meldet. Dann war mir klar, dass das dann eben so ist. Ich überlass es ihm. Ist ok. Aber ich hoffe, dass er sich bald meldet, ich vermiss dieses Gefühl jetzt schon.“
„Du, ich glaub, wir müssen rein. Nicht, dass uns der Alte bim Zu-spät-Kommen erwischt. Fortsetzung folgt?“
„Ich hoffe! Ich werd Dir berichten, wenn Du das willst!“