I wanna be your slave - oder: Dom wider(-)Willen
Seit fast drei Monaten kenne ich ihn nun, wir treffen uns immer wieder und haben - wie Teenager sagen würden - endgeilen Sex miteinander: leidenschaftlich, ausfüllend, befriedigend - ich schnurre vor Begeisterung unter, über und neben ihm wie meine Katze, wenn sie den Sahnetopf ausgeschleckt hat.Alles paletti - könnte man meinen, wenn, ja, wenn da nicht dieses Ringelchen am dafür bestimmten Finger blitzen würde: eine goldene Maßanfertigung, die der Welt signalisieren soll: Monsieur ist dominant!
Und ich - eigentlich so unsäglich vanilla, dass Dr. Oetker eine Puddingsorte nach mir benennen könnte - hechele, inspiriert durch das Lesen dieses unsäglichen Pseudo-BDSM-Schmachtfetzen, meinen 50 ganz ureigenen Schatten einer neuen Variante in meinem bislang blümchen-bewehrten Sexualleben hinterher.
Und er? Leckt mich, fickt mich, lässt sich gern einen blasen, greift mir gelegentlich mit festem Griff ins Haar, gibt mir manchmal einen leichten Klapps auf den Po - sprich: macht eigentlich nicht das, was ich mir als willige Ausbildungssklavin unter einer gelungenen "Christian"isierung vorstelle!
Zur Verabredung bestellt er mich im Kleid ohne Höschen, und begeistert erfülle ich seinen Auftrag und klebe in der Gaststätte fast auf der Bierbank fest.
"Wann dominierst du mich eigentlich mal?" frage ich ihn, als wir im Hotel erschöpft durch wiederum erfüllenden, leidenschaftlichen - Ihr wisst schon "endgeilen" - Sex in die Kissen sinken.
"Wieso? Du hast meinen Auftrag doch brav erfüllt", antwortet er und grinst süffisant.
"Aha", denke ich, "so funktioniert das also in der großen, weiten, unbekannten Welt des BDSM - wieder was gelernt!"
Entsprechend klüger geworden, erteile ich mir ganz eigenmächtig für das nächste Date selber einen Auftrag und erscheine nach dem Besuch einer Party im gewagten Fetisch-Lackkleid.
"Guck mal", teile ich ihm freudestrahlend mit, "diesmal habe ich mir selber einen Auftrag erteilt."
Wortlos greift er unter meinen Rock und befingert mich.
"Nee, nee, du hast ja das Höschen angelassen", konstatiert er trocken und grinst süffisant.
Wieder haben wir - die geneigte Leserschaft ahnt es - leidenschaftlichen, befriedigenden, endgeilen Sex miteinander, aber so recht dominiert fühle ich mich immer noch nicht.
Verzweifelt begebe ich mich bei meinem naechsten Besuch in einem Swingerclub in die erfahrenen Hände eines bekennenden Sadisten und lasse mir mit Hingabe den Po versohlen. An den darauffolgenden Tagen bewundere ich meine blau-gestriemte Kehrseite im Spiegel, sinniere so vor mich hin, aber das ersehnte "Ana"-Gefühl will sich nicht so recht einstellen.
Inzwischen fantasiere ich von einer U-Bahn-Fahrt: ich im dünnen Sommerfähnchen ohne Hemd und ohne Höschen mit Fick-mich-Riemchen-Sandaletten mit mindestens 12 cm Killer-Stiletto-Stakkato-Absätzen (mein vor zwei Jahren gebrochener Fußknöchel sendet schon bei dem Gedanken präventive Schmerzimpulse an mein BDSM-vernebeltes Großhirn) unterwegs von einem Date mit IHM mit leidenschaftlichem, erfülltem, endgeilen Sex nach Hause noch tropfend vor Begierde und mangelnder Dusche, steh da so im Gedraenge und plötzlich schmiegt sich ein Unbekannter eng an mich, streift meine Brüste, zwirbelt meine steifen Nippel, greift mir unters Kleid, fummelt, fingert, nimmt mich - hier und jetzt in der U-Bahn ...
Ok, Masturbationsvorlage Nr. 1001, gespeichert und auf Wiedervorlage zur allgefälligen Wiederverwendung.
Wieder kann ich - immer noch ganz willige Möchtegern-submissive in Ausbildung - meinen widerwilligen Schulungsdom zu einer neuen Begegnung überreden. Wieder erhalte ich einen Auftrag: "Erscheine im Minirock mit Strapsen!" Gehorsam klappere ich die Geschäfte unser biederen Kleinstadt nach den geforderten Utensilien meines Sklavinnen-Daseins ab, fahre gen Süden und ziehe mich auf der Starbucks-Toilette um. Da es bis zum vereinbarten Zeitpunkt noch lange zu warten gilt, begebe ich mich in eine Bar, bestelle mir mutig einen Gin Tonic, hieve meinen Straps- und Minirock-bekleideten Alabasterkoerper auf einen viel zu hohen Barstuhl und nuckele zufrieden an meinem Drink. Die begeisterten Blicke einiger umstehenden Männer signalisieren mir, dass ihnen aufgefallen ist, dass die Spitze meiner Strümpfe unter dem kurzen Rock vorblitzt und dass sie mich wohl gerne dominieren würden. Ich erhalte sogar eine Einladung zu einem Piano-Abend im Hotel. Dankend lehne ich ab, denn ich warte ja auf IHN.
Endlich gegen Mitternacht erscheint er mit "Hundi", um mich abzuholen, prüft mit kundigem Griff, ob ich seinen Anweisungen Folge geleistet habe und lächelt wieder einmal sueffisant. Immerhin werde ich für meinen Gehorsam gelobt. Dann brechen wir zum gemeinsamen Gassi-gehen auf: er, das Hundi und ich, leider ist Hundi der einzige, der an der Leine laufen und Sitz-machen darf; ich stolpere - durch meinen kurzen Rock in der Schrittlänge begrenzt und meiner Göttin dankend, dass ich auf die Killerheels verzichtet habe- hinter Hund und unserem Herrchen her.
Zu Hause angekommen werde ich mit leidenschaftlichem, erfüllenden, befriedigenden und endgeilen Sex für meine Folgsamkeit belohnt - nur erscheint mir das Tun und Treiben meines Herrn und Meisters immer noch sehr 08/15. Begierig schiele ich zu dem Koffer, der nach seinen Informationen seine Spielzeugsammlung enthält. Endlich ein Hoffnungsschimmer am nicht-grauen BDSM-Horizont?
"Gemach, gemach", beschwichtigt er mit süffisantem Grinsen meine gespannten Erwartungen. "Du bist ja noch ein paar Tage hier" und tröstet mich erneut mit erfüllendem, leidenschaftlichen, endgeilen Sex über meine 50 Schatten von enttäuschten devoten rosa Erwartungen hinweg.
Ermutigt durch das Lob für meinen Gehorsam und gelangweilt von einem Nachmittag "Subbi allein zu Haus", erstehe ich eine Corsage mit Strapsen und dazu passende Höschen, ermahne mich aber dazu, diese nicht anzuziehen, da "eine anständige Frau keine Höschen trägt".
Ebenso verbiete ich mir, einen Blick in Blaubarts Spielzeugkoffer zu werfen, um mir nicht selber die Überraschung zu verderben.
Angetan in neuer Corsage und aufgestrapst erwarte ich geduldig meinen desiderierten Herrn und Meister, selbst den Hundeausgang (diesmal ohne mich) und ein noch schnell zubereitetes Abendessen für ihn überstehe ich mit engelsgleichem Laecheln.
Tief aufseufzend lässt er sich mit wehleidig verzerrten Gesicht neben mich fallen und beklagt, dass er schon den ganzen Tag Zahnschmerzen habe und ihm der Sinn so gar nicht nach Intimeren stünde. Wieder einmal zerplatzen meine Sklavinnen-Träume wie 99 Luftballons bei der Begegnung mit den 99 Düsenjaegern einer Fliegerstaffel. Und diesmal gibt es noch nicht einmal den bewährten leidenschaftlichen, endgeilen, erfüllenden Sex.
"Mein nicht williger Dom hat einen entzündeten Zahn, und ich überlege derweil, ob ich mir den Zahn meines ureigenen Traums einer Cinemascope-, Breitwand-, 3D-Version von meinem eigenen dominanten Schatten nicht - natürlich schmerz_haft, ziehen sollte?"
Wenn, ja wenn da nicht immer dieses süffisante Grinsen wäre ...